28.08.2018 Drucksache 6/6113Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 12. September 2018 Unzureichende Vergütung von Rollstuhlbeförderungen in Thüringen Die Kleine Anfrage 3182 vom 12. Juli 2018 hat folgenden Wortlaut: Das Taxi ist unbestritten ein wichtiger und unverzichtbarer Teil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Als einziges öffentliches Verkehrsmittel im Tür-zu-Tür-Verkehr steht es der Bevölkerung an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr zur Verfügung und erhält dabei so gut wie keine staatliche Unterstützung. Für Millionen alte und behinderte Menschen ist das Taxi das wichtigste Verkehrsmittel, um ihre Mobilität aufrecht zu erhalten. Auch für den Tourismusstandort Thüringen ist das Taxi ein wichtiger Leistungsträger. Insbesondere für Besucher aus dem Ausland ist der Taxifahrer der erste Kontakt, der einen wichtigen Beitrag dazu leistet , ob Thüringen als attraktives und gastfreundliches Reiseland empfunden wird. Hinzu kommt, dass die bürokratischen Hürden für das Taxigewerbe immer höher geworden sind und gutes und motiviertes Personal immer schwerer zu finden ist. Ich frage die Landesregierung: 1. Seit wann hat die Landesregierung Kenntnis vom Problem einer unzureichenden Vergütung im Rahmen der Krankenbeförderung von nicht umsetzbaren Rollstuhlfahrern bei den in Thüringen agierenden Rollstuhlbeförderungs - und Taxiunternehmen und welche Gegenmaßnahmen wurden seitens der Landesregierung unternommen, falls keine Gegenmaßnahmen ergriffen wurden, warum nicht? 2. Welche Schritte hat die Landesregierung bisher unternommen, um Lohndumping im Bereich des Thüringer Rollstuhlbeförderungsgewerbes zu unterbinden? 3. Welche Möglichkeiten der Einflussnahme sieht die Landesregierung, um eine bessere Vergütung tatsächlich anfallender Tragleistungen beförderungsbedürftiger Personen pro Einsatzstunde im Taxigewerbe zu gewährleisten? 4. Welche Möglichkeiten der Einflussnahme sieht die Landesregierung, um eine bessere Vergütung von Leistungen im Rahmen einer rollstuhlgerechten Fahrzeugausstattung sowie insgesamt höherer Aufwendungen beim Transport von (nicht umsetzbaren) Rollstuhlfahrern zu erwirken? 5. Inwiefern besteht aktuell die Möglichkeit für Thüringer Rollstuhlbeförderungs- und Taxiunternehmen, die gemäß § 21a Abs. 1 Straßenverkehrs-Ordnung in Verbindung mit § 35a Abs. 4a, 4b Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung obligatorisch festgelegte Ausstattung mit Rollstuhlrückhaltesystemen (Schienensystemen , Kopfstützen, Auffahrrampen et cetera) aus Landesmitteln fördern zu lassen (gegebenenfalls bitte die betreffenden Haushaltstitel und Haushaltsansätze angeben)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Herold (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6113 6. Sieht die Landesregierung derzeit die Möglichkeit für eine Novellierung der bestehenden Vergütungsvereinbarungen im Rahmen der Einzelverträge von in Thüringen tätigen Rollstuhlbeförderungsunternehmen? 7. Gibt es derzeit Bestrebungen oder Konzepte der Landesregierung, die bestehenden Einzelverträge in branchenübergreifende Rahmenverträge mit Mindestlohngarantie zu überführen und falls solche Bestrebungen derzeit nicht existieren, warum nicht? 8. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung aktuell, um Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Thüringer Beförderungsunternehmen zu initiieren, mit dem Ziel der Schaffung einer Übergangslösung für Rollstuhlbeförderer, die im Rahmen der Lohnkonflikte gekündigt haben? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 27. August 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Vereinbarung der Vergütungen für die Inanspruchnahme von Krankentransportleistungen erfolgt zwischen den Krankenkassen/-verbänden (nachfolgend als Krankenkassen bezeichnet) und den Leistungserbringern beziehungsweise deren Verbänden. Dabei sind sowohl einzelvertragliche als auch kollektivvertragliche Regelungen möglich. Rechtsgrundlage für den Abschluss von Verträgen ist § 133 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Der Vergütungsanspruch für die einfachen Krankentransportfahrten ergibt sich aus § 133 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 SGB V. Bei der Vergütungsvereinbarung haben die Krankenkassen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (Beachtung der Entwicklung der Grundlohnsumme) nach § 71 Abs. 1 bis 3 SGB V zu beachten, es sei denn, die medizinisch notwendige Versorgung kann anderweitig nicht gewährleistet werden. Ein Schlichtungsmechanismus ist gesetzlich nicht vorgesehen. Verträge können mit geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen (Leistungserbringern) geschlossen werden. Eingriffsmöglichkeiten bestehen grundsätzlich nur im Rahmen der Ausübung der Rechtsaufsicht durch die obersten Verwaltungsbehörden der Länder oder des Bundesversicherungsamtes gegenüber den ihrer Rechtsaufsicht unterliegenden Sozialversicherungsträgern. In Thüringen ist dies lediglich eine Betriebskrankenkasse , die Thüringer Betriebskrankenkasse. Die Rechtsaufsicht beschränkt sich dabei auf die Beurteilung der Frage, ob die Krankenkassen das Gesetz und sonstiges Recht beachten. Soweit Leistungserbringer der Auffassung sind, dass eine der Krankenkassen gegen das Gesetz oder sonstiges Recht verstößt, wäre auf die Zuständigkeit der jeweiligen Rechtsaufsicht zu verweisen. Der Umfang und die Zweckmäßigkeit des Handelns sind Gegenstand der Fachaufsicht, welche den Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder gesetzlich nicht eingeräumt wurde. Beispielhaft könnte der Ausschluss eines Leistungsanbieters grundsätzlich im Rahmen der Rechtsaufsicht überprüft werden, da ein gesetzlicher Anspruch zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung besteht. Die Beurteilung der Höhe der Vergütung stellt hingegen eine fachliche Beurteilung nach dem Umfang und der Zweckmäßigkeit dar und ist damit der Einflussmöglichkeit der Rechtsaufsicht entzogen. Die Überprüfung nach dem Umfang und der Zweckmäßigkeit obliegt im Streitfall den Gerichten. Bei den in Rede stehenden Preisgestaltungen nach § 133 Abs. 3 SGB V gibt es keinen Vorrang öffentlichrechtlicher Preisgestaltungen. Die Krankenkassen dürfen danach bei bestimmten Beförderungen im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes auch Vergütungen unterhalb der durch Entgeltverordnung festgelegten Sätze anstreben, solange die Ordnung des Verkehrsmarktes nicht gestört wird (vergleiche Schneider in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Auflage 2016, § 133 SGB V, Rn. 27). Der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. hatte sich im Januar 2018 mit der Bitte um Unterstützung an das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie gewandt. Zur Sachverhaltsaufklärung wurden die Krankenkassen um Stellungnahme gebeten. Aus den übermittelten Stellungnahmen geht hervor, dass die Vereinbarungen über die Entgelte auch die Einführung und Anpassung des Mindestlohns, notwendige Wartezeiten und im Bedarfsfall die Notwendigkeit einer zweiten Arbeitskraft berücksichtigen. Ebenfalls wurde mitgeteilt, dass gegenüber den Krankenkassen keine Versorgungsengpässe bei der Bereitstellung von Krankentransportleistungen geltend gemacht worden seien. Hinsichtlich der Höhe der Vergütung betonen die Kassen, dass diese auskömmlich seien und zum Teil über denen angrenzender alter Bundesländer liegen würden. 3 Drucksache 6/6113Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Dem Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. wurde mit dem Schreiben vom 1. März 2018 die dargestellte Rechtslage und die damit einhergehenden fehlenden Einflussmöglichkeiten mitgeteilt und eine unparteiische Moderation angeboten. Dieses Schreiben wurde auch den Krankenkassen übermittelt. Der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. hat dieses Angebot mit seinem Schreiben vom 9. März 2018 abgelehnt und unter Hinweis auf die Angebote der AOK PLUS erneut um Unterstützung gebeten . Da es, wie dargelegt, dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie rechtlich nicht möglich ist, die erbetene Unterstützung zu leisten, wurde der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. auf die für die AOK PLUS zuständige Rechtsaufsicht hingewiesen. Ob der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. sein Anliegen dort vorgetragen hat, ist hier nicht bekannt. Der Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. hat, um seiner Forderung gegenüber den Krankenkassen Nachdruck zu verleihen, seine Mitglieder aufgefordert, die Verträge zur Krankenbeförderung von nicht umsetzbaren Rollstuhlfahrern zu kündigen. Die Reaktionen darauf waren nach den Informationen aus den Stellungnahmen der Krankenkassen und der Verbandszeitung des Landesverbandes Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. eher verhalten. Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat im Vorfeld der Beantwortung der Kleinen Anfrage die Krankenkassen erneut um Stellungnahme gebeten. Aus den eingegangenen Stellungnahmen ergab sich kein neuer Sachstand. Zu den Fragen im Einzelnen wird wie folgt Stellung genommen: Zu 1.: Die Landesregierung hat, wie in der Vorbemerkung dargelegt, Kenntnis von divergierenden Auffassungen zu den Vergütungshöhen zwischen dem Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. und den Krankenkassen für die Krankenbeförderung von nicht umsetzbaren Rollstuhlfahrern. Eine Beurteilung, ob diese ausreichend oder unzureichend ist, kann durch die Landesregierung aufgrund einer fehlenden rechtlichen Ermächtigung nicht erfolgen. Einflussmöglichkeiten der Landesregierung bestehen, wie eingangs dargestellt, nicht. Zu 2. bis 4.: Die Fragen 2 bis 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung hat keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Vereinbarung der Entgelte und Vertragsinhalte zwischen den Vertragsparteien. Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung wird hingewiesen. Zu 5.: Die Landesregierung hat keine Möglichkeit, die Ausstattung mit Rollstuhlrückhaltesystemen zu fördern. Zu 6.: Eine Novellierung der Vergütungsvereinbarungen obliegt den Vertragsparteien. Einflussmöglichkeiten der Landesregierung bestehen nicht. Auf die Ausführungen in der Vorbemerkung wird hingewiesen. Zu 7.: Der Landesregierung stehen keine rechtlichen Möglichkeiten zur Überführung der bestehenden Einzelverträge in branchenübergreifende Rahmenverträge zur Verfügung. Die gesetzlichen Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch lassen sowohl Einzelverträge als auch Rahmenverträge zu. Die Ausgestaltung obliegt den Vertragsparteien. Auf die Ausführungen zu Frage 1 wird ergänzend hingewiesen. Zu 8.: Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat dem Landesverband Thüringen des Verkehrsgewerbes e. V. und den Krankenkassen eine unparteiische Moderation angeboten. Dies setzt voraus, dass alle Vertragsbeteiligten dem zustimmen. Aktuell scheint diese Bereitschaft nicht zu bestehen. Werner Ministerin Unzureichende Vergütung von Rollstuhlbeförderungen in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2. bis 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: