07.09.2018 Drucksache 6/6136Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. September 2018 Durchsetzung von Schadensersatzforderungen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst Die Kleine Anfrage 3146 vom 25. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut: Beschäftigte im öffentlichen Dienst sind zunehmenden Aggressionen in der Gesellschaft ausgesetzt. Ge rade jüngste Studien zeigen, dass zum Beispiel Lehrer, Rettungskräfte oder Polizeibeamte immer häufiger Gewaltangriffen und Beleidigungen ausgesetzt sind, so dass nicht selten Schmerzensgeldforderungen be rechtigt sind und auch tatsächlich erhoben werden. Im Thüringer Staatsanzeiger Nummer 45/2017 wurde die "Verwaltungsvorschrift über den Rechtsschutz für Bedienstete des Freistaats Thüringen (VwV Rechtsschutz)" veröffentlicht, in der die Gewährung zins loser Darlehen an Bedienstete des Freistaats Thüringen auch für die Durchsetzung von Schmerzensgeld ansprüchen geregelt ist. Die Verwaltungsvorschrift regelt unter anderem auch, dass ein zinsloses Darlehen gewährt wird, wenn ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung besteht. Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Fällen wird das dienstliche Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung verneint, wenn ein Dienstunfall mit einem Drittschädiger anerkannt wurde und auch ein Körperschaden feststellbar war? 2. In wie vielen Fällen, gelistet nach Ressorts, wurden im Jahre 2017 Anträge auf dienstlichen Rechtsschutz nach der VwV Rechtsschutz gestellt und in wie vielen Fällen handelt es sich hierbei um die Durchset zung von Schmerzensgeldansprüchen? 3. Ist es denkbar, dass die Landesregierung bei zuerkannten Dienstunfällen mit einem festgestellten Kör perschaden die zivilrechtlichen Forderungen von Amts wegen feststellen lässt, den betroffenen Beschäf tigten entschädigt und die Forderungen gegen den Schädiger selbst betreibt? Wenn nein, wie begrün det die Landesregierung ihre Position? 4. In wie vielen Fällen anerkannter Dienstunfälle durch Beschäftigte betreibt die Landesregierung seit 1. Ja nuar 2017 die Durchsetzung ihrer eigenen Kosten gegen den Schädiger? 5. Wie hoch ist die Summe der Kosten, die dem Freistaat Thüringen durch anerkannte Dienstunfälle sei ner Beschäftigten entstanden ist? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kräuter (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6136 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 5. September 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Falle eines anerkannten Dienstunfalls unterfallen Beamte den beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevor schriften des Thüringer Beamtenversorgungsgesetzes (ThürBeamtVG). Im Falle eines hierbei entstande nen Körperschadens erwächst dem Beamten hinsichtlich der für das Heilverfahren notwendigen Kosten ge mäß § 29 Abs. 1 ThürBeamtVG ein Ersatzanspruch unmittelbar gegen den Dienstherrn. Zugleich bestimmt § 47 Thüringer Beamtengesetz (ThürBG) einen gesetzlichen Forderungsübergang des Anspruchs des Be amten gegen den Drittschädiger auf den Dienstherrn. Mangels Anspruchsinhaberschaft stellt sich in diesem Fall die Frage nach einem Rechtsschutzverfahren des Beamten gegen den Drittschädiger nicht. Für den von § 47 ThürBG nicht erfassten Schmerzensgeldanspruch gilt in Bezug auf das dienstliche Inter esse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung Folgendes: Steht eine Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit, wird in der Regel auch ein entsprechendes dienstliches Interesse intendiert sein. Anders ist dies unter Umständen in atypischen Konstellationen zu bewerten. So ist ein dienstliches In teresse etwa dann ausgeschlossen, wenn der Dienstherr gegen den Beamten wegen des Verdachts einer Straftat im Amt ein Disziplinarverfahren eingeleitet oder eine Strafanzeige gestellt hat. Dann steht gerade der angenommene, auch disziplinarrechtlich relevante Verstoß gegen die Dienst- und Treuepflicht einem dienstlichen Interesse an einem dienstlich gewährten Rechtsschutz entgegen. Hier reicht die Fürsorgepflicht des Freistaats nur so weit wie das rechtmäßige und pflichtgemäße Verhalten des Bediensteten. Zu 2.: Im Jahr 2017 wurden im Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales und im Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport je ein Antrag auf dienstlichen Rechtsschutz nach der Verwaltungsvorschrift über den Rechtsschutz für Bedienstete des Freistaats Thüringen (VwV Rechtsschutz) gestellt. Im Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz lag eine vorsorgliche Anfrage über eine mögliche Kostenzusage vor. In keinem Fall handelte es sich um die Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen. Zu 3.: Zivilrechtliche Forderungen gegen den Verursacher eines Dienstunfalls können sowohl in materieller als auch in immaterieller Art bestehen. Materielle Schadensersatzansprüche gegen Dritte gehen gemäß § 47 ThürBG insoweit auf den Dienstherrn über, wie dieser zur Leistung verpflichtet ist. Hierzu gehören unter anderem die Kosten, die durch das Heil verfahren entstehen sowie die Kosten, die durch die Weiterzahlung der Dienstbezüge während einer auf dem Dienstunfall basierenden Dienstunfähigkeit entstehen. Diese werden vom Dienstherrn von Amts we gen ermittelt und gegenüber dem Schädiger beigetrieben. § 47 ThürBG umfasst aber keine immateriellen Schäden, wie zum Beispiel höchst persönliche Schmerzens geldansprüche, da der Dienstherr insoweit auch nicht zu einer Leistungsgewährung verpflichtet ist. Derzeit wird geprüft, in das Thüringer Beamtengesetz eine Regelung aufzunehmen, nach der Dienstherren die Möglichkeit erhalten, bei gleichzeitigem Übergang des Anspruchs des verletzten Bediensteten gegen den Schädiger die Erfüllung eines titulierten Schmerzensgeldanspruches zu übernehmen. Gleichzeitig soll der Anspruch des verletzten Bediensteten gegen den Schädiger in diesen Fällen auf den Dienstherrn über gehen. Dabei sind die Entscheidung und die nähere Ausgestaltung der Erfüllungsübernahme dem parla mentarischen Verfahren vorbehalten. Zu 4.: Im Jahr 2017 gab es insgesamt 193 Neuzugänge, im Jahr 2018 bislang 99 Neuzugänge im Bereich Re gress aufgrund eines anerkannten Dienstunfalls. 3 Drucksache 6/6136Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Aufgrund von anerkannten Dienstunfällen wurden im Jahr 2017 Fürsorgeleistungen in Höhe von 1.265.857,67 Euro und im Jahr 2018 bislang 756.453,00 Euro erstattet. Diese Beträge enthalten die Erstattung im Heilverfahren gemäß § 29 ThürBeamtVG und die Zahlung von Unfallausgleich gemäß § 31 ThürBeamtVG. Kosten, die im Zusammenhang mit der Zahlung von Besoldung während dienstunfallbedingter Dienstunfä higkeit und der Zahlung von Unfallruhegehalt entstehen, werden nicht gesondert statistisch erhoben. Maier Minister Durchsetzung von Schadensersatzforderungen von Beschäftigten im öffentlichen Dienst Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: