11.09.2018 Drucksache 6/6160Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. September 2018 Umsetzung des Informationsanspruchs/Akteneinsichtsrechts für Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Schloßvippach Die Kleine Anfrage 3122 vom 19. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut: Die Gemeinde Schloßvippach ist Mitgliedsgemeinde der Verwaltungsgemeinschaft "An der Marke". Im Zusammenhang mit der Festwoche anlässlich der 1.225-Jahrfeier, die im Mai 2018 stattfand, beantragten nach Information der Fragesteller Bürger bei der Gemeinde Akteneinsicht und Information über die Finanzierung der Festwoche, einschließlich der Vergabe von Aufträgen. Die Akteneinsicht in die Vergabe- und die Finanzunterlagen in der beantragten Form wurde verweigert. Es wurde nur der Einblick in eine anonymisierte nach Haushaltsstellen geordnete Übersicht der Einnahmen und Ausgaben für die Festwoche gewährt. Diese Akteneinsicht erfolgte durch die Verwaltungsgemeinschaft als Behörde für die Gemeinde Schloßvippach . Die Verwaltungsgemeinschaft verwies darauf, dass die Art und der Umfang der Akteneinsicht auf Weisung des Bürgermeisters der Gemeinde Schloßvippach gewährt wurden. Die Verwaltungsgemeinschaft unterläge in dieser Angelegenheit dem Weisungsrecht des Bürgermeisters. Zudem hätten die Bürgerinnen und Bürger in der beantragten Angelegenheit keinen Informationsanspruch und kein Akteneinsichtsrecht. Die Gemeinde Schloßvippach unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes. Wir fragen die Landesregierung: 1. Auf welcher Rechtsgrundlage haben Bürgerinnen und Bürger in Thüringen gegenüber den Gemeinden in welchem Umfang einen Informationsanspruch und ein Akteneinsichtsrecht? 2. Welchen Informationsanspruch und welches Akteneinsichtsrecht haben Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich gemeindlicher Unterlagen für die Vergabe von Aufträgen für Lieferungen und Leistungen? Wie bewertet die Landesregierung aus rechtsaufsichtlicher Sicht die Verweigerung auf Akteneinsicht und Informationsbereitstellung im Fall, der im Einleitungstext dargestellt wurde? 3. Welchen Informationsanspruch und welches Akteneinsichtsrecht haben Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich gemeindlicher Unterlagen zu den Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit dem im Einleitungstext dargestellten Sachverhalt? Wie bewertet die Landesregierung aus rechtsaufsichtlicher Sicht die Verweigerung auf Akteneinsicht und Informationsbereitstellung im Fall, der im Einleitungstext dargestellt wurde? 4. Welches gemeindliche Gremium entscheidet über Anträge auf Informationsbereitstellung und Akteneinsicht ? Wie ist dies bei Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Kräuter und Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6160 5. Wie ist den Antragstellern auf Informationsbereitstellung und Akteneinsicht die Verweigerung ihres Antrags mitzuteilen und welche Rechtsmittel haben dabei die Antragsteller? 6. Welche rechtsaufsichtlichen Maßnahmen hält die Landesregierung im Zusammenhang mit dem im Einleitungstext dargestellten Fall für geboten und wie werden diese begründet? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 7. September 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ein Informationsanspruch und ein Akteneinsichtsrecht für Bürger kann sich je nach Fallgestaltung aus unterschiedlichsten Rechtsquellen des Bundes-, des Landes- und des Europarechts ergeben. In Betracht kommen neben allgemeinen Beteiligten- und Betroffenenrechten etwa nach § 19 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz und § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch insbesondere auch fachspezifische Regelungen zum Beispiel nach Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679, nach § 2 des Verbraucherinformationsgesetzes , nach § 16 des Thüringer Archivgesetzes, nach § 3 des Thüringer Umweltinformationsgesetzes und nach registerrechtlichen Regelungen (zum Beispiel Personenstandsregister). Zudem besteht nach den Vorgaben des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes (ThürIFG) ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen (§ 4 Abs. 1 ThürIFG), soweit der Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet ist (§ 2 ThürIFG) und keine verdrängende Spezialregelung greift (§ 4 Abs. 2 ThürIFG). Nach § 6 Abs. 5 Satz 3 ThürIFG kann der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, wie zum Beispiel die Akteneinsicht, verlangen. In diesem Fall kann ein bestehender Anspruch auf Informationszugang nur aus wichtigem Grund auf andere Art, zum Beispiel in Form der mündlichen Auskunft oder der Übersendung von Kopien, gewährt werden. Zu 2.: Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 ThürIFG wird in laufenden Verfahren der Zugang zu amtlichen Informationen nur nach Maßgabe des anzuwendenden Verfahrensrechts gewährt. Nach Abschluss des Vergabeverfahrens richtet sich ein Anspruch auf Informationszugang nach § 4 Abs. 1 ThürIFG und ein Akteneinsichtsrecht nach § 6 Abs. 5 ThürIFG nach den Vorgaben des Thüringer Informationsfreiheitsgesetzes, soweit der Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet ist (§ 2 ThürIFG) und keine verdrängende Spezialregelung greift (§ 4 Abs. 2 ThürIFG). Die örtlich zuständige Rechtsaufsichtsbehörde teilte mit, zu den Inhalten der im Einleitungstext der Kleinen Anfrage dargestellten Verweigerung der Akteneinsicht und Informationsbereitstellung lägen keine Informationen vor. Sie habe in Absprache mit dem Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit den Vorgang an diese Behörde abgegeben. Die Antragstellerin sei über die Abgabe informiert worden. Zu 3.: Auf die Ausführungen in der Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Zu 4.: Bei dem Anspruch auf Informationszugang beziehungsweise die Vorgaben des Informationsfreiheitsgesetzes handelt es sich, ähnlich wie bei den Vorgaben des Datenschutzes oder dem Widerspruchsverfahren, um Bestimmungen zur Art und Weise der Aufgabenerledigung beziehungsweise um einen Annex zur jeweiligen Sachaufgabe. Die Frage der Zuständigkeiten richtet sich daher danach, aus welcher Sachaufgabe die begehrten Informationen herrühren und welchem Wirkungskreis diese Sachaufgabe zuzuordnen ist. Bei Anträgen zu gemeindlicher Informationsbereitstellung und Akteneinsicht folgt daher die Entscheidung der Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Gemeinderat nach § 22 Abs. 3 der Thüringer Kommunalordnung (ThürKO) und dem Bürgermeister nach § 29 ThürKO. In der Regel wird der Bürgermeister über an die Gemeinde gerichtete Anträge auf Informationsbereitstellung und Akteneinsicht entscheiden, da er die Beschlüsse des Gemeinderats und der Ausschüsse vollzieht, die laufenden Angelegenheiten sowie die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises erledigt. Auch bei Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises gehört die verwaltungsmäßige Bearbeitung solcher Anfragen zum Arbeitsbereich der Gemeindeverwaltung , die ebenfalls in der Zuständigkeit des Bürgermeisters liegt. 3 Drucksache 6/6160Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Bei Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft folgt die Zuständigkeit für Entscheidungen über Anträge auf Informationsbereitstellung und Akteneinsicht aus der Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Gemeinde nach § 22 Abs. 3 und § 29 und den Aufgaben der Verwaltungsgemeinschaft nach § 47 Thür- KO. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 ThürKO nimmt die Verwaltungsgemeinschaft alle Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises der Mitgliedsgemeinden wahr. Nach § 47 Abs. 2 ThürKO bleiben die Mitgliedsgemeinden für die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zuständig. Die Verwaltungsgemeinschaft führt diese Aufgaben als Behörde der jeweiligen Mitgliedsgemeinde nach deren Weisung aus; der Bürgermeister kann die Mitgliedsgemeinde auch insoweit vertreten. Der Verwaltungsgemeinschaft obliegt die verwaltungsmäßige Vorbereitung und der verwaltungsmäßige Vollzug der Beschlüsse der Mitgliedsgemeinden sowie die Besorgung der laufenden Verwaltungsangelegenheiten, die für die Mitgliedsgemeinden keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Zu 5.: Die (teilweise) Ablehnung eines Antrags nach § 5 Abs. 1 ThürIFG erfolgt nach § 6 Abs. 9 ThürIFG schriftlich und ist zu begründen. Im Falle eines mündlichen oder elektronischen Antrags ergeht eine schriftliche Entscheidung nur auf ausdrückliches Verlangen des Antragstellers. Für Streitigkeiten nach dem Thüringer Informationsfreiheitsgesetz ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Gegen eine Entscheidung sind als Rechtsmittel Widerspruch und Klage zulässig, § 14 ThürIFG. Die Zuständigkeit der Widerspruchsbehörde richtet sich bei Entscheidungen der Gemeinden und Landkreise nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung in Verbindung mit § 10 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (ThürAGVwGO). Danach erlässt in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises die Rechtsaufsichtsbehörde und in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises die Fachaufsichtsbehörde den Widerspruchsbescheid. Die Möglichkeit der Anrufung des Landesbeauftragten für die Informationsfreiheit nach Maßgabe von § 12 Abs. 1 ThürIFG ist kein Rechtsmittel, sondern ein nur formloser Rechtsbehelf. Stellt der Landesbeauftragte Verstöße gegen das Thüringer Informationsfreiheitsgesetz fest, kann er ihre Behebung in angemessener Frist fordern, § 12 Abs. 3 Satz 3 ThürIFG. Zu 6.: Rechtsaufsichtliche Maßnahmen erscheinen im vorliegenden Fall nicht geboten, da gegen eine ablehnende Entscheidung Rechtsmittel zur Verfügung stehen. Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen. Maier Minister Umsetzung des Informationsanspruchs/Akteneinsichtsrechts für Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Schloßvippach Wir fragen die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: