18.09.2018 Drucksache 6/6193Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. Oktober 2018 Antisemitische Überfälle, Leugnung des Holocaust und andere Straftaten in den Monaten Januar bis März 2018 in Thüringen Die Kleine Anfrage 3224 vom 1. August 2018 hat folgenden Wortlaut: Jährlich ereignen sich auch in Thüringen antisemitische Straftaten, werden jüdische Friedhöfe verschandelt, antisemitische Parolen geschmiert, Bürgerinnen und Bürger sowie jüdische Einrichtungen bedroht. Flankiert wird dies durch eine teilweise oder gänzliche Leugnung des Holocaust. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche antisemitischen Aktivitäten und Straftaten (Zusammenrottungen, Überfälle, Schmierereien, Pressedelikte , Leugnung des Holocaust und so weiter) sind der Landesregierung im 1. Quartal 2018 in Thüringen bekannt geworden (bitte genaue Auflistung nach laufender Nummer: Tatzeit, [Tat-]Ort, gegebenenfalls Bereich der Landespolizeiinspektion, gegebenenfalls Kontext der Aktivitäten und Straftaten)? 2. In welchen der unter Frage 1 genannten Fällen wurde eine Einstufung "Politisch motivierte Kriminalität " vorgenommen, wenn ja, in welcher Kategorie (bitte Zuordnung mittels separater Spalte in der Antwort zu Frage 1)? 3. In welchen der unter Frage 1 genannten Fällen wurden Menschen leicht verletzt, schwer verletzt oder getötet und welche Angaben kann die Landesregierung zur Art der Verletzungen machen (bitte Zuordnung mittels separater Spalte in der Antwort zu Frage 1)? 4. In welchen der unter Frage 1 genannten Fällen wurden Tatverdächtige ermittelt, welches Geschlecht und Alter hatten diese (bitte Zuordnung mittels separater Spalte in der Antwort zu Frage 1)? 5. Fanden nach Kenntnis der Landesregierung über die in Frage 1 genannten Fälle hinaus auch Ordnungswidrigkeiten statt, bei denen eine antisemitische Motivation angenommen wurde, falls ja, um welche handelt es sich (bitte genaue Auflistung nach laufender Nummer: Tatzeit, [Tat-]Ort und Delikt)? 6. Wie viele Ermittlungsverfahren beziehungsweise Gerichtsverfahren liefen wegen mutmaßlich antisemitischer Delikte im 1. Quartal 2018 (bitte genaue Auflistung nach Tatvorwurf beziehungsweise Tat, Datum, Ort, gegebenenfalls Bereich der Landespolizeiinspektion und gegebenenfalls Strafmaß)? 7. In wie vielen Fällen wurden Ermittlungen, die im 1. Quartal 2018 wegen mutmaßlich antisemitischer Delikte aufgenommen wurden, aufgrund welcher Vorschrift zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung wieder eingestellt (bitte mit Zuordnung zur laufenden Nummer)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König-Preuss (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6193 8. Wie viele Personen wurden wegen antisemitischer Straftaten in diesem Zeitraum zu welchen Strafen verurteilt (bitte nach Datum, Straftat und Strafmaß aufschlüsseln)? 9. Welcher materielle Schaden entstand im 1. Quartal 2018 bei antisemitischen Straftaten? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. September 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Vorfälle sind Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen. Unter Hinweis auf Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen und § 477 Abs. 2 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) wird insbesondere aus Datenschutzgründen (Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 Grundgesetz, Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen , § 2 Abs. 7 Thüringer Datenschutzgesetz) und vor dem Hintergrund der im Strafverfahren zu beachtenden Unschuldsvermutung (Artikel 6 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ) von weiteren als nachstehenden Angaben abgesehen (vergleiche auch Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5. März 2014, Az.: 2 EO 386/13). Zu 1.: Im Zeitraum von Januar bis März 2018 sind der Thüringer Polizei folgende als antisemitisch bewertete Straftaten bekannt geworden: Delikt Paragraf Tatzeit LPI-Bereich Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86a Strafgesetzbuch (StGB) 30.01.2018 Nordhausen 31.01.2018 Erfurt 05.02.2018 Erfurt 13.03.2018 Erfurt Volksverhetzung § 130 StGB 04.02.2018 Erfurt 04.02.2018 Erfurt 04.02.2018 Erfurt 14.02.2018 Erfurt 17.02.2018 Gotha 20.02.2018 Saalfeld 14.03.2018 Erfurt 14.03.2018 Jena 25.03.2018 Jena Beleidigung § 185 StGB 05.01.2018 Suhl Zu 2.: Alle Delikte wurden dem Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität -Rechts-" zugeordnet. Zu 3.: In den Monaten Januar bis März 2018 wurden in Thüringen keine Personen bei antisemitischen Straftaten verletzt oder getötet. Zu 4.: Es wird auf die Vorbemerkung und auf die in der Antwort zu den Fragen 7 und 8 genannte Anzahl der Verfahren verwiesen, die im angefragten Zeitraum gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, weil ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Zu 5.: Statistiken zu Ordnungswidrigkeiten im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Zu 6.: Antisemitische Straftaten werden als Teil rechtsextremistischer Straftaten bei den Staatsanwaltschaften des Freistaats - quartalsweise - zahlenmäßig erfasst und statistisch ausgewertet. Bei den Staatsanwaltschaf- 3 Drucksache 6/6193Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ten Erfurt, Gera, Meiningen und Mühlhausen wurden im 1. Quartal 2018 insgesamt 24 Ermittlungsverfahren wegen antisemitischer Taten eingeleitet und zwar: Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen § 86 StGB § 86a StGB § 125, § 125a StGB § 130, § 131 StGB § 211, § 212 StGB § 223 ff., § 340 StGB § 306 ff. StGB sonstige Delikte Erfurt 0 2 0 3 0 0 0 0 Gera 0 1 0 5 0 0 0 1 Meiningen 0 3 0 1 0 0 0 2 Mühlhausen 0 2 0 3 0 0 0 1 Die Einstufung einer Tat als antisemitisch durch die Staatsanwaltschaft muss wegen unterschiedlicher Erfassungskriterien oder des fortgeschrittenen Ermittlungsstandes nicht unbedingt mit der Bewertung durch die Polizei übereinstimmen. Zu 7. und 8.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 7 und 8 gemeinsam beantwortet. Die in der Antwort zu Frage 6 genannte Quartalsstatistik umfasst auch die Erledigung der Verfahren und die verhängten Sanktionen. Die Statistik enthält insoweit allerdings nur Aussagen zu den im jeweiligen Zeitraum abgeschlossenen Verfahren. Bei den Staatsanwaltschaften Erfurt, Gera, Meiningen und Mühlhausen anhängige Ermittlungsverfahren wegen rechtsextremistischer Taten, die einen antisemitischen Bezug aufwiesen, wurden im 1. Quartal 2018 wie folgt beendet: Staatsanwaltschaft Verfahren Beschuldigte § 170 Abs. 2 StPO* § 170 Abs. 2 StPO** § 153ff. StPO*** §§ 45, 47 Jugendgerichtsge - setz*** Verurteilte Freigesprochene sonstige gerichtliche Entscheidung Erfurt 4 1 0 0 0 0 1 Gera 0 3 6 0 1 0 0 Meiningen 1 5 3 0 2 0 0 Mühlhausen 0 4 0 0 0 0 0 * Einstellung durch die Staatsanwaltschaft, da Täter nicht ermittelt ** Einstellung durch die Staatsanwaltschaft (außer Täter nicht ermittelt) *** Einstellung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht Staatsanwaltschaft Verurteilte zu Erziehungsmaß - regeln/Zuchtmitteln zu Geldstrafe zu Jugend- oder Freiheitsstrafe bis 6 Monate mehr als 6 Monate bis 1 Jahr mehr als 1 Jahr bis 2 Jahre mehr als 2 Jahre Erfurt 0 0 0 0 0 0 Gera 0 1 0 0 0 0 Meiningen 0 2 0 0 0 0 Mühlhausen 0 0 0 0 0 0 Weiteres Zahlenmaterial im Sinne der Fragestellungen steht nicht zur Verfügung. Zu 9.: Im Zusammenhang mit den von der Polizei als antisemitisch eingestuften Straftaten wurde im angefragten Zeitraum ein materieller Schaden in Höhe von cirka 750 Euro bekannt. Lauinger Minister Antisemitische Überfälle, Leugnung des Holocaust und andere Straftaten in den Monaten Januar bis März 2018 in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7. und 8.: Zu 9.: