21.09.2018 Drucksache 6/6225Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 10. Oktober 2018 Festgestellte Mängel bei der Kontrolle einer Schweinezuchtanlage im Unstrut-Hainich -Kreis Die Kleine Anfrage 3238 vom 20. Juli 2018 hat folgenden Wortlaut: Bei einer unangemeldeten Kontrolle einer Schweinezuchtanlage im Unstrut-Hainich-Kreis am 11. Januar 2017 hat das Veterinäramt des Unstrut-Hainich-Kreises schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt , wie die Thüringer Allgemeine vom 6. April 2017 berichtete. Schweine mit offenen Wunden seien demnach von anderen Tieren nicht getrennt und behandelt worden, sondern hätten in ihrem eigenen Kot gelegen. Einige Tiere hätten sich aufgrund eitriger Gelenkentzündungen nur noch robbend auf den Vorderläufen fortbewegen können. Massive Fälle von Kannibalismus seien festgestellt worden, unter anderem hätte ein Darmdurchbruch bei einem Tier dazu geführt, dass die Eingeweide bei lebendigem Leib von anderen Tieren angefressen wurden. In den Futtertrögen wurden Maden gefunden. Nach der Kontrolle durch das Veterinäramt und das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelüberwachung wurde die Nottötung von 39 Tieren angeordnet sowie Auflagen erteilt. Bei einer Nachuntersuchung am 16. März 2017 habe sich der Zustand der Anlage allerdings kaum geändert. Weitere Tiere mussten getötet werden, ebenso bei einer Begehung am 26. Juni 2017, infolge der das Veterinäramt die Anlagenschließung verfügte. Dagegen ging die betroffene GmbH erfolgreich vor, wie die Thüringer Allgemeine vom 17. November 2017 berichtete. Ich frage die Landesregierung: 1. Bestehen zwischen der Landesregierung beziehungsweise einzelnen Mitgliedern und der betroffenen GmbH beziehungsweise deren Organverwaltern rechtliche oder wirtschaftliche Verbindungen? Wenn ja, seit wann existiert diese rechtliche Verbindung und wie gestaltet sie sich? 2. Gab es nach Kenntnis der Landesregierung im Jahr 2016 ein Schlachtfest in der später wie oben beschrieben kontrollierten Schweinezuchtanlage im Unstrut-Hainich-Kreis? Wenn ja, waren Mitglieder der Landesregierung eingeladen? 3. Wurden bei diesem Schlachtfest Gebäude und Ställe besichtigt? Wenn ja, waren Mitglieder der Landesregierung unter den Besuchern? Wenn ja, bemerkten diese abgemagerte, verletzte, verstümmelte oder auffällige Tiere? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6225 4. Trifft es zu, dass der beanstandete Betrieb im Unstrut-Hainich-Kreis über das Agrarinvestitionsprogramm, einem Landesprogramm zur Verbesserung der Umwelt, des Tierschutzes und der Tierhygiene, mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert wurde? Wenn ja, welche Auffassung vertritt hierzu die Landesregierung? 5. Sieht die Landesregierung den Bedarf für eine Überarbeitung der Vergaberichtlinien? Erachtet sie die bisherige Evaluierung des Förderprogramms als ausreichend? 6. Wie bewertet es die Landesregierung, dass Auflagen des Veterinäramtes durch Ausgründungen und Umbenennungen von Betreibergesellschaften umgangen werden können? Sieht sie gegebenenfalls den Bedarf für eine Überarbeitung des "Konzeptes zur Erhöhung der Wirksamkeit amtlicher Kontrollen in Schweine haltenden Betrieben in Thüringen zur nachhaltigen Verbesserung des Tierschutzes und der Tiergesundheit"? Erachtet sie bisherige Interventionsmöglichkeiten der Behörden für ausreichend? 7. Trifft es zu, dass in der beanstandeten Schweinemastanlage resistente Krankheitserreger nachgewiesen wurden? Wenn ja, welche Auffassung vertritt die Landesregierung hierzu? 8. Sieht die Landesregierung die Bevölkerung sowie den Viehbestand Thüringens ausreichend vor einer Kontamination durch multiresistente Bakterienstämme geschützt? 9. Wie hoch ist die Personalstärke der Veterinärämter in Thüringen? Wie viele zusätzliche Stellen wurden für die zentrale Kontrolleinheit Veterinärüberwachung im Landesamt für Verbraucherschutz seit dem Jahr 2017 geschaffen? Wie viele sind davon derzeit besetzt? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 20. September 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Über Verbindungen der betroffenen Einrichtungen mit der Landesregierung ist nichts bekannt. Zu 2.: Ein "Schlachtfest" fand am 3. Juni 2016 statt. Herr Ministerpräsident Ramelow nahm teil. Die Einladung wurde angenommen, weil das gastgebende Unternehmen wie vergleichbare andere Agrargenossenschaften in Thüringen eine wichtige Ankerfunktion für den Ländlichen Raum besitzt. Der Erhalt und die Stärkung von Agrarunternehmen mit Ankerfunktion sind der Landesregierung sehr wichtig. Wie in der Frage korrekt beschrieben, waren die Verstöße gegen das Tierschutzrecht damals noch nicht bekannt. Zu 3.: Nein, das "Schlachtfest" fand ausschließlich im sogenannten "Scheunentreff" im Ortskern von Wiegleben statt. Zu 4.: Die Schweinezuchtanlage A im Unstrut-Hainich-Kreis wurde für den Neubau einer Sauenanlage (Deckzentrum , Wartebereich, Abferkelbereich, Eberhaltung) am Standort gefördert. Die Schweinezuchtanlage B im Unstrut-Hainich-Kreis erhielt einen Zuschuss für den Neubau einer Anlage zur Ferkelaufzucht und zur Jungsauenreproduktion. Die Zuschüsse in Höhe von jeweils 600.000 Euro wurden über das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP 2007) gewährt. Förderfähig waren hier Investitionskosten in Höhe von maximal zwei Millionen Euro je antragstellendem Unternehmen. Die Zuwendung erging in der zurückliegenden Förderperiode an die beiden Betriebe zum Zwecke der Schaffung der baulichen und technischen Voraussetzungen für eine über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende besonders tiergerechte Tierhaltung. Dies wurde durch Abnahme der fertiggestellten Anlagen durch die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft bestätigt. Erhöhte Anforderungen an die Errichtung der geförderten Ställe und erhöhte Investitionskosten pro Tierplatz bedingen den höheren Fördersatz von seinerzeit 30 Prozent. Die Gewährung der Förderung durch die Thüringer Aufbaubank entsprach den in der Förderperiode 2007 bis 2013 geltenden Regeln. Derzeit wird geprüft, ob die ab dem Jahr 2017 festgestellten Mängel eine Rückforderung von Fördermitteln zur Folge haben. 3 Drucksache 6/6225Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 5.: Das seit dem Jahr 2015 geltende neue Agrarinvestitionsförderungsprogramm wurde grundlegend überarbeitet . Stallbauinvestitionen werden nur noch gefördert, wenn über die gesetzlichen Standards hinausgehende erhöhte bauliche und technische Anforderungen des Tierwohls erfüllt werden. Im Gegensatz zur vorausgehenden Förderperiode sind die erhöhten Tierwohlstandards nicht nur herzustellen, sondern die geförderten Betriebe werden seit dem Jahr 2015 explizit verpflichtet, diese tierartspezifisch definierten Anforderungen bezüglich erhöhtem nutzbaren Stallflächenangebot pro Tier, Komfortausstattung im Liegebereich, permanente Bereitstellung von definiertem Beschäftigungsmaterial, Mindest-Tierfressplatzverhältnis, Mindest-Tageslichteinfall oder andere auch bis zum Ende der Zweckbindungsfrist einzuhalten. Die Fördermaßnahmen einer Förderperiode, die Bestandteil des Thüringer Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum (EPLR) sind, unterliegen einer umfassenden Evaluierung durch hierfür beauftragte unabhängige Dritte unter Beachtung detaillierter Regelwerke des EU-Rechts. Auch diese Begleitungs- und Bewertungssysteme wurden weiterentwickelt. Bewertungsergebnisse auf nationaler und Landesebene und identifizierte Förderbedarfe fließen neben sich ändernden politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Anforderungen in die Neukonzeption von Fördermaßnahmen und die gewählte Förderstrategie eines neuen EPLR ein. Weitere notwendige Anpassungen der Fördermaßnahmen, die sich aus sich ändernden Rahmenbedingungen, aber auch aus Erkenntnissen beim Vollzug einzelner Förderprojekte ergeben, werden jährlich geprüft. Zu 6.: Ausgründungen und Umbenennungen von Betreibergesellschaften gehören zu den rechtlichen Möglichkeiten , neue Personen mit verantwortlichen Aufgaben betrauen zu können. Das zuständige Veterinäramt hat durch intensive Kontrollen, welche unter anderem auch als gemeinsame Teamkontrollen mit dem Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz durchgeführt wurden, die festgestellten Kontrollergebnisse mit den jeweils verantwortlichen Betriebsleitern beziehungsweise Geschäftsführern verwaltungsrechtlich abgearbeitet. Bedarf zur Änderung des Konzeptes zur Erhöhung der Wirksamkeit amtlicher Kontrollen in Schweine haltenden Betrieben in Thüringen zur nachhaltigen Verbesserung des Tierschutzes und der Tiergesundheit wird seitens der Landesregierung in diesem Zusammenhang nicht gesehen. Zu 7.: Ja, es wurden bei mehreren Kontrollen (zum Beispiel 11. Januar, 30. Januar und 26. Juni 2017) bei der Sektion der notgetöteten Tiere resistente, humanpathogene Erreger nachgewiesen (darunter MRSA, ESBL und Pseudomonas aeruginosa). Die Verantwortung für die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften in der Nutztierhaltung liegt zuerst beim Tierhalter. Jeder Tierhalter ist in der Lage durch eine tiergerechte Haltung, Pflege und Versorgung der von ihm gehaltenen Tiere, den Einsatz von Antibiotika und somit die Entstehung von resistenten Krankheitserregern zu minimieren. Die durch die zuständige Veterinärbehörde veranlassten notwendigen Anordnungen zeigen, dass der Tierhalter seiner Verantwortung hier nicht im vollen Umfang nachgekommen war. Zu 8.: Die Nachweise von resistenten Krankheitserregern im Rahmen von Sektionen an verendeten oder notgetöteten Tieren lassen nicht automatisch einen Rückschluss auf eine allgemeine Gefährdungssituation zu. Die Gesundheit von Mensch und Tier muss ganzheitlich betrachtet werden. Die Vermeidung von Infektionen ist die wichtigste Maßnahme zur Verringerung des Antibiotikaverbrauchs. Dabei ist die Einhaltung von Hygienemaßnahmen durch sachkundige Tierhalter ebenso entscheidend wie das hygienische Arbeiten in Krankenhäusern und im persönlichen Umfeld. Aber auch eine zeitgerechte Diagnostik ist wichtig, um Antibiotika zielgenauer beim Auftreten von Erkrankungen einsetzen zu können. Hier greift auch die im Rahmen der Änderung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung vorgeschriebene Antibiogrammpflicht bei der Behandlung von erkrankten Tieren mittels sogenannter "Reserveantibiotika". Die Eindämmung der Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen kann daher nur sektorübergreifend erfolgen. Dies macht eine enge Kooperation aller Beteiligten sowie zwischen den zuständigen Landes - und Bundesministerien erforderlich. Wegen des globalisierten Handels mit Tieren und Pflanzen sowie der verstärkten Reisetätigkeit ist darüber hinaus eine enge Abstimmung mit den internationalen Partnern nicht nur in der EU, sondern weltweit notwendig. Die Umsetzung des Globalen Aktionsplans der Weltgesundheitsorganisation , der den One-Health-Ansatz betont, ist dafür Voraussetzung und ist deshalb zentraler Bestandteil der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie "DART 2020". 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6225 Zu 9.: Zurzeit sind circa 258 Personen in den Veterinärbehörden in Thüringen beschäftigt. Hinzu kommen weitere circa 250 Personen, die im Rahmen der amtlichen Fleischuntersuchung als Tierärzte und amtliche Fachassistenten bei den Landkreisen beschäftigt sind. Für die zentrale Kontrolleinheit wurden drei Tierarztstellen sowie eine Sachbearbeiterstelle geschaffen. Die zentrale Kontrolleinheit ist zurzeit mit zwei Tierärztinnen besetzt. Zwei Personen befinden sich derzeit in der Elternzeit. Werner Ministerin Festgestellte Mängel bei der Kontrolle einer Schweinezuchtanlage im Unstrut-Hainich-Kreis Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: