25.09.2018 Drucksache 6/6228Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. Oktober 2018 Verbindungen der rechten Szene Thüringens zur Schweiz Die Kleine Anfrage 3136 vom 21. Juni 2018 hat folgenden Wortlaut: Neonazis aus Thüringen pflegen teils enge Kontakte zur extrem rechten Szene in der Schweiz, was unter anderem durch ein großes Konzert mit circa 5.000 Teilnehmern am 15. Oktober 2016 in Unterwasser deutlich wurde, welches maßgeblich von Neonazis aus Thüringen organisiert worden sein soll. Bei Thüringer Neonazi-Konzerten wie in Themar wurden in der Vergangenheit Teilnehmer aus der Schweiz festgestellt, der Anmelder des Konzerts am 15. Oktober 2016 soll ebenfalls aus Thüringen stammen. Verbindungen gibt es seit den 90er Jahren, die Ceska mit der der Nationalsozialistische Untergrund gemordet hat, soll ebenfalls aus der Schweiz stammen. Hinzu kommen der Fragestellerin vorliegende Informationen über regelmäßige Besuche Thüringer Neonazis in der Schweiz bis hin zu dort stattfindenden wehrsportähnlichen Übungen. Ich frage die Landesregierung: 1. Inwiefern gestaltet sich nach Einschätzung der Landesregierung das Verhältnis von Neonazis aus Thüringen zur Neonazi-Szene in die Schweiz und welche länderübergreifenden Aktivitäten sowie Austausch sind der Landesregierung seit dem Jahr 2013 bekannt? 2. Bei welchen Musikveranstaltungen der extrem rechten Szene in Thüringen wurden zwischen den Jahren 2013 und 2018 (in den letzten fünf Jahren) Personen mit Schweizer Staatsangehörigkeit sowie Bands aus der Schweiz festgestellt (bitte auflisten nach Datum, Ort, Titel und gegebenenfalls Bands, gegebenenfalls Art der Versammlung, Anzahl der Schweizer Staatsangehörigen sowie gegebenenfalls Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten)? 3. In wie vielen Fällen zwischen den Jahren 2003 und 2018 (in den letzten 15 Jahren) liegen der Landesregierung Kenntnisse vor, dass Personen aus Thüringen, die als "rechtsextremistisch" eingestuft wurden, ihren Hauptwohnsitz aufgegeben haben, um in die Schweiz zu verziehen beziehungsweise in der Schweiz einen Zweitwohnsitz angemeldet haben (bitte nach Jahren und Anzahl der Personen aufschlüsseln)? 4. In welchen Fällen zwischen den Jahren 2013 und 2018 reisten nach Kenntnis der Landesregierung Musiker der rechten Szene Thüringens zu Auftritten in die Schweiz (bitte auflisten nach Band, Musiker, Datum, Ort, Art des Auftritts, Anzahl der Teilnehmer bei der Veranstaltung und gegebenenfalls gespielten Titeln)? 5. Welche Organisationen, Strukturen und Redner der rechten Szene aus der Schweiz oder von als "rechtsextrem " bewerteten Parteien der Schweiz waren zwischen den Jahren 2013 und 2018 in Thüringen aktiv (bitte einzeln auflisten nach Datum, Ort, Art der Versammlung/Veranstaltung, Organisatoren, Anzahl der Teilnehmer et cetera)? 6. Wie bewertet die Landesregierung die Kontakte der Partei National Orientierter Schweizer (Schweiz) nach Thüringen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König-Preuss (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6228 7. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zur organisatorischen Beteiligung von Neonazis aus Thüringen an dem Konzert am 15. Oktober 2016 vor und was ist der Landesregierung über die Höhe und der weiteren Verwendung der Geldflüsse bekannt, die sich unter anderem aus den Eintrittsgeldern ergeben? 8. Von welchen Fällen erlangte die Landesregierung Kenntnis, in denen Waffen aus der Schweiz in der Thüringer Neonazi-Szene bekannt wurden oder von Behörden aufgefunden wurden und ist ihr bekannt, ob Neonazis aus Thüringen in der Vergangenheit an Schießübungen in der Schweiz teilnahmen (wenn ja, wann und wo fanden diese statt, welcher Art waren diese, wie viele Personen nahmen teil und wie viele stammten aus Thüringen)? 9. Welche Rolle spielt(e) nach Einschätzung der Landesregierung das Zentralsekretariat und der Verlag der "Europäischen Aktion" in der Schweiz für die Regionalstrukturen der "Europäischen Aktion" in Thüringen? 10. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Zusammensetzung, zur regionalen Verortung und Aktivitäten der Neonazi-Band "Erschiessungskommando" mit Bezug zu Thüringen vor und wie viele Ermittlungsverfahren laufen aus welchen Gründen gegen die Band in Thüringen und wie ist jeweils der Stand des Verfahrens? 11. Welche Aktivitäten des extrem rechten Schweizer Politikers Ignaz Bearth wurden der Landesregierung in Thüringen bekannt? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. September 2018 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Landesregierung ist sich der besonderen Bedeutung des Frage- und Informationsrechts des Thüringer Landtags bewusst. Dieses Recht unterliegt jedoch verfassungsrechtlichen Grenzen. So kann von einer Beantwortung unter anderem dann abgesehen werden, wenn gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse oder schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes, entgegenstehen (Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen). Zu 1.: Der Landesregierung sind Kennverhältnisse Thüringer Rechtsextremisten zu Schweizer Rechtsextremisten bekannt. So konnte die Teilnahme Schweizer Szeneangehöriger an rechtsextremistischen Veranstaltungen - vor allem der Musikszene - in Thüringen festgestellt werden. Entsprechend ist auch von Teilnahmen Thüringer Rechtsextremisten an Szeneaktivitäten in der Schweiz auszugehen. Die in der Begründung der Kleinen Anfrage aufgeführte rechtsextremistische Musikveranstaltung am 15. Oktober 2016 in der Schweiz ragt als länderübergreifende Aktivität bei den in der Vergangenheit wahrgenommenen gemeinsamen Aktivitäten deutscher und Schweizer Rechtsextremisten deutlich heraus. Wenngleich das Verhältnis zwischen Thüringer und Schweizer Rechtsextremisten nicht als bedeutender Einflussfaktor für die Ausrichtung rechtsextremistischer Aktivitäten in Thüringen anzusehen ist, tragen diese auch zur internationalen Vernetzung der hiesigen rechtsextremistischen Szene bei. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Zu 2.: Zu folgenden rechtsextremistischen Musikveranstaltungen in Thüringen liegen Hinweise auf eine Teilnahme von Personen aus der Schweiz vor: Datum Ort Aktivität (Art der Veranstaltung) Teilnehmer aus der Schweiz 10.10.2015 Kirchheim Rechtsextremistische Konzertveranstaltung 1 KfZ 24.06.2016 Sonneberg Rechtsextremistische Konzertveranstaltung Auftritt Band "AMOK" 25.06.2016 Kirchheim Rechtsextremistische Konzertveranstaltung Auftritt Band "AMOK" Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Zu 3.: Hierzu liegen keine validen Erkenntnisse vor. Aus der Vergangenheit ist der Landesregierung eine niedrige einstellige Zahl von Thüringer Rechtsextremisten bekannt, die aus beruflichen Gründen - mitunter zeitweilig - in die Schweiz verzogen sind. Wegen des in diesen Fällen fehlenden Bezugs zu extremistischen Akti- 3 Drucksache 6/6228Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode vitäten erfolgt hierzu aber keine statistische Erfassung. Im Übrigen wird auch im Melderegister der genannte Personenkreis nicht gesondert erfasst. Zu 4.: Der Landesregierung liegen Erkenntnisse über einen geplanten Auftritt des Liedermachers "Hermunduren- Akustik" vom 21. bis 23. März 2014 vor. Hinsichtlich sechs weiterer Konzertauftritte für den angefragten Zeitraum rechtsextremistischer Musikgruppen beziehungsweise Liedermacher aus Thüringen in der Schweiz wird auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Zu 5.: Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. Darüber hinaus liegen keine Erkenntnisse über weitere Schweizer Redner bei öffentlichen Versammlungen in Thüringen vor. Gleichwohl konnten in der Vergangenheit auch Angehörige des rechtsextremistischen Spektrums aus der Schweiz bei Versammlungen und Musikveranstaltungen der rechtsextremistischen Szene Thüringens festgestellt werden, die Aktivität erfolgte in Thüringen nach vorliegenden Informationen aber nicht als geschlossene Organisation oder Struktur, sondern lediglich als individuelle Teilnahme an Aktivitäten hiesiger Gruppierungen. Im Übrigen obliegt es nicht dem Amt für Verfassungsschutz, eine rechtsextremistische Bewertung Schweizer Organisationen, Strukturen, Personen (Redner) oder Parteien zu treffen. Zu 6.: Die Partei "National Orientierter Schweizer" ist kein Beobachtungsobjekt des Amtes für Verfassungsschutz. Zu 7.: An der Organisation waren maßgeblich Thüringer Rechtsextremisten aus den Reihen der "Turonen/Garde 20" beteiligt. Diese waren an der Buchung von Bands beteiligt und zeichneten für Werbung, Mobilisierung und Vertrieb von Eintrittskarten verantwortlich. Genaue Zahlen zur konkreten Höhe der Einnahmen liegen der Landesregierung nicht vor. Angesichts des Preises für eine Eintrittskarte von 30 Euro und der sonstigen Umsätze im Rahmen der Veranstaltung und von etwa 5.000 Teilnehmern ist ein Umsatz im sechsstelligen Bereich realistisch. Über die Höhe des Erlöses und dessen Verwendung liegen jedoch keine weiteren Erkenntnisse vor. Zu 8.: Über die im Rahmen polizeilicher Ermittlungen bekannt gewordenen Erkenntnisse zu Waffen aus der Schweiz, einschließlich solcher, die dem NSU zugerechnet werden können, liegen der Landesregierung keine weiteren , darüber hinausgehenden Informationen über Waffenfunde in Thüringen vor. Über die Auswertung des Social-Media-Accounts eines Thüringer Rechtsextremisten kann mittelbar auf einen im Jahr 2015 erfolgten Besuch eines Schießstands in der Schweiz geschlossen werden. In einem Video ist der Thüringer Rechtsextremist dabei zu sehen, wie er mit einem Sturmgewehr mehrere Schüsse abgibt. Zu 9.: Das von der "Europäischen Aktion" in der Schweiz betriebene Zentralsekretariat sowie deren Verlag nutzten die Thüringer Strukturen für die Verbreitung der Schriften und des Propagandamaterials der Hauptorganisation . Zu 10.: Es handelt sich bei der rechtsextremistischen Musikgruppe "Erschiessungskommando" vermutlich um ein gemeinsames Projekt von Mitgliedern der Thüringer Band "SKD" und der Schweizer Band "AMOK". Im Zusammenhang mit der Band gibt es bei den Thüringer Staatsanwaltschaften zwei noch nicht abgeschlossene Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung (§ 130 Strafgesetzbuch). Zu 11.: Der angefragte Politiker trat am 14. Juni 2015 in Meiningen und am 4. Juni 2016 in Erfurt bei Versammlungen der Gruppierung "Patriotische Europäer sagen Nein!" (PEsN) sowie am 19. November 2016 in Gera bei einer Versammlung der Gruppierung "Thüringen gegen die Islamisierung des Abendlandes" (THÜGI- DA) als Redner auf. Weitere Erkenntnisse liegen nicht vor. Maier Minister Verbindungen der rechten Szene Thüringens zur Schweiz Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: