04.10.2018 Drucksache 6/6252Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 16. Oktober 2018 Unterstützung der Kampagne "Die Welt spricht Kindergarten" durch den Freistaat Thüringen Die Kleine Anfrage 3255 vom 22. August 2018 hat folgenden Wortlaut: "Die Welt spricht Kindergarten" ist eine Kampagne, die auf den Begriff "Kindergarten" im öffentlichen Sprach gebrauch in Thüringen und Deutschland aufmerksam macht. In über 40 Sprachen ist das Wort "Kindergar ten" präsent und ausgerechnet in seinem Ursprungsland Deutschland wird es oftmals durch Begriffe wie "Kindertagesstätte" und "Kita" ersetzt. Mit Hilfe einer Petition an den Thüringer Landtag und die Schaffung öffentlicher Aufmerksamkeit über verschiedene Aktionen, Diskussionsveranstaltungen und Pressearbeit soll durch die Kampagne "Die Welt spricht Kindergarten" erreicht werden, dass der Begriff "Kindergarten" wie der verstärkt Eingang in den öffentlichen Sprachgebrauch findet. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Wort "Kindergarten" bei, gerade in Bezug auf die Gründung im Jahr 1840 durch Friedrich Fröbel in Bad Blankenburg? 2. Inwieweit bewirbt die Landesregierung den Begriff "Kindergarten"? 3. Inwieweit unterstützt die Landesregierung die Kampagne "Die Welt spricht Kindergarten"? 4. Inwieweit trägt die Kampagne "Die Welt spricht Kindergarten" nach Ansicht der Landesregierung dazu bei, eine Diskussion über den Wert von Kindheit, gleichen Bildungsvoraussetzungen, pädagogischer Qualität und deren Wertschät zung in Kindergärten sowie die Qualität der Erzieherausbildung und die Bedeutung des Kindergartens als wertvolle Ergänzung zu familiär häuslicher Erziehung anzustoßen? 5. Inwieweit wird die Landesregierung das Wort "Kindergarten" zukünftig in Drucksachen, Werbemateria lien und so weiter verstärkt verwenden? 6. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, das Wort "Kindergarten" im offiziellen Sprachgebrauch langfristig wieder als Überbegriff für Einrichtungen der "Kindertagesbetreuung" zu etablieren? 7. Wie ist der aktuelle Stand der Bewerbung zur Aufnahme der "Idee und Praxis des 'Kindergartens' als Re alisierung eines humanistischen Verständnisses von Kindheit" in das bundesweite Verzeichnis für das immaterielle Kulturerbe? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6252 Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1. bis 6.: Am 28. Juni 1840 stiftete der Thüringer Pädagoge Friedrich Wilhelm August Fröbel im Rathaus von Blan kenburg (heute Bad Blankenburg) den ersten "Allgemeinen deutschen Kindergarten". Im Unterschied zu den damals bereits bekannten "Kinderbewahranstalten" förderte Fröbel durch die Schaffung und Anwendung eines Systems von Liedern, Beschäftigungen und Spielen (den "Fröbelschen Spielgaben") die Entwicklung der Kinder. Er verfolgte im "Kindergarten" ein pädagogisches Konzept und erweiterte das Aufgabenspekt rum der "Kinderbewahranstalten" von der reinen Beaufsichtigung der Kinder hin zur Bildung, Erziehung und Betreuung. Der "Kindergarten" sollte den Kindern ab dem dritten Lebensjahr offen stehen. Die Idee und das Konzept des Fröbelschen Kindergartens setzte sich im Laufe der Jahre weltweit durch. Dabei muss aber beachtet werden, dass zwar in vielen Ländern auch der Begriff "Kindergarten" gebräuchlich ist, die damit verbundenen Konzepte und Einrichtungen sich aber heute deutlich vom Fröbelschen Kindergarten unter scheiden. Das trifft auch für Deutschland zu, obwohl das Grundanliegen, die Förderung von Kindern nach einem pädagogischen Konzept und auch der Begriff "Kindergarten" erhalten sind. Die gesetzlichen Regelungen zu den Kindertagesstätten sind im Achten Buch Sozialgesetzbuch Kinder und Jugendhilfe (SGB VIII) verankert. Die dazu erlassenen Ländergesetze, zu denen auch das Thüringer Kindertagesbetreuungsgesetz ThürKitaG vom 18. Dezember 2017 und auch alle Vorgängerversionen gehörten, sind Ausführungsgesetze des SGB VIII. In diesem Sinnen wurde auch seit Beginn der Gesetzge bung zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern bis zum Schuleintritt in Thüringen die Begrifflichkeit des SGB VIII in diese Vorschriften übernommen. In den alten Bundesländern ist diese Entwicklung bereits seit Anfang der 1970er Jahre zu beobachten. Mit Blick auf die bestehenden bundesgesetzlichen Regelun gen und aktuellen Förderprogramme scheint es allerdings auch wenig zielführend, von den in diesen Vor schriften etablierten Formulierungen in eigenen Vorschriften und Publikationen abzuweichen. Unabhängig von der Begrifflichkeit ist es das Bestreben der Landesregierung die frühkindliche Bildung zu stärken und hier, wie in allen anderen Bildungsbereichen, Chancengleichheit für alle Kinder zu gewährleis ten. Dazu gehört neben der geplanten schrittweisen Abschaffung von Elternbeiträgen (der erste Schritt ist bereits Realität), die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, die Anhebung der Leitungspauschalen auch die Weiterentwicklung des Bildungsplans und der Ausbau der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften an den Hochschulen. Dazu sucht und pflegt die Landesregierung den Dialog mit den Kommunalen Spitzen verbänden, den Trägern, den Elternvertretungen und den Gewerkschaften. Dass speziell in Thüringen der Begriff "Kindergarten" im täglichen Sprachgebrauch und auch in den Na men sehr vieler Thüringer Kindertageseinrichtungen weit verbreitet ist, wird von der Landesregierung po sitiv gesehen. So hat zum Beispiel Minister Holter in seinem Grußwort zur jährlichen Fachtagung der Thüringer Landes elternvertretung für Kindertagesstätten am 15. September 2018 in Erfurt zu Beginn gesagt "Kita, ich denke wir sollten besser Kindergarten sagen, steht im Mittelpunkt meiner Politik."* Minister Holter hat deshalb auch die Initiatoren der Kampagne und der noch nicht abgeschlossenen On linepetition "Die Welt spricht Kindergarten" am 28. August 2018 zu einem Gespräch empfangen. Er hat der Initiative zugesagt, dass sie sich und ihr Anliegen im Jahr 2019 zur Jugend und Familienministerkonferenz in Weimar an prominenter Stelle präsentieren können. Zu 7.: Die Erstellung eines Bundesweiten Verzeichnisses des Immateriellen Kulturerbes ist ein mehrstufiges Ver fahren, an dem die Bundesländer, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Auswär tige Amt und die Deutsche UNESCOKommission (DUK) beteiligt sind. Im April 2017 startete die insgesamt dritte Vorschlagsrunde. Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen, die eine kulturelle Ausdrucksform im Sinne des UNESCOÜbereinkommens zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes prak tizieren, konnten sich in ihrem Bundesland um die Aufnahme bewerben. Jedes Bundesland trifft dann im An schluss eine Vorauswahl aus den eingegangenen Vorschlägen und kann bis zu vier Vorschläge an die Kul tusministerkonferenz übermitteln. Die gesamte Vorschlagsliste wird an das Expertenkomitee Immaterielles Kulturerbe der Deutschen UNESCOKommission weitergeleitet. Das unabhängige Expertenkomitee prüft 3 Drucksache 6/6252Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode und bewertet die Dossiers nach fachlichen Kriterien. Die Kultusministerkonferenz und der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien bestätigen abschließend die Auswahlempfehlungen des Experten komitees. Alle Einträge werden dann auf der Webseite der Deutschen UNESCOKommission veröffentlicht. Im April 2018 hat die Thüringer Jury die Bewerbung zur Aufnahme der "Idee und Praxis des 'Kindergartens' als Realisierung eines humanistischen Verständnisses von Kindheit" zur Nominierung beim Sekretariat der Kultusministerkonferenz empfohlen. Aktuell liegen die Vorschläge der Länder dem Expertenkommitee Im materielles Kulturerbe der Deutschen UNESCOKommission zur Prüfung vor. Die Nominierungen der Ex pertenkommission werden dann der Kultusministerkonferenz und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vorgelegt. Mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse ist in der ersten Dezemberhälfte 2018 zu rechnen. Holter Minister Endnote: * Videobotschaft von Minister Holter zur Fachtagung der Thüringer Landeselternvertretung für Kindertagesstätten am 15. September 2018 in Erfurt (https://www.youtube.com/watch?v=77rOR775p4&feature=youtu.be). Unterstützung der Kampagne "Die Welt spricht Kindergarten" durch den Freistaat Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1. bis 6.: Zu 7.: Endnote: