09.10.2018 Drucksache 6/6260Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Oktober 2018 Gefährdung von Thüringer Patienten im Rahmen eines Medikamentenskandals in Brandenburg - umfassend aufklären Die Kleine Anfrage 3252 vom 16. August 2018 hat folgenden Wortlaut: Medienberichten zufolge hat eine Brandenburger Pharmafirma mutmaßlich gestohlene Krebsmedikamente aus Griechenland, die möglicherweise unwirksam und für den Patienten schädlich sind, deutschlandweit illegal vertrieben. Die Ermittlungen gegen die Brandenburger Pharmafirma lassen vermuten, dass auch Apotheken und Kliniken in Thüringen vom Handel mit Krebsmedikamenten mit möglicherweise beeinträchtigter Wirksamkeit betroffen sind. Die Frage der Auswirkungen des Medikamentenskandals in Brandenburg auf das Thüringer Gesundheitswesen sowie der Arbeitsfähigkeit der Arzneimittelaufsicht im Freistaat muss nach meiner Einschätzung im Sinne der Patientensicherheit umfassend geklärt werden. Ich frage die Landesregierung: 1. Sind nach Kenntnis der Landesregierung Arztpraxen und Kliniken in Thüringen vom aktuellen Medikamentenskandal in Brandenburg betroffen? Liegen der Landesregierung aktuell Erkenntnisse vor, dass Patienten in Thüringen durch illegal gehandelte Krebsmedikamente geschädigt worden sind und wenn ja, wie groß ist nach Ansicht der Landesregierung der für Patienten entstandene Schaden? 2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen beziehungsweise plant die Landesregierung , um gegebenenfalls geschädigte Krebspatienten in Thüringen zu entschädigen? 3. Wann und durch wen wurde die Landesregierung über den Medikamentenskandal in Brandenburg informiert und welche Gegenmaßnahmen wurden von den zuständigen Thüringer Behörden ergriffen? 4. Wann und durch wen wurden nach Kenntnis der Landesregierung Thüringer Patienten und Kliniken über die illegal gehandelten und möglicherweise unwirksamen Medikamente, die im Zusammenhang mit dem oben genannten Medikamentenskandal in Brandenburg stehen, informiert und welche Händler in Thüringen haben nach Kenntnis der Landesregierung gestohlene Krebsmedikamente ausgeliefert? 5. Sind nach Kenntnis der Landesregierung gegenwärtig Krebsmedikamente, die im Zusammenhang mit dem oben genannten Medikamentenskandal in Brandenburg stehen, im Freistaat im Umlauf und wenn ja, ist es geplant, die betroffenen Medikamente aus dem Verkehr zu ziehen (bitte die betroffenen Medikamente auflisten)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Herold (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6260 6. Wie sind die Meldewege der Arzneimittelaufsicht in Thüringen organisiert und haben diese nach Einschätzung der Landesregierung bezüglich des in Rede stehenden Sachverhalts funktioniert? 7. Mit welchen Mitteln und Methoden kamen das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sowie die nachgeordneten Kontrollbehörden im Freistaat ihrer Aufsichtspflicht bezüglich des in Rede stehenden Medikamentenskandals nach? 8. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung aus dem Medikamentenskandal in Brandenburg und welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen beziehungsweise plant die Landesregierung , um einen ähnlich gearteten Medikamentenskandal in Thüringen zu verhindern? 9. Durch welche Maßnahmen und Methoden wird die Landesregierung ihre Aufsichtspflicht wahrnehmen, um einen Handel mit mutmaßlich gestohlenen und möglicherweise unwirksamen Medikamenten künftig zu verhindern? 10. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen beziehungsweise plant die Landesregierung , um das im Zuge des Medikamentenskandals verlorene Vertrauen der Thüringer Patienten in die Arzneimittel- und Medizinproduktsicherheit wiederherzustellen? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 8. Oktober 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Die Fragen 1 und 2 werden auf Grund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Arzneimittel, die von der Firma Lunapharm GmbH gehandelt wurden, wurden zurückgerufen, da bei diesen der Tatbestand der Fälschung durch falsche Angaben in den Aufzeichnungen und Dokumenten zum Vertriebsweg festgestellt wurde (§ 69 in Verbindung mit § 4 Arzneimittelgesetz). Zur Feststellung der pharmazeutischen Qualität hat die zuständige Behörde in Brandenburg Rückstellproben von der von der Firma Lunapharm GmbH gehandelten Ware untersuchen lassen. Dabei wurde festgestellt , dass die Analyseergebnisse den Spezifikationen gemäß arzneimittelrechtlicher Zulassung entsprechen, soweit das Verfalldatum der Arzneimittelproben noch nicht erreicht war, und somit deren pharmazeutische Qualität gegeben war. Der Landesregierung liegen derzeit keine Berichte über Schäden bei den Patientinnen und Patienten vor, bei denen vom Rückruf betroffene Ware angewendet wurde. Es erfolgte zu jedem Bezugsvorgang, bei dem Thüringer Einrichtungen betroffen waren, eine unverzügliche Information des behandelnden Arztes beziehungsweise der behandelnden Ärztin über die jeweils abgebende Apotheke, damit diese über weitere Therapiemaßnahmen entscheiden können. Eine Entschädigung ist derzeit nicht vorgesehen. Hinsichtlich der konkreten Betroffenheit von Thüringer Arztpraxen und zu den Maßnahmen der zuständigen Thüringer Behörde wird auf die Beantwortung zu den Fragen 3 bis 5 verwiesen. Zu 3. bis 5.: Die Fragen 3 bis 5 werden auf Grund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Am 17. Juli 2018 wurden die für den Vollzug des Arzneimittelrechts zuständigen Behörden des Bundes und der Länder von der in Brandenburg zuständigen Behörde über den Rückruf aller noch in der Laufzeit befindlichen Arzneimittel, die von dem griechischen Lieferanten Pharmacy Ozbagdzi haralampidis Stilianos bezogen wurden und in der Folge durch die Lunapharm Deutschland GmbH in Verkehr gebracht wurden , informiert. Weitere Arzneimittelrückrufe auf Grund der Ermittlungen der zuständigen Behörden folgten. In Thüringen war zunächst nur eine Einrichtung von den oben genannten Rückrufen betroffen. Es handelte sich um insgesamt acht Packungen zweier verschiedener Arzneimittel. Die betroffene Einrichtung hat unverzüglich die vorhandenen Bestände geprüft. Die betroffene Ware war jedoch bereits an Arztpraxen und 3 Drucksache 6/6260Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Apotheken in Thüringen und Sachsen-Anhalt abgegeben worden. Die Abnehmer wurden umgehend informiert , jedoch waren die Zubereitungen bereits angewendet worden. Die Behörde in Brandenburg wurde über die Ergebnisse der Ermittlungen informiert. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen der zuständigen Behörden wurde bekannt, dass zwei Thüringer Apotheken über Dritte mit vom Rückruf betroffener Ware beliefert worden sein könnten. Beide Apotheken wurden ebenfalls unverzüglich informiert. Auch hier waren die Arzneimittel bereits abgegeben. Allerdings können die Patienten auf Grund der fehlenden Verpflichtung zur Chargendokumentation nicht ermittelt werden. Weiterhin hat die Behörde in Brandenburg alle Ware griechischer und italienischer Aufmachung zurückgerufen . Diese Meldungen wurden an alle Thüringer Apotheken, Großhändler und Hersteller patientenindividueller Zubereitungen weitergeleitet und um Prüfung der Bestände, Quarantänisierung und Rückinformation an das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz gebeten. Es gingen keine Rückmeldungen aus dem oben genannten Adressatenkreis ein. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass zum Zeitpunkt der Abfrage keine von Rückrufen betroffenen Arzneimittel mehr im Umlauf waren. Zu 6. bis 7.: Die Fragen 6 und 7 werden auf Grund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die für den Vollzug des Arzneimittelrechts zuständigen Behörden des Bundes und der Länder haben sich gemäß § 68 Arzneimittelgesetz bei Zuwiderhandlungen und bei Verdacht auf Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften des Arzneimittelrechts für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich unverzüglich zu unterrichten und bei der Ermittlungstätigkeit gegenseitig zu unterstützen. Für die gegenseitige Unterrichtung wurde ein zentrales E-Mail-Postfach am Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie mit automatischer Weiterleitung an das Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz eingerichtet, um die unverzügliche Bearbeitung sicherzustellen. Die Erreichbarkeit wurde den für den Vollzug des Arzneimittelrechts zuständigen Behörden des Bundes und der Länder pflichtgemäß mitgeteilt. Durch das zuständige Fachreferat werden alle Mitteilungen gesichtet und die vom Thüringer Landesamt für Verbraucherschutz eingeleiteten Maßnahmen im Rahmen der Fachaufsicht bewertet. Im vorliegenden Fall erfolgte eine enge Abstimmung zu den eingeleiteten Maßnahmen, wie zum Beispiel der Information des potentiell betroffenen Empfängerkreises in Thüringen und des Abgleichs des eigenen Erkenntnisstandes mit den Mitteilungen der zuständigen Behörde in Brandenburg. Die Meldewege in der Arzneimittelaufsicht haben sich nach Einschätzung der Landesregierung bezüglich des in Rede stehenden Sachverhaltes bewährt. Zu 8. bis 10.: Die Fragen 8 bis 10 werden auf Grund des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Aufgabe der zuständigen Arzneimittelüberwachungsbehörden ist die Überwachung des legalen Verkehrs mit Arzneimitteln. Der Rechtsrahmen ist eindeutig und mit entsprechenden Verboten sanktioniert. Das bundeseinheitliche Qualitätssicherungssystem in der Arzneimittelüberwachung definiert die Aufgaben der Behörden im föderalen System und ist in Thüringen etabliert. Es ermöglicht die Fachaufsicht durch die oberste Landesbehörde sowie einen transparenten Aufgabenvollzug im nachgeordneten Bereich. Inwieweit hier Anpassungen vorzunehmen sind, wird derzeit gemeinsam von Bund und Ländern geprüft. Dessen ungeachtet hat die Landesregierung die Ergebnisse der in Brandenburg eingesetzten Task Force zum Anlass genommen, die bestehende Struktur, Besetzung und Aufgabenvollzug der zuständigen Behörden in Thüringen zu überprüfen. Die betreffende Evaluation ist derzeit noch nicht abgeschlossen. In Vertretung Feierabend Staatssekretärin Gefährdung von Thüringer Patienten im Rahmen eines Medikamentenskandals in Brandenburg - umfassend aufklären Ich frage die Landesregierung: Zu 1. und 2.: Zu 3. bis 5.: Zu 6. bis 7.: