22.10.2018 Drucksache 6/6308Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. November 2018 Geplante Ausweitung des Kiesabbaus in der Goldbacher Siedlung in Gotha - Teil I Die Kleine Anfrage 3299 vom 27. August 2018 hat folgenden Wortlaut: Gemäß verschiedener Zeitungsberichte der Thüringer Allgemeinen vom August 2018 sei zu Beginn dieses Jahres ein Antrag von einer in Gotha ortsansässigen Kiesfirma auf Ausweitung der sich in circa 100 Metern von der Goldbacher Siedlung am Ortsrand von Gotha befindlichen Kiesgrube bis direkt an die vorhandene Wohnbebauung gestellt und bewilligt worden. Die Bewilligung erfolgte für eine Fläche von 3,93 Hektar und sei bis zum 11. Januar 2028 gültig. Die erforderliche Genehmigung durch das Thüringer Landesbergamt liege vor. Im Rahmen der Berichterstattung wurde in diesem Zusammenhang weiterhin über die seitens der Bürgerinnen und Bürger vorgetragenen Beschwerden über eine mangelnde Informationspolitik im Planfeststellungsverfahren, Befürchtungen über erhebliche Staub- und Lärmbelästigungen sowie über mögliche Folgeschäden und damit verbundene Wertminderungen der betreffenden Häuser in der Siedlung in den Zeitungsartikeln berichtet. Auch die Gesprächsbereitschaft der beteiligen Akteure und Behörden wurde in diesem Zusammenhang thematisiert. Weiterhin heißt es in den Zeitungsberichten, dass das Thüringer Landesbergamt mit der Wiederaufnahme des Kiesabbaus im Jahr 2016 die Vorlage eines neuen Hauptbetriebsplans verlangt habe, der am 29. März 2018 zugelassen und bis zum 31. März 2020 befristet worden sei und den Abbau im gesamten Bergwerksfeld vorsehe. Es wurde weiterhin berichtet, dass das Thüringer Landesbergamt keine Gefährdung der Häuser sehe und es auch zu keiner Grundwasserabsenkung kommen werde. Da es sich in diesem Fall um eine Fortführung der Gewinnungsarbeiten und nicht um Eröffnung eines Tagesbaus handle, gebe es keine konkrete Abstandsvorgabe und somit könne der Tagebau direkt an die Wohnbebauung herangebracht werden. Die Lärmprognose für diesen Standort sei, so heißt es in den Zeitungsberichten, 20 Jahre alt und sei - so legt es die Zulassung fest - hinsichtlich der Gültigkeit der jeweiligen Parameter zu überprüfen. Ich frage die Landesregierung: 1. Zu welchem Zeitpunkt und für welchen Zeitraum sowie auf welcher Rechtsgrundlage wurden jeweils die Genehmigungen beziehungsweise Verlängerungen der Genehmigungen zum Kiesabbau im oben genannten Sachverhalt seit Eröffnung des Kiesabbaus in diesem Terrain erteilt? 2. Welche Gutachten wurden in den Genehmigungsprozess einbezogen und auf welcher Rechtsgrundlage wurden diese Gutachten erstellt? 3. Welches Erstelldatum tragen die herangezogenen Gutachten und inwieweit ist gerechtfertigt, dass nur eine neue Lärmprognose zu erstellen sei? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6308 4. Wie hoch und breit sollen die Lärmschutzwälle sein und in welcher Position sollen sie sich befinden (Abstandsflächen )? 5. Welche weiteren Maßnahmen sind nach Kenntnis der Landesregierung vorgesehen, um die Anwohnerschaft vor den negativen Auswirkungen des Kiesabbaus in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zu schützen? 6. Inwieweit wurden welche Fragen des Umwelt- beziehungsweise Artenschutzes in das Genehmigungsverfahren einbezogen? 7. Wurde oder wird ein Scoping-Termin anberaumt, in dem alle Behörden und Träger öffentlicher Belange alles Wichtige zum gegebenenfalls erforderlichen Umweltschutz im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung erörtern und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und wenn nein, warum nicht? 8. Wie war die Fläche, die jetzt als Vorranggebiet für Kiesabbau im betroffenen Gebiet im Flächennutzungsplan aufgeführt ist, nach Kenntnis der Landesregierung im vorangegangenen Flächennutzungsplan aus dem Jahr 1993 ausgewiesen und welche Abstandsflächen waren festgeschrieben? 9. Mit welcher Methode und welchem Ergebnis wurde die Standsicherheit der angrenzenden Häuser und der angrenzenden Straße in Hinblick auf die Ausweitung des Kiesabbaus bis an die Wohnbebauung beziehungsweise Straßen überprüft? Liegt hierzu ein entsprechendes Gutachten vor und wenn ja, welche Aussage trifft dieses Gutachten? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 17. Oktober 2018 (Eingang: 22. Oktober 2018) wie folgt beantwortet: Zu 1.: Rechtsgrundlage der 1993 erteilten Bewilligung und der Betriebsplanzulassungen ist das Bundesberggesetz (BBergG). Bis in den April 1996 galt das Bundesberggesetz noch mit der Maßgabe a) in Anlage I, Kapitel V, Sachgebiet D, Abschnitt. III, Nr. 1 des Einigungsvertrages, mit der das Bergrecht der DDR in die Rechtsordnung des vereinten Deutschland übergeleitet wurde. In der DDR waren Bodenschätze Volkseigentum (Artikel 12 der Verfassung der DDR von 1968 und § 5 BergG- DDR), die staatlichen Bergbaubetriebe bauten diese ohne Bergbauberechtigung im Rahmen staatlicher Planentscheidungen ab. Nach dem 9. November 1989 reifte in der DDR die Erkenntnis, dass die Volkseigenen Bergbaubetriebe im Falle eines Beitritts der DDR zur BRD ohne Bergbauberechtigung und damit ohne Existenzgrundlage sein würden. Daraufhin erließ der Ministerrat der DDR die Verordnung über die Verleihung von Bergwerkseigentum vom 15.08.1990 (GBL-DDR I, S. 1071). Im Anhang zu dieser Verordnung waren die Bodenschätze aufgezählt, für die Bergwerkseigentum verliehen werden konnte. Unter Nummer 9.23 beispielsweise Kiese und Kiessande zur Herstellung von Betonzuschlagstoffen. Zum 3. Oktober 1990 erklärte die DDR ihren Beitritt zur BRD, gleichzeitig trat der Einigungsvertrag nebst Anlagen in Kraft. Anlage I, Kapitel V, Sachgebiet D, Abschnitt III, Nr. 1. des Einigungsvertrages enthält Maßgaben bezüglich des Inkrafttretens des Bundesberggesetzes in den neuen Bundesländern. Nach der dortigen Maßgabe a) sind die in der August-Verordnung aufgezählten Bodenschätze bergfrei, also dem Grundeigentum entzogen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BBergG). Das hatte unter anderem zur Folge, dass jeder, der in Thüringen Kies gewinnen wollte, einer Bewilligung nach § 6 beziehungsweise § 8 BBergG bedurfte. Diese Bewilligungen wurden zunächst vom Thüringer Landesverwaltungsamt (TLVwA) und später vom Thüringer Oberbergamt (TOBA) verliehen. Die Maßgabe a) des Einigungsvertrages wurde durch das Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen (BGBl. I 1996 S. 602) aufgehoben; dabei blieben bereits erteilte Berechtigungen aber aufrechterhalten und die Bodenschätze, auf die sich diese Berechtigungen beziehen, weiter bergfrei (vergleiche: dort § 2 Abs. 1). Eine Bewilligung allein erlaubt noch nicht, einen Bergbaubetrieb zu beginnen. Der Unternehmer muss darüber hinaus einen Betriebsplan zur Zulassung vorlegen. 3 Drucksache 6/6308Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Es wurden bislang folgende Genehmigungen erteilt: Datum Art der Genehmigung/Zulassung Dauer/ Befristung 11.01.1993 Erteilung der Bewilligung 10 Jahre 07.01.2003 Änderung der Bewilligungsfrist auf 20 Jahre 26.08.2003 Hauptbetriebsplanzulassung 30.09.2006 28.06.2006 Verlängerung der Hauptbetriebsplanzulassung 31.03.2009 16.01.2009 Verlängerung der Hauptbetriebsplanzulassung 31.12.2011 09.11.2010 Hauptbetriebsplanzulassung (2010) 30.09.2013 07.12.2010 Verlängerung der Bewilligung 11.01.2028 02.05.2013 Verlängerung der Hauptbetriebsplanzulassung 31.03.2016 10.09.2013 Übertragung der Bewilligung an die heutige Inhaberin 13.09.2013 Übertragung der Hauptbetriebsplanzulassung an die heutige Bergbautreibende 01.03.2016 Verlängerung der Hauptbetriebsplanzulassung 31.03.2018 29.03.2018 Hauptbetriebsplanzulassung (2018) 31.03.2020 Zu 2.: In die Zulassung der Betriebspläne wurde eine Schall-Immissions-Prognose einbezogen. Diese Prognose wurde zur Sicherstellung der Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Vorgaben auf der Basis des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und der TA-Lärm erstellt. Zu 3.: Die Schall-Immissions-Prognose wurde am 30. Mai 1998 erstellt. In der Planungsphase kann, da noch keine Anlagen laufen, nur eine theoretische Berechnung (Prognose) der voraussichtlichen Immissionen erfolgen . Bei Erfordernis (zum Beispiel Lärmbeschwerden) ist diese Prognose dann unter konkreten Bedingungen durch eine Messung zu überprüfen. Zu 4.: Entsprechend der Lärmprognose sollen die Lärmschutzwälle eine Höhe von mindestens drei Meter aufweisen . Bei dieser Höhe und einem Böschungswinkel von 45° ergibt sich eine Breite von sechs Meter. Der Schutzwall befindet sich innerhalb des im Eigentum des Unternehmens stehenden Flurstückes 196 mit einem Abstand von mindestens einem Meter zur Flurstücksgrenze. Im Bereich der Gasleitung befindet sich der Schutzwall außerhalb eines festgelegten Sicherheitsstreifens für die Gasleitung, dass heißt noch weiter von der Flurstücksgrenze entfernt. Zu 5.: Die Tagebauausfahrt wurde an der zur Wohnbebauung abgewandten Seite angelegt. Mit der Zulassung wurde festgelegt, dass kein Abtransport durch die Wohnsiedlung erfolgen darf. Mit der Zulassung wurde dem Unternehmen auch aufgetragen, betriebliche Vorsorge gegen Staubabwehungen zu treffen (zum Beispiel durch Befeuchtung der Fahrwege bei Trockenheit). Zu 6.: Durch das Thüringer Landesbergamt erfolgte eine Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) auf Grundlage der Eingriffsregelung. Es liegt ein Sonderbetriebsplan "Wiedernutzbarmachung und Landschaftsgestaltung " vor, welcher in Abstimmung mit der UNB in Teilen nochmals verändert und angepasst wurde. Dieser sieht als Kompensation beispielsweise die Anlage von Habitatflächen im Bereich der Abraumhalde vor. Ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag wurde durch ein anerkanntes Fachplanungsbüro erstellt. In diesem Fachbeitrag wurden, in Abstimmung mit der UNB, alle artenschutzrechtlichen Belange geprüft. Im Ergebnis der Prüfung bleibt festzuhalten, dass keine artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch das Vorhaben ausgelöst werden. Bei dem Betriebsgrundstück handelt es sich um eine reine Ackerfläche. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6308 Zu 7.: Nein, ein Scoping-Termin findet nicht statt. Ein Planfeststellungsverfahren findet für Tagebaue grundsätzlich ab einer Abbaufläche von zehn Hektar statt. Hier beträgt die Fläche des Bewilligungsfeldes lediglich 3,93 Hektar. Die eigentliche Abbaufläche bleibt noch unter dieser Flächengröße. Zu 8.: Ein rechtskräftiger Flächennutzungsplan besteht erst seit dem 16. Juli 2006. Davor, also auch im Jahr 1993, gab es lediglich Entwürfe zum Flächennutzungsplan. Im Rahmen des Planungsverfahrens zum Entwurf des Flächennutzungsplans wurde das Stadtplanungsamt Gotha 1994 in einer Stellungnahme der zuständigen Bergbehörde aufgefordert, die betroffene Fläche in der Goldbacher Siedlung für den Kiesabbau einzuarbeiten. Dem wurde entsprochen, so dass seit dieser Zeit und auch in weiteren Entwürfen des Flächennutzungsplans die Fläche hinter der Goldbacher Siedlung als Kiesabbaufläche dargestellt ist. Der Flächennutzungsplan gibt lediglich die Art der Bodennutzung vor und kann aufgrund des Geltungsbereichs für das gesamte Stadtgebiet nicht parzellenscharf dargestellt werden. Abstandsflächen waren und sind nicht festgelegt. Zu 9.: Eine Gefahr für die Standsicherheit der Gebäude sowie der Straße besteht nicht. Der Tagebau wird so geführt , dass die Grenzen des im Eigentum des Unternehmens stehenden Flurstücks 196 nicht überschritten werden. Aufgrund der Abstände der Abbauorte zu den Wohngebäuden und der Straße (Abstand zur Grundstücksgrenze zuzüglich Breite des Lärmschutzwalles zuzüglich Sicherheitsstreifen zum Lärmschutzwall) ist bei einer Kiesmächtigkeit von drei Meter bis sieben Meter und bei Abraummächtigkeiten von 0,2 Meter bis 3,5 Meter nicht von einer Gefährdung der Standsicherheit der Objekte auszugehen. Ein Gutachten liegt dazu nicht vor. Siegesmund Ministerin Geplante Ausweitung des Kiesabbaus in der Goldbacher Siedlung in Gotha - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: