24.10.2018 Drucksache 6/6317Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 6. November 2018 Rechtliche Verankerung der "Abschussprämie" als tierseuchenhygienische Präventivmaßnahme in Thüringen Die Kleine Anfrage 3276 vom 30. August 2018 hat folgenden Wortlaut: Die Afrikanische Schweinepest stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Schweinehaltung und die Fleischwirt schaft dar. Nach einer Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts im Jahr 2017 ist die Reduzierung der Wildschweindichte eine wesentliche tierseuchenhygienische Präventivmaßnahme gegen die Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest beim Wildschwein. Bereits im Vorfeld eines Ausbruchs ist es daher erfor derlich, die Thüringer Wildschweinpopulation landesweit zu reduzieren. Um die Jäger bei der aufwendigen Jagd nach Wildschweinen zu unterstützen, erwog das zuständige Ministerium im Januar 2018 die Auszah lung einer Aufwandsentschädigung, nachfolgend "Abschussprämie" genannt, welche auch die Mehrkosten zur besonderen Fleischschau und Spezialmunition kompensieren sollte. Ich frage die Landesregierung: 1. In welcher Thüringer Rechtsvorschrift wurde die "Abschussprämie" abschließend geregelt? 2. Welche weitergehenden Maßnahmen wie Hygiene, Tieruntersuchungen et cetera wurden als tierseu chenhygienische Präventivmaßnahme zusätzlich geregelt? 3. In welcher Form sind infizierte Schweine, die im Rahmen der Jagd getötet wurden, zu entsorgen? 4. In welcher Höhe wurde die "Abschussprämie" festgelegt und welche Aspekte zur Berechnung wurden zugrunde gelegt? 5. Wie stellt sich der finanzielle Mittelabfluss der "Abschussprämie" seit Frühjahr 2018 dar? 6. Welche Bußgelder auf welcher rechtlichen Grundlage können gegen Schweinehalter verhangen wer den, wenn diese Hygiene-Richtlinien zur Risikominimierung der Einschleppung und Verbreitung der Af rikanischen Schweinepest missachten? 7. Von welcher finanziellen Jahresprognose für das Jahr 2018 und 2019 geht die Landesregierung durch die "Abschussprämie" aus? 8. Hält die Landesregierung ihr bisheriges Engagement für ausreichend, um die Einschleppung der Afrika nischen Schweinepest zu vermeiden beziehungsweise die Ausbreitungsgeschwindigkeit wirksam abzu bremsen und wie begründet sie ihre Auffassung? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6317 Das Thüringer Ministerium für Infrastrukur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 23. Oktober 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Bei der Auszahlung pauschaler Festbeträge für die Durchführung vorbeugender Maßnahmen gegen den Eintrag der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nach Thüringen handelt es sich nicht um eine durch Rechts vorschrift geregelte "Abschussprämie", sondern um durch Bekanntmachung geregelte freiwillige Leistungen des Freistaats Thüringen, die Jagdausübungsberechtigte und Jagdhundeführer für ihr Mitwirken an der Re duzierung der Wildschweinbestände erhalten können. Zu 2.: Durch das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie wurde beginnend im Jahr 2014 eine breit angelegte Informationskampagne gestartet, die sich an Jäger und Landwirte richtet, um bei diesen das Bewusstsein für die Bedeutung von Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz des Viehbeziehungsweise Wildbestandes zu erhöhen. Unter Einbeziehung der maßgeblichen Verbände für Grund eigentum, Jagd und Landnutzung sowie der örtlich zuständigen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungs ämter erfolgten Schulungen und das Erstellen von Informationsmaterialien zu wichtigen Verhaltensregeln, Krankheitssymptomen und über vorgesehene Meldewege beim Auftreten verdächtiger Anzeichen der Afri kanischen Schweinepest. Bereits vor Inkrafttreten der Schweinepest-Monitoring-Verordnung vom 9. November 2016 (BGBl. I S. 2518) wurde in Thüringen ein serologisches und virologisches ASP-Monitoring etabliert (ab dem Jahr 2012). Dies beinhaltet eine Untersuchung von jährlich circa 1.500 Blutproben bei der Jagdausübung erlegter Tiere auf die Klassische und die Afrikanische Schweinepest. Darüber hinaus werden alle eingesandten, verendet ge fundenen Wildschweine (sogenanntes Fall- und Unfallwild) einer Sektion unterzogen und neben weiteren Erkrankungen auch virologisch auf Afrikanische Schweinepest untersucht. Sowohl für die Blutprobenent nahme als auch die Kadavereinsendungen (seit dem Jahr 2014) werden Aufwandsentschädigungen aus gezahlt, um für den Jagdausübungsberechtigten den Anreiz zur Einsendung zu erhöhen. Thüringen ver fügt über ein Spezialfahrzeug, welches explizit für die Abholung verendeter Tiere zum Zwecke der Sektion im Sinne einer Verbesserung der Früherkennung von Tierseuchen eingesetzt wird. Dieses Fahrzeug steht bei Bedarf auch für die Abholung von Wildschweinen zur Verfügung. Zu 3.: Sobald das erste mit Afrikanischer Schweinepest infizierte Schwein gefunden wird, ist der Ausbruch der Af rikanischen Schweinepest amtlich festzustellen; damit gelten alle entsprechenden Regelungen der Schwei nepest-Verordnung. Diese umfassen unter anderem auch Vorgaben für die Entsorgung getöteter Tiere. In fizierte Tiere sind als Kategorie-1-Material gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 zu sammeln und unschädlich zu beseitigen. Für Kategorie-1-Material besteht Entsorgungspflicht in einem hierfür zugelas senen Betrieb, in dem das Material so verarbeitet wird, dass Infektionserreger sicher abgetötet werden. Gemäß geltendem Recht wird vom zuständigen Veterinäramt die unschädliche Beseitigung der Kadaver im Rahmen der nach Ausbruch zu erlassenden tierseuchenrechtlichen Allgemeinverfügung zur Bekämp fung der Seuche angeordnet. Zu 4.: Für die Aufwandsentschädigung in Höhe von 25 Euro je Stück erlegtes Schwarzwild wurden der Aufwand für Transport, Lagerung und Hygiene der erlegten Sauen, der insbesondere mit der Trichinen- und Radio aktivitäts-Untersuchung verbunden ist, sowie die aufgrund von Nachfrage und Wildkörpergröße zum Teil schwierige Vermarktung berücksichtigt. Zu 5.: Vom 1. Mai (Beginn der Aufwandsentschädigungen zur verstärkten Jagdausübung auf Schwarzwild) bis zum 28. September 2018 lagen 284 Anträge vor; es wurden 16.925 Euro ausgezahlt. Zu 6.: Grundsätzlich hat jeder Tierhalter gemäß § 3 Nr. 1 des Tiergesundheitsgesetzes dafür Sorge zu tragen, dass Tierseuchen weder in seinen Bestand eingeschleppt noch aus seinem Bestand verschleppt werden. 3 Drucksache 6/6317Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Konkretisierte Anforderungen zur Biosicherheit für Schweinehalter finden sich in der Schweinehaltungshy gieneverordnung, welche die Mindeststandards für verschiedene Betriebsgrößen sowie unterschiedliche Haltungsformen beschreibt. Verschiedene Sachverhalte sind bußgeldbewehrt. Die Bußgeldhöhe kann nach dem Tiergesundheitsgesetz bis zu 30.000 Euro betragen. Zu 7.: Die Landesregierung geht davon aus, dass die im Haushaltplan in den Jahren 2018 und 2019 jeweils vorge sehene Ausgabeermächtigung für die Auszahlung der Aufwandsentschädigungen zur verstärkten Jagdaus übung auf Schwarzwild ausreichen wird. Zu 8.: Auch bei umfassender Risikovorsorge ist die Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest möglich. Ur sächlich hierfür sind die Biologie der Erkrankung, das Fehlen eines Impfstoffs, die Nichtkontrollierbarkeit von Wildtierbewegungen und die Rolle des Menschen bei der Seuchenverbreitung. Ziel der Tierseuchenbekämpfung ist es deshalb, die eingeschleppte Seuche so schnell wie möglich zu er kennen, den Herd zu isolieren, möglichst auszuräumen und so den seuchenfreien Status schnellstmöglich wiederherzustellen. Entsprechend sind die Maßnahmen in Thüringen auf eine Intensivierung der Früher kennung (siehe Antwort zu Frage 2) sowie auf eine bestmögliche Vorbeugung und Bekämpfung der Tier seuche gerichtet. Hinsichtlich der Vorbeugungs- und Bekämpfungsoptionen wird auf die Erfahrungen der seit längerem von ASP-Infektionen betroffenen EU-Mitgliedsstaaten, darunter vor allem auf in der Tsche chischen Republik gemachten Erfahrungen, zurückgegriffen. Die gemäß Richtlinie 2002/60/EG einzuberufende Sachverständigengruppe wurde im Thüringer Ministeri um für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie etabliert und hat bereits einen Entwurf eines Plans zur Bekämpfung und Tilgung der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen erstellt, welcher alle der zeit bekannten Optionen aufgreift sowie Maßnahmen für Thüringen beschreibt und festlegt. Die dort veran kerte Bekämpfungsstrategie wurde allen Jagd- und Veterinärbehörden kommuniziert und zur einheitlichen Anwendung empfohlen. Aufbauend auf dem Tilgungsplan wurden entsprechende Vorbereitungen durch An schaffung von Ausrüstungsmaterial für die Tierseuchenbekämpfung, vertragliche Vereinbarungen zur Absi cherung des Personalbedarfs für bestimmte Arbeiten sowie die Erstellung von zahlreichen Arbeitshilfen für die unteren Veterinärbehörden vorgenommen. Eine intensive Kommunikation zum Thema Afrikanische Schweinepest erfolgt fortwährend mit allen Inter essengruppen (Grundeigentümer, Jäger, Landwirt, Öffentlichkeit), so dass jeder Bürger auch individuelle Maßnahmen - insbesondere zur Vorbeugung - ergreifen kann. Darüber hinaus werden die unteren Veteri närbehörden gezielt für den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest geschult und trainiert; diesbezüglich finden noch im Herbst 2018 zwei länderübergreifende, mehrtägige Tierseuchenübungen statt. Mit den lan desweiten Schulungen der Jägerschaften, Jagdgenossenschaften, Hegegemeinschaften und Landnutzern zum Umgang mit der Afrikanischen Schweinepest, der Thüringer Verordnung zur Aufhebung der Schonzeit für Bachen, der Auszahlung von Aufwandsentschädigungen zur verstärkten Bejagung der Schwarzwildbe stände, der Anerkennung von zur Schwarzwildbejagung angelegten Jagdschneisen in landwirtschaftlichen Kulturen im Rahmen der Beihilfe durch Direktzahlungen, der Errichtung eines Schwarzwild-Kompetenzzent rums und der Intensivierung von Aktivitäten zur ASP-Information an Rastanlagen der Bundesautobahnen und Fernverkehrsstraßen sowie zur Sicherstellung intakter Wildschutzzäune um Rastanlagen/Parkplätze, funk tionsfähiger Müllbehälter sowie deren regelmäßiger und ordentlicher Leerungen und Reinigungen wurden weitere Voraussetzungen zur Vorbeugung vor dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest geschaffen. Unabhängig von den besonderen Herausforderungen, welche die Bekämpfung der Afrikanischen Schwei nepest mit sich bringt, unternimmt der Freistaat Thüringen auch weiterhin größte Anstrengungen, um einem Seuchenausbruch vorzubeugen und auf diesen so gut wie möglich vorbereitet zu sein. Keller Ministerin Rechtliche Verankerung der "Abschussprämie" als tierseuchenhygienische Präventivmaßnahme in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: