25.10.2018 Drucksache 6/6321Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 7. November 2018 Pflegesituation in Thüringen Die Kleine Anfrage 3312 vom 12. September 2018 hat folgenden Wortlaut: Während bundesweit die Zahl der Beschäftigten im Pflegebereich zukünftig demografiebedingt zurückgehen wird, wird die Anzahl der Pflegebedürftigen von heute rund 2,4 Millionen auf rund 3,4 Millionen im Jahr 2030 ansteigen. Ende des Jahres 2017 arbeiteten circa 940.000 Menschen im Pflegebereich, bis zum Jahr 2030 sinkt die Zahl der Beschäftigten allein aus demografischen Gründen auf circa 784.000 Personen. Prognosen zur Pflegesituation im Jahr 2030 gehen deshalb für das gesamte Bundesgebiet davon aus, dass sich der bestehende Mangel an Pflegekräften auf 506.000 vergrößern wird. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele ambulante und stationäre Plätze für Pflegebedürftige gibt es in Thüringen? Wie viele pflegebedürftige Menschen stehen diesem Angebot gegenüber? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die gegenwärtige Pflegesituation in Thüringen? 3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits eingeleitet, um den Fachkräftemangel im Pflegebereich zu bekämpfen? 4. Welche Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zukünftig gegen den immer größer werdenden Mangel an qualifizierten Pflegekräften durchzuführen? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. Oktober 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Thüringer Landesamt für Statistik veröffentlicht Daten zu Pflegeeinrichtungen im Abstand von zwei Jahren . Die aktuellste Statistik hat den Stand vom 15. Dezember 2015. Auf dieser Grundlage können folgende Angaben gemacht werden: Zu diesem Stichtag versorgten im ambulanten Bereich 432 ambulante Pflegedienste 23.185 Pflegebedürftige. Für die stationäre Versorgung von 27.486 Pflegebedürftigen standen insgesamt 457 voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen mit einer Kapazität von 27.959 Pflegeplätzen zur Verfügung. Davon nehmen K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gentele (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6321 24.558 Pflegebedürftige vollstationäre Pflege (Dauerpflege/Kurzzeitpflege) sowie 2.928 teilstationäre Pflege (Tages-/Nachtpflege) in Anspruch. Zum gennannten Stichtag waren insgesamt 94.280 Thüringer Bürgerinnen und Bürger pflegebedürftig im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Davon werden 43.609 pflegebedürftige Menschen ohne die Inanspruchnahme oben genannter Hilfen von Angehörigen betreut. Zu 2.: Aufgrund sich stetig weiterentwickelnder und verbesserter Lebensbedingungen erhöht sich die Lebenserwartung der Bevölkerung, was zu einem Anstieg der Zahl der älteren Menschen in der Gesellschaft führt. Dem gegenüber steht jedoch eine geringe Geburtenrate. Die beschriebenen Entwicklungen führen zu einer Alterung der Gesellschaft, zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für Multimorbidität sowie zu einer wachsenden Anzahl der Menschen, die hilfe- und pflegebedürftig sind. Auch Thüringen ist von dieser Entwicklung betroffen. Aktuell leben in Thüringen 2,17 Millionen Menschen, von denen 94.280 Menschen (Stand: 15. Dezember 2015, Thüringer Landesamt für Statistik) auf Hilfe und Unterstützung im täglichen Leben angewiesen im Sinne einer Pflegebedürftigkeit sind. Im Vergleich zum Jahresende 1999, dem Jahr der Einführung der Pflegestatistik, ist die Zahl der Pflegebedürftigen um 56,5 Prozent gestiegen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung war damit jeder 25. Thüringer Bürger pflegebedürftig, Ende des Jahres 1999 war es noch jeder 40. Thüringer Bürger. Berechnungen zufolge werden im Jahr 2030 etwa 109.000 Menschen pflegebedürftig sein. Mit dem Älterwerden der Bevölkerung steigt die Nachfrage nach professioneller Pflege. Zugleich sinkt das Potenzial an Arbeitskräften, aus dem der Bedarf nach Pflegefachkräften gedeckt wird. Bereits jetzt besteht ein Mangel an Pflegefachkräften in der Altenpflege in Thüringen. Zwar kann von Versorgungsengpässen derzeit nicht die Rede sein - die vorgeschriebene Fachkraftquote von 50 Prozent in stationären Einrichtungen wird von den Trägern eingehalten. Dennoch ist die Gewinnung von qualifiziertem Personal und vor allem das Halten des Personals durch den Einrichtungsträger eine zunehmende Herausforderung . Zu 3.: Um dem Fachkräftemangel in der Altenpflege entgegenzuwirken, haben sich im November 2012 das Land, die kommunalen Spitzenverbände, Verbände der Pflegeeinrichtungen und die Pflegekassen zusammengeschlossen und den Thüringer Pflegepakt unterzeichnet. Mit dem Thüringer Pflegepakt soll eine qualitativ hochwertige und wirtschaftlich angemessene Pflege im häuslichen Umfeld sowie im stationären Bereich sichergestellt und demografische Herausforderungen bewältigt werden. Weiterhin soll gemeinsam in partnerschaftlicher Zusammenarbeit das Image der Pflegeberufe , das Ausbildungsangebot, die Arbeitsbedingungen, die Entlohnung und die Pflegesätze in der Pflegebranche weiterentwickelt werden. Der Thüringer Pflegepakt ist zeitlich nicht befristet und die Umsetzung der Ziele ist ein stetiger Prozess. Die Steuerungsgruppe, welche aus den Initiatoren des Pflegepaktes zusammengesetzt ist, ist das fachpolitische Gremium auf Managementebene zur Umsetzung der Zielstellungen des Pflegepaktes. Durch die Steuerungsgruppe wurden vier Projektgruppen eingesetzt. Diese beschäftigen sich unter anderem mit der Verbesserung des Images der Altenpflege, der Weiterqualifizierung von Heilerziehungspflegerinnen/-pflegern zur Fachkraft sowie mit der flächendeckenden tarifgerechten Entlohnung. Eine weitere wichtige, durch den Thüringer Pflegepakt initiierte Maßnahme zur nachhaltigen Sicherstellung der pflegerischen Versorgung in Pflegeheimen ist die Umsetzung des Projektes "Qualifizierungsbegleitende Hilfen für Pflegeauszubildende". Dieses Projekt unterstützt die von Ausbildungsabbruch oder Prüfungsgefährdung bedrohten Auszubildenden im fachtheoretischen beziehungsweise -praktischen sowie im sozialpädagogischen Bereich. Neu aufgenommen wurde auch das Hilfeangebot zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten . Träger des Projektes ist die Jugendberufshilfe Thüringen e. V. Durch die Landesregierung (Abteilung 3 Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie) wurden im Jahr 2018 Fördermittel in Höhe von 530.000 Euro zur Verfügung gestellt. Davon wurden bereits circa 503.000 Euro bewilligt. 3 Drucksache 6/6321Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die unter Frage 3 beschriebenen Aktivitäten des Thüringer Pflegepaktes sollen auch in Zukunft fortgeführt und entsprechend der Bedarfslage weiterentwickelt werden. Insofern wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Im Übrigen ist die pflegerische Versorgung der Bevölkerung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, so formuliert es das Recht der Pflegeversicherung in § 8 SGB XI. Deswegen sind neben dem Land insbesondere die Kommunen, die Pflegeeinrichtungen und die Pflegekassen gefordert, eine leistungsfähige ambulante und stationäre Pflege zu gewährleisten. Das kann nur gelingen, wenn dafür eine ausreichende Anzahl an Pflegefachkräften zur Verfügung steht. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung Verbesserungen angekündigt. Nach dem Sofortprogramm Pflege des Bundesgesundheitsministeriums sollen unter anderem ab Januar 2019 bundesweit 13.000 Pflegekräfte in stationären Pflegeeinrichtungen neu eingestellt werden können. Die Konzertierte Aktion Pflege ist eine Initiative unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die Konzertierte Aktion Pflege konzentriert sich auf die Altenpflege unter Einbeziehung der Krankenpflege. Es geht darum, den Arbeitsalltag und die Arbeitsbedingungen von beruflich Pflegenden unmittelbar und spürbar zu verbessern. Mit den genannten Mitwirkenden sollen in der Konzertierten Aktion Pflege konkrete Maßnahmen und Empfehlungen erarbeitet werden, um Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten für Fach- und Helferkräfte zu verbessern, Auszubildende für die neue Pflegeausbildung zu gewinnen, die Aus-, Fort- und berufliche Weiterbildung zu stärken, Pflegekräfte in der Pflege zu halten, den Wiedereinstieg in den Beruf zu fördern, aber auch Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Ferner sollen Maßnahmen zur flächendeckenden Entlohnung in der Altenpflege nach Tarif und innovative Versorgungsansätze entwickelt sowie die Digitalisierung mit dem Ziel der Entlastung der Pflegekräfte genutzt werden. Am 27. September 2018 wurde der Gesetzentwurf zur Stärkung des Pflegepersonals im Bundestag in erster Lesung beraten. Mit dem Gesetz sollen spürbare Verbesserungen im Alltag der Pflegekräfte durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen in der Kranken- und Altenpflege erreicht werden. Im Bundesrat hat Thüringen den Gesetzentwurf begrüßt. Das Ziel der Bundesregierung ist es, Pflegekräfte in ihrem Berufsalltag zu unterstützen, neue Pflegekräfte zu gewinnen und die pflegerische Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter zu verbessern. Das halte ich auf jeden Fall für Schritte in die richtige Richtung und erhoffe mir auch für Thüringen entsprechende Auswirkungen. Werner Ministerin Pflegesituation in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: