30.10.2018 Drucksache 6/6368Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 13. November 2018 Referentenentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gesetz über die Anstalt Thüringer Fernwasserversorgung Die Kleine Anfrage 3340 vom 20. September 2018 hat folgenden Wortlaut: Wie aus dem vorgelegten Referentenentwurf des Thüringer Gesetzes über die Anstalt Thüringer Fernwasserversorgung der Landesregierung, welcher mit Schreiben der Landesregierung vom 14. August 2018 dem Thüringer Landtag zugeleitet wurde, hervorgeht, beabsichtigt die Thüringer Landesregierung, das bestehende Gesetz umfangreich zu ändern und der Thüringer Fernwasserversorgung unter anderem das Betreiben von Windkraftanlagen zu gestatten. Ich frage die Landesregierung: 1. Sieht die Landesregierung einen Widerspruch darin, wenn die Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts und damit als eine Trägerin der mittelbaren Staatsverwaltung selbst als Stromerzeugerbetrieb und Betreiberin von Stauanlagen auftritt und gemäß des vorgelegten Entwurfes gleichzeitig selbst zur Überprüfung und Überwachung von Stauanlagen anderer Betreiber beauftragt werden kann und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung, falls dies aus ihrer Sicht keinen Widerspruch darstellt? 2. Sieht die Landesregierung einen Widerspruch darin, wenn die Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts und damit als eine Trägerin der mittelbaren Staatsverwaltung zukünftig selbst als Stromerzeugerbetrieb im Bereich der Wind- und Solarenergie auftritt und damit in Konkurrenz zu privaten Stromerzeugungsbetrieben steht und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung? 3. Welche Gebiete des Freistaats Thüringen sind nach Ansicht der Landesregierung besonders für den Bau von Wind- und Photovoltaikanlagen und deren Betrieb durch die Thüringer Fernwasserversorgung geeignet (bitte aufschlüsseln nach Gemeinden, Landkreisen und kreisfreien Städten)? 4. Sind nach Kenntnis der Landesregierung bei der Thüringer Fernwasserversorgung bereits Projekte zum Bau von Wind- und Photovoltaikanlagen in Planung und wie ist deren aktueller Stand und falls sich Projekte in der Planung befinden, wo befinden sich die dafür vorgesehenen Standorte und wie groß ist deren finanzieller und flächenmäßiger Umfang und falls sich keine derartigen Projekte in Planung bei der Thüringer Fernwasserversorgung befinden, wann wird mit dem Beginn solcher Projekte gerechnet? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6368 5. Wie soll nach Ansicht der Landesregierung die Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts zukünftig die in ihrem Eigentum oder in ihrer Verwaltung befindlichen Stauanlagen, Immobilien und Grundstücke touristisch nutzen und könnte daraus ein marktverzerrender staatlicher Eingriff in die Thüringer Tourismusbranche resultieren? Falls nicht, warum nicht? 6. Könnte sich die Konstellation problematisch gestalten, wenn sich aus öffentlichen Mitteln finanzierte Thüringer Anstalten des öffentlichen Rechts in den direkten Wettbewerb mit privaten Unternehmen begeben und gleichzeitig gegenüber Teilen dieser privaten Unternehmen hoheitliche Handlungen durchführen dürfen und falls nicht, warum nicht? 7. Wie begründet die Landesregierung die im Referentenentwurf vorgeschlagene Regelung, der Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts die gleichen Vergünstigungen im Bereich der Kosten- und Bauangelegenheit wie dem Land zu gewähren, wenn gleichzeitig mögliche private Mitbewerber in den Bereichen der Stromerzeugung und des Tourismus diese Vergünstigungen nicht haben? 8. Wie begründet die Landesregierung die im Referentenentwurf vorgeschlagene Regelung, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die darin enthaltenen Lieferbedingungen lediglich im Thüringer Staatsanzeiger und nicht in anderen öffentlich zugänglichen Publikationen oder dem Bundesanzeiger zu veröffentlichen und falls andere Veröffentlichungsformen genutzt werden sollen, um welche handelt es sich? 9. Wie begründet die Landesregierung die im Referentenentwurf vorgeschlagene Regelung, die Bekanntmachungen der Thüringer Fernwasserversorgung lediglich im Bundesanzeiger und nicht in anderen öffentlich zugänglichen Publikationen oder dem Thüringer Staatsanzeiger zu veröffentlichen und falls andere Veröffentlichungsformen genutzt werden sollen, um welche handelt es sich? 10. Wie begründet die Landesregierung die im Referentenentwurf vorgeschlagene Regelung, dass die Thüringer Fernwasserversorgung darauf hinwirken soll, in Unternehmen, an denen sie beteiligt ist, die Grundsätze der guten Unternehmens- und Beteiligungsführung des Freistaats Thüringen (Kodex) vom 18. September 2017 zu implementieren und könnte dies die Gefahr eines Eingriffs in die unternehmerische Freiheit der betroffenen Unternehmen beherbergen und falls nicht, warum nicht? 11. Wie begründet die Landesregierung die im Referentenentwurf vorgeschlagene Regelung, der Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts den Abschluss von Geschäften mit derivaten Finanzprodukten zu gestatten und wie soll nach Ansicht der Landesregierung die Thüringer Fernwasserversorgung bei derartigen Geschäften gegen mögliche Verluste abgesichert werden? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 28. Oktober 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nein; die innere Organisation der Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts wird - sofern ein solcher Fall praktisch wird - durch geeignete Organisationsmaßnahmen sicherstellen, dass keine Inkompatibilität eintritt. Dies kann notfalls auch im Wege der Aufsicht sichergestellt werden. Die Thüringer Fernwasserversorgung betreibt derzeit Wasserkraftanlagen, um den Strombezug zu senken und Erträge zur Stabilisierung des Unternehmens zu generieren. Zu 2.: Nein; die Landesregierung bekennt sich dazu, die Energieversorgungspotenziale des Freistaats Thüringen zu stärken. Dazu sollen - wie es im Koalitionsvertrag niedergelegt ist - rentierliche Investitionen auch in der Thüringer Fernwasserversorgung, zum Beispiel zur Errichtung von Anlagen zur Energieerzeugung, ermöglicht werden. Dem wird dieser Gesetzentwurf gerecht. Insbesondere im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge ist dem Staat eine wirtschaftliche Betätigung verfassungsrechtlich nicht verboten, solange daneben eine Betätigung privater Wettbewerber nicht vollständig ausgeschlossen oder unzumutbar eingeschränkt wird. Wird der Staat unternehmerisch tätig, muss er sich grundsätzlich an dieselben Regeln halten wie Privatunternehmen . Dies ist nach dem Gesetzentwurf sichergestellt. 3 Drucksache 6/6368Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Durch ein verstärktes wirtschaftliches Engagement der Thüringer Fernwasserversorgung soll im Interesse der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet werden, dass die Versorgung zuverlässig, von hoher Qualität und preisgünstig ist. Aber auch umwelt-, sozial- oder strukturpolitische Überlegungen spielen eine Rolle. So verfolgt die Gesetzesänderung unter anderem das Ziel, einen Beitrag zur Energiewende und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region zu leisten. Im Übrigen kann die Thüringer Fernwasserversorgung bereits nach geltender Rechtslage das durch Bau und Betrieb von Anlagen der Thüringer Fernwasserversorgung vorhandene Wasserkraftpotenzial nutzen (§ 4 Abs. 1 Nr. 8 Thüringer Gesetz über die Fernwasserversorgung - ThürFWG -). Zu 3.: Mit dem vorgelegten Referentenentwurf werden die Rahmenbedingungen geschaffen, die es der Anstalt gestatten, Anlagen zur Energieerzeugung zu errichten und zu betreiben und damit ihre primären Geschäftsfelder abzurunden, wie es im Koalitionsvertrag vom 20. November 2014 niedergelegt ist. Für dieses Engagement der Anstalt sind grundsätzlich alle Gebiete des Freistaats Thüringen geeignet, die für eine Photovoltaik - oder Windenergienutzung ausgewiesen sind. Eine räumliche Anknüpfung an die primären Aufgaben der Anstalt ist nicht erforderlich. Die Thüringer Fernwasserversorgung unternimmt derzeit keine Aktivitäten im Bereich Windenergie. Sie betreibt allerdings auf dem Dach des Hauptverwaltungsgebäudes eine Photovoltaikanlage mit der Zielsetzung, die Strombezugskosten zu senken. Zu 4.: Bei der Thüringer Fernwasserversorgung sind keine Projekte zum Bau von Wind- und Photovoltaikanlagen in Planung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Zu 5.: Wie die Thüringer Fernwasserversorgung als Anstalt des öffentlichen Rechts zukünftig die in ihrem Eigentum oder in ihrer Verwaltung befindlichen Stauanlagen, Immobilien und Grundstücke touristisch nutzen "soll“, gibt der Gesetzentwurf nicht vor. Die Möglichkeit ergibt sich bereits nach der derzeit geltenden Rechtslage in § 4 Abs. 2 ThürFWG, die im Referentenentwurf klarstellend aufgegriffen wird. Es handelt sich um eine sinnvolle Abrundung der primären Geschäftsfelder der Thüringer Fernwasserversorgung. Im Umfeld der Anlagen der Thüringer Fernwasserversorgung sind bereits jetzt vielfältige touristische Aktivitäten möglich. Die von der Thüringer Fernwasserversorgung bewirtschafteten Stauanlagen sind oft genug von attraktiven Wanderrouten umgeben und fügen sich in die naturräumlichen Freizeitangebote ein. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen nach dem Referentenentwurf die Talsperren auch zur aktiven Freizeitnutzung zur Verfügung stehen. An der Talsperre Heyda besitzt die Thüringer Fernwasserversorgung ein Gebäude (Restaurant und Hotel), das von einem Pächter betrieben wird. Darüber hinaus unternimmt die Thüringer Fernwasserversorgung derzeit keine Aktivitäten in Richtung Tourismus. Insofern ist die Anstalt nicht selbst im touristischen Dienstleistungsgewerbe tätig. Ein marktverzerrender staatlicher Eingriff in die Thüringer Tourismusbranche wird nicht befürchtet. Zu 6.: Siehe bereits die zu Frage 1 gegebene Antwort. Zu 7.: Die Kostenfreiheit bezieht sich nach wie vor nur auf die primären Geschäftsfelder der Thüringer Fernwasserversorgung . Zu 8.: § 20 Abs. 1 des Referentenentwurfs entspricht wörtlich der geltenden Rechtslage in § 16 Abs. 1. Zu 9.: Auf die Begründung zu § 17 Abs. 7 des Referentenentwurfs wird verwiesen. Gemäß § 325 Abs. 1 Handelsgesetzbuch haben große Kapitalgesellschaften ihren Jahresabschluss und Lagebericht in elektronischer Form im Bundesanzeiger offen zu legen. Dem folgend veröffentlicht die Thüringer Fernwasserversorgung ihre Jahresabschlüsse im Bundesanzeiger. Entsprechendes gilt für § 23 des Referentenentwurfs. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6368 Zu 10.: Auf die Begründung zu § 18 Abs. 3 des Referentenentwurfs wird verwiesen. Aufgrund der mehrheitlichen Trägerschaft des Landes und der alleinigen Gewährträgerhaftung durch den Freistaat Thüringen müssen die Grundsätze der guten Unternehmens- und Beteiligungsführung des Freistaats Thüringen auch in den Unternehmen zur Anwendung kommen, an denen sich die Thüringer Fernwasserversorgung gegebenenfalls beteiligt. Die unternehmerische Freiheit wird dadurch nicht beschränkt, da weder die wirtschaftliche Betätigung als solche noch der Grundsatz der Vertragsfreiheit eingeschränkt werden. Zu 11.: Eine Änderung der bisherigen Rechtslage zur Aufnahme von Geschäften mit derivaten Finanzprodukten ist mit dem Referentenentwurf nicht vorgesehen. Auch nach der gegenwärtigen Rechtslage ist der Abschluss solcher Rechtsgeschäfte grundsätzlich möglich. Aus Gründen der Klarstellung wurde im vorliegenden Referentenentwurf allerdings der Abschluss von Geschäften mit derivaten Finanzprodukten explizit in den Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte des Verwaltungsrats aufgenommen. Hierdurch wird der entsprechenden Regelung der "Grundsätze der guten Unternehmens- und Beteiligungsführung des Freistaats Thüringen (Kodex)" Rechnung getragen. Danach sollen Geschäfte mit derivaten Finanzprodukten nur auf Grundlage einer vorherigen Zustimmung des Überwachungsorgans erfolgen. Vor diesem Hintergrund wurde in § 13 Abs. 5 Nr. 4 bestimmt, dass die Neuaufnahme von Anleihen oder Krediten, der Abschluss von Geschäften mit derivaten Finanzprodukten grundsätzlich der Zustimmung des Verwaltungsrats bedarf, sofern im Einzelfall ein vom Verwaltungsrat festgelegter Betrag überschritten wird. Siegesmund Ministerin Referentenentwurf der Landesregierung zum Thüringer Gesetz über die Anstalt Thüringer Fernwasserversorgung Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: