02.11.2018 Drucksache 6/6382Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. November 2018 Schächten in Thüringen Stand 2018 - Teil II Die Kleine Anfrage 3315 vom 31. August 2018 hat folgenden Wortlaut: Im Grundgesetz ist sowohl die ungestörte Religionsausübung als auch der Tierschutz verankert. Beim Schächten, die Schlachtung eines Tieres ohne vorherige Betäubung, bei der bei vollem Bewusstsein mit einem Messer die Kehle einschließlich Haut, Muskeln, Halsschlagadern, Luft- und Speiseröhre sowie Nervenstränge durchschnitten werden, steht beides im Widerspruch. § 4a Abs. 1 Tierschutzgesetz sagt aus: "Ein warmblütiges Tier darf nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs zum Zweck des Schlachtens betäubt worden ist." Weiter wird in Absatz 2 ausgeführt: "Abweichend von Absatz 1 bedarf es keiner Betäubung, wenn ... 2. die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt hat; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen ..." Die Genehmigung zum Schächten von Tieren ist an Auflagen, unter anderem hinsichtlich der Sachkunde und der Schlachtstätte , gebunden. Schächten ohne Genehmigung ist in Deutschland illegal, jedoch die Einfuhr von betäubungslos geschächteten Fleisch erlaubt. Ein Gutachten, das vom Präsidenten der Bundestierärztekammer in Auftrag geben worden ist und weltweit über 70 Untersuchungen auswertet, kommt zu dem Schluss, dass wissenschaftlich erwiesen sei, dass selbst unter optimalen Bedingungen bei dem überwiegenden Teil der Tiere, die betäubungslos geschlachtet werden, es "zu erheblichen Leiden und Schmerzen kommt". Die Tiere durchleiden einen minutenlangen Todeskampf, mit unsäglichen Schmerzen, Atemnot und Todesangst bis zum Verbluten. Dies sei ein klarer Fall von Tierquälerei und bedarf einer Gesetzesänderung (vergleiche Online-Berichterstattung des RE- PORT MAINZ vom 13. Juni 2008 mit dem Titel: "Ist Schächten Tierquälerei?: Neue Erkenntnisse der Bundesärztetierkammer "). Ich frage die Landesregierung: 1. Was ist der Landesregierung über Diebstähle von Weidetieren oder anderen Tierarten, die für Schächtungen infrage kommen, und deren Verbleib bekannt (bitte detailliert aufführen)? 2. Wie wird nach Kenntnis der Landesregierung das durch Schächtung erzeugte Fleisch in Thüringen vertrieben ? Wo wird dieses zum Kauf angeboten? 3. Woher stammt das in Thüringen vertriebene geschächtete Fleisch nach Kenntnis der Landesregierung, wenn es nicht in Thüringen erzeugt worden ist? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6382 4. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Tiere aus Thüringen ins Ausland exportiert worden sind, um dort geschächtet zu werden und wenn ja, erfolgte in diesen Fällen der Reimport des so erzeugten Fleisches (bitte entsprechend Fall detailliert nach Jahr, Tierart, Anzahl der Tiere und Zielort des Exportes , Ort Reimport auflisten)? 5. Inwieweit hat sich im Zeitraum der letzten zehn Jahre mit der Zuwanderung von Muslimen proportional sowohl die legale als auch die illegale Schächtung, einschließlich der Kurzzeitbetäubung, von Tieren in Thüringen entwickelt? 6. Inwieweit ist der Landesregierung bekannt, ob das muslimische sowie das jüdische Recht es erlauben, dass die Schlachttiere vor ihrer Tötung im Sinne des Tierschutzgesetzes betäubt werden? 7. Inwieweit unterstützt die Landesregierung eine Gesetzesinitiative, die das betäubungslose Töten von Schlachttieren verbietet und wie begründet sie ihre Antwort? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 30. Oktober 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Eine Recherche im Vorgangsbearbeitungssystem der Thüringer Polizei unter den Suchbegriffen "01.01.2016 bis 30.09.2018, alle Diebstahl, Tierschutzgesetz, Schaf, Ziege" am 4. Oktober 2018 erbrachte nach Einzelbetrachtung nachfolgend aufgeführte 14 Sachverhalte mit möglicher Relevanz zu der Fragestellung sowie den in der Kleinen Anfrage 3314 Antwort zu Frage 8, dritter Spiegelstrich genannten Fall. In den nachfolgend bezeichneten Fällen konnten bisher keine Täter und deren Motivation ermittelt werden . Der Verbleib und die Verwendung der entwendeten Tiere, so sie nicht vor Ort getötet wurden, ist bisher ebenso unbekannt. In drei Fällen wurden am Tatort täterbezogene Spuren gesichert, die eine spätere Zuordnung der Tat ermöglichen können. Vereinzelt konnten die entwendeten Tiere über ihre Markierungen zur nummerischen Sachfahndung ausgeschrieben werden. 1.) 19.05.2018, Zeulenroda-Triebes, Markt 1, Tiergehege Mitarbeiter des Tiergeheges stellt den Verlust einer einjährigen, weiblichen, schwarz-weißen Ziege aus dem Streichelgehege fest. Um über den Zaun zu steigen, benutzten die unbekannten Täter einen umgestülpten Müllbehälter. 2.) 05.06.2017, Arnstadt, An der Eremitage 5, Fasanerie Unbekannte Täter gelangen auf unbekannte Weise auf das Gelände der Fasanerie Arnstadt. Hier wird das Gehege der Ziegen betreten und eine einjährige Ziege entwendet. 3.) 18.05.2017, Ilmenau, Am Großen Teich 2, Schüler-Freizeitzentrum Unbekannte Täter übersteigen den Zaun des Freigeheges der afrikanischen Zwergziegen. Aus der bestehenden Herde von insgesamt fünf Tieren wurde die größte und kräftigste Ziege entwendet. Das Tier ist mittels Ohrmarke registriert. 4.) 03.10.2016, Bleicherode, Ortsteil Elende, Weide Unbekannte Täter entwenden von umzäunter Weide aus einer Schaf- und Ziegenherde einen einjährigen Ziegenbock. Eine Stange des Weidezaunes lag um. 5.) 05.07.2018, Jena, Unterm Garnertzberg, Streuobstwiese Von einer umfriedeten Streuobstwiese, die mit einem 180 cm hohen Lattenzaun gesichert ist, werden durch unbekannte Täter alle drei Schafe entwendet: ein dreijähriger Bock der Rasse Skudde, ein fünfmonatiges Schaf der Rasse Merino und ein fünfmonatiges Schaf der Rasse Schwarzkopf. Sachschaden an der Umzäunung entstand durch Herausreißen von Zaunlatten und Brechen des Querriegels des Tores. 6.) 25.12.2017, Kleinfurra, Kleinviehstall der AGRAR Produktion GmbH Aus dem verschlossenen Schafstall wurden zwölf Lämmer entwendet. Die Schafe wurden vermutlich mit Stricken aus dem Stall herausgeführt. Keine Einbruchsspuren am Stall. 3 Drucksache 6/6382Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode 7.) 22.11.2017, Mehna, Ortsteil Rodameuschel, Wiese hinter dem alten Konsum Unbekannte Täter entwenden von der mit einem 180 cm hohen Drahtzaun umfriedeten Weide ein Kameruner Schaf. 8.) 23.11.2017, Erfurt, Gispersleben, Apoldaer Straße, Kleingartenanlage Unbekannte Täter verschaffen sich Zutritt zum Garten, brechen mit einem unbekannten Hebelwerkzeug den Stall auf und entwenden ein Schaf. Weiterhin wurde die Tür des Hühnerstalls herausgerissen und Fensterscheiben eingeschlagen. Aus dem Stall wurden zehn Hühner entwendet. Vom Außengelände wurden zwei Enten entwendet. 9.) 23.12.2016 Altenburg, Ehrenberg, An der Pleiße, Gartenanlage Unbekannte Täter entwendeten zum zweiten Mal von der Weide in der Gartenanlage "Zschechwitz II" vier Lämmer der Rasse Milchschaf. Am Tatort gab es keine Beschädigungen oder Veränderungen. 10.) 29.03.2016, Altenburg, Ehrenberg, An der Pleiße, Gartenanlage Unbekannte Täter entwenden von der Weide in der Gartenanlage "Zschechwitz II" ein Schaflamm. Am Tatort gab es keine Beschädigungen oder Veränderungen. 11.) 15.09.2016, Golmsdorf, Kunitzer Straße 44, Weide Unbekannte Täter töten ein Schaf, welches auf einer umzäunten Wiese frei lief und entwenden das Fleisch. Das Fell wurde am Tatort zurückgelassen. 12.) 13.06.2016, Jena, Wogau, Bürgelsche Straße 33, Weide Unbekannte Täter beschädigen den Weidezaun, betreten die Weide und töten ein Rhönschaf. Kopf und Läufe werden abgetrennt und in einen angrenzenden Bach geworfen. Das Fell wurde abgezogen und am Bach abgelegt. Der Lammkörper wurde nicht aufgefunden. 13.) 19.04.2016, Günthersleben-Wechmar, Wechmar, Goethestraße, Schafstall Unbekannte Täter entwenden aus einem der zwei Schafställe dreizehn Lämmer. Insgesamt befinden sich 2.500 Lämmer in den Ställen. Die Schafe halten sich ausschließlich im Stall auf. Keine Einbruchsspuren vorhanden. 14.) 02.04.2016, Benshausen, Lichtenaustraße, Weide Unbekannte Täter dringen gewaltsam in den Stall ein, verletzen und schlachten je ein Schaf. Das verletzte Schaf konnte eingefangen werden. Das geschlachtete Schaf wurde entwendet. Zu 2.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Zu 3.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor Zu 4.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor Zu 5.: Hierzu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Zu 6.: Bei dem Schächten handelt es sich um eine religiös motivierte Art betäubungsloser Schlachtung, die als Schlachtmethode ausnahmsweise genehmigungsfähig ist. Zwar bestehen sowohl im Judentum als auch im Islam durchaus unterschiedliche Ansichten über die Zulässigkeit einer Betäubung. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es jedoch allein darauf an, dass die Person, die die Erteilung der Ausnahmegenehmigung beantragt, substantiiert und nachvollziehbar darlegt, dass nach der gemeinsamen Glaubensüberzeugung der jeweiligen religiösen Gemeinschaft der Verzehr des Fleisches von Tieren eine betäubungslose Schlachtung zwingend voraussetzt. Im Übrigen beurteilt die Landesregierung religiöse Glaubensüberzeugungen nicht. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6382 Zu 7.: Die Landesregierung sieht aufgrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2006 keine Notwendigkeit, eine Gesetzesinitiative, die das betäubungslose Töten von Schlachttieren verbietet, zu unterstützen . Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 23. November 2006 (BVerwG 3 C 30.05) höchstrichterlich festgestellt, dass die Möglichkeit des Erteilens einer Ausnahmegenehmigung für betäubungsloses Schächten an einen muslimischen Metzger auch nach Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in Artikel 20a Grundgesetz gegeben ist. Die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in Artikel 20a Grundgesetz schließt nicht aus, einem muslimischen Metzger eine Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 Tierschutzgesetz zum betäubungslosen Schlachten (Schächten) von Rindern und Schafen zu erteilen, um seine Kunden entsprechend ihrer Glaubensüberzeugung mit Fleisch zu versorgen. Auf der Grundlage von § 4a Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz ist der erforderliche Ausgleich zwischen dem zur Staatszielbestimmung erhobenen Tierschutz und den betroffenen Grundrechten weiterhin so herzustellen, dass beide Wirkung entfalten können. Werner Ministerin Schächten in Thüringen Stand 2018 - Teil II Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: