09.11.2018 Drucksache 6/6420Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. November 2018 Der Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (Version 2.0) und die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 vom 26. Oktober 2016 durch die Thüringer Landesregierung Die Kleine Anfrage 3355 vom 25. September 2018 hat folgenden Wortlaut: Am 28. September 2018 soll der fortgeschriebene Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention , Version 2.0, dem Landtag vorgestellt werden. Die durch die Landesregierung angekündigte Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/2102 vom 26. Oktober 2016 zum barrierefreien Internet wird zwar im Vorwort des Handlungsfeldes VI erwähnt (Seite 67 des Maßnahmenplans), ist aber als Maßnahme selbst nicht aufgeführt. Am 23. September 2018 lief die Umsetzungsfrist gemäß Artikel 12 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2016/2102 ab, ohne dass in Thüringen ein Gesetz oder eine Verordnung erlassen wurde. Nach Artikel 8 Abs. 7 und Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie hätte bis zum 23. September 2018 eine Meldung an die EU-Kommission gehen müssen, durch welche Vorschriften die Richtlinie in das Landesrecht integriert wurde und wer in Thüringen die Aufgaben der Überwachungs- und der Durchsetzungsstelle übernimmt. In der 113. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 21. März 2018 hat die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Bezug auf die Zuständigkeit für die Umsetzung der EU-Richtlinie wörtlich gesagt: "Es wurde noch nach der EU-Richtlinie zum barrierefreien Zugang zu Webseiten und so weiter gefragt. Das kann ich Ihnen jetzt leider nicht genau berichten, weil das in der Verantwortung der TSK liegt, die TSK koordiniert sozusagen die Umsetzung der Richtlinie"? In der Antwort auf die Kleine Anfrage 2984 in Drucksache 6/5773 antwortet für die Landesregierung Minister Prof. Dr. Hoff, dass der Freistaat Thüringen verpflichtet ist, die Richtlinie (EU) 2016/2102 umzusetzen und gemäß Artikel 12 Abs. 1 Richtlinie (EU) 2016/2102 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum 23. September 2018 in Kraft zu setzen. Weiter antwortete die Landesregierung, dass die Zuständigkeit für die Umsetzung der EU-Richtlinie bei allen Ressorts im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten lag. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Gesetze und Verordnungen beziehungsweise Rechts- und Verwaltungsvorschriften wurden von der Landesregierung zur Umsetzung der oben genannten Richtlinie bis zum 23. September 2018 in Kraft gesetzt (bitte konkrete Einzelauflistung mit Angabe des jeweils zuständigen Ministeriums)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Meißner (CDU) und A n t w o r t der Thüringer Staatskanzlei 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6420 2. Welche Stelle übernimmt in Thüringen die Aufgaben der Überwachungsstelle nach Artikel 8 Abs. 7 der Richtlinie? 3. Welche Stelle übernimmt in Thüringen die Aufgaben der Durchsetzungsstelle nach Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie? 4. Welche Personal- und Sachausstattung sollen die in den Fragen 2 und 3 genannten Stellen erhalten? 5. Für den Fall, dass die Richtlinie noch nicht umgesetzt wurde: Welche Sanktionen finanzieller Art drohen Thüringen täglich beziehungsweise jährlich von Seiten der Europäischen Union und bis wann und in welcher Form (Gesetz beziehungsweise Rechtsverordnung) soll die EU-Richtlinie in Landesrecht transformiert werden? 6. Welche konkreten weiteren Maßnahmen wurden von der Staatskanzlei und den Ministerien zur Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie bis zum 23. September 2018 getroffen (bitte Einzelaufstellung nach Ministerien und Staatskanzlei)? 7. Sieht die Landesregierung einen Widerspruch zwischen der Äußerung der Thüringer Ministerin für Arbeit , Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in der 113. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 21. März 2018 und der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2984 hinsichtlich der Zuständigkeiten für die Umsetzung der EU-Richtlinie? 8. Warum hat die Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in der 113. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 21. März 2018 nicht über den Stand der Umsetzung in ihrem eigenen Ministerium berichtet? 9. Wie wurden die Kommunen über die Regelungen zur Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie informiert ? Sehen die Thüringer Regelungen zur Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie eine Kostenerstattung für die Kommunen vor? Mit welchem finanziellen Mehraufwand für die Kommunen rechnet die Landesregierung durch die Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie? Die Thüringer Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 7. November 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In Thüringen sind gesetzliche Regelungen zum barrierefreien Internet in § 14 des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen (ThürGIG) in Verbindung mit §§ 12 bis 15 der Thüringer Verordnung zur Ausführung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen (ThürGIGAVO) sowie in den §§ 2, 29 des Thüringer Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (Thüringer E-Government-Gesetz -ThürEGovG-) enthalten. Gegenwärtig befindet sich die Novelle des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen (ThürGIG-E) im regierungsinternen Gesetzgebungsverfahren. Die Übersendung des Gesetzentwurfs an den Thüringer Landtag ist für Dezember 2018 vorgesehen. Im Gesetzentwurf werden auch explizite Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (Richtlinie) enthalten sein. Darüber hinaus sind nach Verabschiedung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen durch den Thüringer Landtag der Erlass einer Ausführungsverordnung beziehungsweise ergänzende Erlasse und Verwaltungsvorschriften zur detaillierten Umsetzung der Richtlinie vorgesehen. Zu 2.: Das Thüringer Finanzministerium nimmt die Aufgaben der sogenannten "Überwachungsstelle" und die damit einhergehende Berichterstattungspflicht gemäß Artikel 8 der Richtlinie durch Beschluss der Landesregierung nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen wahr. 3 Drucksache 6/6420Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Der Thüringer Beauftragte für Menschen mit Behinderungen (BMB) übernimmt die Aufgaben der sogenannten "Durchsetzungsstelle" gemäß Artikel 9 der Richtlinie durch Beschluss der Landesregierung nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen. Als unabhängige Stelle bietet er die Gewähr dafür, dass das Durchsetzungsverfahren wirksam und konsequent wahrgenommen wird. Zudem obliegt es dem Beauftragten für Menschen mit Behinderungen bereits nach geltender Rechtslage, darauf hinzuwirken, dass die Bestimmungen des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen, die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie andere Rechtsvorschriften zugunsten von Menschen mit Behinderungen eingehalten werden (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 ThürGIG). Dazu zählen auch die Thüringer Verordnung zur Ausführung des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen und die darin enthaltenen Vorgaben zum barrierefreien Internet. Zum anderen ist er nach § 17 Abs. 1 Nr. 4 ThürGIG bereits jetzt Ansprechpartner für die individuellen und allgemeinen Probleme von Menschen mit Behinderungen , ihrer Angehörigen und von Verbänden und Institutionen von Menschen mit Behinderungen und verfügt nach § 17 Abs. 3 ThürGIG über ein Beanstandungsrecht bei Verstößen gegen die Bestimmungen des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen. Zu 4.: Die Aufgaben der sogenannten "Überwachungsstelle" werden zu Beginn durch eine Bedienstete im Thüringer Finanzministerium wahrgenommen, die einem bestehenden Referat mit Erfahrung in der Gestaltung von Web-Auftritten zugeordnet wird. Die erforderliche Sachausstattung wird im Rahmen des Haushaltsvollzugs bereitgestellt. Es gibt eine vom Thüringer Beauftragte für Menschen mit Behinderungen im Rahmen der Aufstellung zur Haushaltsgesetzgebung 2020 angemeldete Stelle für die Umsetzung der EU-Richtlinien. Zu 5.: Die Fragestellung enthält zwei Teilbereiche, die jeweils separat beantwortet werden. Teil 1: Sanktionen der EU Vor dem Hintergrund der mit dem Beschluss der Landesregierung nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen erfolgten Umsetzung der Richtlinie sind Ausführungen zu eventuellen Sanktionsmöglichkeiten entbehrlich. Im Übrigen regelt die Richtlinie die Anwendung der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten wie folgt: - auf Websites, die nach dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden: ab dem 23. September 2019, - auf alle am 23. September 2018 bereits bestehenden Websites: ab dem 23. September 2020, - auf mobile Anwendungen öffentlicher Stellen: ab dem 23. Juni 2021. Die Kommission überprüft die Anwendung der Richtlinie zum 23. Juni 2023. Teil 2: Transformation in Landesrecht Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 3 verwiesen. Zu 6.: Es wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 3 verwiesen. Zu 7.: Ein Widerspruch wird seitens der Landesregierung nicht gesehen, da die Umsetzung der Richtlinie alle Ressorts betrifft, die entsprechende Webinhalte vorhalten. Die Staatskanzlei als federführendes Ressort koordiniert den Umsetzungsprozess der Richtlinie und wird entsprechende Schulungs- und Informationsangebote zur Verfügung stellen. Zu 8.: Im Zusammenhang mit der zweiten Beratung des Siebten Gesetzes zur Änderung des Thüringer Blindengeldgesetzes wurde der Antrag der Fraktion der CDU in Drucksache 6/5460 beraten, der unter anderem die Umsetzung der Richtlinie thematisierte. Konkret wurde beantragt, dass die Landesregierung aufgefordert wird, "barrierefreie Zugänge zu allen für die Bürger relevanten Informationen, Datenbanken et cetera des Landtags, der Landesverwaltung und zu 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6420 den Internetauftritten der Ministerien sicherzustellen und dabei digitale Technologien einzubeziehen. Insbesondere soll die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen in das Landesrecht umgesetzt werden." Zu dieser Forderung war die Antwort der Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie vollständig und korrekt, dass die Koordinierung in der Verantwortung der Thüringer Staatskanzlei wahrgenommen wird. Es war nicht nach der Umsetzung im Geschäftsbereich des Thüringer Ministeriums für Arbeit , Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie gefragt worden. Zu 9.: Die Thüringer Staatskanzlei wird die kommunalen Spitzenverbände über die von der Landesregierung beschlossenen Maßnahmen informieren. Unabhängig von den durch den Bund noch festzulegenden technischen Standards geht die Landesregierung davon aus, dass die Umsetzung der Richtlinie im Verhältnis zu den bereits nach § 14 des derzeit gültigen Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen bestehenden gesetzlichen Standards zur Sicherstellung der Barrierefreiheit von Webangeboten der Kommunen nicht zu einem unverhältnismäßigen finanziellen Mehraufwand bei den Kommunen führen wird. Prof. Dr. Hoff Minister Der Thüringer Maßnahmenplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (Version 2.0) und die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/2102 vom 26. Oktober 2016 durch die Thüringer Landesregierung Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: