20.11.2018 Drucksache 6/6456Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. November 2018 Einführung eines dritten Geschlechts Die Kleine Anfrage 3391 vom 5. Oktober 2018 hat folgenden Wortlaut: Ein drittes Geschlecht soll Personen bezeichnen, die sich in das heteronormale Geschlechtssystem ("Frau" oder "Mann") nicht einordnen lassen (wollen). Hierbei ist das Geschlecht im biologischen Sinn festgelegt, aber es besteht eine davon abweichende, jedoch gesunde Geschlechtsidentität, eine Sexualdifferenzierungsstörung oder eine Geschlechtsidentitätsstörung. Vertreter der modernen Queer-Theorie und der Transgender -Bewegung benutzen den Begriff im Sinne einer queeren Identität. (Quelle: Wikipedia) Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Einführung des "dritten Geschlechts" in Deutschland? 2. Wie und wo kann man das dritte Geschlecht amtlich eintragen lassen (bitte genaue Verfahrensweise erläutern)? 3. Wie lange dauert der Anerkennungsprozess, um sich offiziell als "drittes Geschlecht" bezeichnen zu können? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 19. November 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Laut Artikel 2 Abs. 3 der Verfassung des Freistaats Thüringen darf niemand wegen seiner sexuellen Orientierung bevorzugt oder benachteiligt werden. Der Koalitionsvertrag vom 4. Dezember 2014 konkretisiert diesen Verfassungsauftrag im Punkt 3.6 "Gleichstellung aller Lebensweisen": "Die Akzeptanz und Gleichstellung aller Lebensweisen zu befördern ist eine Aufgabe, der sich die Koalition verpflichtet fühlt. Homosexuelle , Bi- und Transidente, Transgender und intergeschlechtliche Menschen sollen in Thüringen diskriminierungsfrei und gleichberechtigt leben können und weder im Alltag noch durch Verwaltungshandeln benachteiligt werden." Als eine dazugehörige Maßnahme ist im Koalitionsvertrag ein Landesprogramm für Akzeptanz und Vielfalt benannt, das am 30. Januar 2018 von der Thüringer Landesregierung beschlossen wurde. Der Einsatz für eine dauerhafte dritte Option des Geschlechtseintrags ist darin auf Seite 63 erwähnt. Die Thüringer Landesregierung unterstützte mit einer Stellungnahme an das Bundesverfassungsgericht vom 30. Januar 2017 die Intention der Verfassungsbeschwerde zum Geschlechtereintrag, die zum Beschluss K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gentele (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6456 des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 - 1 BvR 2019/16 - führte. Darin wurde der Bundesgesetzgeber zu gesetzgeberischem Handeln verpflichtet. Des Weiteren hatte sich der Freistaat Thüringen bereits anlässlich des Beschlusses der 25. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder im Juli 2015, TOP 10.1 "Rechtliche Absicherung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität" sowie im Bundesrat bei der "Entschließung des Bundesrates zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes sowie zur Erarbeitung eines Gesetzes zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung" vom 2. Juni 2017 (Bundesratsdrucksache 326/17) für die Schaffung eines Geschlechtsidentitätsgesetzes eingesetzt, das die Belange trans- und intergeschlechtlicher Menschen auf der Grundlage einheitlicher Verfahren schützt und regelt. Ebenso unterstützt der Freistaat Thüringen den Antrag vom 30. Mai 2018 "Entschließung des Bundesrates für ein Gesetz zur Anerkennung der Geschlechtsidentität und zum Schutz der Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung" (Bundesratsdrucksache 226/18). Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben " (Bundesratsdrucksache 429/18) wird die Verpflichtung zur Schaffung der Möglichkeit eines dritten Geschlechtseintrags allein für intergeschlechtliche Personen geregelt. Demnach ist eine Erklärung gegenüber dem Standesamt abzugeben, dass die Angabe zum Geschlecht geändert werden soll und durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Der Freistaat Thüringen hat sich in der Bundesratssitzung am 19. Oktober 2018 dafür eingesetzt, dass die vorgesehene Formulierung in § 45b des Personenstandsgesetzes (PStG) "Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung " ersetzt werden solle durch "Personen mit Variationen der Geschlechtsidentität sowie Personen, die sich einem anderen als dem eingetragenen oder keinem Geschlecht zugehörig fühlen". Eine Erklärung gegenüber dem Standesamt solle ausreichen. Die Thüringer Landesregierung wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität nicht Nachteile und Diskriminierungen erfahren, sondern selbstbestimmt leben können. Zu 2.: Der "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben" liegt in der Drucksache 429/18 vor und befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ist die Einführung eines neuen § 45b PStG in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG vorgesehen. Die Regelung des § 45b PStG beinhaltet die "Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung" gegenüber dem Standesamt. Das bedeutet, dass Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung künftig gegenüber dem Standesamt erklären können, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere als in § 22 Abs. 3 PStG vorgesehene Bezeichnung ersetzt oder gestrichen werden soll. Als Geschlechtsbezeichnung sind gemäß § 22 Abs. 3 PStG die Bezeichnungen "weiblich", "männlich", "divers" beziehungsweise keine Angabe möglich. Mit der Erklärung können auch neue Vornamen bestimmt werden. § 45b Abs. 3 PStG bestimmt, dass durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen ist, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Diese Forderung ist bisher strittig, so dass der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens für eine abschließende Regelung des Verfahrens abzuwarten bleibt. Zu 3.: Die Bearbeitungsdauer im Zusammenhang mit der Abgabe der Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung nach § 45b PStG ist vom Arbeitsablauf in dem zuständigen Standesamt abhängig. Nach der Eintragung der Folgebeurkundung im Geburtenregister der beteiligten Person und der Ausfertigung einer neuen Geburtsurkunde ist der Anerkennungsprozess abgeschlossen. In Vertretung Götze Staatssekretär Einführung eines dritten Geschlechts Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: