22.11.2018 Drucksache 6/6462Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 3. Dezember 2018 Hetze in sozialen Netzwerken Die Kleine Anfrage 3298 vom 10. September 2018 hat folgenden Wortlaut: Hetzerische, rassistische, verleumderische, diskriminierende, menschenverachtende und hasserfüllte Beiträge im Netz, vor allem in sozialen Netzwerken, haben meines Erachtens einen Umfang erreicht, der kaum noch erträglich ist. In den sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter wird gegen Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten und deren Helferinnen und Helfer beziehungsweise Unterstützerinnen und Unterstützer aus Thüringen auf übelste Weise gehetzt. Bewusste, teilweise selbst ausgedachte Falschmeldungen über Flüchtlinge werden lanciert, die natürlich die Hetze noch verstärken. In den sozialen Netzwerken wird offen zu Gewalt gegen Asylbewerberinnen und Asylbewerber aufgerufen. Auch "Hate Speech" gegen Medien und Medienschaffende ist nicht zu akzeptieren. Ich frage die Landesregierung: 1. Ermittelte die Staatsanwaltschaft und Polizei in den Jahren 2015 bis 2017 gegen Personen, die in sozialen Netzwerken hetzerische, rassistische, diskriminierende, menschenverachtende und hasserfüllte Beiträge gegen Asylbewerber, Flüchtlinge beziehungsweise Migranten, deren Helfer und Medienschaffende veröffentlichten? 2. Wie viele Anzeigen wurden in den Jahren 2015 bis 2017 jeweils erstattet (bitte auflisten nach Anzeigen wegen Beleidigung [§ 185 Strafgesetzbuch - StGB -], Volksverhetzung [§ 130 StGB], Bedrohung [§ 241 StGB], Verleumdung [§ 187 StGB], Anleitung zu Straftaten [§ 130a StGB], Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten [§ 126 StGB] und ähnliche)? 3. Wie viele Tatverdächtige wurden ermittelt, wie viele davon angeklagt und wie viele verurteilt? 4. Welchen Herausforderungen sieht sich die Landesregierung bei der Verfolgung und Ahndung entsprechender Straftaten gegenüber? 5. Gibt es Broschüren oder andere Informationsmöglichkeiten für die Thüringer Bevölkerung mit Beschreibungen , woran oben genannte strafrechtlich relevante Beiträge in sozialen Netzwerken zu erkennen sind und welche - auch rechtliche - Schritte gegen diese Beiträge unternommen werden können? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gentele (fraktionslos) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6462 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 21. November 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ja Zu 2.: In den Jahren 2015 bis 2017 wurden insgesamt 110 Straftaten im Sinne der Fragestellung registriert, die sich wie folgt aufgliedern: Delikt 2015 2016 2017 Gesamt Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) 0 1 1 2 Öffentliche Aufforderung zu Straftaten (§ 111 StGB) 12 2 1 15 Volkverhetzung (§ 130 StGB) 46 21 23 90 Beleidigung(§ 185 StGB) 1 0 1 2 Verleumdung (§ 187 StGB) 0 0 1 1 Gesamt 59 24 27 110 Zu 3.: In 100 Fällen wurden insgesamt 102 Tatverdächtige polizeilich ermittelt. Bei zehn Delikten gelang es nicht, einen Tatverdacht gegen eine konkrete Person zu begründen. Hinsichtlich der Anzahl der angeklagten und verurteilten Tatverdächtigen liegen der Landesregierung keine statistischen Erkenntnisse vor. Zu 4.: Die Strafverfolgungsbehörden stehen bei Straftaten in den sozialen Netzwerken zunächst vor der Herausforderung , die Identität der Urheber einschlägiger Beiträge zu ermitteln, wobei sie in der Regel auf Daten von Internet-Providern mit Sitz im Ausland angewiesen sind. Die Einholung dieser Daten steht zudem unter hohem Zeitdruck, da hierzu auf Verkehrsdaten zurückgegriffen werden muss, die häufig nur für einen kurzen Zeitraum vorgehalten werden. Zu 5.: Informationen und Handlungsvorschläge für den Umgang mit Hetze in sozialen Netzen sind auf den Informationsseiten des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz 1 zu finden. Über die Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken informiert ebenfalls das Bundesamt für Justiz2. Der Flüchtlingsrat Thüringen e. V. stellt die Broschüre "Hate Speech - Erkennen, Reagieren, Anzeigen"3 zur Verfügung. Das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Jugendschutz im Internet jugendschutz .net4 unterstützt die Kommission für Jugendmedienschutz als Organ der Landesmedienanstalten bei der Sorge für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen gemäß Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Die Broschüre der Kommission für Jugendmedienschutz "Jugendmedienschutz. Informationen für Pädagogen und Erziehende - für einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien" ist im Internet5 abrufbar. Im Rahmen der Aufklärungs- und Präventionsarbeit veröffentlicht jugendschutz.net regelmäßig Papiere, die sich mit dem Thema Hass, Gewalt und Diskriminierung im Netz beschäftigen. Die letzte, umfassende Broschüre "Vernetzter Hass" bietet einen Überblick über rechtsextreme Onlinepropaganda. Das Faltblatt "Achtung Hinterhalt" veranschaulicht, wie Rechtsextreme durch Manipulationen und Falschmeldungen versuchen, Hass auf bestimmte Personengruppen, Politikerinnen und Politiker sowie eine ablehnende Haltung gegen Demokratie und Rechtsstaat insgesamt zu generieren. Diese Publikationen sind auch im Internet4 abrufbar. In der Thüringer Landesmedienanstalt forciert das Thüringer Medienbildungszentrum der Thüringer Landesmedienanstalt die Förderung der Medienkompetenz sowie die medienbezogene Aus- und Fortbildung im Freistaat , um den Herausforderungen der digitalen Medien- und Wissensgesellschaft aktiv und konstruktiv zu begegnen. Über den bundesweiten Verbund der Landesmedienanstalten stellt das Thüringer Medienbildungszentrum der Thüringer Landesmedienanstalt für Multiplikatoren, Eltern und Jugendliche im Freistaat Informationsmaterialien kostenfrei zur Verfügung. Alle Materialien sind online6 downloadbar und/oder bestellbar. 3 Drucksache 6/6462Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien hat am 22. November 2017 in Kooperation mit den Zeitungen Südthüringen einen Lehrermedientag speziell zu dieser Thematik angeboten , bei denen auch rechtliche Vorgehensweisen in solchen Fällen thematisiert wurden. Der Inhaltsbereich von Hasskommentaren im Netz, deren strafrechtliche Relevanz und Handlungsmöglichkeiten sind zudem Bestandteil von Broschüren, die sich mit der Kommunikation im Internet befassen und im Thüringer Schulportal zum freien Download verfügbar sind, hier drei ausgewählte Beispiele für das schulische Aufgabenfeld: • Das klicksafe-Handbuch "Knowhow für junge User" ist eine praxisnahe Einführung in die Online- und Netzkommunikationen. Aufbauend auf dem Konzept und den Erfahrungen der klicksafe-Lehrerfortbildungen bietet es für Lehrer und Multiplikatoren eine Fülle sinnvoller Hilfestellungen und praxisbezogener Tipps für den Unterricht. Relevant ist hier zum Beispiel das Zusatzmodul 7 "Rechtsextremismus hat viele Gesichter".7 • Aktiv gegen Hasspostings8 • Das Unterrichtsthema "Meinung im Netz gestalten" erörtert Meinungsbildung im Netz aus verschiedenen Richtungen. Die individuelle Rolle und der Einfluss des Einzelnen bei der Meinungsbildung Anderer soll reflektiert, das Gewicht unqualifizierter Beiträge und Fehlinformationen eingeschätzt, die Bedeutung unterschiedlicher journalistischer Darstellungsformen für die Meinungsbildung erkannt und für Argumentationslinien undemokratischer oder verschwörungstheoretischer Positionen sensibilisiert werden. Das Ziel ist, Jugendliche ihrer Verantwortung bewusst zu machen, ihre Gestaltungsmöglichkeiten erkennen zu lassen und sie zu ermutigen, ihre Ideen und Wünsche für ein demokratisches Netz zu formulieren und aktiv in die Debatte einzubringen.9 Maier Minister Endnote: 1 Vergleiche https://www.bmjv.de/DE/Themen/FokusThemen/NetzDG/NetzDG_node.html 2 Vergleiche https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buergerdienste/NetzDG/NetzDG_node.html 3 Vergleiche https://www.fluechtlingsrat-thr.de/sites/fluechtlingsrat/files/infoheft/pdf/HateSpeech_web_0.pdf#page=1 4 Vergleiche http://www.jugendschutz.net/ 5 Vergleiche https://www.kjm-online.de/publikationen/broschueren/ 6 Vergleiche https://www.klicksafe.de/materialien/ 7 Vergleiche https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=947 &tspt=%3A%3B%3AbackUrl% 3A%3D%3A%2Fmedia%2Fsearch%3Ftspt%3Dnosearch&vsid=hate+ speech&csthl=hate+speech 8 Vergleiche https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=6161 &tspt=%3A%3B%3AbackUrl% 3A%3D%3A%2Fmedia%2Fdetail%3Ftspi%3D6611%26tspt%3D%253A%253B%253AbackUrl%253A%253D%253A %252Fmedia%252Fsearch%253Ftspt%253Dnosearch%26vsid%3Dhate%2 Bspeech%26csthl%3Dhate%2Bspeech 9 Vergleiche https://www.schulportal-thueringen.de/web/guest/media/detail?tspi=6435 &tspt=%3A%3B%3AbackUrl% 3A%3D%3A%2Fmedia%2Fsearch%3Ftspt%3Dnosearch&vsid=hate+speech&csthl=hate+speech Hetze in sozialen Netzwerken Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Endnote: