06.12.2018 Drucksache 6/6529Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. Dezember 2018 Vermögensabschöpfungen in Thüringen Die Kleine Anfrage 3346 vom 20. September 2018 hat folgenden Wortlaut: Im Fachblatt "Deutsche Polizei" der Gewerkschaft der Polizei vom September 2018 wird in einem Beitrag über Vermögensabschöpfungen (vergleiche ebenda Seite 11ff.) berichtet. Diese dient zur Begleichung ent standener Schäden bei Delikten und wird, je nach Opfer von Straftaten, an Privatpersonen oder den Staat geleistet. Wir fragen die Landesregierung: 1. In wie vielen Fällen wurde seit dem Jahr 2015 ein Entschädigungsverfahren angeordnet, bei dem das vorherige Opfer eine Privatperson war (bitte in Jahresscheiben aufschlüs seln)? 2. In wie vielen Fällen wurde seit dem Jahr 2015 ein Entschädigungsverfahren angeordnet, bei dem das vorherige Opfer die Allgemeinheit war (bitte in Jahresscheiben aufschlüs seln)? 3. Welche Summen an Wertersatz wurden seit dem Jahr 2015 an Privatpersonen ausgehändigt (bitte in Jahresscheiben aufschlüsseln)? 4. Welche Summen an Wertersatz wurden seit dem Jahr 2015 an den Freistaat Thüringen aus gehändigt (bitte in Jahresscheiben aufschlüsseln)? 5. Welche Summen an Wertersatz standen seit dem Jahr 2015 Privatpersonen zu, wurden aber aufgrund nicht angemeldeter Entschädigung dem Freistaat Thüringen zugespro chen (bitte in Jahresscheiben auf schlüsseln)? 6. Welche Summen an Wertersatz standen seit dem Jahr 2015 Privatpersonen zu, wurden aber aufgrund nicht ordnungsgemäßer Anmeldung dem Freistaat Thüringen zugespro chen (bitte in Jahresscheiben aufschlüsseln)? 7. Wie werden die Ermittler in Thüringen in Bezug auf Vermögensabschöpfung ge schult und sensibilisiert? 8. Wie unterstützt die Landesregierung Privatpersonen bei der Anmeldung von Wer tersatz in Entschädi gungsverfahren? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Floßmann und Kellner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6529 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Neben der Entschädigung der Opfer ist auch die Durchsetzung der Grundidee, dass Straftaten sich nicht lohnen dürfen, Zweck der Entziehung rechtswidrig erlangter Vermögenswerte im Strafverfahren. Bis zum 30. Juni 2017 fand in geeigneten Verfahren die sogenannte Rückgewinnungshilfe statt, mit der staatlicher seits die Opfer einer Straftat bei der Durchsetzung ihrer Entschädigungsansprüche lediglich unterstützt wur den. Seit 1. Juli 2017 ist hingegen wie in der Antwort zu Frage 8 näher dargestellt die Opferentschädigung ein zentrales Anliegen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Gleichwohl handelt es sich weiterhin nicht um ein selbständiges Entschädigungsverfahren. Die statistischen Erhebungen knüpfen daher nach wie vor lediglich an die den verschiedenen Zwecken dienenden Maßnahmen der Vermögensabschöpfung an. Der Landesregierung liegen somit lediglich die sich aus nachfolgender tabellarischer Übersicht erge benden statistischen Erkenntnisse vor: Jahr Maßnahmen der Vermögensabschöpfung in erledigten Ermittlungsverfahren erledigte Strafverfahren mit Maßnahmen der Vermögensabschöpfung Amtsgerichte Landgerichte 2015 87 20 15 2016 107 13 16 2017 374 78 27 2018 (1. Halbjahr) 375 212 31 Eine weitere Differenzierung im Sinne der Fragestellung ist nicht möglich. Zu 3. bis 6.: In den Jahren 2015 und 2016 wurden aus Abschöpfungsmaßnahmen die sich aus nachstehender tabella rischer Übersicht ergebenden Vermögenswerte dem Haushalt des Freistaats Thüringen zugeführt. Der Ab schöpfung liegt in diesen Fällen ein gerichtliches Erkenntnis entweder auf Verfall bestimmter Vermögensge genstände (zum Beispiel eines Kraftfahrzeugs oder eines Bankguthabens) oder auf Verfall des Wertersatzes in einer bestimmten Höhe zugrunde. Jahr Gesamtwert der dem Haushalt zugeführten endgültig abgeschöpften Vermögenswerte in Euro 2015 340.646,78 2016 448.223,61 Für die Jahre 2017 und 2018 liegen insoweit für den Verfall bestimmter Vermögensgegenstände oder Ver fall des Wertersatzes (seit 1. Juli 2017 als Einziehung beziehungsweise Einziehung des Wertersatzes be zeichnet) noch keine Zahlen vor. Die geschätzten Werte der durch Verfall oder Einziehung im Jahr 2017 und 1. Halbjahr 2018 abgeschöpf ten Vermögensgegenstände sind der nachstehenden tabellarischen Übersicht zu entnehmen: Jahr geschätzter Wert abgeschöpfter Vermögensgegenstände in Euro 2017 1.219.000 2018 (1. Halbjahr) 4.045.000 Diesbezügliche statistische Angaben für die Jahre 2015 und 2016 sowie weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen liegen nicht vor. Zu 7.: Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat im Jahr 2017 zum Thema Ver mögensabschöpfung sechs zweitägige Veranstaltungen angeboten. Daran haben insgesamt 284 Teilnehmer (61 Richter, 185 Staatsanwälte, fünf Wirtschaftsreferenten, zehn Amtsanwälte und 23 Rechtspfleger) teil 3 Drucksache 6/6529Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode genommen. In diesem Jahr wurde erneut eine zweitägige Tagung zum Thema Vermögensabschöpfung mit 24 Teilnehmern (elf Richtern, elf Staatsanwälten und zwei Rechtspflegern) durchgeführt. Des Weiteren fand  hierzu eine eintägige Vertiefungstagung mit 32 Teilnehmern (17 Staatsanwälten und 15 Rechtspflegern) statt. Darüber hinaus hat die Deutsche Richterakademie, eine von Bund und Ländern gemeinsam getragene Fortbildungseinrichtung, im Rahmen der RichterakademieaktuellTagungen eine dreitägige Tagung zum Thema "Das neue Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung Normverständnis und Anwendung in der Praxis" angeboten. Thüringen steht zu dieser Veranstaltung ein Teilnehmerplatz zur Verfügung. Eine Thüringer Staatsanwältin hat an der Tagung teilgenommen. Für die Thüringer Polizei sind im Landeskriminalamt Thüringen sowie in den Landespolizeiinspektionen speziell ausgebildete Sachbearbeiter für Finanzermittlungen/Vermögensabschöpfung tätig. Dieser Perso nenkreis trifft sich regelmäßig jährlich im Rahmen einer Fachtagung, um aktuelle rechtliche Fragen zu erör tern. Im Jahr 2017 fand aufgrund der umfangreichen Rechtsänderungen eine dreitägige Fachtagung statt. Darüber hinaus wurde das Thema "Vermögensabschöpfung" als Fachunterricht in der Ausbildung sowohl des mittleren als auch des gehobenen Polizeivollzugsdienstes implementiert. Im Bereich der polizeilichen Fortbildung ist die Thematik Bestandteil der Fachlehrgänge Wirtschafts und Betrugsdelikte sowie Betäu bungsmitteldelikte. Zusätzlich wurden die Sachbearbeiter Finanzermittlungen/Vermögensabschöpfung im Jahr 2018 in einer zweitägigen Fachtagung auch unter pädagogischen Gesichtspunkten weitergebildet, so dass diese eigen ständig Schulungen der Beamten des Streifen und Einzeldienstes und der Ermittlungsbereiche des Lan deskriminalamtes im Rahmen des monatlichen Dienstunterrichts durchführen können. Zur Sensibilisierung der Führungskräfte führte das Bildungszentrum unter Mitwirkung der Generalstaatsan waltschaft Thüringen im Juni 2018 eine ganztägige Vorlesung zum neuen Recht der Vermögensabschöp fung durch. Bei Bedarf soll die Veranstaltung im jährlichen Turnus wiederholt werden. Zu 8.: Mit dem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (BGBl. I, S. 872 ff.) hat der Gesetzgeber einen Strukturwandel von der tradierten Rückgewinnungshilfe zu ei nem strafprozessualen Opferentschädigungsverfahren vollzogen. Die Opferentschädigung ist damit nicht nur zentrales Anliegen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, es wurde auch das zugrunde liegende ver fahrensrechtliche Procedere für die Verletzten von Straftaten wesentlich erleichtert, indem zunächst der Staat den Tatertrag oder einen dessen Wert entsprechenden Geldbetrag einzieht und sodann aus dem eingezo genen Vermögen die Verletzten entschädigt. Hierfür genügt es, wenn der Verletzte seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Mitteilung der Rechtskraft der Einziehungsanordnung anmeldet, §§ 459h ff. Strafpro zessordnung. Die entsprechende Mitteilung erfolgt durch die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde, wobei nach § 459i Abs. 2 Strafprozessordnung darauf zu achten ist, dass dem Verletzten zugleich die für ihn relevanten Verfahrenshinweise übermittelt werden. Diese Verfahrenshinweise sind darüber hinaus auf der In ternetseite der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft, welche über das Portal "www.thueringen.de" leicht er reichbar ist, unter der Rubrik "Informationen für Geschädigte von Straftaten" für die verschiedenen Entschä digungsmöglichkeiten übersichtlich aufbereitet und somit für Geschädigte jederzeit abrufbar. Maier Minister Vermögensabschöpfungen in Thüringen Wir fragen die Landesregierung: Zu 1. und 2.: Zu 3. bis 6.: Zu 7.: Zu 8.: