06.12.2018 Drucksache 6/6534Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. Dezember 2018 Bau und Betrieb einer Photovoltaikanlage auf einer ehemaligen Mülldeponie in Oldisleben - nachgefragt Die Kleine Anfrage 3426 vom 24. Oktober 2018 hat folgenden Wortlaut: In der Gemeinde Oldisleben im Kyffhäuserkreis wurde auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie mit Bauarbeiten begonnen, ohne dass im Bebauungs- und im Flächennutzungsplan der Gemeinde eine entsprechende Bebauung vorgesehen war. Zum Zeitpunkt des Beginns der Bauarbeiten war die Fläche der ehemaligen Mülldeponie als "Grünfläche/Deponie" ausgewiesen. Erst nach Baubeginn stimmte der Gemeinderat für die Änderung des Flächennutzungsplans in ein "Sondergebiet Photovoltaik". Zugleich wurde im Bebauungsplan das Gebiet der ehemaligen Mülldeponie von einer "Grünfläche/Deponie" umgewidmet in ein "Sondergebiet Photovoltaik", um eine Bebauung mit einer Solaranlage möglich zu machen. Die Untere Naturschutzbehörde des Kyffhäuserkreises hat nach eigenen Angaben im Jahr 2016 festgestellt, dass auch auf Teilen des Lebensraums der streng geschützten Zauneidechsen Erdaufschüttungen erfolgten. Den bereits durchgeführten Baumaßnahmen habe man nicht zugestimmt. Weiterhin soll es auf dem Grundstück ein Vorkommen streng geschützter Zauneidechsen geben. Zum Themenkomplex richtete ich bereits im Oktober 2016 eine Kleine Anfrage an die Landesregierung, deren Beantwortung jedoch weitere Fragen aufwirft (vergleiche Antwort der Landesregierung in Drucksache 6/3217 zur Kleinen Anfrage 1643). Die Kreisverwaltungsbehörden des Kyffhäuserkreises unterstehen der Rechtsaufsicht der Landesregierung. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung der derzeitige rechtliche, insbesondere bau- und umweltrechtliche , Status der gegenständlichen Photovoltaikanlage auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie in der Gemeinde Oldisleben? 2. Existieren nach Kenntnis der Landesregierung für das Gelände der ehemaligen Mülldeponie in der Gemeinde Oldisleben rechtlich gültige Bebauungs- und Flächennutzungspläne? 3. Welchen bau- und umweltrechtlichen Status hat die betroffene Fläche und handelt es sich bei dem gegenständlichen Gelände um eine renaturierte Fläche? 4. Welchen rechtlichen, insbesondere bau- und umweltrechtlichen, Status hatte nach Kenntnis der Landesregierung das Gelände der ehemaligen Mülldeponie in der Gemeinde Oldisleben zwischen Oktober 1990 und September 2016 (bitte nach Jahresscheiben und rechtlichem Status aufschlüsseln)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Möller (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6534 5. Sind nach Kenntnis der Landesregierung im Zusammenhang mit der gegenständlichen Photovoltaikanlage auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie in der Gemeinde Oldisleben seit September 2016 Ordnungswidrigkeitenverfahren oder Strafverfahren gegen eine an der Errichtung beteiligten natürlichen oder juristischen Personen eingeleitet worden (bitte nach Jahresscheiben, Tatvorwurf, beteiligten Behörden , Strafmaß beziehungsweise verhängtem Bußgeld und aktuellem Stand aufschlüsseln)? 6. Wurde nach Kenntnis der Landesregierung für die Photovoltaikanlage auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie in der Gemeinde Oldisleben nach September 2016 eine Baugenehmigung bei der zuständigen Behörde beantragt (bitte nach Antragsdatum, bearbeitender Behörde, Genehmigungsdatum beziehungsweise Ablehnungsdatum und aktuellem Stand des Verwaltungsverfahrens aufschlüsseln)? 7. Wie wahrt die Landesregierung ihre Aufsichtspflicht, um sicherzustellen, dass keine Anlagen ohne Baugenehmigung errichtet werden und welche Maßnahmen haben die zuständige Untere Bauaufsichtsbehörde , die zuständige Untere Naturschutzbehörde, das Landesverwaltungsamt als obere Bauaufsichtsbehörde und die Landesregierung in dem konkreten Fall seit September 2016 ergriffen (bitte nach Jahresscheiben, Behörde und Ergebnis der Maßnahme aufschlüsseln)? 8. Welche geschützten beziehungsweise streng geschützten Tier- und Pflanzenarten kamen nach Kenntnis der Landesregierung vor Baubeginn der gegenständlichen Anlage auf dem Gelände der ehemaligen Mülldeponie in der Gemeinde Oldisleben vor und welche geschützten Tier- und Pflanzenarten leben derzeit auf dem Gelände (bitte nach Tierart, Pflanzenart, gesetzlichem Schutzstatus und Populationsgröße auf dem Gelände aufschlüsseln)? 9. Welche Maßnahmen haben die Landesregierung und die örtlich zuständigen Behörden ergriffen, um den Erhalt der auf dem Gelände der gegenständlichen Photovoltaikanlage lebenden geschützten beziehungsweise streng geschützten Tier- und Pflanzenarten, insbesondere Reptilien, in diesem Fall sicherzustellen (bitte nach durchgeführter Maßnahme, beteiligten Behörden, beteiligten nichtstaatlichen Institutionen beziehungsweise Personen, entstandenen Kosten, betroffenen Tier- und Pflanzenarten und Ergebnis der Maßnahme aufschlüsseln)? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es ist unklar, was mit den Begriffen "baurechtlicher Status" und "umweltrechtlicher Status" gemeint ist. Die Landesregierung geht davon aus, dass damit die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Einordnung sowie die Berücksichtigung umweltrechtlicher Fragen gemeint sein könnten. "Baurechtlicher Status": Der Bebauungsplan "Sondergebiet Photovoltaik" der Gemeinde Oldisleben wurde am 26. Januar 2018 bekannt gemacht und ist damit in Kraft getreten. Damit bedarf ein Vorhaben nach § 61 Thüringer Bauordnung (ThürBO) unter den dort genannten Voraussetzungen keiner Baugenehmigung. Für die Photovoltaikanlage wurden mit Posteingang vom 31. Januar 2018 bei der unteren Bauaufsichtsbehörde des Landratsamtes Kyffhäuserkreis die Unterlagen im Genehmigungsfreistellungsverfahren gemäß § 61 ThürBO eingereicht. "Umweltrechtlicher Status": Die Fläche wird weder im Thüringer Altlasteninformationssystem der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie noch im Deponie-Informationssystem des Thüringer Landesverwaltungsamtes geführt. Im Bebauungsplanverfahren erfolgte die Abarbeitung der umweltrechtlichen Belange. Für die Umsiedlung der Zauneidechsen wurde eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung durch die untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes Kyffhäuserkreis erteilt. Zu 2.: Zum Bebauungsplan wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die 2. Änderung des Flächennutzungsplans wurde mit Bescheid vom 14. Februar 2017 durch das Thüringer Landesverwaltungsamt genehmigt. Die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung erfolgte am 3. März 2017. 3 Drucksache 6/6534Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Für die Fläche gibt es eine Baugenehmigung für den Lagerplatz der Gemeinde. Eine ordnungsgemäße Rekultivierung wurde durchgeführt. Durch die untere Bodenschutzbehörde wurde im Jahr 2016 im Rahmen des Bauleitverfahrens ein Baugrundgutachten gefordert, mit dem nachgewiesen werden sollte, dass das Aufstellen von Photovoltaikanlagen keine negativen Auswirkungen auf den Deponiekörper hat beziehungsweise keine Gefahren für andere Schutzgüter (Luft, Wasser) entstehen. Dieses Gutachten liegt der Behörde vor. Auf der ehemaligen Deponie wurde eine rund 3,6 Meter bis > fünf Meter mächtige Abdeckung aus schluffigen Böden festgestellt. Nach Auffassung des Gutachters geht von der Deponie bei der geplanten Nutzung als Photovoltaikanlage keine Gefährdung aus. Zu 4.: Bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans am 26. Januar 2018 handelte es sich um eine Fläche, die als Außenbereich im Sinne des § 35 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen war. Zu 5.: Es wurden keine Ordnungswidrigkeitenverfahren durchgeführt. Zu 6.: Mit Posteingang vom 1. Dezember 2016 wurde bei der unteren Bauaufsichtsbehörde im Landratsamt Kyffhäuserkreis ein Bauantrag für eine Photovoltaikanlage eingereicht. Der Antrag wurde mit Schreiben vom 21. Dezember 2016 zurückgezogen. Damit ist das Verwaltungsverfahren beendet. Zu 7.: Die Bauaufsichtsbehörde hat im September 2016 davon Kenntnis erhalten, dass auf dem Gelände Erdaufschüttungen vorgenommen werden. Es wurde gegenüber dem Veranlasser klargestellt, dass diese Baumaßnahmen genehmigungspflichtig sind und zu diesem Zeitpunkt keine Genehmigung vorlag. Es wurden dann keine weiteren Bauarbeiten durchgeführt, so dass keine Veranlassung für ein weiteres Handeln der Bauaufsichtsbehörde bestand. Für den Bereich der oben genannten Erdaufschüttungen lag kein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand gemäß § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) vor. Die natur- und artenschutzrechtlichen Belange wurden im nachfolgenden Bebauungsplanverfahren bearbeitet . Zum Bebauungsplan wurde ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag auf Basis einer speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung erstellt. In den Bebauungsplan wurden die erforderlichen natur-/artenschutzrechtlichen Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen aufgenommen und bei der Realisierung des Vorhabens umgesetzt. Es wird auf die weiteren Ausführungen zu den Fragen 8 und 9 verwiesen. Da die Bauaufsichts- und die Naturschutzbehörde ordnungsgemäß tätig wurden, besteht für die Landesregierung keine Veranlassung zu weitergehenden Maßnahmen. Im Übrigen wird auf die Antwort der Landesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage 1643 des Abgeordneten Möller (Drucksache 6/3217) verwiesen. Zu 8.: Im Rahmen der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung zum Vorgang wurden auf dem Gelände der ehemaligen Deponie Untersuchungen zu Brutvogelvorkommen und Reptilienvorkommen vorgenommen. Im Ergebnis wurden im Jahr 2016 an insgesamt acht Kartierterminen (Mai bis Juli) Zauneidechsen (streng geschützt gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 14 b BNatSchG) nachgewiesen, die höchste Individuenzahl wurde am 21. Juni 2016 mit sieben Exemplaren (4, 3, 0) nachgewiesen. Brutvogelnachweise erfolgten für die Arten: Amsel, Buchfink, Grünfink, Mönchsgrasmücke, Stieglitz, Rotkehlchen , Wiesenschafstelze, Zaunkönig (alle besonders geschützt nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 b bb BNatSchG) mit je einem Brutpaar. Für die Gruppe der Fledermäuse wurde die Funktionalität des Geländes als Nahrungshabitat erkannt. Das Vorhandensein eines Quartiers wurde ausgeschlossen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6534 Zu 9.: Im Bebauungsplan zur Errichtung der Photovoltaikanlage sind Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB mit den Festsetzungen 4.1 (Kleintierdurchlässige Einzäunung), 4.2 (Erhalt von Bäumen und Sträuchern), 4.3 (Maßnahmen M2 bis M4 zur Erhaltung und Neuschaffung von Zauneidechsenhabitaten im räumlichen Zusammenhang) und 4.4 (bauzeitliche Umsiedlung von Zauneidechsen in Ersatzhabitat) enthalten. Diese Maßnahmen wurden durchgeführt. Es wurden an elf Terminen (Juli bis September) insgesamt 48 Exemplare der Zauneidechse abgefangen und in das Ersatzhabitat umgesetzt. Dazu lag eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung der unteren Naturschutzbehörde vor. Die Fragen nach weiteren beteiligten Institutionen oder Personen und entstandenen Kosten können weder von der Landesregierung noch von dem Landkreis beantwortet werden, da die Maßnahmen nicht von Behörden des Landes oder des Landkreises veranlasst wurden. Keller Ministerin Bau und Betrieb einer Photovoltaikanlage auf einer ehemaligen Mülldeponie in Oldisleben - nachgefragt Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: