07.12.2018 Drucksache 6/6552Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 21. Dezember 2018 Die Rolle und das Potential des Stirlingmotors für die Thüringer Wirtschafts- und Umweltpolitik Die Kleine Anfrage 3424 vom 19. Oktober 2018 hat folgenden Wortlaut: Der Stirlingmotor ist eine im Jahre 1816 entwickelte Wärmekraftmaschine. In ihm wird ein Gas durch von außen zugeführte Energie in einem abgeschlossenen Zylinder erhitzt und in einem anderen abgeschlossenen Zylinder gekühlt. Das Gas pendelt hierbei zwischen den beiden Räumen und wechselt dabei seine Temperatur. Es ist somit ein geschlossener Kreisprozess, der mit einer beliebigen externen Wärmequelle betrieben werden kann. Die Temperaturänderung bewirkt eine Expansion beziehungsweise Kompression des Arbeitsmediums, die in Bewegungsenergie umgewandelt wird. Das derzeit weltweit größte Blockheizkraftwerk mit einem Stirlingmotor wurde im Jahr 2011 in Thüringen in Betrieb genommen und erbringt rechnerisch eine Leistung von 4.000 Megawattstunden thermische Energie und 1.000 Megawattstunden elektrische Energie im Jahr. Laut dem Lieferanten der Anlage handelt es sich um die größte Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, die bisher mit Stirlingmotoren für Biomasse errichtet wurde. Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Vor- und Nachteile bietet nach Ansicht der Landesregierung der Einsatz von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren zur Strom- und Wärmeerzeugung gegenüber anderen Strom- und Wärmequellen - insbesondere in privaten Haushalten und kleinen und mittelständischen Betrieben - und wie viele derartige Anlagen sind seit dem Jahr 2014 in landeseigenen Liegenschaften und Immobilien im Einsatz (bitte nach Jahresscheiben, Einbaudatum, Beschaffungskosten, Unterhaltskosten, Liegenschaft beziehungsweise Immobilie, nutzender Behörde und geplanter Nutzungsdauer aufschlüsseln)? Falls keine derartigen Anlagen durch die Landesregierung und in landeseigenen Liegenschaften genutzt wurden beziehungsweise werden, warum nicht? 2. Mit welchen Projekten und in welchem finanziellen und materiellen Umfang fördert die Landesregierung seit dem Jahr 2014 die Forschung an Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren und deren Verbreitung in Thüringen (bitte nach Jahresscheiben, Mittelansatz pro Jahr, Haushaltsstellen, beantragten Fördermitteln pro Jahr, ausgeschütteten Fördermitteln pro Jahr und geförderter Institution beziehungsweise gefördertem Unternehmen aufschlüsseln)? Falls keine Förderung durch die Landesregierung stattfindet , warum nicht? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Möller, Kießling und Rudy (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6552 3. Welche Studien beziehungsweise Forschungsprojekte zum Einsatz von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren wurden nach Kenntnis der Landesregierung seit dem Jahr 2014 durch Thüringer Hochschulen durchgeführt und welche Erkenntnisse hat die Landesregierung durch diese Studien beziehungsweise Forschungsprojekte gewonnen (bitte nach Jahresscheiben, durchführender Hochschule, Dauer der Studien, Themen, entstandenen Kosten, Ergebnissen, Personalansätzen und Fördermittelhöhe je Studie aufschlüsseln)? Falls keine derartigen Forschungsprojekte durchgeführt wurden beziehungsweise durchgeführt werden, warum nicht? 4. Wie viele Blockheizkraftwerke mit Stirlingmotoren sind seit dem Jahr 2014 in Thüringen errichtet worden und wie viele derartiger Blockheizkraftwerke sind nach Kenntnis der Landesregierung insgesamt in Thüringen vorhanden (bitte nach Jahresscheiben, Standort, Betreiber, Leistung und geplanter Betriebsdauer aufschlüsseln)? Falls keine derartigen Blockheizkraftwerke vorhanden sind, warum nicht? 5. Welche und wie viele Ressourcen können nach Ansicht der Landesregierung in den nächsten zehn Jahren durch die Nutzung von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren bei der Strom- und Wärmeerzeugung in Thüringen eingespart werden und beabsichtigt die Landesregierung den Einbau solcher Anlagen in privaten Haushalten und in klein- und mittelständischen Betrieben finanziell zu fördern? Falls keine Förderung geplant ist, warum nicht? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Bei allen Baumaßnahmen in landeseigenen Liegenschaften sind gemäß den Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Freistaats Thüringen (RLBau), Abschnitt K 21, Nr. 2.2 frühzeitig ganzheitliche Konzepte und Lösungsmöglichkeiten für umweltschonende und energiesparende Maßnahmen zu entwickeln . Unter Berücksichtigung von erneuerbaren Energieträgern sowie des Einsatzes von Wärmepumpen und Nah-/Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung sind umweltverträgliche Energie-Versorgungsvarianten zu untersuchen. Die in einem Energiekonzept zusammengefassten Ergebnisse sind in die Gesamtplanung der Baumaßnahme zu integrieren. Weiterhin ist bei technischen Anlagen eine Wirtschaftlichkeitsberechnung unter Verwendung des Regelwerks VDI 2067 und unter Einbeziehung aller Kosten (Investitions- und Nutzungskosten) durchzuführen (siehe RLBau, Abschnitt K 21, Nr. 3.4). Im Rahmen von Baumaßnahmen wurden seit dem Jahr 2014 Blockheizkraftwerke in Landesgebäuden installiert . Technische Lösungen für ein Blockheizkraftwerk mit Stirlingmotor konnten sich in den Variantenund Wirtschaftlichkeitsvergleichen nicht durchsetzen. Die Gründe hierfür sind unter anderem: • Im Vergleich zum Strom- und Wärmebedarf in Landesgebäuden ist der Leistungsbereich von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren regelmäßig zu gering. • Die jährlichen Nutzungsstunden von Blockheizkraftwerken sind aufgrund der Abnahmecharakteristik der Landesliegenschaften bei Strom und Wärme unterdurchschnittlich. • Blockheizkraftwerke mit Stirlingmotoren haben im Vergleich zu Blockheizkraftwerken mit Otto- oder Dieselmotoren ein ungünstiges Verhältnis zwischen Strom- und Wärmeerzeugung, was zu weiter sinkenden Nutzungsstunden führt oder überproportional große Wärmespeicher erfordert. • Die spezifischen Kosten von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren sind höher im Vergleich zu anderen verfügbaren Technologien im Blockheizkraftwerke-Bereich. • Die höhere Effizienz und der geringere Schadstoffausstoß von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren gleichen sonstige Nachteile (zum Beispiel Trägheit, Regelbarkeit) im Vergleich zu anderen Blockheizkraftwerke -Technologien regelmäßig nicht aus. Zum Einsatz von Stirlingmotoren in privaten Haushalten und kleinen und mittelständischen Betrieben liegen der Landesregierung keine Informationen vor. 3 Drucksache 6/6552Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 2.: Im Rahmen der Richtlinienförderung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft sind seit dem Jahr 2014 keine Projektanträge gefördert worden, die die Forschung an Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren und deren Verbreitung in Thüringen zum Gegenstand haben. Grund dafür ist, dass nach Einschätzung der technisch ausgerichteten Hochschulen der Stirlingmotor bereits wissenschaftlich gut erforscht ist (Eigenschaften, Vor- und Nachteile, Grenzen) und das weitere Potential für grundlegende Forschung als gering angesehen wird. Für angewandte Forschungsprojekte fehlt es an Industriepartnern. Zu 3.: An den Thüringer Hochschulen sind im genannten Zeitraum keine Studien beziehungsweise Forschungsprojekte zum Einsatz von Blockheizkraftwerken mit Stirlingmotoren durchgeführt worden. Hinsichtlich der Gründe wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. In der Lehre sind Stirlingmotoren in den einschlägigen Fachrichtungen Bestandteil des Studiums. Im Übrigen wird auf die nach Artikel 5 Abs. 3 Grundgesetz geschützte Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre hingewiesen, deren Schutz insbesondere die Unabhängigkeit des Forschers, die freie Wahl von Forschungsgegenstand und Methodik sowie den Umgang mit den gewonnenen Erkenntnissen umfasst. Zu 4.: Der Landesregierung sind keine Blockheizkraftwerke mit Stirlingmotoren bekannt, die seit dem Jahr 2014 in Thüringen errichtet wurden. Die Landesregierung hat keine Kenntnis darüber, wie viele Blockheizkraftwerke mit Stirlingmotor insgesamt in Thüringen vorhanden sind. Über potentielle Investitionsentscheidungen Thüringer Anlagenbetreiber kann die Landesregierung keine Angaben machen. Zu 5.: Aufgrund der hohen Gesamtwirkungsgrade sind Blockheizkraftwerke generell (ohne Beschränkung auf die Stirling-Technologie) besonders vorteilhaft im Hinblick auf die sparsame Verwendung fossiler Brennstoffe und die Verringerung von Schadstoffemissionen. In einem Systemvergleich mit der konventionellen, getrennten Strom- und Wärmeerzeugung lassen sich die Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung in Blockheizkraftwerke -Anlagen quantitativ darstellen. Legt man als Vergleichsfall die zentrale Stromerzeugung in einem Kohlekraftwerk und die verbrauchernahe, dezentrale Wärmeerzeugung in einem Heizkessel zugrunde, dann resultieren für das Blockheizkraftwerk Primärenergieeinsparungen in Höhe von 36 Prozent, wenn in beiden Fällen die gleiche vorgegebene Strommenge und Heizwärmemenge bereitgestellt werden (aus: Blockheizkraftwerke -Fibel der Arbeitsgemeinschaft für sparsamen und umweltfreundlichen Energieverbrauch e.V.). Eine Förderung der Stirling-Technologie ist durch die Landesregierung nicht geplant. Zur Begründung wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Siegesmund Ministerin Die Rolle und das Potential des Stirlingmotors für die Thüringer Wirtschafts- und Umweltpolitik Wir fragen die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: