20.12.2018 Drucksache 6/6603Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. Januar 2019 Umgang mit linksextremistischer Musik in Thüringen allgemein und speziell bezogen auf die Band "Feine Sahne Fischfilet" - Teil I Die Kleine Anfrage 3328 vom 14. September 2018 hat folgenden Wortlaut: Hass-Musik besitzt für die extremistische Szene eine nicht zu unterschätzende Bedeutung und findet sich nicht nur im Rechtsextremismus, sondern derartige Musik gibt es auch im Linksextremismus. Hierbei ist "linksextremistische" Musik als eine Sammelbezeichnung zu verstehen, in der sich Texte mit linksextremistischen Ideologien und unterschiedliche Musikstile wiederfinden. Dabei ist der Blick auf den Text/lnhalt entscheidend . Eine wichtige Rolle bei linksextremistischer Musik spielen Feindbildkonstruktionen; Hass-Musik mit linksextremistischen Bezügen thematisiert insbesondere den Staat und seine Repräsentanten - vorwiegend die Polizei - sowie einen linksextremistisch verstandenen Antifaschismus. Folgende Funktionen der linksextremistischen Musik werden in der Forschung beschrieben: Rekrutierungsfunktion (Gewinnung neuer Anhänger), Finanzierungsfunktion (Verkauf der Musik) und Mobilisierungsfunktion der eigenen Anhänger . Von Teilen der Forschung wird eine kritischere und systematischere Beobachtung linksextremistischer Musik angemahnt. An Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wurde öffentlich Kritik geübt, nachdem er via Facebook seine Unterstützung für ein Konzert gegen Rechts in Chemnitz, wo auch die linksgerichtete Punkband "Feine Sahne Fischfilet" auftrat, kundtat. Denn "Feine Sahne Fischfilet" sind umstritten. Die Band wurde über Jahre im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern wegen "linksextremistischer Bestrebungen " aufgeführt. Ihr wurde eine "explizit anti-staatliche Haltung" bescheinigt. Das Ministerium für Inneres und Europa des Landes Mecklenburg-Vorpommern äußerte sich seinerzeit zur Nennung der Band im Verfassungsschutzbericht nach Zeitungsangaben dahingehend, dass die Band "fester Bestandteil der autonomen Szene in Mecklenburg-Vorpommern" sei, und wies darauf hin, dass einige Bandmitglieder wegen politisch motivierter Gewaltstraftaten aufgefallen seien. Die aktuelle Tour führt die Band auch nach Thüringen (Saalfeld und Erfurt). Wie der Facebook-Seite der Band zu entnehmen ist, pflegt eine Abgeordnete des Thüringer Landtags der Fraktion DIE LINKE, der auf dem jüngsten Album "Sturm & Dreck" der Song "Angst frisst Seele auf" gewidmet wurde, eine enge Freundschaft zur Band. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie definiert und bewertet die Landesregierung linksextremistische Musik allgemein und wie begründet sie ihre Antwort? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6603 2. Welchen Grad an einer Extremismusintensität müssen laut Auffassung der Landesregierung sowohl links- als auch rechtsextremistische Musiktexte erreichen, um nicht mehr unter den Schutzmantel der künstlerischen Freiheit zu fallen? Wo liegen diesbezüglich die Grenzen für die Thüringer Landesregierung und wie begründet sie ihre Antwort? 3. Wie bewertet die Landesregierung die linksextremistische Musikszene (nach allgemeingültiger wissenschaftlicher Definition) in Thüringen, welchen Einfluss auf welche Personengruppen spricht sie ihr zu und wie begründet sie ihre Antwort? 4. Welche Konzerte/Veranstaltungen linksextremistischer Gruppen (nach allgemeingültiger wissenschaftlicher Definition) fanden beziehungsweise finden in diesem Jahr 2018 wann und wo in Thüringen statt? 5. Wer ist beziehungsweise war jeweils der Anmelder beziehungsweise Organisator dieser Veranstaltungen? 6. Bei welchen dieser Veranstaltungen treten beziehungsweise traten nach Kenntnis der Landesregierung welche Bands auf? 7. Welche Erkenntnis besitzt die Landesregierung über indizierte Titel und Alben von zu Frage 6 zu nennenden Bands? 8. Kam es ausgehend von den Veranstaltungen in der Vergangenheit zu Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten (bitte einzeln nach Veranstaltung, Art der Straftat, Ermittlungsstand und gegebenenfalls Urteil auflisten)? 9. Welcher Personenkreis (Altersgruppen, Geschlecht, Bevölkerungsgruppen, Bildungsschichten) nimmt in der Regel an diesen Veranstaltungen teil? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 18. Dezember 2018 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Das Amt für Verfassungsschutz beobachtet Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung , den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben. Sofern "Musik" als künstlerisches Medium von Personenzusammenschlüssen oder Einzelpersonen dazu genutzt wird, (links)extremistische Bestrebungen zu entfalten oder Anhaltspunkte für (links)extremistische Bestrebungen erkennen lässt, unterliegt sie dem gesetzlich fixierten Beobachtungsauftrag der Verfassungsschutzbehörden . Zu 2.: Für Musiktexte gilt hinsichtlich ihrer Beurteilung, ob es sich bei ihnen um links- beziehungsweise rechtsextremistische Texte handelt, der gleiche Maßstab in Form der Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie er auch bei sonstigen Texten und Bestrebungen von Extremisten gilt. Erforderlich für die Beurteilung ist immer eine Gesamtschau und Bewertung der zum jeweiligen Text korrespondierend vorliegenden Erkenntnisse. Neben dem reinen Textgehalt ist hierbei zum Beispiel von besonderer Bedeutung , inwieweit der Verfasser des infrage stehenden Musiktextes bereits in das jeweilige extremistische Spektrum eingebunden ist und welche Bestrebungen dieses Verfassers gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ansonsten feststellbar sind. Des Weiteren findet Berücksichtigung, dass extremistische Texte oftmals mit Andeutungen und Szenecodierungen versehen sind, die zwar eine Strafbarkeit vermeiden , vom potentiellen Empfänger allerdings hinsichtlich ihres Subtextes entsprechend der intendierten Botschaft sehr wohl verstanden werden. Dergestalt findet in Bezug auf den einzelnen Text auch keine Grenzziehung in Form einer zu erfüllenden "Extremismusintensität" statt. Es wird stattdessen das Verfassen und Weiterverbreiten des Textes als möglicher Beleg für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung herangezogen, geprüft und in die korrespondierenden Erkenntnisse zum Verfasser eingeordnet und entsprechend bewertet. 3 Drucksache 6/6603Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Eine vom Einzelfall abgehobene Definition einer abstrakten Grenze der "Extremismusintensität" und deren Anwendung würden der Vielschichtigkeit und fortlaufenden Weiterentwicklung des milieuinternen sowie nach außen gerichteten Kommunikationsverhaltens von Links- wie Rechtsextremisten nicht gerecht. Zu 3.: Konkrete Erkenntnisse zum Einfluss linksextremistischer Bestrebungen auf Personengruppen im Zusammenhang mit "Musik" liegen nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Zu 4.: Folgende Veranstaltungen von Musikgruppen, die von den jeweils zuständigen Verfassungsschutzbehörden als linksextremistische Gruppierung geführt werden, sind der Landesregierung bekannt:: 16. Januar 2018 "Feine Sahne Fischfilet" in Jena 18. Februar 2018 "One Step Ahead" in Gotha 10. März 2018 "Feine Sahne Fischfilet" in Erfurt 9. November 2018 "Feine Sahne Fischfilet" in Saalfeld 28. Dezember 2018 "Feine Sahne Fischfilet" in Erfurt. Weiterhin fand vom 18. bis 20. Mai 2018 die Veranstaltung "Rebellisches Musikfestival" in Truckenthal statt. Zu 5.: Das "Rebellische Musikfestival" wurde von dem der "Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschland" (MLPD) und ihrer Jugendorganisation "REBELL" nahestehenden Verein "Rebellisches Musikfestival e. V." aus Nordrhein -Westfalen organisiert. Anmelder der Versammlung war ein langjähriges Mitglied der MLPD aus Leverkusen . Bei dem Auftritt der aus Mecklenburg-Vorpommern stammenden Band "Feine Sahne Fischfilet" am 16. Januar 2018 handelte es sich um einen kurzfristig im Internet angekündigten Überraschungsauftritt bei der Jungen Gemeinde in Jena. Die übrigen Auftritte erfolgten beziehungsweise erfolgen laut Band-Tourenplan. Als Veranstalter für die Veranstaltung am 9. November 2018 in Saalfeld tritt der Förderverein "Klubhaus e. V." auf. Der Auftritt der aus Sachsen stammenden Band "One Step Ahead" soll laut Tourplan am 18. Februar 2018 im "Ju.W.E.L." in Gotha erfolgt sein. Weitere Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 6.: Bei der Versammlung "Rebellisches Musikfestival" sollen etwa 50 Musikgruppen aufgetreten sein, unter anderem die als linksextremistisch eingestufte türkische Band "Grup Yorum". Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Zu 7.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über indizierte Tonträger der Bands vor. Zu 8.: Die Veranstaltungen verliefen ohne Störung. Erkenntnisse zu Straftaten beziehungsweise Ordnungswidrigkeiten im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 11 der Kleinen Anfrage 3301 "Repressionen gegen 'Grup Yorum'und rebellisches Musikfestival?" verwiesen. Zu 9.: Konkrete Erkenntnisse zum Teilnehmerspektrum der Veranstaltungen liegen nicht vor. Bei einem Großteil der Teilnehmer dürfte es sich um Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene handeln. Maier Minister Umgang mit linksextremistischer Musik in Thüringen allgemein und speziell bezogen auf die Band "Feine Sahne Fischfilet" - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: