15.01.2019 Drucksache 6/6645Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 22. Januar 2019 Geplante Neuregelung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes Die Kleine Anfrage 3429 vom 26. Oktober 2018 hat folgenden Wortlaut: Gegenwärtig plant die Landesregierung eine weitere Novelle des Thüringer Kommunalabgabengesetzes. Ziel soll die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mit Wirkung zum 1. Januar 2019 sein. In diesem Zusammenhang hatte sich der Bürgerbeauftragte des Freistaats Thüringen bereits mit Schreiben vom 4. Oktober 2018 an alle Landtagsfraktionen gewandt und diese über einen Sachverhalt informiert, der im Rahmen der avisierten Gesetzesänderung mit berücksichtigt werden sollte. Konkret handelt es sich um Straßenausbaubeiträge , die von der Gemeinde Möckern im Saale-Holzland-Kreis erhoben wurden, obwohl die abgerechnete Maßnahme einen nicht beitragsfähigen Streckenausbau betraf und mithin die Bescheide von Anfang an rechtswidrig waren. Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde hatte der Gemeinde in der Folge mitgeteilt, dass dieser bezüglich der Rücknahme der Bescheide ein Ermessen zukomme. Von diesem Ermessen hat die Gemeinde dahin gehend Gebrauch gemacht, dass nur die Bescheide zurückgenommen und vereinnahmte Beiträge zurückgezahlt wurden, gegen die Widersprüche eingelegt worden waren. Bescheide , gegen die kein Rechtsmittel eingelegt wurde, hält die Gemeinde aufrecht und verwehrt die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge. Nach den Ausführungen des Thüringer Bürgerbeauftragen in dem oben genannten Schreiben wurde der Sachverhalt bereits intensiv mit dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales erörtert, ohne dass ein für die betroffenen Bürger positives Ergebnis erzielt werden konnte. Ich frage die Landesregierung: 1. Stellt die Entscheidung einer Kommune, an einem von Anfang an rechtswidrigen und inzwischen bestandskräftigen Verwaltungsakt festzuhalten, einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz dar, sofern identische Bescheide der Kommune aufgrund von im Vorfeld eingelegten Rechtsmitteln bereits zurückgenommen wurden (Antwort bitte begründen)? 2. Unter welchen Voraussetzungen kann ein von Anfang an rechtswidriger Verwaltungsakt aufgehoben werden und nach welchen Kriterien steht der zuständigen Behörde hierbei ein Ermessen zu? 3. Beabsichtigt die Landesregierung in der angekündigten Novelle des Thüringer Kommunalabgabengesetzes Regelungen aufzunehmen, welche als Rechtsfolge die Rückzahlung von evident unrechtmäßig erhobenen Straßenausbaubeiträgen zum Gegenstand haben? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Fiedler (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6645 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 11. Januar 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) lautet: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." Artikel 3 Abs. 1 GG verbietet gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vergleiche unter anderem Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - BVerfGE - vom 24. April 1991 1 BvR 1341/90, BVerfGE 84, 133, 157 f.; vom 15. Juli 1998 1 BvR 1554/89 und andere, BVerfGE 98, 365, 385) die ungleiche Behandlung von wesentlich Gleichem und die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem. Ausweislich der Fragestellung handelt es sich hier jedoch um ungleiche Sachverhalte, so dass der Schutzbereich des Artikels 3 GG nicht eröffnet ist. So gibt es eine Gruppe von Beitragspflichtigen, bei denen die Bescheide in Rechtskraft erwachsen sind und eine Gruppe von Beitragspflichtigen, bei denen die Bescheide noch nicht bestandskräftig geworden sind. Zu 2.: Die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes ist in § 130 Abgabenordnung (AO) geregelt. § 130 AO wird gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b Thüringer Kommunalabgabengesetz für anwendbar erklärt. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann gemäß § 130 Abs. 1 AO, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 130 Abs. 1 AO räumt der Behörde bereits das Ermessen ein. Eine Verpflichtung zur Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes besteht nach der einschlägigen Kommentarliteratur allerdings nicht. Wird die Rücknahme eines belastenden Verwaltungsaktes nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist begehrt, so ist darauf zu achten, dass die Vorschriften über die Rechtsbehelfsfrist nicht ausgehöhlt werden. Die Ablehnung der Rücknahme ist ermessensfehlerfrei, wenn der Betroffene nur Umstände vorträgt, die er auch fristgerecht durch Rechtsbehelf hätte geltend machen können. Es kommt jedoch immer auf die Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls an. Zu 3.: Die regierungstragenden Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass in Thüringen die Straßenausbaubeiträge durch eine Änderung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes mit Wirkung zum 1. Januar 2019 abgeschafft werden sollen. Dabei soll eine Rückwirkung vor dem 1. Januar 2019 ausgeschlossen sein und für laufende Baumaßnahmen eine Übergangsregelung geschaffen werden. Die Landesregierung beabsichtigt keinen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen. Maier Minister Geplante Neuregelung des Thüringer Kommunalabgabengesetzes Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: