19.12.2014 Drucksache 6/67Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. Januar 2015 Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG (INSPIRE) im Freistaat Thüringen Die Kleine Anfrage 40 vom 3. November 2014 hat folgenden Wortlaut: Die Richtlinie 2007/2/EG zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE ) zielt darauf ab, semantische, technische und rechtliche Interoperabilität zwischen raumbezogenen Umweltinformationen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union für eine gemeinschaftliche und grenzüberschreitende Umweltpolitik herzustellen. Die sogenannte INSPIRE-Richtlinie wurde mit dem Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz (ThürGDIG) vom 8. Juli 2009 umgesetzt. Die Koordinierung der Umsetzung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes wird fachlich durch das erweiterte Interministerielle Koordinierungsgremium - Geoinformationszentrum (IKG-GIZ) unterstützt. Gemäß § 2 ThürGDIG gilt dieses Gesetz für geodatenhaltende Stellen. Als vorhanden gelten Geodaten im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ThürGDIG bei einer öffentlichen Stelle nach § 2 Abs. 2, soweit sie von dieser oder für diese im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags oder ihrer öffentlichen Dienstleistung erstellt, verwaltet oder aktualisiert werden. Durch das Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz wurden jedoch einige Bestimmungen der INSPIRE-Richtlinie nicht umgesetzt, wodurch auch die gemeinsame Nutzung INSPIRE-relevanter Geodaten und Geodienste für die Behörden aller föderalen Ebenen erschwert wird. Dazu zählen unter anderem Artikel 3 Nr. 7, Artikel 4 Abs. 6, Artikel 5 Abs. 3 sowie Artikel 17 Abs. 2 der INSPIRE-Richtlinie. Durch die Nichtumsetzung fallen sowohl bei den Kommunalbehörden vermeidbare Kosten, insbesondere Personalkosten, die nicht unter die allgemeinen Kosten für die Datenbereitstellung im öffentlichen Interesse gemäß dem Thüringer Informationsfreiheitsgesetz subsumiert werden können, an als auch beim Freistaat Thüringen mit Blick auf erforderliche Ansprechpartner, technische Assistenz sowie zusätzliche Ressourcen der im § 6 Abs. 1 ThürGDIG aufgeführten Infrastrukturkomponenten. Ich frage die Landesregierung: 1. Bis wann plant die Landesregierung, Artikel 4 Abs. 6 der INSPIRE-Richtlinie durch eine Novellierung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes rechtlich umzusetzen? 2. Wie hoch sind die kumulativen Kosten der vom IKG-GIZ betreuten Gemeinden im Freistaat Thüringen, die Geodatenthemen INSPIRE-konform aufbereiten, die nach Artikel 4 Abs. 6 der INSPIRE-Richtlinie und § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ThürGDIG nicht betroffen sind? 3. Wie hoch sind die kumulativen Sach- und Personalkosten auf Landesebene, die durch die freiwillige Datenaufnahme nicht-INSPIRE-relevanter Geodaten und Geodatendienste entstehen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Krumpe (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/67 4. Bis wann plant die Landesregierung, Artikel 3 Nr. 7 der INSPIRE-Richtlinie durch eine Novellierung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes rechtlich umzusetzen, damit im Sinne der Bestimmung des Begriffs der Interoperabilität, hier rechtliche Interoperabilität, kein richtlinienwidriges wiederholtes manuelles Eingreifen durch fehlende Zugriffs- und Lizenzbedingungen mehr erforderlich ist? 5. Bis wann plant die Landesregierung, rechtssichere und im nationalen sowie europäischen Kontext interoperable Zugriffs- und Lizenzbedingungen für unterschiedliche Nutzungsintensionen zu entwickeln bzw. existierende zu adaptieren? 6. Bis wann plant die Landesregierung, rechtssichere und im nationalen sowie europäischen Kontext interoperable Zugriffs- und Lizenzbedingungen allen INSPIRE-relevanten Geodaten und Geodiensten zuzuordnen? 7. Bis wann plant die Landesregierung, Artikel 11 Abs. 1 der INSPIRE-Richtlinie unter Berücksichtigung der "Handlungsempfehlungen für die Bereitstellung von INSPIRE-konformen Downloaddiensten" vom 21. Oktober 2013 für relevante Geodatensätze gemäß Anhang I bis III der Richtlinie aus allen Ressorteinrichtungen technisch umzusetzen? 8. Bis wann plant die Landesregierung, Artikel 5 Abs. 3 der INSPIRE-Richtlinie durch eine Novellierung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes rechtlich umzusetzen, damit die vollständige Metadatenerfassung in hinreichender Qualität für INSPIRE-relevante Daten sichergestellt ist? 9. Bis wann plant die Landesregierung, Artikel 5 Abs. 3 der INSPIRE-Richtlinie durch die Veröffentlichung eines ISO-konformen Thüringer Metadatenprofils technisch umzusetzen, damit die geodatenhaltenden Stellen im Freistaat Thüringen in die Lage versetzt werden, erhobene Metadaten für Geodaten und Geodienste selbstständig mit Hilfe eines ISO-konformen Metadatenprofils zu validieren? 10. Bis wann plant die Landesregierung, Artikel 17 Abs. 2 der INSPIRE-Richtlinie durch eine Novellierung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes rechtlich umzusetzen, damit der Datenaustausch zwischen Behörden keinen Beschränkungen mehr unterliegt, durch die praktische Hindernisse, wie fehlende rechtskonforme Datennutzung, entstehen können? 11. Welche jährlichen kumulierten Kosten fallen für den Betrieb einschließlich der Überwachung der Daten und Diensteverfügbarkeit sowie für die Qualitätssicherung der Metadaten für das Thüringer Geoportal an? Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 wie folgt beantwortet Vorbemerkungen: In einer Pilotanfrage der Europäischen Kommission wurden die Gesetze des Bundes und der Länder zur Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG geprüft. Sie stellen abstrakte Regelungen dar, die einer rechtskonformen Auslegung unterliegen, die sich aus der Rechtsprechung, aber auch aus den die Gesetze ergänzenden amtlichen Begründungen ergeben, die zur Interpretation herangezogen werden, soweit sich nicht bereits aus dem Gesetzestext hinreichend eindeutige Formulierungen bzw. Definitionen ergeben. Die Europäische Kommission weist in der Pilotanfrage zwar darauf hin, dass an einigen Stellen wortwörtliche Formulierungen der INSPIRE-Richtlinie nicht in die Richtlinie auf Bundes- und Länderebene umsetzenden Gesetze übernommen wurden; dies ist jedoch nicht notwendig, da die entsprechenden Gesetze den materiellen Anforderungen der Richtlinie und somit den von dieser angestrebten Zielen genügen. So gesehen erfolgte die Umsetzung der INSPIRE-Richtlinie im Freistaat Thüringen in Übereinstimmung mit Artikel 288 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ergebnisbezogen in das nationale Recht. Zu 1.: Die Einschränkung des Anwendungsbereichs der INSPIRE-Richtlinie, die sich aus der Regelung des Artikel 4 Abs. 6 der INSPIRE-Richtlinie ergibt, war im Thüringer Geodateninfrastrukturgesetz (ThürGDIG) nicht erforderlich, da nach § 6 Abs. 1 ThürGDIG die Zuständigkeit für die Bereitstellung der erforderlichen technischen Komponenten zur Metadatenerfassung sowie zur Geodaten- und -dienstebereitstellung zentral bei 3 Drucksache 6/67Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode der Landesverwaltung liegt. Mithin entfällt auf der untersten Verwaltungsebene der technische Umsetzungsaufwand . Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs für die unterste Verwaltungsebene auf Geodaten, deren Sammlung gesetzlich vorgeschrieben ist, widerspricht dem öffentlichen Interesse an der Bereitstellung von Geodaten, die ohne gesetzliche Verpflichtung gesammelt werden. Somit geht der Anwendungsbereich des Gesetzes über die Festlegungen der INSPIRE-Richtlinie hinaus. Eine Novellierung des Thüringer Geodateninfrastrukturgesetzes ist nicht geplant. Zu 2.: Es sind keine Gemeinden bekannt, die Geodaten INSPIRE-konform aufbereiten. Zu 3.: Die Bereitstellung der nicht-INSPIRE-konformen Geodaten und Geodatendienste über die Geodateninfrastruktur nehmen die geodatenhaltenden Stellen als Erfüllung eigener Vertriebsaufgaben sowie von Auskunfts - und Informationspflichten wahr. Personal- und Sachkosten sind daher nicht zu ermitteln. Zu 4.: Die Richtlinie 2007/2/EG enthält keine Regelungen zur rechtlichen Interoperabilität. Sie definiert lediglich den technischen Begriff "Interoperabilität". Diese Definition steht in keinem Zusammenhang mit Zugriffsund Lizenzbedingungen. Zu 5.: Die in der Landesverwaltung verwendeten Lizenzmodelle sind national in den Fachverwaltungen abgestimmt . Zweifel an der Rechtssicherheit der Lizenzbedingungen sind nicht bekannt. Zu 6.: Der Austausch und die Nutzung der INSPIRE-relevanten Geodaten und Geodienste durch Behörden, die Aufgaben wahrnehmen, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können, ist durch die Verordnung (EU) Nr. 268/2010 der Kommission vom 29. März 2010 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf den Zugang der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft zu Geodatensätzen und -diensten der Mitgliedstaaten nach harmonisierten Bedingungen geregelt. Weitere Regelungen der Zugriffs- und Lizenzbedingungen stehen in der Regelungskompetenz der geodatenhaltenden Stellen. Zu 7.: Auf der zentralen technischen Komponente wurde die Voraussetzung für die Konfiguration der Datenbereitstellung über Downloaddienste geschaffen. Die Konfiguration obliegt den geodatenhaltenden Stellen. Zu 8.: Die Verordnung (EG) Nr. 1205/2008 der Kommission vom 3. Dezember 2008 zur Durchführung der Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Metadaten gilt in Deutschland im Verordnungsrang. Eine weitere rechtliche Umsetzung ist nicht erforderlich. Zu 9.: Um die Einheitlichkeit bei der Metadatenerfassung in der Geodateninfrastruktur Deutschland zu wahren, finanzieren Bund und Länder die zentrale technische Komponente "Testsuite", mit der u. a. Metadatensätze auf ISO- und INSPIRE-Konformität getestet werden können. Der Zugang zu dieser Komponente steht allen geodatenhaltenden Stellen frei zur Nutzung zur Verfügung. Das Thüringer Metadatenprofil ist im Geoportal -Th im Downloadbereich veröffentlicht. Zu 10.: Nach § 10 Abs. 5 bis 7 ThürGDIG erhalten die Stellen nach § 2 Abs. 2 ThürGDIG sowie entsprechende Stellen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, des Bundes und der Länder sowie der Organe und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaft einen privilegierten Zugang zu Geodaten, Geodatendiensten und Metadaten. Indem Geodaten, Geodatendienste und Metadaten über das Geoportal des Landes interoperabel bereitgestellt werden und die Zugangsbeschränkungen im "innerbehördlichen Verkehr" in § 9 Abs. 3 ThürGDIG abschließend aufgezählt sind, wird jegliche Beschränkung ausgeschlossen, die eine gemeinsame Nutzung der Daten und Dienste praktisch behindern könnte. § 10 ThürGDIG (Kosten und Lizenzen) unterstützt diese Zielsetzung und formuliert, dass Kosten oder Lizenzen mit dem allgemeinen Ziel des Austauschs von Geodaten und Geodatendiensten zwischen geodatenhaltenden Stellen vereinbar sein müssen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/67 Zu 11.: Jährlich werden ca. 50.000 Euro für den Betrieb der zentralen technischen Geodatenhaltungs- und Bereitstellungskomponente beim zentralen IT-Dienstleister haushaltswirksam. In Vertretung Dr. Sühl Staatssekretär