01.06.2015 Drucksache 6/671Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 19. Juni 2015 Position der Landesregierung zur Zukunft des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit Die Kleine Anfrage 251 vom 2. April 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Landesregierung hat am 30. März 2015 ihren Bericht zur Entwicklung der politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2014 vorgestellt. Daraus ergab sich ein massiver Anstieg der politisch links motivierten Kriminalität , auch der Gewaltkriminalität. Bei einer gesonderten Betrachtung der Propagandadelikte, für die es im Phänomenbereich links keine rechtliche Entsprechung gibt, bewegen sich rechts- und linksextreme Kriminalität auf vergleichbarem Niveau. Bereits am 26. Februar 2015 hat der Landtag den "Thüringen Monitor 2014" diskutiert. Aus ihm ergibt sich, dass ein Großteil derer, denen nach den Kriterien der Langzeitstudie rechtsextreme Einstellungen zugeschrieben werden, sich politisch links verortet und ausgeprägte Sympathien für die sozialistische Deutsche Demokratische Republik hegen. In der Debatte zum Thüringen Monitor sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow: "Wir werden das Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit gemeinsam mit den zivilgesellschaftlichen Bündnissen weiterentwickeln, um den neuen Gefährdungen der demokratischen politischen Kultur Rechnung zu tragen." Das ist eine deutlich offenere Formulierung als im Koalitionsvertrag. Für die Koalitionsfraktion DIE LINKE bekannte sich deren innenpolitischer Sprecher, Steffen Dittes, zu der verabredeten Neuausrichtung. Ich frage die Landesregierung: 1. Worin sieht die Landesregierung die von Ministerpräsident Bodo Ramelow in seiner Regierungserklärung am 26. Februar 2015 angesprochenen "neuen Gefährdungen der demokratischen politischen Kultur"? 2. Gehört für die Landesregierung der massive Anstieg der "Politisch motivierten Kriminalität - Links" zu diesen neuen Gefährdungen? 3. Sieht die Landesregierung auch in jenen 17 Prozent der Thüringer, die laut Thüringen Monitor 2014 voll und ganz oder überwiegend zur sozialistischen Ordnung zurückkehren wollen, eine Gefährdung der demokratischen politischen Kultur? 4. Ist die Landesregierung der Meinung, dass sich das im Thüringen Monitor 2014 beschriebene Milieu der "Abgehängten Antidemokrat_innen", in dem rechts- und linksextreme Positionen weitgehend zur Deckung kommen, durch Programme gegen Rechtsextremismus wirksam für die Demokratie gewinnen lässt? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Tischner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/671 5. Hält die Landesregierung es vor dem Hintergrund der dargelegten Sachverhalte nach wie vor für angebracht , das Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit in ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Homophobie umzuwandeln? 6. Wie gedenkt die Landesregierung insgesamt gegen den Linksextremismus vorzugehen? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 29. Mai 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In jüngster Zeit aufgetretene Phänomene wie Thügida, aber auch verschiedene Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik sind Beispiele für neuere Gefährdung der demokratischen politischen Kultur. Gefahren wie Armut, Abstiegsangst und erlebte soziale Unsicherheit stellen die politische Kultur immer wieder neu vor große Herausforderungen. Die Autoren des Thüringen-Monitors sehen darüber hinaus einen deutlichen Zusammenhang zwischen Demokratiezufriedenheit bzw. Institutionenvertrauen und wirtschaftlichem Wohlergehen, den sie mit dem Begriff "Schönwetterdemokratie" beschreiben. Eine Verfestigung demokratiefeindlicher Einstellungen und Strukturen sowie die im Thüringen-Monitor gemessene Bereitschaft, zur Durchsetzung politischer Ziele Normverletzungen zu begehen, können sich zu Gefährdungen für die politische Kultur entwickeln. Zu 2.: Im Sinne der Fragestellung gehört der Anstieg der "Politisch motivierten Kriminalität - Links" nicht zu den "neuen Gefährdungen". Gleichwohl zeigt der Anstieg der Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität - Links, dass Teile der Bevölkerung bereit sind, Normverletzungen bei ihrem politischen Handeln zu begehen bzw. bei der Verfolgung politischer Ziele auch Gewalt einzusetzen. Zu 3.: Zu einer Gefährdung für die demokratische politische Kultur führt diese Meinungsäußerung nicht. Hierzu bedarf es entsprechender verfassungsfeindlicher Aktivitäten. Zu 4.: Die Projekte und Maßnahmen in Programmen wie dem Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit haben das Potential, auf Einstellungsänderungen der Mitglieder dieses politischen Milieus hinzuwirken. Allerdings liegt der Schwerpunkt des Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit auf dem Bereich der Prävention, mit der verhindert werden soll, dass die genannten Einstellungen entstehen und sich verfestigen. Insofern leisten die Programme einen Beitrag, um gegen Demokratiefeindlichkeit und Intoleranz vorzugehen und gleichzeitig die Akzeptanz der demokratischen Kultur und das Interesse am politischen Geschehen in Thüringen zu erhöhen. Von maßgeblicher Bedeutung ist hierbei die historisch-politische Bildungsarbeit, und zwar im Hinblick auf die Vermittlung von Geschichtsbewusstsein und heutigem Demokratieverständnis. Zu 5.: Es ist beabsichtigt, das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit durch Teile der genannten inhaltlichen Aspekte zu erweitern. Die Mitwirkenden des Landesprogramms leisten bereits Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Zu 6.: Die Thüringer Landesregierung arbeitet im Rahmen ihrer Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit mit allen interessierten Institutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft kontinuierlich zusammen. Darüber hinaus sollen insbesondere durch das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit weiterhin Projekte und Maßnahmen zur Förderung von Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit in Thüringen gefördert werden. Dr. Klaubert Ministerin