28.01.2019 Drucksache 6/6730Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. Februar 2019 Überleitung der kommunalen Erzieherinnen und Erzieher der Stadt Erfurt in den Landesdienst des Freistaats Thüringen - nachgefragt Die Kleine Anfrage 3567 vom 21. Dezember 2018 hat folgenden Wortlaut: Wie in meinen Kleinen Anfragen 3116 und 3117 formuliert, haben sich insbesondere die Vertreter der regierungstragenden Fraktionen dafür stark gemacht, dass den Beschäftigten beim Übergang von den Kommunen in den Landesdienst keine arbeitsvertraglichen und finanziellen Nachteile entstünden (vergleiche Tagesordnungspunkt 11 zur Debatte der 41. Sitzung des Thüringer Landtags vom 29. Januar 2016). Zur Frage der finanziellen Schlechterstellung der kommunalen Erzieherinnen und Erzieher bei Überführung in den Landesdienst (vergleiche Drucksache 6/5985, Frage 5) zielend auf die Unterschiede im Tarifrecht des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) und des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) wird vom Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport geantwortet, er könne individuelle Entgeltunterschiede, die sich bei einer vergleichbaren Eingruppierung ergeben, nicht pauschal anhand einer einzelnen Monatsabrechnung bewerten. Gleichzeitig räumt er aber ein, dass ihm die jeweiligen finanziellen Unterschiede im Tarifrecht zwischen dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder durchaus bekannt seien. Des Weiteren behauptet das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, dass die Beschäftigten gemäß den Anforderungen des § 613a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch schriftlich ausreichend über die rechtlichen, wirtschaftlichen, also auch finanziellen, und sozialen Folgen des Übergangs und zwar mit einem entsprechenden Schreiben informiert worden seien (Drucksache 6/5985, Frage 6). Dieses Schreiben liegt mir vor. Zur Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder und den damit im Zusammenhang stehenden wirtschaftlichen Auswirkungen ist im Schreiben nur zu lesen: "Die Anwendung des TV-L hat insbesondere Auswirkungen auf Ihre Eingruppierung. Im Tarifsystem des TV-L sind besondere Entgeltgruppen für den Erziehungsdienst, vergleichbar den S-Entgeltgruppen des TVöD, nicht vorgesehen . Die Eingruppierung erfolgt in Anwendung der Tätigkeitsmerkmale Teil ll Abschnitt 20, Unterabschnitt 6 der Entgeltordnung zum TV-L." Ich frage die Landesregierung: 1. Geht nach Meinung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport aus dem Schreiben, das die betroffenen Beschäftigten nach § 613a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch über den geplanten Betriebsteilübergang unterrichtet, eindeutig für die Beschäftigten hervor, dass real am Monatsende weniger Gehalt auf ihren Gehaltsabrechnungen stehen würde (bitte begründen)? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6730 2. Wiederholt das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport seine Aussage, dass die betroffenen Beschäftigten durch dieses Schreiben ausreichend im Sinne der Betroffenen sowie ausreichend im Sinne des Gesetzes und vollumfänglich Kenntnis über die wirtschaftlichen, das heißt finanziellen Folgen , des Übergangs in den Landesdienst im Vorfeld des Übergangs erlangt haben (bitte begründen)? 3. Warum bezieht sich der Thüringer Minister für Bildung, Jugend und Sport bei der Bewertung realer Einkommensverluste beim Wechsel vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder auf eine einzelne Monatsabrechnung, wo doch die Betroffenen inzwischen mehr als zwei Jahre im Landesdienst beschäftigt sind? 4. Welches Fazit zieht das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Hinblick auf reale Einkommensverluste nach den Erfahrungen von zwei Jahren Landesdienst, wenn es die bloßen Bruttolohnbeträge auf den Gehaltszetteln der Betroffenen im Vergleich von dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst und dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder betrachtet und bewertet? 5. Bejaht das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, dass den Betroffenen oder einem Teil der Betroffenen Einkommensverluste, das heißt weniger Geld auf dem Gehaltszettel und im Geldbeutel , aufgrund der Überführung in den Landesdienst nach heutigem Ermessen entstanden sind (bitte begründen )? 6. Räumt das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport ein, dass die Landesregierung die betroffenen Erzieherinnen und Erzieher in dem Glauben ließ, dass ihnen unter anderem keine finanziellen Nachteile aufgrund des Wechsels in den Landesdienst entstünden, und dass dieses Versprechen nicht eingehalten werden konnte (bitte begründen)? 7. Welches Recht steht den Erzieherinnen und Erziehern aufgrund des in den Arbeitsverträgen angeführten Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts zu und warum wurde er überhaupt in die Arbeitsverträge aufgenommen (vergleiche Drucksache 6/5986, Frage 5)? 8. Ergibt sich aus dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts, dass den Beschäftigten keine finanziellen Nachteile bei Übergang in den Landesdienst entstünden und dass individuelle Zwischenstufungen erfolgten, wenn das Vergleichsentgelt höher läge? Wenn ja, warum wurde diese Regelung in Thüringen nicht beachtet? 9. Mit welcher Strategie ist es der Landesregierung in Anbetracht des Fachkräftemangels im Erziehungsbereich gelungen, vom Jahr 2017 zum Jahr 2018 958 Vollzeitbeschäftigte unbefristete Stellen und 25 Vollzeitbeschäftigte befristete Stellen neu zu besetzen (vergleiche Drucksache 6/5985, Frage 4)? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 25. Januar 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1. und 2.: Wie bereits in Beantwortung der Fragen 6 und 7 der Kleinen Anfrage 3116 (Drucksache 6/5985) mitgeteilt, waren die an die Beschäftigten ergangenen Informationsschreiben stets gemeinsame Schreiben von Schulträger und Land und entsprachen den Anforderungen des § 613a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch. Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs wurden den Beschäftigten ausführliche Informationen gegeben. Im Abschnitt I zu Nummer 3. b) wurde darauf hingewiesen, dass beim Freistaat Thüringen die Tarifvereinbarungen der Tarifgemeinschaft der Länder angewendet werden und dass der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ab dem 1. August 2016 jedenfalls aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel, die mit der Entfristungsvereinbarung Gegenstand des Arbeitsverhältnisses wird, individualrechtlich Anwendung findet. Sodann werden die Auswirkungen der Anwendung des TV-L insbesondere auf die Eingruppierung dargestellt. Die Beschäftigten wurden über die anzuwendenden Regelungen für ihre Eingruppierung unterrichtet und es wurden zum Beispiel die Voraussetzungen erläutert , nach denen die Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 oder die Entgeltgruppe 5 erfolgt. Auch in den geschlossenen Änderungsverträgen, in denen wie erläutert die Entfristung des Arbeitsverhältnisses und die Bezugnahme auf den TV-L vereinbart wurde, war die jeweilige Entgeltgruppe nach der Entgeltordnung des 3 Drucksache 6/6730Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode TV-L angegeben. Für die Beschäftigten war damit hinreichend erkennbar, welche tarifrechtlichen Regelungen nach dem Betriebsübergang gelten und aus welcher Entgeltgruppe die Vergütung gezahlt wird. Danach waren die Beschäftigten in der Lage, sich zum Beispiel bezüglich der Höhe des Entgelts näher zu informieren . Das für die jeweilige Entgeltgruppe maßgebliche Tabellenentgelt, gestaffelt nach Entwicklungsstufen, ergibt sich aus der Entgelttabelle für die Entgeltgruppen 1 bis 15 (Anlage B zum TV-L). Die Aufnahme der Entgelttabelle in das Informationsschreiben war nicht geboten. Zu 3.: In der Beantwortung der Frage 5 zur Kleinen Anfrage 3116 (Drucksache 6/5985) zu den individuellen Entgeltunterschieden bei Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) beziehungsweise des TV-L wurde gerade nicht auf eine einzelne Monatsabrechnung abgestellt. Vielmehr wurde ausgeführt, dass individuelle Entgeltunterschiede, die sich bei einer vergleichbaren Eingruppierung ergeben, nicht pauschal anhand einer einzelnen Monatsabrechnung bewertet werden können. Die Frage kann daher nicht beantwortet werden. Zu 4.: Eine vergleichende Bewertung eventueller Gehaltsunterschiede, die sich aus dem unterschiedlichen Tabellenentgelt bei Anwendung des TV-L oder des TVöD ergeben können, ist nur im Einzelfall möglich. Einzubeziehen wären auch weitere Faktoren, wie in der Beantwortung der Frage 5 zur Kleinen Anfrage 3116 (Drucksache 6/5985) dargelegt. Da die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten bei den kommunalen Schulträgern regelmäßig bis zum 31. Juli 2016 befristet waren, konnten diese erst durch die mit den Schulträgern vereinbarten Personalüberleitungsverträge und den Betriebsübergang in eine unbefristete Beschäftigung unter Beibehaltung der individuellen Beschäftigungsumfänge, sowie der Beschäftigungs- und Stufenlaufzeiten umgewandelt werden. Die Beschäftigten haben damit insgesamt eine Besserstellung erfahren. Tarifverträge werden allein zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelt. Dies betrifft auch Entgelte, die aber im Vergleich verschiedener Tarifverträge unterschiedlich sein können. Die Landesregierung bewertet dies nicht. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5, erster Absatz, der Kleinen Anfrage 3116 (Drucksache 6/5985) verwiesen. Zu 5.: Mit dem Betriebsübergang ist der Freistaat Thüringen als neuer Arbeitgeber in die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten. Soweit Beschäftigte bei dem jeweiligen Schulträger zunächst in einem befristeten Arbeitsverhältnis standen, ermöglichte der vereinbarte Personalüberleitungsvertrag dem Schulträger, dieses in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umzuwandeln. Hierbei war die Geltung der beim Land anzuwendenden tariflichen Regelungen ab dem Betriebsübergang zu vereinbaren. Der Freistaat Thüringen ist somit in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, für das bereits die tariflichen Regelungen des Landes vereinbart waren, eingetreten. Die Überleitung in den Landesdienst hat nicht zu einer Änderung arbeitsvertraglicher oder tarifrechtlicher Regelungen geführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5, erster Absatz , der Kleinen Anfrage 3116 (Drucksache 6/5985) verwiesen. Zu 6.: Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. Zu 7.: Der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) regelt im Wesentlichen die Überleitung der am 31. Oktober 2006 bei den Ländern beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (vergleiche § 1 Abs. 1 TVÜ-Länder) in den TV-L; insofern war er nicht einschlägig für die Überleitung der Horterzieherinnen/Horterzieher in den Landesbereich. Daneben enthält er Besitzstands- und Übergangsregelungen, die zu einem großen Teil weiterhin für die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten relevant sind. Die Übergangsregelungen gelten vielfach auch für Beschäftigte , die nach dem 31. Oktober 2006 neu eingestellt wurden beziehungsweise werden. Im TVÜ-Länder ist dann ausdrücklich aufgeführt, ob eine Regelung auch für den Personenkreis des § 1 Abs. 2 TVÜ-Länder (Einstellungen nach dem 31. Oktober 2006) gilt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 5 zur Kleinen Anfrage 3117 (Drucksache 6/5986) verwiesen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6730 Zu 8.: Nein, auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Zu 9.: Die in der Frage genannten Zahlen zu unbefristeten und befristeten Stellen im Erzieherbereich sind nicht nachvollziehbar, weshalb Aussagen hierzu nicht möglich sind. Hinsichtlich der erfragten Strategie der Landesregierung wird auf die Antwort zu Frage 4 der Kleinen Anfrage 3116 (Drucksache 6/5985) verwiesen, die detaillierte Ausführungen zum Personalentwicklungskonzept 2025 der Landesregierung, bezogen auf den Erzieherbereich, enthält. Im Übrigen ist der Freistaat Thüringen immer bemüht, die Arbeitsverhältnisse seiner Beschäftigten so attraktiv wie möglich zu gestalten. Holter Minister Überleitung der kommunalen Erzieherinnen und Erzieher der Stadt Erfurt in den Landesdienst des Freistaats Thüringen - nachgefragt Ich frage die Landesregierung: Zu 1. und 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: