Thüringer Landtag 6. Wahlperiode 6767 Drucksache 6/ 04.02.2019 Kleine Anfrage des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und Antwort des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales Kostenentwicklung bei der Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen in Thüringen Die Kleine Anfrage 3443 vom 6. November 2018 hat folgenden Wortlaut: Die Thüringer Kommunen haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Brandschutz und in der Allgemeinen Hilfe eine an einer Bedarfs- und Entwicklungsplanung orientierte und den örtlichen Verhältnissen entsprechende Feuerwehr aufzustellen, mit den erforderlichen baulichen Anlagen und Einrichtungen sowie technischer Ausrüstung auszustatten und zu unterhalten. Zusätzliche technische Vorgaben sowie allgemeine Preissteigerungen im Bereich der Fahrgestelle und Aufbauten stellen die Kommunen vor immer neue Herausforderungen bei der Erfüllung dieser Pflichtaufgabe. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Kostenentwicklung bei der Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen in Thüringen? 2. Welche spürbaren Effekte haben sich nach Kenntnis der Landesregierung nach Auflösung des Feuerwehrkartells und des Fahrgestellkartells für die kommunalen Aufgabenträger ergeben? 3. Inwieweit sind die derzeitigen Fördersätze im Verhältnis zu den Gesamtkosten und der Entwicklung der Kommunalfinanzen noch angemessen? 4. Welche prozentualen Förderanteile sollen erreicht werden und in welchem Abstand werden die Fördersätze angepasst? 5. Inwieweit gelangen die Kommunen durch die Kostenentwicklung bei der Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen nach Kenntnis der Landesregierung an ihre Grenzen? 6. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Kosten bei der Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen durch gemeinsame Ausschreibungen oder Landesbeschaffungen einzudämmen oder zu dämpfen? 7. In welchen Bundesländern gibt es nach Kenntnis der Landesregierung Ausschreibungen des Landes für Feuerwehrfahrzeuge oder Fahrgestelle der kommunalen Aufgabenträger? 8. Inwieweit erachtet es die Landesregierung als sinnvoll, die Fahrzeuge der Thüringer Landesfeuerwehrund Katastrophenschutzschule in das Fördersystem zu integrieren (siehe Hessen) und dadurch den Fahrzeugpark der Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule regelmäßig zu erneuern? Druck: Thüringer Landtag, 15. Februar 2019 Drucksache 6/ 6767 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode 9. Welche Möglichkeiten hat der Freistaat Thüringen, Ausschreibungen zur Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen gemeinsam mit den kommunalen Aufgabenträgern vorzunehmen? 10. Inwieweit beabsichtigt die Landesregierung, diese Aufgabe durch den Freistaat Thüringen oder auch gemeinsam mit einem anderen Bundesland wahrzunehmen? 11. Inwieweit ist durch Bestellung eines Basisfahrzeugs und eine modulweise Bestellung eine günstigere Beschaffung möglich? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 1. Februar 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Gemeinden haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Brandschutz und in der Allgemeinen Hilfe eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende Feuerwehr aufzustellen und mit der erforderlichen technischen Ausrüstung, dazu zählen auch Feuerwehrfahrzeuge, auszustatten. Die Gemeinden erfüllen diese Aufgabe im eigenen Wirkungskreis. Da es sich um eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden handelt, hat die Landesregierung grundsätzlich keine Kenntnis über die von den Gemeinden für die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen verauslagten Kosten. Es werden dazu auch keine statistischen Erhebungen geführt. Gleiches gilt für die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen der Landkreise im Rahmen der Aufgabenerfüllung des überörtlichen Brandschutzes und der überörtlichen Allgemeinen Hilfe. Das Land kann lediglich Aussagen zu den Kosten der nach der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe (FörderRL BS/AllgH) geförderten Beschaffungen von Feuerwehrfahrzeugen treffen. Eine einheitliche Kostenentwicklung ist daraus jedoch nicht ersichtlich. Ergänzend kann ausgeführt werden, dass grundsätzlich nur Fahrzeuge förderfähig sind, die den Anforderungen des Deutschen Instituts für Normung entsprechen. Neben der DIN-gerechten Beschaffung spielen in erster Linie einsatztaktische Gründe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten der Kommune eine Rolle. Darüber hinaus können sich auch die Kosten für die Beladungssätze unterscheiden, insbesondere wenn vorhandene Geräte wiederverwendet werden. Insgesamt führt dies zu erheblichen Differenzen zwischen den einzelnen Beschaffungskosten. Zu 2.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 3.: Die Fördersätze sind letztmalig mit Neuerlass der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe vom 2. März 2017 angepasst worden. In der Tabelle (Anlage 1) wird dargelegt, wie die Sätze im Vergleich zu den bis dahin geltenden Förderbeträgen geändert wurden und beispielhaft aufgezeigt, welche Fördersätze für diese Fahrzeuge in zwei weiteren Flächenländern (Bayern und Rheinland-Pfalz) geregelt sind.   Die angemessene Finanzausstattung der Kommunen gemäß Artikel 93 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen ist nach der Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes (Urteil vom 21. Juni 2005, Az. 28/03) bedarfsorientiert zu bestimmen. Abhängig von der Höhe des Fördersatzes wirken höhere staatliche Förderungen wie die Zuschüsse nach der Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe vom 2. März 2017 generell bedarfsmindernd, während geringere Fördersätze bedarfserhöhend wirken. Durch diese Systematik der Bedarfsermittlung bleibt mithin eine bedarfsgerechte Finanzausstattung gesichert, so dass die Höhe der Fördersätze bei der Ermittlung der angemessenen Finanzausstattung stets berücksichtigt ist. Zu 4.: Der durchschnittliche Förderanteil liegt zurzeit bei 28 bis 35 Prozent der Beschaffungskosten. Dies ist unter Verweis auf die Antwort zu Frage 1 jedoch nur bedingt aussagekräftig. Da es sich um eine Festbetragsförderung handelt, ist ein konkreter Prozentsatz, wie in der Fragestellung angedeutet, nicht vorgesehen. 2 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Drucksache 6/ 6767 Förderrichtlinien sind nach Nummer 8 der Anlage 6 zu den Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) auf drei Jahre zu befristen. Im Zuge der Prüfung der Verlängerung der Geltungsdauer wird alle drei Jahre auch die Angemessenheit der Fördersätze überprüft. Zu 5.: Inwieweit durch die Entwicklung der Beschaffungskosten für Feuerwehrfahrzeuge die Finanzierungsplanungen der Kommunen nicht wie vorgesehen umsetzbar sind, ist der Landesregierung nicht bekannt. Zu 6.: Die Landesregierung geht davon aus, dass die gemeinsame Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen durch mehrere Kommunen positive Auswirkungen auf die Qualität des Vergabeverfahrens und auf die Beschaffungskosten hat. Ein Beispiel für eine solche gelungene kommunale Kooperation in Bayern wurde mit beigefügtem Presseartikel dokumentiert (Anlage 2). Die in der Antwort zu Frage 3 bereits genannte Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Thüringen für die Förderung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe sieht nun auch für Thüringen vor, dass die Zuwendung je Fahrzeug um zehn Prozent erhöht wird, wenn mehrere Aufgabenträger gemeinsam in Form eines Gesamtauftrags baugleiche Fahrzeuge beschaffen. Von dieser Möglichkeit haben die Kommunen jedoch bisher keinen Gebrauch gemacht. Dies war auch der Fall, wenn das Thüringer Landesverwaltungsamt anhand der eingegangenen Anträge die Antragsteller ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass aufgrund der örtlichen Nähe der einzelnen Antragsteller und der gleichen Beschaffungsmaßnahme eine Sammelbeschaffung sinnvoll wäre. Die geltende Förderrichtlinie eröffnet darüber hinaus die Möglichkeit, die Beschaffung eines Fahrzeuges für die gemeinsame Nutzung durch zwei oder mehrere Aufgabenträger mit einem erhöhten Betrag zu fördern. Auch diese Förderung ist mangels Beantragung noch nicht zur Anwendung gekommen. Von einer zentralen Beschaffung des Landes für die Gemeinden wird abgesehen, da dies als wettbewerbsbeschränkendes Verhalten nach § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gilt. Durch die Bündelung der Beschaffungen wird die Leistungsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen überschritten und diese als Mitanbieter benachteiligt. Solche Vereinbarungen zwischen dem Land und den Kommunen können nur vom Verbot nach § 1 GWB freigestellt werden, wenn erstens dadurch der Wettbewerb auf dem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt wird und zweitens die Vereinbarung oder der Beschluss dazu dient, die Wettbewerbsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen zu verbessern (§ 3 GWB). Zu 7.: Nach Kenntnis der Landesregierung beschafft wohl die Landesschule und Technische Einrichtung für Brandund Katastrophenschutz des Landes Brandenburg die Feuerwehrfahrzeuge für die öffentlichen Feuerwehren des Landes. Die Aufgaben des örtlichen und überörtlichen Brandschutzes sowie der örtlichen und überörtlichen Hilfeleistung werden in Brandenburg allerdings von den Kommunen als Pflichtaufgaben nach Weisung wahrgenommen (§ 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz des Landes Brandenburg [Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz -BbgBKG-]). Da diese Aufgaben dort nicht zu den Selbstverwaltungsaufgaben der kommunalen Träger gehören, ist, vergleichbar mit den Landesbeschaffungen für den Katastrophenschutz in Thüringen, die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen durch das Land Brandenburg möglich. Nach der Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen und Sachleistungen des Landes Hessen zur Förderung des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe (Brandschutzförderrichtlinie -BSFRL-) kann das zuständige Ministerium auch Feuerwehrfahrzeuge und -geräte sowie technische Einrichtungen selbst beschaffen und den Kommunen im Rahmen der Brandschutzförderung abweichend unentgeltlich oder unter Berücksichtigung des Eigenanteils übereignen (Sachleistungen). Zu 8.: Das Land hat zur Erfüllung seiner Aufgaben im Brandschutz, in der Allgemeinen Hilfe und im Katastrophenschutz die notwendigen zentralen Aus- und Fortbildungseinrichtungen einzurichten und zu unterhalten (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz -ThürBKG-). Das Land ist dieser Aufgabe nachgekommen durch Einrichtung der dem für Brand- und Katstrophenschutz zuständigen Ministerium unterstehenden Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule -TLFKS- (§ 49 Abs. 1 ThürBKG). Die Einrichtung und Unterhaltung umfasst auch die Vorhaltung der für die Aus- und Fortbildung notwendigen technischen Ausrüstung, mithin auch die Vorhaltung der benötigten Feuerwehrfahrzeuge. Das Land beschafft aufgrund einer entsprechenden Bedarfsplanung und der im Haushalt für die 3 Drucksache 6/ 6767 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode TLFKS veranschlagten Ausgaben (Einzelplan.03 Kapitel.03 19 Titel 811.01) Feuerwehrfahrzeuge zu Ausbildungszwecken. Zu 9. und 10.: Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Zu 11.: Beschaffungen von Feuerwehrfahrzeugen sind grundsätzlich losweise auszuschreiben. Eine modulweise Bestellung ist damit grundsätzlich immer gegeben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Maier Minister 4 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Drucksache 6/ 6767 Anlage 1 Festbeträge für Feuerwehrfahrzeuge Feuerwehrfahrzeug KurzbeFestbetrag zeichnung in Euro ALT Veränderungen Kleinlöschfahrzeug Tragkraftspritzenfahrzeug Tragkraftspritzenfahrzeug Wasser Mittleres Löschfahrzeug Löschgruppenfahrzeug KLF TSF TSF-W 30.000 25.000 44.000 25.000 44.000 neu = = MLF LF 10 60.000 80.000 44.000 75.000 +16.000 +5.000 Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug Hilfeleistungs-Löschgruppenfahrzeug Tanklöschfahrzeug Tanklöschfahrzeug Tanklöschfahrzeug Rüstwagen Messfahrzeug Gerätewagen AtemschutzStrahlenschutz Dekontaminationsfahrzeug Gerätewagen Gefahrgut Gerätewagen Logistik (mit Ausrüstungsmodul Gefahrgut) Gerätewagen Logistik (mit Ausrüstungsmodul Wasserversorgung) Drehleiter HLF 10 90.000 75.000 +15.000 HLF 20 130.000 125.000 +5.000 TLF 2000 TLF 3000 TLF 4000 RW GW-Mess GW-A/S 50.000 80.000 120.000 140.000 60.000 110.000 GW-Dekon GW-G GW-L1 BY RL vom 13.03.15 23.000 37.000 RP ab Sep. 2015 30.000 22.000 38.000 49.000 51.000 70.000 Nicht im Förderprogramm 83.000 77.000 119.000 119.000 63.000 120.000 140.000 45.000 114.000 neu 60.000 +17.000 70.000 = 110.000 = 140.000 +15.000 Nicht im-4.000 Förderprogramm 73.000 78.000 93.000 127.000 41.000 65.000 90.000 200.000 60.000 50.000 150.000 65.000 +40.000 +50.000 -5.000 GW-L2 80.000 65.000 +15.000 DLA K 18/12 Drehleiter DLA K 23/12 Mannschaftstransportwagen MTW Einsatzleitwagen ELW 1 160.000 160.000 = 170.000 167.000 225.000 225.000 = 225.000 227.000 13.000 50.000 12.500 25.000 +500 +15.000 12.500 30.000 13.000 37.000 56.000 141.000 32.000 Nicht im Förderprogramm 70.000 5 Drucksache 6/ 6767 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Anlage 2 6