09.06.2015 Drucksache 6/687Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 23. Juni 2015 Beanstandung von Beschlüssen des Gemeinderats in Marksuhl (Wartburgkreis) durch den Bürgermeister Die Kleine Anfrage 260 vom 9. April 2015 hat folgenden Wortlaut: Laut Amtsblatt "Marksuhler Nachrichten" 09/2014 der Gemeinde Marksuhl (Wartburgkreis) vom 24. Juli 2014, Seiten 1 und 2, beanstandet der Bürgermeister der Gemeinde zwei Beschlüsse des Gemeinderats vom 12. Juli 2014. Dabei handelt es sich um die Vorlage 39/2014. Diese beinhaltet meines Wissens nach eine Änderung der Hauptsatzung zur Wahl eines Gemeinderatsvorsitzenden. Der Bürgermeister führe zur Begründung seiner Beanstandung an, dass er diese Änderung aus verschiedenen Gründen ablehne, wel che er in der Sitzung dargelegt habe. Zudem beanstandet der Bürgermeister die Vorlage 40/2014, die eine Änderung der Geschäftsordnung beinhaltet, welche namentliche Abstimmungen regelt. Der Bürgermeister begründet seine Beanstandung mit einem unzulässigen Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Die Gemeinde Marksuhl unterliegt der Rechtsaufsicht des Landes. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie begründet der Bürgermeister der Gemeinde Marksuhl die Beanstandung der Vorlage 39/2014, welche eine Änderung der Hauptsatzung zur Wahl eines Gemeinderatsvorsitzenden beinhaltet, und wie bewertet die Landesregierung die Begründung? 2. Inwieweit besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Geschäftsordnung eines Gemeinderats eine Regelung zu namentlichen Abstimmungen zu treffen und wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung? 3. Inwieweit stellt eine solche Regelung gegebenenfalls einen Eingriff in Persönlichkeitsrechte dar und wie begründet die Landeregierung ihre Auffassung? 4. Welche Rechtsfolgen entstehen möglicherweise für das Beanstandungsverfahren hinsichtlich der ge troffenen Beschlüsse des Gemeinderats? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 9. Juni 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nach Mitteilung der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde wurde durch den Bürgermeister der Gemeinde Marksuhl in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, dass er durch einen gewählten Gemeinde K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kuschel (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/687 ratsvorsitzenden "teilweise entmachtet" werde, was der Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 2 Thüringer Kommu nalordnung (ThürKO), in der der Gesetzgeber sich für eine starke Stellung des Bürgermeisters entschieden habe, widerspreche. Nach seiner Ansicht sei ein aus dem Gemeinderat gewählter Vorsitzender praktisch rechtlos und könne jederzeit aus seiner Funktion abberufen werden. Des Weiteren sei die Rolle des Bürger meisters in der Sitzung, die von einem aus dem Gemeinderat gewählten Vorsitzenden geleitet wird, nicht geregelt. Außerdem habe sich die antragstellende Fraktion nicht um eine sachliche, ermessensfehlerfreie Begründung ihres Änderungsvorschlags bemüht. Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde bewertet den durch den Gemeinderat mit Vorlage 39/2014 gefass ten Beschluss als rechtmäßig und die Einwände des Bürgermeisters als nicht durchgreifend. Sie hat dem Bürgermeister die Rechtslage dargelegt und ihn darauf hingewiesen, dass er zum Vollzug des Beschlus ses verpflichtet ist. Zu 2. und 3.: Der Gemeinderat kann in seiner Geschäftsordnung die Möglichkeit einer namentlichen Abstimmung vor sehen. Eine solche Regelung stellt in der Regel keinen Eingriff in Persönlichkeitsrechte der Mitglieder des Gemeinderats dar. Die Mitglieder des Gemeinderats handeln bei der Beschlussfassung, auch in Form der offenen Abstimmung, als Inhaber eines öffentlichen Amtes und nehmen insoweit organschaftliche Befug nisse in Anspruch, die ihnen als Teil eines Gemeindeorgans verliehen sind. Zu 4.: Kommt die Rechtsaufsichtsbehörde im Rahmen des Beanstandungsverfahrens nach § 44 ThürKO zu dem Ergebnis, dass eine vom Gemeinderat getroffene Entscheidung rechtmäßig ist, ist der Bürgermeister zu deren Vollzug verpflichtet. Dr. Poppenhäger Minister