Thüringer Landtag 6. Wahlperiode 6876 Drucksache 6/ 27.02.2019 Kleine Anfrage des Abgeordneten Kowalleck (CDU) und Antwort des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Netzwerk "Courage gegen Drogen" geht in Saalfeld-Rudolstadt an den Start Die Kleine Anfrage 3602 vom 11. Januar 2019 hat folgenden Wortlaut: Unter der Überschrift "Netzwerk 'Courage gegen Drogen' geht in Saalfeld-Rudolstadt an den Start" berichtete die Ostthüringer Zeitung am 6. Dezember 2018 über die Initiative. Seit Ende April habe sich der Kreistag Saalfeld-Rudolstadt mit dem CDU-Vorschlag beschäftigt, nach Vorbild des Saale-Orla-Kreises ein Netzwerk "Courage gegen Drogen" aufzubauen - nun sei es nicht nur beschlossen, sondern werde sogar mit einer halben Stelle ausgestattet. Das Netzwerk, das im Nachbarkreis seit Ende 2014 arbeitet, soll die bisher teils parallel arbeitenden Partner in der Drogenprävention - Polizei, Jugendamt, Schulen, Sucht- und Jugendberatung der Diakonie - stärker miteinander verzahnen und eine langfristige, auf Altersgruppen, örtliche Spezifika und Betroffenheitslevel orientierte Präventionsarbeit entwickeln. Anders als zu Beginn im Saale-Orla-Kreis, der vor allem auf eine explosive Ausbreitung der synthetischen Droge Crystal Meth reagierte, soll laut Konzept das hiesige Netzwerk sowohl alle illegalen Drogen in den Fokus nehmen, wie auch zu den Gefahren legaler Substanzen von Tabak bis Alkohol aufklären. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche konzeptionelle Ausrichtung verfolgt die Landesregierung im Kampf gegen Drogen und bei der Drogenprävention in Thüringen? 2. Wie bewertet die Landesregierung das Engagement des Landkreises Saalfeld-Rudolstadt und die Initiative "Courage gegen Drogen", die sich bereits seit vielen Jahren im Landkreis Saale-Orla engagiert? 3. Welche Initiativen sind der Landesregierung in den Thüringer Landkreisen bekannt, die sich mit dem Kampf gegen Drogen beschäftigen und inwieweit werden diese vom Land unterstützt? 4. Welche finanzielle Förderung erhält der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt für den Kampf gegen Drogen beziehungsweise die Drogenprävention? 5. Welche Maßnahmen und Veranstaltungen im Kampf gegen Drogen werden durch die Landesregierung im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt unterstützt und durchgeführt? 6. Welche Gefahren hinsichtlich des Themas Drogenmissbrauch sieht die Landesregierung im schulischen Bereich? Druck: Thüringer Landtag, 12. März 2019 Drucksache 6/ 6876 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode 7. Inwieweit unterstützt die Landesregierung die Schulen in Thüringen und speziell im Landkreis SaalfeldRudolstadt bei der Präventionsarbeit und dem Kampf gegen Drogen? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. Februar 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die konzeptionelle Ausrichtung und Förderung durch die Landesregierung bezüglich der Suchtprävention und Suchthilfe in Thüringen ist durch eine enge Zusammenarbeit der folgenden Thüringer Landesstellen geprägt: Die Thüringer Fachstelle Suchtprävention des Fachverbands Drogen und Suchthilfe e.V. (fdr e.V.) ist zentrale Fach- und Koordinierungsstelle zum Thema Suchtprävention. Hierbei dienen die Thüringer Leitlinien zur Suchtprävention sowie die Entwicklung einer nachhaltigen, qualitätsgesicherten Suchtprävention als Grundlage für die Umsetzung von suchtpräventiven Angeboten. Das Präventionszentrum der Suchthilfe in Thüringen GmbH (SiT) entwickelt für Thüringer Kommunen suchtpräventive Projekte, schult und berät kommunale Netzwerke und stellt entsprechende Materialien zur Verfügung. Mit der Koordination des Thüringer Bündnisses "Alkohol - Alles im Griff!" vernetzt und bündelt das Präventionszentrum viele Thüringer Initiativen aus Behörden, Unternehmen, Institutionen und plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol. Die Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e.V. ist für den Bereich Suchthilfe und Suchtselbsthilfe zuständig. Die Thüringer Polizei verfolgt im Rahmen der ihr übertragenen gesetzlichen Aufgabe als vorrangige Ziele die Aufhellung des Dunkelfeldes der Rauschgiftkriminalität, die Eindämmung der Verfügbarkeit illegaler Drogen insbesondere von Crystal, die Verhinderung des Entstehens beziehungsweise das Erkennen und Zerschlagen von Händlerstrukturen. Sie fördert das Ziel der Sensibilisierung und Schaffung eines Problembewusstseins über illegale Drogen bei potenziellen Konsumenten sowie von Bezugspersonen. Sie unterstützt auch Fortbildungsmaßnahmen für Multiplikatoren der Sucht- und Drogenprävention. Zu 2.: Bereits seit den 1990er Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es für die Verhinderung und Eindämmung von Kriminalität oder gesundheitsschädlichen Erscheinungen nicht ausreicht, wenn staatliche Behörden, jede für sich, ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen. Vor diesem Hintergrund bilden sich aus unterschiedlichen Gründen Netzwerke, die unter anderem auch im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt und SaaleOrla-Kreis auch von der Thüringer Polizei unterstützt werden. Beim Netzwerk "Courage gegen Drogen" handelt es sich um eine Koordinierungsstelle des Saale-OrlaKreises zur Drogenproblematik mit verschiedenen Netzwerkakteuren, wie zum Beispiel: Fachdienste des Landratsamtes des Saale-Orla-Kreises, die Suchtberatung des Diakonievereins Orlatal, der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft, die Kreissparkasse, die Polizeiinspektion Saale-Orla. Ziele ihrer Arbeit sind unter anderem Betroffenen Hilfe zu geben, Ansprechpartner zu sein sowie über Wirkung und Folgen von illegalen als auch legalen Drogen aufzuklären. Das Netzwerk "Courage gegen Drogen" bündelt Ressourcen und stärkt damit die Suchtpräventionsarbeit vor Ort. Die Landesregierung begrüßt deshalb die Bildung von Netzwerkaktivitäten und plädiert damit für eine qualitätsgesicherte Suchtprävention. Zu 3.: Der Landesregierung bekannte und nachfolgend aufgeführte Vereine/Netzwerke in den Thüringer Landkreisen unterstützen mit Initiativen den Kampf gegen Drogen: - Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr e. V., Landessektion Thüringen - Arbeitskreis Suchtprävention Erfurt - Suchtprävention Erfurt e.V. (SuPEr e.V.) - Arbeitskreis Suchtprävention Jena - Koordinierungsgruppe Suchtprävention/Netzwerk Sucht, LRA Saalfeld-Rudolstadt - Netzwerk "Courage gegen Drogen", LRA Saale-Orla-Kreis - Netzwerk Sucht Eisenach - Netzwerk Sucht Nordhausen - SuPrat - Suchtfragen in Praxis und Theorie e.V., Mühlhausen 2 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Drucksache 6/ 6876 Langfristiges Ziel ist die Implementierung und Anwendung guter und erfolgreicher Maßnahmen der Suchtprävention für alle Regionen Thüringens mit und durch die kommunalen Fachkräfte. Von den Thüringer Fachstellen gehen Impulse aus, um Hilfe und Unterstützung zum Thema Suchtprävention und Suchthilfe anzubieten. Hierbei werden die im Folgenden aufgeführten Initiativen der Thüringer Fachstellen von der Thüringer Landesregierung gefördert: Thüringer Fachstelle Suchtprävention des fdr+ e.V. - Projektkatalog "Thüringer Suchtprävention in Aktion" - Broschüre "Hilfen für Kinder aus suchtbelasteten Familien - Kompass für Thüringen" - Koordination des "Runden Tisches für Kinder aus suchtbelasteten Familien" - Angebot jährlich stattfindender Fortbildungen zum "Suchthelfer im Betrieb" Präventionszentrum der SiT GmbH - Interaktive Ausstellungen zu verschiedenen Themen der Suchtprävention (legale, illegale Drogen, Glücksspiel) mit entsprechenden Multiplikatorenschulungen - Schulungen zur betrieblichen Suchtprävention in Unternehmen - Koordination des Thüringer Arbeitskreises "Suchtfragen in Betrieben und Behörden" - Musikszeneprojekt Drogerie - "Drugchecking"-Pilotprojekt in Jena mit der SiT GmbH ist geplant. - Beratungsangebot "Jonathan" für Kommunen und Landkreise, zur Implementierung von dauerhaften Gruppenangeboten für Kinder aus suchtbelasteten Familien - Schulung zur Arbeitshilfe "Bordbuch" - Erstellung von Schulungskonzepten zum Thema "Drogenkonsum während der Schwangerschaft" Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e.V. - Fachstelle Crystal Meth - "Thüringer Wegweiser für Suchtfragen" Im Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie wurde der Thüringer Leitfaden zum Thema "Crystal Meth" erstellt. Zu 4.: Die Gesundheitsämter nehmen ihre gesetzlichen Aufgaben gemäß § 2 der Verordnung über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten im übertragenen Wirkungskreis wahr. Diese Aufgaben nach §§ 1 und 8 der genannten Verordnung betreffen zum Teil auch den Bereich Suchtprävention. Bei den Einwohnerpauschalen im Rahmen des Mehrbelastungsausgleichs gemäß § 23 Thüringer Finanzausgleichsgesetz (ThürFAG) handelt es sich allerdings nicht um eine Förderung im eigentlichen Sinne. Die Pauschalen dienen dem angemessenen finanziellen Ausgleich für die durch die Wahrnehmung übertragener staatlicher Aufgaben entstehenden Mehrbelastungen. Die Kommunen beauftragen häufig, wegen der Spezifik der Thematik, Beratungsstellen Freier Träger mit der Umsetzung von Suchtprävention und -beratung auf kommunaler Ebene. Sie delegieren die Aufgaben und reichen somit Landesmittel an Beratungsstellen weiter. Über die konkrete Höhe der Verwendung von Landesmitteln zur ambulanten Suchtprävention, -beratung und -hilfe liegen keine Angaben vor. Zu 5.: Mit Unterstützung der Thüringer Landesregierung führte das Präventionszentrum im Landkreis SaalfeldRudolstadt Schulungen für Schulsozialarbeiter/-innen zur interaktiven Ausstellung "High5" durch. Außerdem werden die Suchtpräventionsfachkräfte aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt sowie allen anderen Landkreisen Thüringens zu der zweimal im Jahr stattfindenden Netzwerktagung der Thüringer Fachstelle Suchtprävention eingeladen. Die Thüringer Polizei arbeitet eng mit dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt zusammen und unterstützt diesen mit verschiedenen Veranstaltungen durch Vorträge, Elternabende, Podiumsdiskussionen. Des Weiteren beteiligt sie sich am bundesweiten Programm "Frühintervention bei Erstauffälligen Drogenkonsumenten - FreD". 3 Drucksache 6/ 6876 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 6.: Aus Sicht des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport sind sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Bereich die Gefahren durch den Missbrauch von legalen und illegalen Drogen als groß anzusehen. Drogenmissbrauch kann mit unmittelbaren und langfristigen gesundheitlichen Folgen und sozialen Beeinträchtigungen verbunden sein. "Der Konsum von Suchtmitteln dient Kindern und Jugendlichen als eine Strategie der Lebensbewältigung, die verschiedene Funktionen übernehmen kann. Für Kinder und Jugendliche gelten Suchtmittel als Symbole der Erwachsenenwelt und vermitteln in ihren Augen Selbstständigkeit und Reife. Gleichzeitig kann der Konsum von Suchtmitteln auch den Widerstand gegenüber den Eltern und anderen Erwachsenen ausdrücken. Bedenklich wird der Konsum von Suchtmitteln vor allem dann, wenn diese als Ersatz für Liebe, Geborgenheit und Anerkennung dienen. Da die Kinder und Jugendlichen einen großen Teil ihrer Zeit in der Schule verbringen, ist diese ein wichtiges Setting zur Aufklärung über Suchtmittel und ihre Wirkung sowie zur Vermittlung von Lebenskompetenzen." Vergleiche: "Suchtprävention in Thüringer Schulen", Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien (Thillm) Materialien 192) Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik des Freistaats Thüringen wurden im Jahr 2017 an der Tatörtlichkeit Schule 128 Fälle der Rauschgiftkriminalität polizeilich registriert, 2016 wurden 105 Fälle registriert. Zu 7.: Außerschulische Experten wie die Thüringer Fachstelle für Suchtprävention, das Präventionszentrum oder die AGETHUR (Landesvereinigung für Gesundheitsförderung e.V. in Weimar) sind über die AG Schulbegleiter (bei der AGETHUR) landesweit vernetzt und halten zielgruppenspezifische Angebote für Schulen vor. Um Schulen bei der Auswahl geeigneter evidenzbasierter Unterstützungsangebote aus der Vielzahl heraus zu unterstützen, wurde das Projekt "Koordinierung von Beratung und Angeboten für Gesunde Schulen (KoBAGS)" 2017 gestartet. Dazu liegt eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und den Sozialversicherungsträgern vor. Die kommunal verankerten Gesundheitsämter, Suchtberatungsstellen und Schulsozialarbeiter/-innen bieten unter anderem den Schulen ebenfalls Unterstützung im Handlungsfeld der Gesundheitsförderung einschließlich der Suchtprävention und -beratung an. Im Rahmen der Zuständigkeit des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport stehen den Thüringer Schulen zahlreiche Möglichkeiten der Unterstützung zur Umsetzung des Themas Sucht- und Drogenprävention zur Verfügung. So bieten die Staatlichen Schulämter mit dem Schulpsychologischen Dienst Beratung und Unterstützung an. Das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien hält entsprechende Fortbildung vor, wie zum Beispiel im Rahmen des Gemeinschaftsprojektes für Rechts- und Handlungssicherheit im Schulalltag gegen Gewalt, Drogen und Extremismus (JUREGIO). Des Weiteren können die Schulen über das Fortbildungsbudget eigene Fortbildungsbedarfe decken. Auch die Polizei unterstützt die schulischen Einrichtungen zum Beispiel mit Vorträgen über die Gefahren des Missbrauchs illegaler Drogen und damit einhergehender Kriminalität. Zielgruppen sind insbesondere Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 7 bis 12, aber auch Auszubildende, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Eltern beziehungsweise Erziehungsberechtigte. Seit 2018/2019 bietet die Thüringer Polizei das Präventionsprojekt "Die Rauchmelder" zur Cannabisprävention an. Das Projekt richtet sich vor allem an die 10- bis 14-Jährigen, aber auch gleichermaßen an Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern und Erziehungsverantwortliche. In Vertretung Feierabend Staatssekretärin 4