Thüringer Landtag 6. Wahlperiode 6887 Drucksache 6/ 01.03.2019 Kleine Anfrage des Abgeordneten Walk (CDU) und Antwort des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz Abschiebehaftplätze in Thüringen Die Kleine Anfrage 3600 vom 10. Januar 2019 hat folgenden Wortlaut: Medienberichten zufolge verwiesen im Zusammenhang mit nicht vollzogenen Abschiebungen mehrere Minister auf den akuten Mangel an Abschiebehaftplätzen. Ich frage die Landesregierung: 1. Hatte auch ein Mitglied der Thüringer Landesregierung auf einen Mangel an Abschiebehaftplätzen hingewiesen? 2. Wie viele Abschiebehaftplätze standen für Thüringen in welchen Anstalten seit dem Jahr 2014 zur Verfügung (bitte nach Quartalen, Orten und unterzubringenden Geschlechtern und Nationalitäten beziehungsweise Abschiebestaaten darstellen)? 3. Kann Thüringen auf weitere Abschiebehaftplätze in anderen Bundesländern zurückgreifen? 4. Ist die Nutzung von Abschiebehaftplätzen in anderen Bundesländern an Voraussetzungen geknüpft und mit Kosten verbunden? Falls ja, wie lauten diese und welche Kosten in welcher Höhe sind bislang für Thüringen angefallen (bitte nach Jahren gliedern)? 5. Wie ist der Verfahrensgang, wenn die Voraussetzungen für den Vollzug von Abschiebehaft vorliegen und kein freier Abschiebehaftplatz verfügbar ist? 6. Mussten in Thüringen Abzuschiebende wieder freigelassen werden, weil kein freier Abschiebehaftplatz verfügbar war (bitte Fälle einzeln darstellen)? 7. In wie vielen Fällen seit dem Jahr 2014 lagen die Voraussetzungen für die Anordnung von Abschiebehaft vor (bitte nach Quartalen und anordnender Behörde aufteilen)? 8. Wie viele Personen wurden in den Jahren 2014 bis 2018 in Abschiebehaft genommen (bitte nach Jahren, Geschlecht und Haftdauer aufteilen)? 9. Plant die Landesregierung, weitere Abschiebehaftplätze einzurichten? 10. Falls ja, wie viele und bis wann? Falls nein, warum nicht? Druck: Thüringer Landtag, 14. März 2019 Drucksache 6/ 6887 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode 11. Wie bewertet die Landesregierung die Situation der vorhandenen Abschiebehaftplätze? 12. Wie bewertet die Landesregierung die Abschiebepraxis in Zusammenhang mit den vorhandenen Abschiebehaftplätzen in Thüringen? 13. Sind gegebenenfalls in Zusammenhang mit vorhandenen Abschiebehaftplätzen Änderungen bei der Abschiebepraxis geplant? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 28. Februar 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Entsprechende Äußerungen durch ein Mitglied der Thüringer Landesregierung sind nicht bekannt. Zu 2. und 3.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 zusammen beantwortet. In Thüringen gibt es seit Juli 2014 keine Abschiebungshafteinrichtung mehr. Daher wurden im abgefragten Zeitraum (2015 bis 2018) Abschiebungshafteinrichtungen anderer Bundesländer bei Bedarf im Rahmen der Amtshilfe genutzt. Zu 4.: Die Nutzung von Abschiebungshaftplätzen wird im Rahmen von Amtshilfe durch andere Bundesländer gewährt. Grundvoraussetzung für die Gewährung eines Abschiebungshaftplatzes sind freie Haftkapazitäten in der Hafteinrichtung. Neben einem vollstreckbaren Haftbeschluss werden immer auch eine Hafttauglichkeitsbescheinigung sowie eine Kostenübernahmeerklärung vorausgesetzt. Bei der Vergabe von Haftplätzen hat sich im Jahr 2018 das Gemeinsame Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) als bundesweit zentrale Anlaufstelle für die Vergabe von Haftplätzen etabliert. Die Haftplatzanfragen sind tagesaktuell an das ZUR zu übersenden. Von dort werden die Haftanstalten beteiligt und nach Vorliegen aller Antworten werden die anfragenden Ausländerbehörden über das Ergebnis informiert. In den Jahren 2015 bis 2018 sind folgende Kosten für Abschiebungshaft entstanden: 2015: 54.140,44 Euro 2016: 58.701,96 Euro 2017: 84.778,38 Euro 2018: 73.145,67 Euro Für das Jahr 2014 liegt keine abschließende Kostenaufstellung vor. Für das Jahr 2018 sind noch nicht alle Kosten für Abschiebungshaft durch die Hafteinrichtungen abgerechnet, so dass hier bislang keine abschließenden Kosten beziffert werden können. Zu 5.: Nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes ist die Verhängung der Abschiebungshaft nur auf Basis einer richterlichen Anordnung zulässig. Im Rahmen der Entscheidung über eine freiheitsentziehende Maßnahme sind stets sämtliche Aspekte des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen. Steht kein Abschiebungshaftplatz zur Verfügung, wird durch das Amtsgericht kein Haftbeschluss erlassen. Zu 6.: Nach den der Landesregierung vorliegenden Erkenntnissen konnte in einzelnen Fällen keine Abschiebehaft beantragt werden. Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung liegt nicht vor. Zu 7.: Eine statistische Erfassung im Sinne der Fragestellung liegt nicht vor. 2 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Drucksache 6/ 6887 Zu 8.: 2014: Es waren insgesamt fünf Personen in Abschiebungshaft. Haftdauer in Tagen 27 1 22 61 13 Geschlecht der in Haft genommenen Person männlich weiblich X X X X X 2015: Es waren insgesamt elf Personen in Abschiebungshaft. Haftdauer in Tagen 12 10 7 22 20 29 8 6 31 42 14 Geschlecht der in Haft genommenen Person männlich weiblich X X X X X X X X X X X 2016: Es waren insgesamt 18 Personen in Abschiebungshaft. Haftdauer in Tagen 50 12 10 7 22 14 20 29 8 25 21 6 42 12 6 21 9 15 Geschlecht der in Haft genommenen Person männlich weiblich X X X X X X X X X X X X X X X X X X 3 Drucksache 6/ 6887 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode 2017: Es waren insgesamt 19 Personen in Abschiebungshaft. Haftdauer in Tagen 18 35 29 8 19 26 12 12 24 23 14 13 38 56 21 6 40 11 2 Geschlecht der in Haft genommenen Person männlich weiblich X X X X X X X X X X X X X X X X X X X 2018: Es waren insgesamt 25 Personen in Abschiebungshaft. Haftdauer in Tagen 21 20 19 22 14 1 26 26 28 9 42 42 42 42 42 42 42 42 42 90 28 4 Geschlecht der in Haft genommenen Person männlich weiblich X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Haftdauer in Tagen 42 14 1 90 Drucksache 6/ 6887 Geschlecht der in Haft genommenen Person männlich weiblich X X X X Zu 9. und 10.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 9 und 10 zusammen beantwortet. Thüringen steht derzeit mit Rheinland-Pfalz in Verhandlung, um in der dortigen Abschiebungshafteinrichtung in Ingelheim dauerhaft Haftplätze für Thüringen zu reservieren. Zu 11.: Derzeit gibt es bundesweit etwa 400 Abschiebungshaftplätze. Zwischen Bund und Ländern besteht grundsätzlich Konsens darüber, dass die Anzahl der Abschiebungshaftplätze erhöht werden sollte. Zu 12. und 13.: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 12 und 13 zusammen beantwortet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbeendigung wie auch für die Verhängung von Abschiebungshaft sind bundesrechtlich vorgegeben. Thüringen verfügt derzeit über keine eigene Abschiebungshafteinrichtung. In Anbetracht der relativ geringen Fallzahlen wäre die Errichtung einer Abschiebungshafteinrichtung nach Auffassung der Landesregierung aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht zielführend. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 verwiesen. Lauinger Minister 5