01.03.2019 Drucksache 6/6892Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. März 2019 Bestandsaufnahme zur Nilgans in Thüringen und Auswirkungen auf heimische Fisch- und Vogelarten Die Kleine Anfrage 3613 vom 15. Januar 2019 hat folgenden Wortlaut: Gemäß eines Artikels der Thüringer Allgemeinen vom 12. Dezember 2018 breitet sich die ursprünglich aus Afrika kommende Nilgans in Thüringen immer weiter aus. Die Verbreitung der als sehr anpassungsfähig geltenden Wasservögel kann hierdurch negative Auswirkungen auf die heimische Vogelwelt, insbesondere auf andere Wasservögel, beispielsweise durch die aggressive Verdrängung anderer Brutvögel haben. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung der derzeitige Bestand an Nilgänsen in Thüringen und wie hat sich dieser Bestand in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Jahresscheiben, Anzahl der Brutpaare und Landkreisen sowie kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 2. Welchen gesamtwirtschaftlichen Schaden hat nach Kenntnis der Landesregierung die hiesige Nilganspopulation in den letzten zehn Jahren in Thüringen - insbesondere in der Landwirtschaft und der Fischzucht - verursacht und welche Maßnahmen plant die Landesregierung aktuell, diesen Schaden in Zukunft zu verringern (bitte in Euro-Beträgen angeben)? 3. Wie viele Nilgänse wurden in den letzten zehn Jahren in Thüringen durch berechtigte Personen erlegt (bitte nach Jahresscheiben, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 4. Beabsichtigt die Landesregierung, sich gegenüber der Europäischen Union (EU) und auf Bundesebene für eine EU-weite beziehungsweise bundesweite Bejagung der Nilgans einzusetzen? Falls nicht, warum nicht? 5. Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der Thüringer Vogel- und Fischfauna in den letzten zehn Jahren und wie haben sich insbesondere die in Thüringen bedrohten Fisch- und Vogelarten unter dem Einfluss der Nilgans in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Jahresscheiben und Fischund Vogelarten in den Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 6. Beabsichtigt die Landesregierung, die Nilgans in das Thüringer Jagdrecht beziehungsweise in die Liste jagdbarer Arten aufzunehmen und falls nicht, warum nicht? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Herold (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6892 Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesre gierung mit Schreiben vom 1. März 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Ab dem Jahr 2018 wurde eine mehrjährige, systematische landesweite Erfassung der Brutbestände der Nilgans in Thüringen in Auftrag gegeben. Insgesamt ergibt sich aus den Ergebnissen des ersten Monitoring- Jahres ein landesweiter Brutbestand von bis zu 432 Paaren. Landkreis/kreisfreie Stadt Paare Landkreis Altenburger Land 12 Erfurt 19 Landkreis Eichsfeld 30 Gera 2 Landkreis Greiz 78 Landkreises Gotha 20 Landkreis Hildburghausen 17 Ilm-Kreis 28 Jena 3 Kyffhäuserkreis 9 Landkreis Nordhausen 18 Saale-Holzland-Kreis 12 Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 15 Landkreis Schmalkalden-Meiningen 15 Landkreis Sömmerda 25 Saale-Orla-Kreis 29 Landkreis Sonneberg 4 Unstrut-Hainich-Kreis 35 Wartburgkreis 42 Landkreis Weimarer Land 16 Weimar 3 Summe 432 Für den Zeitraum vor 2018 liegen nur Gelegenheitsbeobachtungen auf ehrenamtlicher Basis und eine systematische Rastkartierung (2005 bis 2009) vor. Daraus lässt sich die folgende Bestandsentwicklung ableiten: Nach einem ersten Brutnachweis 2000 an den Cumbacher Teichen (Gotha) folgten 2002 die Besiedlung der Werraaue und des Thüringer Beckens sowie 2003 die von Goldener Aue und Pleißeaue. Spätestens ab 2006 setzte eine fast exponentielle Zunahme ein. Ende 2009 wurde bereits ein landesweiter Brutbestand von 80 bis 100 Paaren ermittelt. Neben dem Brutbestand, wird das Verbreitungsbild der Nilgans durch Ansammlungen nicht brütender Vögel bestimmt. Solche Ansammlungen treten vor allem im Spätsommer nach der Brutzeit bis in den Winter hinein auf. Zu 2.: Angaben zu Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen durch Nilgänse werden durch die Landesregierung nicht erhoben und liegen daher für den Zeitraum der letzten Jahre nicht vor. Es ist zudem methodisch nicht möglich, für einzelne Wildvogelarten, wie zum Beispiel Nilgänse, separate Schadensumfänge zu erfassen. Der Fischereiverwaltung sind keine durch Nilgänse verursachten Schäden in der Fischzucht (Aquakultur) bekannt. Zu 3.: Die Waffenbehörden der Landkreise Gotha und Kyffhäuserkreis sowie der Stadt Jena haben in den Jahren 2010, 2014 und 2018 Schießerlaubnisse nach § 10 Abs. 5 Waffengesetz zum Abschuss von Nilgänsen erteilt . Die Zahl der insgesamt von diesen Waffenbehörden erteilten Schießerlaubnisse bewegt sich im einstelligen Bereich. Abschusszahlen liegen den Waffenbehörden nicht vor. 3 Drucksache 6/6892Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Landesregierung beabsichtigt nicht, sich für die europa- beziehungsweise bundesweite Bejagung der Nilgans einzusetzen. Da die Nilgans bereits in elf Bundesländern im Jagdrecht verankert ist, wird die Forderung nach einer bundesweiten Bejagung als weitgehend erfüllt angesehen. Darüber hinausgehende Forderungen nach einer europaweiten Bejagung werden, nachdem die Art seit dem 2. August 2017 in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/1263 als europaweit invasive Art gelistet ist und die Mitgliedsstaaten zu Managementmaßnahmen im Sinne der Verordnung 1143/2013 verpflichtet sind, ebenfalls als in Umsetzung befindlich betrachtet. Zu 5.: Eine Bewertung der Entwicklung der Brutvogelbestände und der Fischbestände nach Jahresscheiben und bezogen auf Landkreise ist aufgrund der verfügbaren Daten nicht möglich. Die Landesregierung hat keine Kenntnis über die Auswirkungen der Nilganspopulation auf die Avifauna. Der Landesregierung liegen keine Informationen vor, dass die Nilgans einen Einfluss auf die Entwicklung der Fischbestände in Thüringen, insbesondere der bedrohten Fischarten, haben könnte. Zu 6.: Aus Sicht der Landesregierung erscheint es zweckmäßig, die Tierart Nilgans in die Thüringer Verordnung über die Bestimmung weiterer Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen, und über die Jagdzeiten aufzunehmen. Diese Verordnung soll gemäß den Ergebnissen des offenen Diskussionsprozesses nach Abschluss der Überarbeitung des Thüringer Jagdgesetzes unter Einbeziehung der Verbände und Institutionen überarbeitet werden. Keller Ministerin Bestandsaufnahme zur Nilgans in Thüringen und Auswirkungen auf heimische Fisch- und Vogelarten Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: