04.03.2019 Drucksache 6/6901Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 15. März 2019 Unfälle, Kontrollen, Risiken und Entsorgung von Windkrafträdern in Thüringen - Teil I Die Kleine Anfrage 3618 vom 18. Januar 2019 hat folgenden Wortlaut: Die Zahl der Windkraftanlagen hat in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen. Gleichzeitig wurde mehrfach über Unfälle mit Windkraftanlagen berichtet. Sowohl Brände als auch Schäden durch weggeschleuderte Rotorblätterbestandteile und andere fallende Materialien wurden beobachtet. Zudem sind auch langfristige Schäden durch Glasfasersplitter und Mikroplastik für Flora und Fauna ein Grund zur Besorgnis . Gleichzeitig soll die Zahl der Windkraftanlagen in Thüringen zukünftig steigen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Havarien von Windkraftanlagen gab es nach Kenntnis der Landesregierung seit dem Jahr 2014 in Thüringen und um welche Art von Havarien handelte es sich (bitte nach Jahresscheiben, Ursachen der Havarien, Höhe der entstandenen Sachschäden, Anzahl und Art der Personen- und Umweltschäden , Landkreis beziehungsweise kreisfreier Stadt und Gemeinde aufschlüsseln)? 2. Wie oft erfolgen nach Kenntnis der Landesregierung Kontrollen an den in Thüringen aufgestellten Windkraftanlagen und wer führt diese durch? 3. Wie viele Windräder wurden nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen aufgrund technischer Mängel seit dem Jahr 2014 stillgelegt (bitte nach Jahresscheiben, festgestellten Mängeln, Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten und Gemeinden aufschlüsseln)? 4. Welche Brandschutzvorgaben müssen Windkraftanlagen in Thüringen erfüllen, insbesondere, wenn deren Aufstellung in Waldgebieten geplant ist und wer kontrolliert die Auflagen und in welchen Zeitabständen? 5. Wie hoch ist nach Kenntnis der Landesregierung der durchschnittlich nicht zu recycelnde Anteil einer Windkraftanlage in Prozent und nach welchen Entsorgungsvorgaben und mit welchen Entsorgungsmaßnahmen sind diese Bestandteile zu entsorgen? 6. Gibt es nach Kenntnis der Landesregierung in Thüringen und im Bundesgebiet genug Kapazitäten in Verbrennungsanlagen für die nicht zu trennenden Abfallteile und falls nicht, wie soll diese Problematik aus Sicht der Landesregierung gelöst werden? 7. Was kosten nach Kenntnis der Landesregierung Rückbau, Recycling und Entsorgung einer Windkraftanlage und wer muss diese Kosten tragen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Henke (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6901 8. Falls die Betreiber von Windkraftanlagen die Kosten tragen müssen, inwieweit müssen diese Betreiber für den Rückbau ihrer Anlagen Rücklagen bilden und was geschieht, wenn der Betreiber nach Stilllegung der Anlagen nicht ausreichend finanzielle Mittel dafür zurückgestellt hat? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 27. Februar 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Grundlage für die Beantwortung der Kleinen Anfrage sind ausschließlich Windkraftanlagen, die in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren (Gesamthöhe von mehr als 50 Meter) genehmigt wurden. Zu 1.: Die Anzahl der Havarien von Windkraftanlagen seit dem Jahr 2014 ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen : Jahr Ursache der Havarie Art der Umweltschäden Landkreis/kreisfreie Stadt, Gemeinde 1 2014 Austritt von Hydrauliköl keine nachweisbar Sömmerda, Rastenberg 2 2014 Austritt von Getriebeöl geringfügige Bodenverunreinigung Sömmerda, Rastenberg 3 2015 Flügelabbruch durch Blitzschlag keine nachweisbar Eisenach, OT Neukirchen 4 2016 Austritt von Öl keine nachweisbar Eisenach, OT Neukirchen 5 2017 Austritt von Hydrauliköl keine nachweisbar Sömmerda, Ottenhausen 6 2017 Austritt von Hydrauliköl geringfügige Bodenverunreinigung Wartburgkreis, Krayenberggemeinde 7 2017 Austritt von Öl keine nachweisbar Kyffhäuserkreis, Westerengel 8 2018 Austritt von Getriebeöl keine nachweisbar Altenburg, Stadt Schmölln Personen kamen bei keinem der aufgeführten Vorkommnisse zu Schaden. Da die Kosten für die erforderlichen Reinigungen (zum Beispiel der Masten), gegebenenfalls durchgeführter Untersuchungen, die fachgerechte Entsorgung kontaminierten Böden sowie die Reparatur der Anlagen in jedem Fall durch die Anlagenbetreiber zu erfolgen hat, liegen der Landesregierung keine Angaben über die Höhe der entstandenen Sachschäden vor. Zu 2.: Die bescheidkonforme Errichtung von Windkraftanlagen wird vor Inbetriebnahme durch die Überwachungsbehörde (in der Regel Landkreise und kreisfreie Städte) unter Einbeziehung der Genehmigungsbehörde (in der Regel Landkreise und kreisfreie Städte) und der im Genehmigungsverfahren beteiligten Fachbehörden überprüft. Wiederkehrende Prüfungen der Anlagen werden durch unabhängige Sachverständige unter anderem gemäß den Vorgaben der "Richtlinie für Windenergieanlagen - Einwirkungen und Standsicherheitsnachweise für Turm und Gründung" durchgeführt. Deren Ziffer 15.1 lautet: "Wiederkehrende Prüfungen sind in regelmäßigen Intervallen durch Sachverständige an Maschinen und Rotorblättern sowie an der Tragstruktur (Turm und zugängliche Bereiche der Fundamente) durchzuführen. Die Prüfintervalle hierfür ergeben sich aus den gutachterlichen Stellungnahmen zur Maschine (…). Sie betragen höchstens 2 Jahre, dürfen jedoch auf vier Jahre verlängert werden, wenn durch von der Herstellerfirma autorisierte Sachverständige eine laufende (mindestens jährliche) Überwachung und Wartung der Windenergieanlage durchgeführt wird." Zudem führen die zuständigen Behörden anlassbezogen Überprüfungen durch. Zu 3.: Im nachgefragten Zeitraum wurde kein Windrad in Thüringen aufgrund technischer Mängel stillgelegt. 3 Drucksache 6/6901Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Rechtliche Anforderungen an den Brandschutz baulicher Anlagen werden durch das Bauordnungsrecht gestellt . Das Brandschutzrecht hat hier keine eigene Regelungsermächtigung. Aus brandschutztechnischer Sicht kommen insbesondere folgende Anforderungen an Windkraftanlagen in Betracht: - Brandmeldeanlagen zur Brandfrüherkennung, - automatische Feuerlöschanlagen zur Brandbekämpfung, - Verwendung nichtbrennbarer oder schwer entflammbarer Baustoffe, - Zufahrten zu jeder Anlage und Flächen für die Feuerwehr, - Minimierung brennbarer Stoffe (zum Beispiel Hydrauliköl), - regelmäßige fachkundige Instandhaltung, - automatische Abschaltung der Anlagen und vollständige Trennung vom Netz bei Gefahrenerkennung sowie - Erstellung eines Notfallplans und dessen Übung. Der Nachweis des Brandschutzes erfolgt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach den Vorgaben der Bauvorlagenverordnung Thüringens. Die im Genehmigungsbescheid festgelegten Nebenbestimmungen zum Brandschutz werden vor Inbetriebnahme der Windkraftanlage durch die zuständige Brandschutzbehörde kontrolliert. Der Betreiber der Windkraftanlage ist verpflichtet, die Anlagen zur Brandfrüherkennung und -bekämpfung durch ausreichende Wartung, Instandhaltung und wiederkehrende Prüfungen funktionsfähig zu halten. Bisher wurden noch keine Windkraftanlagen in Waldgebieten in Thüringen genehmigt, sodass hierzu keine Aussage getroffen werden kann. Sofern künftig in Waldgebieten Windkraftanlagen errichtet werden sollen , wird die im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu beteiligende Forstbehörde als Bedingung fordern, dass für die Windkraftanlagen ein mit der Feuerwehr abgestimmtes Brandschutzkonzept zu entwickeln ist. Dieses wird die Installation von automatischen Feuerlöscheinrichtungen beinhalten und Übungen und Schulungen mit der örtlichen Feuerwehr vorsehen. Zu 5.: Aus einer Untersuchung des Vereins Deutscher Ingenieure aus dem Jahre 2014 geht hervor, dass eine Windenergieanlage zu 80 bis 90 Prozent mittels der damals verfügbaren Verfahren recycelt werden konnte . Ob und wie sich dieser Anteil inzwischen verändert hat, ist der Landesregierung nicht bekannt. Bekannt ist, dass das Umweltbundesamt eine Studie "Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau von Windenergieanlagen" beauftragt hat, die sich aktuell auch mit der Frage des recycelbaren Anteils von Windkraftanlagen befasst. Die Ergebnisse sollen Mitte des Jahres 2019 vorliegen . Die rechtlichen Vorgaben für die Entsorgung von Abfällen enthält das Kreislaufwirtschaftsgesetz (Abfallhierarchie , Getrennthaltungsgebote, ordnungsgemäße und schadlose Verwertung, gemeinwohlverträgliche Beseitigung). Spezielle abfallrechtliche Regelungen für die Entsorgung von Windkraftanlagen gibt es derzeit nicht. Die oben genannte Studie des Umweltbundesamtes soll unter anderem auch rechtliche und technische Empfehlungen für den Rückbau und die Entsorgung von Windkraftanlagen erarbeiten. Zu 6.: Nach Kenntnis der Landesregierung gibt es derzeit eine Firma in Deutschland, die sich auf die Verwertung von Verbundmaterialien unter anderem aus Rotorblättern aus Windkraftanlagen spezialisiert hat. Die Rotorblätter werden zerkleinert und zu Ersatzbrennstoffen für die Zementindustrie aufbereitet . Zur aktuellen Auslastung dieser Anlage liegen hier keine Informationen vor. Zu den bundesweit anfallenden Abfallmengen liegen in der Fachliteratur verschiedene Abschätzungen vor, nach denen aktuell aufgrund der Altersstruktur der Windkraftanlagen noch von eher geringen Mengen an zu entsorgenden Rotorblättern ausgegangen wird (circa 5.000 Mega-Gramm/Jahr). In den nächsten Jahren, insbesondere nach dem Auslaufen der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2021, ist allerdings mit steigenden Mengen zu rechnen. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Entsorgungswirtschaft auf die in den nächsten Jahren entstehende größere Nachfrage nach Entsorgungsdienstleistungen für Faserverbundwerkstoffe einstellen wird. Es wird erwartet, dass die entsprechenden Angebote der Entsorgungswirtschaft weiterentwickelt und ausgebaut werden. Auf der Ebene der Bundesregierung laufen derzeit zwei Forschungsvorhaben, die die Entsorgungsmöglichkeiten für diese Materialien untersuchen und die bis Mitte des Jahres 2019 abgeschlossen werden sollen. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6901 Zu 7.: Nach Angaben der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 19/3835) dürften die Rückbaukosten abhängig vom Anlagen- und Fundamenttyp sowie vom Standort erhebliche Bandbreiten aufweisen und nach aktuellen Untersuchungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bei einer durchschnittlichen Größenordnung von rund 80 Euro/kW liegen. Die Anlagenbetreiber sind für den Rückbau und - soweit rückgebaute Windkraftanlagen nicht weiter genutzt werden können - für das Recycling beziehungsweise eine anderweitige Verwertung oder Beseitigung anfallender Abfälle verantwortlich und müssen die Kosten tragen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist § 35 Abs. 5 Satz 2 Baugesetzbuch. Danach hat der Betreiber einer Windkraftanlage nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung diese zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Zu 8.: Die Rückbauverpflichtung (§ 35 Abs. 5 Satz 2 Baugesetzbuch) wird im Rahmen des Genehmigungsverfahrens festgelegt. Die Genehmigungsbehörde bestimmt in Form einer Bedingung in der Genehmigung die Höhe der Bürgschaft, die vor Baubeginn nachweislich bei der Behörde hinterlegt werden muss. Wird diese Auflage nicht erfüllt, darf nicht gebaut werden. Die Bürgschaft gilt bis zum vollständigen Rückbau und kann folglich auch nicht anderweitig angetastet werden. Die Genehmigungsbehörde kann auch im Zuge der Erteilung der Genehmigung die Rückbaubürgschaft einer regelmäßigen Überprüfung unterziehen lassen um zu gewährleisten, dass die hinterlegte Sicherheitsleistung für den Rückbau auch ausreichend ist. Siegesmund Ministerin Unfälle, Kontrollen, Risiken und Entsorgung von Windkrafträdern in Thüringen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: