Thüringer Landtag 6. Wahlperiode 6916 Drucksache 6/ 06.03.2019 Kleine Anfrage des Abgeordneten Krumpe (fraktionslos) und Antwort des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft Gesetz zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes und anderer haushaltsrechtlicher Vorschriften (Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 6/6682) - Allgemeine Aspekte des Regelungsvorhabens Die Kleine Anfrage 3662 vom 30. Januar 2019 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche rechtlichen Verpflichtungen gibt es zur Regelung und wenn es keine rechtlichen Verpflichtungen gibt, woher kommen die Regelungsforderungen? 2. Kann die Regelung befristet werden und wie begründet die Landesregierung ihre Antwort? 3. Ist ein weiteres Änderungsbedürfnis schon jetzt abzusehen (bitte auflisten nach Art des Bedürfnisses und dem erwarteten Zeitpunkt)? 4. In welchen anderen Vorschriften wird der Regelungssachverhalt gegebenenfalls bereits erfasst? 5. Welche Vorschriften des bisher geltenden Rechts werden durch die Neuregelung vereinfacht? 6. Welche Flächenländer haben nach Kenntnis der Landesregierung eine Regelung des Sachgebiets bereits wann getroffen? 7. Welches Regelungsmodell soll in Thüringen umgesetzt werden? 8. Mit welchem Ergebnis wurde die Vollzugsgeeignetheit der Regelung vorab geprüft? 9. Zu welchem Ergebnis kam eine zuvor durchgeführte Kosten-Nutzen-Analyse? 10. Wie viele Informationspflichten enthält die Regelung und wer sind die Adressaten (bitte aufschlüsseln nach "Bürger", "Unternehmen", "kommunale Gebietskörperschaften" und "Behörden")? 11. Welche Alternativen der Informationserlangung sind denkbar? 12. Ist das Land oder sind kommunale Gebietskörperschaften für den Vollzug zuständig? 13. Welche neuen Behörden oder Organisationseinheiten werden gegebenenfalls für den Vollzug geschaffen? Druck: Thüringer Landtag, 20. März 2019 Drucksache 6/ 6916 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode 14. Wo und in welchem Umfang ist für den Vollzug zusätzliches Personal erforderlich? 15. Welche haushaltsmäßigen Vorkehrungen sind für die geplante Maßnahme im laufenden Haushaltsjahr getroffen worden? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 1. März 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Es besteht keine rechtliche Verpflichtung zur Regelung. Das geltende Gesetz sieht jedoch in § 20 Thüringer Vergabegesetz (ThürVgG) eine Evaluierung vor. Aufgrund der Ergebnisse des Evaluierungsgutachtens empfiehlt sich eine Novellierung des Gesetzes. Zudem werden Anpassungen an Bundesrecht vorgenommen. Zu 2.: Nein; die Regelung des Vergabewesens im Freistaat Thüringen ist eine Daueraufgabe. Zu 3.: Nein Zu 4.: Der Regelungssachverhalt wird im Oberschwellenbereich teilweise in bundesrechtlichen Rechtsvorschriften (zum Beispiel Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Vergabeverordnung) erfasst. Im Übrigen wird der Regelungssachverhalt in anderen Vorschriften nicht erfasst. Zu 5.: Eine Vereinfachung des bisherigen Rechts erfolgt durch die Änderung des Thüringer Vergabegesetzes unmittelbar sowie durch die Einführung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO). Vereinfachungen erfolgen durch folgende Neuerungen: - Verzicht auf die doppelte Veröffentlichungspflicht, - Einführung des Bestbieterprinzips, - Verzicht auf die Vorlage von Eignungsnachweisen innerhalb eines Jahres bei demselben Auftraggeber, - Einführung der Unterschwellenvergabeordnung. Die Einführung der Unterschwellenvergabeordnung und die Ablösung der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A) im Unterschwellenbereich bewirkt eine Angleichung an die Regelungen des Oberschwellenbereichs. Das Vergaberecht wird damit harmonisiert und vereinheitlicht. Die Harmonisierung des Unterschwellenvergaberechts führt vor allem für die Auftragnehmer, die ihre Leistungen nicht nur in Thüringen anbieten, zu einer wesentlichen Erleichterung. Die Unterschwellenvergabeordnung führt im Vergleich zur gegebenen Rechtslage im Wesentlichen zu folgenden Vereinfachungen: - Durch § 8 Abs. 4 UVgO werden in Angleichung an die Zulassungsvoraussetzungen des § 14 Abs. 3, Abs. 4 Vergabeverordnung weitere Ausnahmen für die Verhandlungsvergabe (früher: freihändige Vergabe) geschaffen. (Die Zulassungsvoraussetzungen für die Verhandlungsvergabe nach der Unterschwellenvergabeordnung stellen eine Mischung der Voraussetzungen für das Verhandlungsverfahren des Oberschwellenbereichs und der bisherigen freihändigen Vergabe nach § 3 Abs. 5 VOL/A dar.) - Des Weiteren wird durch die Unterschwellenvergabeordnung die Wertgrenze für Direktvergaben erhöht. - Außerdem wird - als grundlegende Verfahrensvereinfachung - die elektronische Vergabe und Kommunikation (sogenannte E-Vergabe) auch bei nationalen Vergaben eingeführt. Zu 6.: Nahezu alle Bundesländer haben eine Regelung des Sachgebiets getroffen. In Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein erfolgt die Regelung durch Gesetz. In Bayern erfolgt die Regelung durch Verwaltungsvorschriften. Die Daten des Erlasses und der Veröffentlichung der jeweiligen Regelung ergeben sich aus den jeweiligen Gesetz- und Verordnungsblättern oder amtlichen Veröffentlichungsblättern. 2 Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Drucksache 6/ 6916 Zu 7.: Thüringen verfolgt ein eigenes Regelungsmodell. In allen Bundesländern gibt es jedoch vergleichbare, aber auch abweichende Regelungen. Zu 8.: Gemäß § 20 ThürVgG ist das Thüringer Vergabegesetz fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten zu evaluieren. Diese Evaluierung wurde in 2016/2017 im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft durch externe Gutachter durchgeführt. Die Gutachter stellten fest, dass sich das geltende Thüringer Vergabegesetz im Grundsatz bewährt hat, jedoch in einigen Aspekten einer Optimierung bedarf. Das Evaluierungsgutachten wurde den kommunalen Landesverbänden, den Kammern, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, weiteren Interessenverbänden sowie Landtagsabgeordneten vorgelegt und im Rahmen von Werkstattgesprächen mit ihnen diskutiert. Die unterschiedlichen Interessen der Teilnehmer wurden in die Abwägung und Festlegung der Eckpunkte zur Novellierung des Vergabegesetzes einbezogen. Zu 9.: Im Rahmen der Evaluierung des Thüringer Vergabegesetzes erfolgten empirische Untersuchungen und Darstellungen in Bezug auf die Verwaltungsabläufe bei den Beschaffungsstellen und bei den Unternehmen. Zur Berechnung des Erfüllungsaufwands wurde auf die Erkenntnisse des Evaluierungsgutachtens sowie auf die Berechnung des Erfüllungsaufwands des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie durch die Einführung der Unterschwellenvergabeordnung zurückgegriffen und diese durch eigene Analysen und Schätzungen ergänzt. Im Ergebnis ist insgesamt festzustellen, dass die geschätzte Kostenreduzierung gegenüber der geschätzten Kostenmehrbelastung sowohl auf Seiten der Vergabestellen als auch auf Seiten der Wirtschaft zu einer Kosteneinsparung führt. Einzelne Kostensteigerungen werden durch die zu erwartenden Einsparpotenziale mehr als ausgeglichen werden. Dies gilt sowohl für das Land und die Kommunen als auch für die Wirtschaft. Zu 10.: Keine Zu 11.: Da keine Informationspflichten geregelt werden, erübrigt sich die Ermittlung von Alternativen. Zu 12.: Für den Vollzug sind das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften sowie die sonstigen in § 2 ThürVgG genannten Auftraggeber zuständig. Zu 13.: Keine Zu 14.: Die vorgesehenen Änderungen führen zu Verfahrensvereinfachungen und reduzieren den Bürokratieaufwand bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, so dass im Ergebnis eine Entlastung des Personals auf Seiten der Vergabestellen und der Wirtschaft zu erwarten ist. Es wird eingeschätzt, dass es insbesondere durch die Digitalisierung der Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte auf Seiten der Verwaltung zu einer Einsparung von Personalkosten kommen wird. Zu 15.: Die zu erwartenden Mehraufwendungen können durch die zu erwartenden Einsparungen ausgeglichen werden. Tiefensee Minister 3