09.04.2019 Drucksache 6/6969Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 16. April 2019 Veranstaltungen der neonazistischen Szene in Fretterode Die Kleine Anfrage 3670 vom 29. November 2018 hat folgenden Wortlaut: In Fretterode finden seit mehreren Jahren in einem Privathaus unterschiedlichste Veranstaltungen der extrem rechten Szene, unter anderem Kameradschaftsabende statt. Der Besitzer und Eigentümer soll das Objekt in Fretterode im Jahr 2000 gekauft haben, frühere Publikationen von Sicherheitsbehörden datierten einen Umzug auf das Jahr 2002. Auf dem Anwesen wurden Denkmale für die 2. SS-Panzerdivision "Hitlerjugend " sowie zur Umkehrung von Tätern und Opfern des Nationalsozialismus errichtet. Im April 2018 kam es durch zwei Neonazis zu schweren Angriffen und Verletzungen auf zwei in Fretterode recherchierende Journalisten. Ebenso fand am 8. November 2018 in Fretterode eine als "Zeitzeugenvortrag" beworbene Veranstaltung mit einem ehemaligen Mitglied der Leibstandarte SS Adolf Hitler und späterem Mitglied der 12. SS-Panzerdivision statt. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu dem oben angegebenen Anwesen vor, insbesondere auch über die Eigentumsverhältnisse, Kauf und Bezugsdatum, Grundstück und Gebäudegröße sowie Kapazitäten im Innen- und Außenbereich für Veranstaltungen? 2. Welche Angaben kann die Landesregierung über die Art und Größe der Denkmale auf dem in der Vorbemerkung genannten Grundstück machen? 3. Bestehen für das Gebäude beziehungsweise das Grundstück bestimmte permanente behördliche Auflagen , wenn ja, um welche handelt es sich? 4. Wie viele und welche Treffen, Veranstaltungen oder Versammlungen fanden seit dem Jahr 2015 im besagten Haus beziehungsweise auf dem Gelände statt (bitte einzeln auflisten nach Datum, Art der Veranstaltung , Teilnehmerzahl)? 5. Welche Treffen, Veranstaltungen oder Versammlungen, die im Haus oder auf dem Gelände stattfanden, wurden im Vorfeld bei den jeweils zuständigen Behörden angezeigt (bitte einzeln auflisten nach Tag und Art der Veranstaltung)? 6. Wie viele Straftaten und Ordnungswidrigkeiten der Teilnehmer wurden bei den unter Frage 2 aufgelisteten Veranstaltungen festgestellt und um welche Delikte handelt es sich (bitte einzeln auflisten)? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König-Preuss (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/6969 7. Wurden in der Vergangenheit Auflagen für Veranstaltungen oder Versammlungen auf dem in der Vorbemerkung genannten Grundstück erlassen, wenn ja, welcher Art und welchen Inhalt hatten diese? 8. Wie viele Durchsuchungsmaßnahmen fanden seit dem Jahr 2000 bei dem Eigentümer des Anwesens beziehungsweise in dem auf ihn eingetragenen Versandhandel statt (bitte auflisten nach Tag, Grund der Durchsuchungsmaßnahme, beschlagnahmte oder sichergestellte Gegenstände, gegebenenfalls Ausgang des Verfahrens)? 9. Ist der Landesregierung bekannt, ob der Eigentümer des Anwesens über einen Waffenschein verfügt? Wenn ja, welcher Art ist dieser und wann wurde er ausgestellt? 10. Welche Angaben kann die Landesregierung darüber machen, wie viele Personen unter der Adresse des in der Vorbemerkung genannten Grundstücks beim Einwohnermeldeamt als wohnhaft gemeldet sind? 11. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Grundstück in Fretterode für die neonazistische Szene bei? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 5. April 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Landesregierung ist sich der besonderen Bedeutung des Frage- und Informationsrechts des Thüringer Landtags bewusst. Dieses Recht unterliegt jedoch verfassungsrechtlichen Grenzen (Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen). So kann von einer Beantwortung unter anderem dann abgesehen werden, wenn gesetzliche Vorschriften, Staatsgeheimnisse oder schutzwürdige Interessen Einzelner , insbesondere des Datenschutzes, entgegenstehen. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 5. März 2014 (Az.: 2 EO 386/13) auf das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung verwiesen. Dieses habe als Datenschutzgrundrecht in Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen seine besondere Ausprägung gefunden. Danach können Private nicht das Objekt parlamentarischer Kontrolle sein. Gemäß Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen wurde die Beantwortung bei den Fragen 1, 3, 8, 9 und 10 eingeschränkt. Darüber hinaus ergab eine Abwägung mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten, dass dem Geheimschutz Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten bei der Beantwortung der Frage 4 zukommt. Die angefragten Informationen sind im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung des Amtes für Verfassungsschutz im Sinne von Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen schutzbedürftig . Eine Veröffentlichung von Einzelheiten würde Rückschlüsse auf die nachrichtendienstliche Arbeitsweise und Erkenntnislage ermöglichen und somit die Aufgabenerfüllung gefährden. Zu 1.: Neben der Nutzung des Grundstücks für rechtsextremistische Aktivitäten handelt es sich zugleich um das private Wohnhaus eines bekannten Funktionärs der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD). Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 2.: Auf dem Grundstück befindet sich seit dem Jahr 2006 ein Denkmal für das I. Panzerkorps der Waffen-SS, das ursprünglich in Marienfels/Rheinland-Pfalz aufgestellt war. Dort bestand es aus einem circa sechs Meter langen Sockel mit Truppenzeichen der 1. SS-Panzerdivision und der 12. SS-Panzerdivision und der Aufschrift "Die Toten der Kriege mahnen die Welt zum Frieden" sowie einem Stein mit eisernem Kreuz und der Aufschrift "1939 [Bild: Eisernes Kreuz] 1945 Unseren toten Kameraden vom I. Panzer-Korps Treue um Treue". Das Denkmal in Marienfels wurde im Jahr 2004 zerstört. Es wurde in Fretterode etwas verändert wieder aufgebaut. Seit dem Jahr 2012 gibt es zudem ein Denkmal des "Schutzbunds für das deutsche Volk e. V.". Es handelt sich um einen aufrecht stehenden Gedenkstein aus Sandstein mit einer Bronzeplatte mit der Aufschrift: "Wir gedenken der Millionen wehrloser deutscher Opfer von Bombenterror, Flucht und Vertreibung, Gefangenschaft und Nachkriegsverbrechen der Sieger seit 1914 Schutzbund für das deutsche Volk im Jahre 2011". 3 Drucksache 6/6969Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Es liegen keine polizeilichen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 4.: Am 12. Februar 2015 fand eine rechtsextremistische Musikveranstaltung mit 30 Teilnehmern, am 28. März 2015 die Jahreshauptversammlung des "Schutzbunds für das deutsche Volk e. V." mit unbekannter Teilnehmerzahl sowie am 8. November 2018 eine Vortragsveranstaltung mit 70 Teilnehmern statt. Darüber hinaus wurde das Objekt für "Kameradschaftstreffen" genutzt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 5.: Es liegen keine Anzeigen im Sinne der Fragestellung vor. Zu 6.: Es wurden keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten registriert. Zu 7.: Nein Zu 8.: Einzelne strafprozessuale Maßnahmen werden statistisch nicht erfasst. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 9.: Aus Gründen des Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gibt die Landesregierung keine Auskunft darüber, welcher private Dritte Inhaber einer waffenrechtlicher Erlaubnis ist. Im Übrigen wird auf § 5 Abs. 2 Nr. 3 Waffengesetz, die Antwort zu Frage 1 sowie auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 10.: Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Zu 11.: Die Immobilie ist ein zentraler Anlaufpunkt für Rechtsextremisten im Eichsfeld und hat darüber hinaus bundesweite Bedeutung für Treffen von Rechtsextremisten. Zudem sind dort die rechtsextremistischen Vertriebe "W+B Medien" beziehungsweise "W&B Versand", "Deutsches Warenhaus" und "Nordland-Verlag" angesiedelt . Auch der "Völkische Flügel" sowie der Verein "Deutsch-Russische Friedensbewegung Europäischen Geistes e. V." sind dort ansässig. Maier Minister Veranstaltungen der neonazistischen Szene in Fretterode Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: