02.04.2019 Drucksache 6/7043Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 12. April 2019 Anrechnung der ehrenamtlichen Tätigkeit auf die berufliche Arbeitszeit Die Kleine Anfrage 3677 vom 29. Januar 2019 hat folgenden Wortlaut: Viele Thüringer sind neben ihrer hauptberuflichen Tätigkeit in verschiedenen Organisationen derselben Branche im Ehrenamt tätig. So arbeiten beispielsweise Personen hauptberuflich als Notfallsanitäter im Rettungsdienst und ehrenamtlich als Notfallsanitäter im Katastrophenschutz. Ein anderes Beispiel ist die hauptberufliche Arbeit bei der Berufsfeuerwehr und die ehrenamtliche Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Im Arbeitszeitgesetz wird für Arbeitnehmer eine Arbeitszeit von durchschnittlich 48 Wochenstunden festgelegt . Im Regelrettungsdienst und auch bei der Berufsfeuerwehr werden nach meiner Kenntnis häufig 48 Stunden ausgefüllt. Ehrenamtliche Einsätze im Bereich des Katastrophenschutzes und des Feuerwehrwesens lassen sich jedoch nicht, wie beispielsweise in einem Verein, planen. Somit kommt es durchaus vor, dass ein Notfallsanitäter zwölf Stunden in einem Rettungswagen seinen Dienst verrichtet und nach Schichtende als Notfallsanitäter bei einer Personensuche und -rettung in einem Krankentransportwagen des Deutschen Roten Kreuzes oder der Bergwacht eingesetzt ist. Falls sich durch das Arbeitszeitgesetz zeitliche Einschränkungen für das Ehrenamt ergeben sollten, wäre beispielsweise der Katastrophenschutz im Landkreis Sonneberg nicht mehr durchführbar, da das Deutsche Rote Kreuz seine Fahrzeuge nicht gesetzeskonform besetzen könnte (gemäß Thüringer Katastrophenschutzverordnung und Thüringer Landesrettungsdienstplan). Ich frage die Landesregierung: 1. Darf die Tätigkeit als Rettungssanitäter, Rettungsassistent oder Notfallsanitäter (NFS) neben der hauptberuflichen Tätigkeit auch ehrenamtlich ausgeführt werden? Wenn ja, a) wie wird diese Zeit auf die reguläre Arbeitszeit angerechnet? b) Inwieweit ist das Arbeitszeitgesetz für das Ehrenamt verbindlich und findet hier Anwendung? c) Wie soll die Gestaltung der daraus resultierenden Ruhephasen aussehen? 2. Stellt die Tätigkeit als Ehrenamtlicher bei einem Aufgabenträger nach § 2 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz eine Konkurrenz zu einer hauptberuflichen Tätigkeit im gleichen Aufgabenfeld dar (zum Beispiel Berufsfeuerwehr und Freiwillige Feuerwehr oder Notfallsanitäter im Regelrettungsdienst und im Katastrophenschutz) und wenn ja, kann der Arbeitgeber somit die ehrenamtliche Nebentätigkeit untersagen? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Meißner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7043 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 1. April 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Aufgrund ihrer Qualifikation für die Ausübung der hauptberuflichen Tätigkeit sind die Rettungssanitäter, Rettungsassistenten und Notfallsanitäter insbesondere dazu geeignet, an der Sicherstellung der ehrenamtlich organisierten Berg- und Wasserrettung sowie des ehrenamtlich geprägten Katastrophenschutzes mitzuwirken. In der Praxis beschränkt sich zum Beispiel der Zeitaufwand für eine ehrenamtliche Tätigkeit in einer Einheit des Katastrophenschutzes im Wesentlichen auf die Teilnahme an punktuellen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen , an regelmäßig und aufeinander aufbauenden Katastrophenschutzübungen (Plan- und Alarmierungsübung mindestens jährlich, Stabsrahmenübung mindestens im Zeitraum von zwei Jahren, Vollübung mindestens im Zeitraum von fünf Jahren) sowie eher selten auf einen Einsatz. Der Anwendungsbereich der Arbeitszeitregelungen wird maßgeblich durch die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (EG-Arbeitszeitrichtlinie) bestimmt. Die EG-Arbeitszeitrichtlinie gilt für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 89/391/EWG (EWG-Arbeitsschutzrichtlinie). Gemäß Artikel 3 Buchstabe a der EWG-Arbeitsschutzrichtlinie ist Arbeitnehmer jede Person, die von einem Arbeitgeber beschäftigt wird, einschließlich Praktikanten und Lehrlingen, jedoch mit Ausnahme von Hausangestellten. Nach § 2 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter, Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Hauptberufliche Tätigkeiten als Rettungssanitäter, Rettungsassistent oder Notfallsanitäter unterliegen demnach dem Geltungsbereich der EG-Arbeitszeitrichtlinie und dem Arbeitszeitgesetz. Auf die ehrenamtlich Tätigen in Deutschland treffen die den Arbeitnehmerbegriff kennzeichnenden Merkmale nicht vollumfänglich zu, insbesondere stehen sie nicht aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags in einer persönlichen Abhängigkeit zu einem Arbeitgeber. Daher fällt die Tätigkeit ehrenamtlicher Einsatzkräfte nicht unter den Anwendungsbereich des Arbeitszeitrechts. Ergänzend wird auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Januar 2017 (Az.: 7 AZR 224/15, Rn. 29 - zitiert nach juris) verwiesen, in dem ausgeführt wird, dass außerhalb des Arbeitsverhältnisses erbrachtes ehrenamtliches Engagement, gleich wie belastend es ist, nicht den Vorgaben des Arbeitszeitrechts unterliegt. Somit wird die Zeit der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht auf die reguläre Arbeitszeit angerechnet. Sofern Rettungssanitäter, Rettungsassistenten oder Notfallsanitäter ehrenamtlich in der Berg- und Wasserrettung beziehungsweise in der Allgemeinen Hilfe oder im Katastrophenschutz mitwirken, sind sie den ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen rechtlich gleichgestellt. Insbesondere sind sie nach § 20 a Abs. 2 Satz 1 Thüringer Rettungsdienstgesetz beziehungsweise § 19 Abs. 1 Satz 2, § 29 Abs. 2 Satz 2 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz (ThürBKG) jeweils in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 5 ThürBKG wie die ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen von der Arbeits- oder Dienstleistungsverpflichtung für die Zeit der Teilnahme an Einsätzen, Übungen und Aus- und Fortbildungsveranstaltungen und, soweit erforderlich , einen angemessenen Zeitraum davor und danach, bei Einsätzen auch für die zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendige Zeit, freizustellen. Die im konkreten Einzelfall zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendige Zeit legt nach pflichtgemäßem Ermessen der jeweils zuständige Leiter der zum Einsatz gekommenen Einheit fest. Zu 2.: Das Konkurrenzverhältnis von aktiven Mitgliedschaften in verschiedenen Feuerwehren bei Aufgabenträgern des Brandschutzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ThürBKG ist in § 10 Abs. 4 Satz 3 ThürBKG geregelt. Danach können Feuerwehrangehörige nur dann gleichzeitig aktives Mitglied einer anderen Feuerwehr sein, wenn der Leiter der Feuerwehr, der sie bereits angehören, zustimmt. Somit kann der Leiter einer Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften (insbesondere Berufsfeuerwehr) eine gleichzeitige aktive Mitgliedschaft in einer Freiwilligen Feuerwehr untersagen. Aufgrund des in der Antwort zu Frage 1 dargestellten beschränkten Zeitaufwands für eine ehrenamtliche Tätigkeit im Katastrophenschutz besteht grundsätzlich kein Konkurrenzverhältnis zu einer hauptberuflichen Tätigkeit im Rettungsdienst. In aller Regel werden die punktuellen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen sowie 3 Drucksache 6/7043Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Übungen so organisiert, dass sie außerhalb der Arbeitszeit des Rettungsdienstpersonals stattfinden. Sofern im konkreten Ausnahmefall ein Konkurrenzverhältnis besteht, bestimmt sich die Verfahrensweise nach den internen Regelungen der den Rettungsdienst und Katastrophenschutz sicherstellenden (Hilfs)Organisation. Maier Minister Anrechnung der ehrenamtlichen Tätigkeit auf die berufliche Arbeitszeit Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: