04.04.2019 Drucksache 6/7054Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 17. April 2019 Zustand des Waldes in Thüringen - Teil I Die Kleine Anfrage 3708 vom 18. Februar 2019 hat folgenden Wortlaut: Laut eines Schreibens des Präsidenten des Deutschen Forstwirtschaftsrats an die Mitglieder des Bundestags hätten die zahlreichen Wetterkapriolen in den Jahren 2017 und 2018, wie Stürme, Dauerregen im Winter und langanhaltende Dürre im Sommer, die Widerstandskraft der Bäume geschwächt, Schadorganismenbefall befördert und zu wirtschaftlichen Schäden in Millionenhöhe geführt. Die wirtschaftlichen Schäden seien dabei vor allem auf den Preisverfall am Holzmarkt zurückzuführen, da durch Sturm und Käfer betroffenes Holz sofort entnommen werden müsse und damit massenhaft zur Verfügung stünde. Der zusammengebrochene Holzmarkt nähme die Möglichkeit, notwendige Investitionen in den Wald - wie Wiederaufforstung und Umbau in Mischwälder - durch den Wald selbst zu finanzieren; Hilfe von der Politik sei von Nöten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie ist der Wald in Thüringen aufgebaut und welche Fläche nehmen jeweils Laub-, Nadel- und Mischwälder im Verhältnis zur Gesamtfläche ein? 2. Wie groß ist zum jetzigen Zeitpunkt die geschädigte Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche des Waldes in Thüringen insgesamt (aufgeschlüsselt nach der Schadensart Sturm, Regen, Dürre, Borkenkäferbefall , anderer Schadbefall und so weiter)? 3. Wie groß ist zum jetzigen Zeitpunkt die geschädigte Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche des Waldes im Eigentum von ThüringenForst (aufgeschlüsselt nach der Schadensart Sturm, Regen, Dürre, Borkenkäferbefall , anderer Schadbefall und so weiter)? 4. Welche Schadensquote weisen die verschiedenen Baumarten dabei jeweils auf und welche Schadensarten liegen je Baumart vor? 5. Welche kurzfristigen Maßnahmen hat die Landesregierung bisher ergriffen, um die entstandenen Schäden aus den vorangegangenen zwei Jahren zu kompensieren und welche Maßnahmen wird sie noch unmittelbar ergreifen? 6. Gibt es seitens der Landesregierung Überlegungen, den Wald in Thüringen langfristig umzubauen, um zukünftige Schäden vorzubeugen? Wenn ja, in welchen Größenordnungen und wie genau sehen diese Überlegungen aus? Wenn nein, warum nicht? 7. Welche weiteren Maßnahmen sollen zur Risikovorsorge noch getroffen werden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7054 Das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 3. April 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Gesamtwaldfläche Thüringens beträgt nach den Ergebnissen der Dritten Bundeswaldinventur 549.088 Hektar . Die bestockte Fläche (Holzboden) beträgt 523.743 Hektar. Laubwälder nehmen 27 Prozent, Nadelwälder 33 Prozent und Mischwälder aus Laub- und Nadelbaumarten 40 Prozent der Holzbodenfläche ein. In den letzten 25 Jahren ist der Wald in Thüringen signifikant älter, gemischter, vorratsreicher und naturnäher geworden. Zu 2.: Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Jahr 2018 ein dramatisches Jahr für die Forstwirtschaft in Thüringen war und davon ausgegangen werden muss, dass sich das Schadgeschehen auch im Jahr 2019 fortsetzen wird. Dies wird durch die jüngsten Sturmschäden unterstrichen. Schadensart Sturm: Durch Auswirkungen der Stürme im Jahr 2018 fielen 1.130.000 Erntefestmeter Schadholz an. Dabei entstanden circa 1.300 Hektar Kahlflächen (0,2 Prozent der Holzbodenfläche), circa 2.000 Hektar stark aufgelichtete Bestände (0,4 Prozent) und circa 5.000 Hektar Bestände mit Einzelbrüchen (0,9 Prozent). Durch die jüngsten Stürme im März 2019 sind erneut rund 100.000 Festmeter Schadholz angefallen. Schadensart Regen: Hierüber liegen keine Schadmeldungen vor. Schadensart Dürre: Das flächenmäßige Ausmaß der Trockenschäden lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschätzen , da es erst in den folgenden Jahren deutlich wird. Durch den Wassermangel entstanden in jedem Fall Zuwachsverluste an den Waldbäumen, die sich erfahrungsgemäß über mehrere Jahre auswirken werden. Aus den Erfahrungen des Trockensommers im Jahr 2003 kann man davon ausgehen, dass die Waldbäume im Durchschnitt nur 50 Prozent ihrer normalen Holzproduktion erreicht haben. Schadensart Borkenkäferbefall: Bei Borkenkäferbefall wird der Schaden im Rahmen der Waldschutzberichterstattung in Holzmenge angegeben . Bis Ende des Jahres 2018 fielen bei • der Fichte 787.000 Erntefestmeter (Buchdrucker und Kupferstecher), • der Lärche 11.000 Erntefestmeter (Lärchenborkenkäfer), • der Kiefer 3.000 Erntefestmeter (Kiefernprachtkäfer und Kiefernborkenkäferarten) stehendes Schadholz an. Dabei sind Bestockungslöcher entstanden, die summarisch einer Schadfläche von circa 1.400 Hektar entsprechen. Schadensart Waldbrände: Im Jahr 2018 wurden 42 Waldbrände gemeldet, die auf insgesamt elf Hektar Schäden verursachten (0,002 Prozent ). Zu 3.: Schadensart Sturm: Durch die Stürme des Jahres 2018 fielen auf Flächen der Landesforstanstalt 612.000 Erntefestmeter Schadholz an. Eine eigentumsgetrennte flächenmäßige Schadenserfassung liegt nicht vor. Schadensart Regen: Hierüber liegen keine Schadmeldungen vor. Schadensart Dürre: Das flächenmäßige Ausmaß der Trockenschäden auf Flächen der Landesforstanstalt lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschätzen, da es erst in den folgenden Jahren deutlich wird. 3 Drucksache 6/7054Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Schadensart Borkenkäferbefall: Bei Borkenkäferbefall wird der Schaden in Erntefestmetern angegeben. Bis Ende des Jahres 2018 fielen auf Flächen der Landesforstanstalt bei der Fichte 390.000 Erntefestmeter (Buchdrucker und Kupferstecher ) stehendes Schadholz an. Eine eigentumsgetrennte flächenmäßige Schadenserfassung liegt nicht vor. Schadensart Waldbrände: Im Jahr 2018 wurden auf Flächen der Landesforstanstalt 15 Waldbrände gemeldet, die auf insgesamt 2,1 Hektar Schäden verursachten (0,001 Prozent). Zu 4.: Die Frage lässt sich aufgrund dessen, dass die Schadensmeldungen laufend aktualisiert werden, nur bedingt beantworten. So haben die jüngsten Stürme erneut zu nennenswertem Schadholzanfall geführt, die Dürreschäden können vor dem neuen Austrieb noch nicht eingeschätzt werden und insbesondere bei den Borkenkäferschäden sind nach den Erfahrungen in jedem Falle auch in diesem und den nächsten Jahren erhebliche weitere Schäden zu erwarten. Die am stärksten von den Schäden betroffene Baumart ist die Fichte. Die Schäden an anderen Baumarten sind zum Teil ebenfalls erheblich, fallen aber gegenüber der Fichte deutlich ab. So entstanden im Jahr 2018 bei der Baumart Fichte rund 960.000 Erntefestmeter Sturmholz und 787.000 Erntefestmeter Borkenkäferholz . Gemessen an einem Gesamtholzvorrat der Fichte in Thüringen von 60.864.000 Erntefestmeter1 entspricht allein diese Schadholzmenge einem Anteil von rund drei Prozent. Abiotische Schäden zum Beispiel durch Trockenheit, Hagel, Starkregen, Sturm, Frost, Schnee oder Eis wie auch durch Immissionen können je nach Jahreszeit, Bodenzustand, Laubentwicklung et cetera bei allen Baumarten auftreten. Biotische Schäden zum Beispiel durch Insekten oder Pilze treten baumartenspezifisch in Abhängigkeit vom Massenwechselgeschehen auf, der in der Regel im Zusammenhang mit dem Witterungsverlauf steht. Hinsichtlich detaillierterer Aspekte abiotischer und biotischer Schadwirkungen auf den Wald wird auf den Waldzustandsbericht 2018 verwiesen2. Zu 5.: Die Landesregierung arbeitet hinsichtlich der Schadensbewältigung eng mit der Landesforstanstalt und den Waldbesitzerverbänden zusammen und hat auf dieser Basis eine ganze Reihe an Maßnahmen ergriffen beziehungsweise initiiert. So wurde zum Beispiel mit der Einrichtung des Koordinierungsstabs Waldschäden eine Kommunikationsplattform geschaffen, so dass Handlungserfordernisse direkt und ohne Umwege besprochen und Lösungen entwickelt werden können. Eine breit angelegte Informationskampagne in permanenter Abstimmung mit den Waldbesitzerverbänden dient dazu, die Waldbesitzer über notwendige Aktivitäten und Möglichkeiten der Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen in Kenntnis zu setzen. Auf den Flächen der Landesforstanstalt wurde ein Frischholzeinschlagsstopp bei der Fichte, eine Umverteilung der Kapazitäten in den landeseigenen Maschinenstützpunkten und der forstlichen Lohnunternehmer durchgeführt. Ebenfalls wurden die Lieferströme des aufgearbeiteten Holzes angepasst. Transportmöglichkeiten wurden im Rahmen verkehrsrechtlicher Ausnahmeregelungen verbessert und Grundlagen für Zwischenlagermöglichkeiten von Schadholz auf landwirtschaftlichen Flächen erarbeitet. Besonderes Augenmerk liegt auf der finanziellen Unterstützung betroffener Waldbesitzer. Im Sinne einer möglichst unbürokratischen und unkomplizierten Hilfe wurde eine Reihe von Anpassungen bestehender Möglichkeiten zur Förderung von Maßnahmen sowohl hinsichtlich der akuten Schadensbewältigung, der Wiederbewaldung von entstandenen verlichteten Flächen sowie der Vorbeugung gegen die Kalamitätsentwicklung bereits durchgeführt. Diese Möglichkeiten werden aktuell weiter ausgebaut. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7054 Zu 6.: Der Waldumbau ist bereits seit Jahren ein prioritäres Ziel in allen Waldbesitzarten. Ein Konzept zur Verwirklichung des seit dem Jahr 2009 formulierten Ziels, 100.000 Hektar Wald besitzübergreifend so umzubauen, dass diese Wälder auch bei sich ändernden klimatischen Bedingungen eine ausreichende Vitalität und Stabilität besitzen, gibt es bei der Landesforstverwaltung bereits seit dem Jahr 2011. Nach diesem Waldumbau-Konzept sind bei rund 25 Prozent der als umbauerforderlich eingestuften 100.000 Hektar ein grundlegender Baumartenwechsel aktiv durch Pflanzung oder Saat umzusetzen. Auf drei viertel der Waldumbaufläche steht die Überführung im Rahmen der naturnahen Waldbewirtschaftung mit rechtzeitigen und effektiven Pflegemaßnahmen zur Sicherung von Mischbestandsstrukturen im Vordergrund. Es muss darauf hingewiesen werden, dass Waldumbau ein sehr langfristiger Prozess ist, da die Wachstumszeiträume der Bäume schnelle Änderungen der Baumartenzusammensetzung und des Waldgefüges bei einer planmäßigen naturnah ausgerichteten Waldbewirtschaftung nicht zulassen. Zu 7.: Zur Risikovorsorge und zur Behebung der aktuellen Krisenlage in der Forstwirtschaft sind folgende Aspekte in der Umsetzung beziehungsweise Diskussion: • Förderung der Bewältigung von Extremwetterereignissen inklusive der weitergehenden Förderung einer Wiederbewaldung von Kahlflächen und stark verlichteten Flächen durch Sturm und Borkenkäferkalamität; • Unterstützung der Waldbesitzer bei der Genehmigung von Zwischenlagerplätzen (Nasslager und Trockenlager ) hinsichtlich naturschutzrechtlicher und wasserrechtlicher Auflagen sowie Förderung der Anlage und des Betriebs sowie des Transports von Holz in Zwischenlager zur temporären Marktentlastung und Entschärfung der Forstschutzproblematik; • steuerliche Entlastungen für private Waldbesitzer; • Entschärfung der Logistikprobleme durch Optimierung der Bahninfrastruktur, insbesondere von Verladebahnhöfen und der Aufstockung des Waggonbestands für Rundholztransporte sowie eine Tonnageanhebung von Lkw-Rundholztransporten auf 44 Tonnen. Keller Ministerin Endnote: 1 Errechnet aus den in Vorratsfestmetern angegebenen Ergebnissen der Dritten Bundeswaldinventur über den forstüblichen Faktor 0,8. 2 Vergleiche https://www.thueringen.de/th9/tmil/presse/pm/95239/index.aspx Zustand des Waldes in Thüringen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Endnote: