24.04.2019 Drucksache 6/7114Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 8. Mai 2019 Zur Rolle der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ("Financial Intelligence Unit", kurz FIU) bei der Bekämpfung von Geldwäsche - Klärung der Struktur und des Handlungsaufbaus der FIU Die Kleine Anfrage 3741 vom 5. März 2019 hat folgenden Wortlaut: Die Eindämmung von Geldwäsche ist ein zentrales Element im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus. Effektive staatliche Strukturen im Bereich der Geldwäschebekämpfung sind daher unverzichtbar für die innere Sicherheit, die Austrocknung der Schattenwirtschaft und die Eindämmung von Finanzkriminalität einschließlich schwerer Steuerhinterziehung. Deutschland hat mit dem am 26. Juni 2017 in Kraft getretenen "Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen" die Strukturen der Geldwäschebekämpfung neu geordnet. Infolge der Neuausrichtung der FIU ist es zu erheblichen Komplikationen bei der Erfüllung der ihr durch das Geldwäschegesetz zugewiesenen Aufgaben im Zusammenhang mit Geldwäscheverdachtsmeldungen gekommen, welche auch medial thematisiert wurden. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Stelle in Thüringen ist für den Erhalt von Geldwäscheverdachtsmeldungen von der FIU verantwortlich ? 2. Wie viele Mitarbeiter in Thüringen sind derzeit mit der Bearbeitung von Geldwäschedelikten betraut? 3. Wie wird nach Erhalt von Geldwäscheverdachtsmeldungen von der FIU in Thüringen grundsätzlich weiter mit den Meldungen verfahren? 4. Ist es bereits zu einer Platzierung von Verbindungsbeamten der FIU in mit Geldwäschebekämpfung betrauten Behörden in Thüringen gekommen? Falls ja, wie viele Beamte wurden platziert (bitte nach Behörde aufschlüsseln)? Falls nein, laufen für eine solche direkte Zusammenarbeit aktuell Vorbereitungen in Thüringen? 5. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen wurden von der FIU (alt beziehungsweise neu) nach Kenntnis der Landesregierung beziehungsweise ihr nachgeordneter Behörden in den Jahren 2016 bis 2018 monatlich jeweils an die zuständige Stelle in Thüringen übermittelt? Wie viele dieser Meldungen wiesen einen Bezug zur Terrorismusfinanzierung auf? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Hande (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7114 6. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen wurden von der FIU in den Jahren 2016 bis 2018 nach Kenntnis der Landesregierung beziehungsweise ihr nachgeordneter Behörden nicht fristgerecht an die zuständige Stelle in Thüringen übermittelt (sogenannte Fristfälle - bitte nach Monaten aufschlüsseln)? Um welche Volumina in Euro handelte es sich bei den Fristfällen jeweils? Wie viele der Fristfälle wiesen einen Bezug zur Terrorismusfinanzierung auf? 7. Wie viele Geldwäscheverdachtsmeldungen wurden von der FIU in den Jahren 2016 bis 2018 nach Kenntnis der Landesregierung beziehungsweise ihr nachgeordneter Behörden erst unmittelbar vor Fristablauf von der FIU an die (Strafverfolgungs-)Behörden übermittelt, sodass nicht mehr die Möglichkeit einer fristgerechten Vornahme strafprozessualer Sicherungsmaßnahmen bestand? 8. In wie vielen Fällen haben von der FIU in den Jahren 2016 bis 2018 an Thüringen weitergeleitete Geldwäscheverdachtsmeldungen zu weiterführenden Ermittlungen geführt (bitte nach Monaten aufschlüsseln )? Zu welchen Ergebnissen führten diese Ermittlungen im Detail? 9. Wie bewertet die Landesregierung beziehungsweise ihre nachgeordneten Behörden die Qualität der Analysetätigkeit der FIU mit Blick auf Geldwäscheverdachtsmeldungen aktuell? 10. Wie bewertet die Landesregierung die Neuausrichtung der Geldwäschebekämpfung nach 1,5 Jahren Erfahrung mit dem reformierten Modell? Wo sieht die Landesregierung aktuell weiteren Verbesserungsbedarf und welche konkreten Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um eine Verbesserung in der Zusammenarbeit mit der FIU zu erwirken beziehungsweise das Geldwäschemeldesystem zu stärken? Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 23. April 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Mit der Einrichtung der Financial Intelligence Unit (FIU) im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Finanzen bei der Generalzolldirektion (GZD), Direktion VIII (ZKA), Abteilung D, wurde das Verdachtsmeldewesen grundlegend reorganisiert (Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ). Seit dem 26. Juni 2017 werden ausnahmslos die Geldwäscheverdachtsmeldungen aller Verpflichteten nach § 2 Geldwäschegesetz (GwG) an die FIU übermittelt. Stellt diese Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen einen Zusammenhang mit Geldwäsche, mit Terrorismusfinanzierung oder mit einer sonstigen Straftat fest, übermittelt sie die Geldwäscheverdachtsmeldungen gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 GwG an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Zu 1.: In Thüringen werden durch die FIU alle Geldwäscheverdachtsmeldungen gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 GwG, die mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung im Zusammenhang stehen, an das Landeskriminalamt Thüringen/Gemeinsame Finanzermittlungsgruppe gemeldet. Gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 GwG übermittelt die FIU von Amts wegen Daten, soweit dies für Besteuerungsverfahren erforderlich ist. Diese Daten werden den zuständigen Steuerfahndungsstellen der Finanzämter übermittelt; in Thüringen sind in den Finanzämtern Gera und Gotha Steuerfahndungsstellen eingerichtet. Geldwäscheverdachtsmeldungen, deren Inhalt auf Schwarzarbeit und damit im Zusammenhang stehende Straftaten schließen lassen, werden an das Hauptzollamt Erfurt (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) übermittelt. Zu 2.: Zur effektiven Bekämpfung der Geldwäsche hat die Thüringer Polizei die aus Beamten des Zollfahndungsamtes Dresden und Beamten des Landeskriminalamts Thüringen bestehende Gemeinsame Finanzermittlungsgruppe eingerichtet. Geldwäscheverdachtsmeldungen mit dem Verdacht auf Terrorismusfinanzierung werden von der Abteilung Staatsschutz bearbeitet. 3 Drucksache 6/7114Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Nach sorgfältiger Abwägung ist die Thüringer Landesregierung zu der Auffassung gelangt, dass die Frage nach der Anzahl der Mitarbeiter für den polizeilichen Bereich nicht beantwortet werden kann. Eine Beantwortung ist gemäß Artikel 67 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen abzulehnen, wenn die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung nicht nur geringfügig beeinträchtigt werden. Der Funktionsfähigkeit der Landesregierung ist auch die Fähigkeit zur Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben der Behörden der Landesverwaltung zuzurechnen. Eine Beantwortung könnte die Fähigkeiten der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden, mit nachrichtendienstlichen beziehungsweise kriminalpolizeilichen Mitteln Informationen zu gewinnen, in erheblicher Weise negativ beeinflussen. Bei der thüringenweit für die Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsmeldungen zuständigen Staatsanwaltschaft Gera sind derzeit vier Dezernentinnen und Dezernenten mit einem Teil ihrer Arbeitskraft (zwischen einem Drittel und der Hälfte) mit der Bearbeitung von Geldwäschedelikten betraut. Zu 3.: Nach Eingang der Geldwäscheverdachtsmeldung im Landeskriminalamt Thüringen wird ein Clearingbericht erstellt und mit der Geldwäscheverdachtsmeldung sowie dem operativen Analysebericht der FIU an die Staatsanwaltschaft Gera übersandt. In dem Clearingbericht werden alle polizeilichen Erkenntnisse zum Sachverhalt sowie zu beteiligten Personen zusammengefasst und mit einem Fazit zur weiteren Entscheidung versehen. Die Staatsanwaltschaft Gera prüft, inwieweit erfolgversprechende Ermittlungsansätze bestehen und veranlasst gegebenenfalls weitere Ermittlungen. Sonst wird das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. Hinsichtlich der an die Steuerfahndungsstellen übersandten Meldungen wird geprüft, ob und inwieweit die enthaltenen Informationen für das Besteuerungsverfahren relevant sind. Nach Maßgabe der steuerrechtlichen und steuerstrafrechtlichen Vorschriften wird gegebenenfalls die Steuerfestsetzung geändert und ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Zu 4.: Nein; die entsprechenden Vorbereitungen dazu laufen aktuell. Zu 5.: Zu monatlichen Eingängen von Geldwäscheverdachtsmeldungen durch die FIU für die Jahre 2016 bis 2018 liegen der Landesregierung keine Statistiken vor. Nachstehend ist die Anzahl der bei der Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe und den Steuerfahndungsstellen eingegangenen Geldwäscheverdachtsmeldungen nach Jahren aufgezeigt: Jahr Geldwäscheverdachtsmeldungen, eingegangen bei Gemeinsame Finanzermittlungsgruppe Steuerfahndungsstellen 2016 745 54 2017 445 38 2018 615 38 Durch die bis zum 25. Juni 2017 beim BKA angesiedelte FIU (alt im Sinne der Fragestellung) wurden keine Meldungen an die Steuerfahndungsstellen übersandt. Vielmehr haben die Steuerfahndungsstellen entsprechende Informationen von der Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe erhalten. Die vorstehenden Angaben zu bei den Steuerfahndungsstellen eingegangenen Geldwäscheverdachtsmeldungen beinhalten daher bis 25. Juni 2017 auch Meldungen von der Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe. Keine der bei der Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe eingegangenen Geldwäscheverdachtsmeldungen wies einen Bezug zur Terrorismusfinanzierung auf. Den Finanzbehörden liegen zu den hier eingegangenen Geldwäscheverdachtsmeldungen keine Erkenntnisse über einen Bezug zur Terrorismusfinanzierung vor. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7114 Zu 6. und 7.: Die Fragen 6 und 7 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammenfassend beantwortet. Nicht fristgerecht übersandte Geldwäscheverdachtsmeldungen in sogenannten Fristfällen gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GwG werden im Landeskriminalamt Thüringen nicht statistisch erfasst. Gleiches gilt für die Geldsummen der angehaltenen Transaktionen. Übereinstimmend mit der Antwort zu Frage 5 hatte keiner der beim Landeskriminalamt Thüringen und der Staatsanwaltschaft Gera seit 2016 eingegangenen Fristfälle einen Bezug zur Terrorismusfinanzierung. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse dahingehend vor, dass aufgrund nicht fristgerechter Vorlage von Geldwäscheverdachtsmeldungen strafprozessuale Sicherungsmaßnahmen nicht mehr durchgeführt werden können. Zu 8.: Aufgrund der Vielzahl der geführten Verfahren ist weder zu der Anzahl der Verfahren, in denen weiterführende Ermittlungen geführt wurden, noch zu deren Ergebnissen eine Aussage möglich. Entsprechende statistische Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 9.: Im Verlauf der Übermittlung der Geldwäscheverdachtsmeldungen seit dem 26. Juni 2017 durch die FIU ist eine qualitative Verbesserung festzustellen. Im Informationsaustausch zwischen der FIU und den Landeskriminalämtern werden die Mindeststandards der operativen Analyse der FIU fortlaufend gesichert und erhöht. Zu 10.: Aus polizeilicher Sicht wird weiterhin Optimierungsbedarf gesehen. Nach Einschätzung des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales werden jedoch die Ablaufprozesse durch entsprechende Anpassungen sukzessive fortentwickelt beziehungsweise verbessert. Neben Workshops mit der FIU in Köln und dem Austausch erfahrener Geldwäscheermittler sowie wiederholt stattfindenden Telefonschaltkonferenzen finden zweimal jährlich Arbeitstreffen mit Strafverfolgungsbehörden und zwar unter anderem Vertretern der Landeskriminalämter, der Staatsanwaltschaften und des Bundeskriminalamts statt. Der neue Leiter der FIU besuchte im Rahmen seines Amtsantritts am 13. März 2019 das Landeskriminalamt Thüringen. Ferner werden bereits Hospitationen der Stammkräfte der FIU bei den Landeskriminalämtern durchgeführt. Lauinger Minister Zur Rolle der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen ("Financial Intel-ligence Unit", kurz FIU) bei der Bekämpfung von Geldwäsche - Klärung der Struk-tur und des Handlungsaufbaus der FIU Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6. und 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: