24.04.2019 Drucksache 6/7117Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 9. Mai 2019 Vergabeverfahren von öffentlichen Aufträgen in Thüringen - Teil I Die Kleine Anfrage 3687 vom 5. Februar 2019 hat folgenden Wortlaut: In einem Interview mit der Thüringer Allgemeinen Zeitung am 8. Januar 2019 hat der Präsident der Handwerkskammer Erfurt auf die ausufernde Bürokratie bei öffentlichen Aufträgen hingewiesen. Deshalb würden sich laut Berichterstattung die Handwerksunternehmen eher privaten Aufträgen zuwenden, als sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele öffentliche und beschränkte Ausschreibungen auf Landesebene wurden seit dem Jahr 2009 in Thüringen vorgenommen (bitte in Jahresscheiben auflisten)? 2. Wie viele Unternehmen haben sich seit dem Jahr 2009 auf eine öffentliche Ausschreibung beworben (bitte für jedes Jahr angeben)? 3. Sind der Landesregierung öffentliche oder beschränkte Ausschreibungsverfahren bekannt, an denen sich kein Unternehmen beworben oder ein Angebot abgegeben hat? Wenn ja, wie viele öffentliche und beschränkte Ausschreibungen waren davon betroffen und in welcher Höhe (bitte jedes Verfahren seit dem Jahr 2009 einzeln auflisten)? 4. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, soweit sich nach Frage 3 keine Unternehmen finden, die sich auf einen öffentlichen Auftrag bewerben? 5. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass das bestehende Thüringer Vergabegesetz (ThürVgG) keinerlei Einfluss auf das Ausbleiben von Bietern/Angeboten bei öffentlichen beziehungsweise beschränkten Ausschreibungen hat? 6. Wie oft wurde im Rahmen einer öffentlichen beziehungsweise beschränkten Ausschreibung auf Landesebene seit dem Jahr 2009 eine Beschwerde bei der Vergabestelle von Teilnehmern des Verfahrens eingereicht? 7. Wie viele Beanstandungen sind bei den Vergabestellen seit dem Jahr 2009 beziehungsweise gemäß § 19 Abs. 2 ThürVgG nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingegangen und wie oft ist die Nachprüfungsbehörde im Zuge von Beanstandungen tätig geworden? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Mohring (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7117 8. Wie viele Bieter wurden seit dem Jahr 2009 beziehungsweise gemäß § 15 ThürVgG nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen (bitte in Jahresscheiben auflisten)? 9. Wie hoch ist die Fallzahl bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, bei denen Sanktionen nach § 18 ThürVgG angedroht oder umgesetzt wurden (bitte die Anzahl seit dem Jahr 2015 in Jahresscheiben geordnet nach einzelnen Sanktionsmaßnahmen auflisten)? Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. April 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass keine Pflicht zur statistischen Erfassung der Vergabe aller europaweiten und nationalen öffentlichen Aufträge beziehungsweise damit im Zusammenhang stehender Daten besteht. Aus diesem Grund erfolgt keine durchgängige Erhebung aller Einzeldaten der Vergabeverfahren. Des Weiteren sind aufgrund der Aufbewahrungsfristen für das Schriftgut der Thüringer Landesverwaltung die Unterlagen für die Jahre 2009 bis 2013 vielfach nicht mehr vorhanden. Zudem hätte mangels einer Erhebungspflicht der Daten sowie einer nicht durchgängigen elektronischen Verwaltung der Unterlagen vielfach eine äußerst umfassende händische Überprüfung der Unterlagen zur Beantwortung der Fragen vorgenommen werden müssen, wobei das Erstellen einer vollständigen Gesamtübersicht aufgrund der Vielzahl der Verfahren (Sichtung mehrerer Tausend Vergabeakten) nur mit einem unzumutbaren Aufwand möglich gewesen wäre. Dies vorangestellt können die nachfolgenden Angaben nicht als vollständig im Sinne einer umfassenden Gesamtübersicht betrachtet werden. Aussagen beziehen sich ausschließlich auf Vergabeverfahren der unmittelbaren Landesverwaltung. Zu 1.: Nach den vorliegenden Informationen wurden öffentliche Ausschreibungen (im Folgenden "öA") und beschränkte Ausschreibungen (im Folgenden "bA") auf Landesebene (Unterschwellenbereich) seit dem Jahr 2009 in der Landesverwaltung wie folgt vorgenommen: Jahr Anzahl öA bA 2009 628 641 2010 602 655 2011 393 374 2012 504 351 2013 752 377 2014 750 347 2015 606 360 2016 762 408 2017 733 328 2018 788 363 Zu 2.: Nach den vorliegenden Informationen haben sich Unternehmen seit dem Jahr 2009 wie folgt auf eine öffentliche Ausschreibung auf Landesebene (Unterschwellenbereich) beworben: Jahr Anzahl der Unternehmen 2009 1.801 2010 1.407 2011 695 2012 755 2013 1.298 2014 1.761 2015 1.251 2016 1.501 3 Drucksache 6/7117Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Jahr Anzahl der Unternehmen 2017 1.290 2018 1.482 Zu 3.: Nach den vorliegenden Informationen sind folgende öffentliche Ausschreibungen oder beschränkte Ausschreibungen auf Landesebene (im Unterschwellenbereich) erfolgt, ohne dass sich darauf ein Unternehmen beworben oder ein Angebot abgegeben hat: Jahr Anzahl der öffentlichen oder beschränkten Ausschreibungen ohne Bieter öA bA 2009 8 2010 3 3 2011 9 6 2012 7 9 2013 29 2014 16 3 2015 9 1 2016 29 5 2017 26 3 2018 35 7 Jahr Summe der Auftragswerte der Ausschreibungen ohne Bieter in Tausend Euro* öA bA 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 30 2016 135 130 2017 150 38 2018 305 * Daten zu den Auftragswerten lagen angabegemäß vielfach nicht vor. Zu 4.: Teilweise ist die Ursache dafür, dass sich kein Unternehmen auf eine Ausschreibung beworben oder ein Angebot abgegeben hat, in der gegenwärtig sehr guten konjunkturellen Lage zu sehen. Dies trifft insbesondere für den Baubereich mit einer sehr guten Auftragslage zu. Dies führt dazu, dass die Kapazitäten der Unternehmen mit Aufträgen aus der Privatwirtschaft weitestgehend ausgelastet sind. Zudem gab es Fälle, in denen für eine Vielzahl an Ausschreibungen über ähnlich gelagerte Dienstleistungen lediglich ein "überschaubarer Bietermarkt" vorhanden war. Zu 5.: Nach den vorliegenden Erkenntnissen nimmt die Anzahl derjenigen Vergabeverfahren, bei denen Bieter beziehungsweise Angebote ausgeblieben sind, gemessen an der Anzahl der Gesamtvergaben einen verschwindend geringen Anteil ein. Dies wird durch das Evaluierungsgutachten zum Thüringer Vergabegesetz (Evaluierung des Thüringer Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge, Wegweiser GmbH Research & Strategie in Kooperation mit dem Forschungszentrum für Recht und Management öffentlicher Beschaf- 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7117 fung der Universität der Bundeswehr München) bestätigt. Danach haben sich seit dem Inkrafttreten des Thüringer Vergabegesetzes lediglich 16 Prozent der Unternehmen weniger oder gar nicht mehr um öffentliche Aufträge beworben. Von diesen Unternehmen gaben lediglich 11,2 Prozent an, dass ihnen der Aufwand für die Erbringung von Nachweisen zu hoch war. Zu 6.: Über die Anzahl der Beschwerden von Teilnehmern eines Vergabeverfahrens bei den Vergabestellen der Landesverwaltung im Rahmen einer öffentlichen beziehungsweise beschränkten Ausschreibung (Unterschwellenbereich ) seit dem Jahr 2006 liegen folgende Informationen vor: Jahr Anzahl öA bA 2009 bis 2018 17 Zu 7.: Bezüglich der Anzahl der Beanstandungen bei den Vergabestellen der Landesverwaltung im Zeitraum von 2009 bis zum 30. April 2011 (vor Inkrafttreten des Thüringer Vergabegesetzes) wurden elf Fälle gemeldet. Für den Zeitraum nach Inkrafttreten des Thüringer Vergabegesetzes wurden bei den Vergabestellen der Landesverwaltung gemäß § 19 Abs. 2 Thüringer Vergabegesetz insgesamt 13 Fälle gemeldet. Davon ist die Nachprüfungsbehörde in insgesamt neun Fällen tätig geworden. Zu 8.: Nach vorliegenden Informationen wurde folgende Anzahl an Bietern von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen : Jahr Ausgeschlossene Bieter - Anzahl - 2009 - 2010 - 2011 1 2012 18 2013 4 2014 1 2015 5 2016 1 2017 8 2018 7 Zu 9.: Aus dem Jahr 2016 wurde ein Fall gemeldet, in dem ein Verstoß gegen Verpflichtungen im Sinne von § 18 ThürVgG die Androhung oder Umsetzung der Sanktion einer fristlosen Kündigung oder den Ausschluss vom Vergabeverfahren für die Dauer von drei Jahren zur Folge hatte. In Vertretung Hoppe Staatssekretär Vergabeverfahren von öffentlichen Aufträgen in Thüringen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: