24.05.2019 Drucksache 6/7259Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 18. Juni 2019 Ärztliche Versorgung im Landkreis Altenburger Land Die Kleine Anfrage 3750 vom 6. März 2019 hat folgenden Wortlaut: Im ländlichen Raum Thüringens und somit auch im Landkreis Altenburger Land ist der Mangel an Ärztinnen und Ärzten besonders spürbar. Patientinnen und Patienten beklagen insbesondere lange Wartezeiten auf Termine bei bestimmten Fachärzten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Situation der vertragsärztlichen Versorgung im Landkreis Altenburger Land? 2. Wie viele Arztpraxen für Allgemeinmedizin, Facharztpraxen sowie Zahnarztpraxen gibt es aktuell im Landkreis Altenburger Land (bitte nach Gemeinden auflisten)? 3. Ist der Landesregierung bekannt, wie viele dieser Praxen derzeit keine neuen Patientinnen und Patienten aufnehmen und um welche Fachrichtungen es sich dabei handelt? 4. Wie viele Arztsitze sind derzeit im Landkreis Altenburger Land nicht besetzt, was sind die Gründe hierfür und um welche Fachrichtungen handelt es sich dabei? 5. Wie ist nach Kenntnis der Landesregierung die Altersstruktur der niedergelassenen beziehungsweise in Medizinischen Versorgungszentren tätigen Allgemeinmediziner, Fach- und Zahnärzte im Landkreis Altenburger Land? 6. Wie hat sich die Zahl der Haus-, Fach- und Zahnärzte im Landkreis Altenburger Land in den vergangenen fünf Jahren entwickelt, insbesondere wie viele Ärztinnen und Ärzte haben sich neu niedergelassen beziehungsweise sind in Medizinischen Versorgungszentren neu eingestellt worden, und welche Entwicklung lässt sich für die kommenden fünf Jahre erwarten? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 24. Mai 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung im Freistaat Thüringen obliegt gemäß § 75 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) grundsätzlich der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen. Die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen hat mit Unterstützung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung dabei K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Zippel (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7259 alle geeigneten finanziellen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten (§ 105 Abs. 1 SGB V). Diese ist auch verantwortlich für die Bedarfsplanung auf der Landesebene, die Wirtschaftlichkeitskontrolle der vertragsärztlichen Versorgung, die Organisation des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes und die Verteilung der Honorare an die Ärzte. Diese Aufgabe führt die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen in eigener Verantwortung durch. Eine fachliche Mitwirkung des Landes ist dabei gesetzlich nicht vorgesehen, sondern ausschließlich auf die Rechtsaufsicht beschränkt. In der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erfolgt die Steuerung des ärztlichen Angebots in erster Linie über die Bedarfsplanung und das Zulassungsrecht. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen (G-BA) wurde die Aufgabe übertragen, mittels einer Bedarfsplanungs- Richtlinie (BPL-RL) die Verteilung von Ärzten bevölkerungsbezogen im Raum zu regeln. In der Bedarfsplanungs-Richtlinie werden vor allem die räumlichen Bezüge der Planung und die Zahl der Ärzte festgelegt, die für die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung benötigt werden. Dies erfolgt über die Festlegung eines Verhältnisses von Einwohnern je Arzt. Aus dem Vergleich der Ist- und Sollzahlen berechnet sich der Versorgungsgrad. Ein Versorgungsgrad von 100 vom Hundert bedeutet, dass genau so viele Ärzte zugelassen sind, wie auch benötigt werden. Bei einem Versorgungsgrad von mehr als 110 vom Hundert ist Überversorgung anzunehmen. Ob eine Überversorgung besteht, wird vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgestellt. Ist dies der Fall ordnet der Landesausschuss Zulassungsbeschränkungen an und der betreffende Planungsbereich wird für Neuzulassungen gesperrt. Ärzte, die in eigener Praxis ambulant tätig werden und Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung behandeln möchten, können sich dann nur noch niederlassen, wenn sie die Praxis eines ausscheidenden Vertragsarztes übernehmen. Bei der Bedarfsplanung wird zwischen einer hausärztlichen, einer allgemeinen fachärztlichen, einer spezialisierten fachärztlichen sowie einer gesonderten fachärztlichen Versorgung unterschieden. Hausärzte werden wohnortnah und flächendeckend auf der Basis sogenannter Mittelbereiche geplant. Diese Definition geht zurück auf das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, welches Mittelbereiche für die Sicherstellung gleichwertiger Lebensbedingungen heranzieht. Ärzte der Allgemeinen Fachärztlichen Versorgung werden auf Grundlage von Landkreisen und kreisfreien Städten geplant, da hier eine weniger große räumliche Nähe zu den Versicherten/Patienten erforderlich ist als bei den Hausärzten. Ärzte in der Spezialisierten Fachärztlichen Versorgung sind Fachärzte mit vielen Subspezialisierungen (Fachinternisten), Arztgruppen mit einer geringen absoluten Anzahl (Kinder- und Jugendpsychiater) oder einer hohen Planbarkeit der Eingriffe (Anästhesisten, Radiologen). Aufgrund dieser planerischen Kriterien wurden größere Raumordnungsregionen herangezogen, die eine bedarfsgerechte Versorgung auch in diesen Bereichen sicherstellen sollen. Die Gesonderten Fachärzte sind häufig ohne Patientenkontakt tätig (Pathologen, Laborärzte). Auch ein sehr hoher Grad der Spezialisierung, der keine explizite wohnortnahe Vorhaltung erforderlich macht, da keine akuten Notfälle behandelt werden (Physikalische- und Rehamediziner, Nuklearmediziner, Strahlentherapeuten , Neurochirurgen, Humangenetiker, Transfusionsmediziner), ist ein Kriterium für diese Arztgruppe. Zu 1.: Die hausärztliche Versorgung im Landkreis unterteilt sich in die beiden Mittelbereiche Altenburg und Schmölln/ Gößnitz. Der Versorgungsgrad im Mittelbereich Altenburg liegt bei 109,5 Prozent, der Bereich ist partiell für einen hälftigen Versorgungsauftrag (hälftiger Arztsitz) geöffnet. lm Mittelbereich Schmölln/Gößnitz liegt der Versorgungsgrad bei 82,2 Prozent, dieser Bereich ist partiell für 4,5 Versorgungsaufträge geöffnet. Für den Mittelbereich Schmölln/Gößnitz wurde durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für das Jahr 2019 in absehbarer Zeit drohende Unterversorgung festgestellt. Für die allgemeine fachärztliche Versorgung sowie die spezielle fachärztliche Versorgung bestehen für jede Arztgruppe Zulassungsbeschränkungen, das heißt, der Versorgungsgrad liegt hier immer über 110 Prozent (Grenze zur Überversorgung). Im Bereich Altenburger Land ist nach der aktuellen Versorgungsgradfeststellung im Bereich der Zahnärzte ein Versorgungsgrad von 112,1 Prozent und somit eine Überversorgung gegeben. Im Bereich der kieferorthopädischen Versorgung liegt der Versorgungsgrad nach der aktuellen Versorgungsgradfeststellung bei 48,73 Prozent. Für eine 100-prozentige Versorgung fehlen somit zwei Kieferorthopäden. Patientinnen und Patienten aus dem Bereich des Landkreises Altenburger Land werden insbesondere durch eine im Bereich Ronneburg zugelassene Kieferorthopädin mitversorgt. Der Bereich Ronneburg zählt jedoch zum Planungsbereich Greiz und nicht zum Planungsbereich Altenburger Land. 3 Drucksache 6/7259Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 2.: Gemeinde Praxen für Allgemeinmedizin Facharztpraxen Praxen für haus- und fachärztliche Versorgung Zahnarztpraxen davon KFO Altenburg 10 50 7 26 2 Altkirchen 1 Dobitschen 1 Göhren 1 Gößnitz 2 2 Haselbach 1 Langenleuba-Niederhain 2 2 Lucka 2 2 3 Meuselwitz 5 5 6 Nobitz 3 2 Rositz 1 1 Schmölln 6 13 1 5 Starkenberg 1 1 Thonhausen 1 Treben 1 Windischleuba 1 1 1 Altenburger Land gesamt 36 72 8 51 2 Zu 3.: Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass Praxen derzeit keine neuen Patientinnen und Patienten aufnehmen. Auch der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen liegen für den Bereich der ärztlichen Versorgung keine Informationen vor, dass neue Patientinnen und Patienten in den Praxen nicht aufgenommen werden. Vereinzelt gibt es bei der Servicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen Nachfragen von Patientinnen und Patienten, die einen Facharzt suchen. Hier handelt es sich um Augenärzte, Orthopäden , Psychiater und Hausärzte. In diesen Fällen erhalten die Patienten eine Aufstellung der Anschriften der jeweiligen Fachärzte zwecks Terminvereinbarung. Eine Rückmeldung durch die Patientinnen und Patienten über eine nicht erfolgreiche Terminvereinbarung gab es bisher nicht. Der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Thüringen liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Zahnarztpraxen Patientinnen und Patienten nicht neu aufnehmen würden. Zu 4.: Die offenen Arztstellen im Landkreis Altenburger Land befinden sich in der hausärztlichen Versorgung, insoweit wird auf die Antwort zu Frage 1 hingewiesen. Nach Einschätzung der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen besteht trotz einer Förderung von 60.000 Euro für eine Praxisneugründung oder Praxisübernahme kein ausreichender Anreiz für junge Hausärzte, die nicht aus dieser Region stammen, in einer "ländlichen Region" mit fehlender Infrastruktur eine Praxis zu eröffnen beziehungsweise zu übernehmen. Für den zahnärztlichen Bereich wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Zu 5.: Altersstruktur Hausärzte GEMEINDE unter 35 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 über 75 GESAMT Altenburg 2 3 4 3 6 0 6 1 1 1 27 Göhren 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Gößnitz 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 2 Haselbach 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 Langenleuba-Niederhain 0 0 2 0 0 0 0 0 0 0 2 Lucka 1 0 0 1 1 1 0 0 0 0 4 Meuselwitz 0 0 0 0 1 2 2 0 1 0 6 Nobitz 0 1 0 1 1 0 2 0 0 0 5 Rositz 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 Schmölln 0 0 1 1 2 3 3 0 0 0 10 Starkenberg 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1 Treben 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 2 Windischleuba 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 3 4 7 6 12 9 18 1 2 1 63 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7259 Altersstruktur Fachärzte GEMEINDE unter 35 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 über 75 GESAMT Altenburg 0 8 16 12 19 15 17 3 1 2 93 Lucka 0 0 0 0 0 1 1 0 0 0 2 Meuselwitz 0 0 0 1 1 2 3 0 0 0 7 Schmölln 0 2 1 2 7 2 4 0 1 0 19 Thonhausen 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 Windischleuba 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 10 17 15 27 21 26 3 2 2 123 Für den Bereich der zahnärztlichen Versorgung konnten durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung Thüringen der Landesregierung keine belastbaren Daten zur Altersstruktur im Landkreis Altenburger Land vorgelegt werden. Zu 6.: Entwicklung der Haus- und Fachärzte im Altenburger Land (Stand: jeweils zum 31. Dezember) getrennt nach angestellten Ärzten (ANG), angestellten Ärzten in Medizinischen Versorgungszentren (ANG-MVZ), ermächtigten Ärzten (ERM) und zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassene Ärzte (ZUL): JAHR STATUS Hausärzte Fachärzte Gesamt ANG 4 7 11 ANG-MVZ 12 31 43 ERM 9 9 ZUL 47 63 110 ANG 2 12 14 ANG-MVZ 13 26 39 ERM 7 7 ZUL 48 67 115 ANG 3 10 13 ANG-MVZ 12 30 42 ERM 6 6 ZUL 48 65 113 ANG 1 13 14 ANG-MVZ 16 34 50 ERM 7 7 ZUL 46 59 105 ANG 3 16 19 ANG-MVZ 17 39 56 ERM 7 7 ZUL 42 59 101 2014 2015 2016 2017 2018 Eine Einschätzung der möglichen Entwicklung für die nächsten vier Jahre wird jährlich durch den hierfür zuständigen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Thüringen getroffen. Diese prospektivische Betrachtung beinhaltet auch die Feststellung einer drohenden Unterversorgung. Insofern wird auch auf die Antwort zu Frage 1 hingewiesen. Neuniederlassungen in der zahnärztlichen Versorgung im Bereich des Altenburger Landes in den vergangenen Jahren: Jahr neue Niederlassungen neue Anstellungen neue MVZ 2014 1 0 0 2015 3 0 0 2016 3 0 0 2017 1 4 0 2018 1 2 0 Werner Ministerin Ärztliche Versorgung im Landkreis Altenburger Land Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: