12.06.2019 Drucksache 6/7367Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 1. Juli 2019 Politische Bildung in Thüringen - Teil II Die Kleine Anfrage 3822 vom 4. April 2019 hat folgenden Wortlaut: Sozialkunde ist das Kernfach der politischen Bildung in den Thüringer Schulen. Im Sozialkundeunterricht sollen unter anderem die politische Urteilskompetenz sowie die politische Handlungskompetenz erworben beziehungsweise erweitert werden. Das Fach fördert die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu mündigen und selbstbestimmt handelnden Bürgerinnen und Bürgern im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Dem Unterrichtsfach kommt damit eine besondere Bedeutung zu. Demokratie braucht politische Bildung. Thüringen hat daher, nicht zuletzt im vergangenen Jahr, die Demokratiebildung zum Thema der Präsidentschaft in der Kultusministerkonferenz gemacht. Die Bedeutung politischer Bildung stellt insbesondere die Europarats-Charta "Education for Democratic Citizenship and Human Rights Education" heraus. Danach sollen auch außerschulische Akteure, wie Nichtregierungs- und Jugendorganisationen, bei der Vermittlung der Demokratie- und Menschenrechtsbildung stärker einbezogen und unterstützt werden. Zu bedenken gibt es bei alledem jedoch, dass Thüringen nach einer Studie der Universität Bielefeld, die Gegenstand der Medienberichterstattung war, eklatante Defizite bei der politischen Bildung hat. Im Hinblick auf die reine Stundentafelquote sei Thüringen mit nur einer Wochenstunde Sozialkunde im Lehrplan Schlusslicht in Deutschland . Der Inhaber der Professur für Didaktik der Politik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und zweiter Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung e. V. in Thüringen forderte in diesem Zusammenhang den Thüringer Lehrplan um eine weitere Wochenstunde im Fach Sozialkunde zu erweitern. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche außerschulischen Akteure politischer Bildung - sowohl staatliche als auch Nichtregierungs- und Jugendorganisationen und andere - mit Tätigkeitsfeldern im Freistaat Thüringen sind der Landesregierung bekannt (es wird um Nennung der relevanten Akteure außerschulischer politischer Bildung in alphabetischer Reihenfolge nebst Standort gebeten)? 2. Welche außerschulischen Akteure politischer Bildung werden durch den Freistaat Thüringen im aktuellen Haushaltsjahr strukturell sowie projektbezogen finanziell gefördert (es wird um Nennung der jeweiligen Akteure nebst Benennung der Fördersumme sowie gegebenenfalls konkret des geförderten Projekts gebeten)? 3. Welche über eine etwaige finanzielle Förderung hinausgehenden Maßnahmen werden unternommen, um die Arbeit und insbesondere die Einbeziehung außerschulischer Akteure politischer Bildung zu unterstützen ? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Tischner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7367 4. Wie ist die Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Akteuren im Freistaat Thüringen geregelt? 5. Wie werden seitens der Landesregierung, mit Blick auf den Beutelsbacher Konsens, Pluralismus und Überparteilichkeit der politischen Bildung sichergestellt? 6. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zum in der Studie der Universität Bielefeld analysierten Stellenwert der politischen Bildung in Schulen und die darin offenkundig gewordenen Defizite in Thüringen? 7. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Forderung der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung e. V. in Thüringen nach einer weiteren Wochenstunde im Fach Sozialkunde wie sie der Medienberichterstattung zu entnehmen war? Das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 12. Juni 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Außerschulische Akteure sind insbesondere im Bereich der politischen Bildung wichtige Partner für Thüringer Schulen. Durch diese Partnerschaften werden unterrichtsbegleitende Schulprojekte im Sinn des demokratischen Bildungs- und Erziehungsauftrags (§ 2 Thüringer Schulgesetz -ThürSchulG-) vielgestaltig in Thüringer Schulen entwickelt und durchgeführt. Anhand der nachfolgenden Übersicht sind relevante Partner der politischen Bildung im außerschulischen Bereich dargestellt. Außerschulische Akteure politischer Bildung mit Tätigkeitsfeldern in Thüringen Träger Standort Arbeit und Leben Thüringen e. V. Erfurt Arbeiter-Samariter-Jugend Gera AWO Regionalverband Mitte-West e.V. Weimar Bildungswerk Blitz e. V. – Tagungsstätte Hütten Hütten Bistum Erfurt Erfurt, Heiligenstadt Bund der Deutschen Katholischen Jugend Thüringen e. V. Erfurt Bund Deutscher Pfadfinderinnen Landesverband Thüringen e. V. Jena Bund Evangelische Jugend in Mitteldeutschland Neudietendorf BUNDjugend Thüringen Erfurt cultures interactive e. V. Berlin und Weimar DGB Bildungswerk e.V. Erfurt DGB-Jugend Thüringen Erfurt Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar Weimar Europäisches Jugendbildungszentrum im Kloster Volkenroda Volkenroda Flüchtlingsrat Thüringen e.V. Erfurt Förderverein Demokratisch Handeln e. V. Jena Internationale Jugendbegegnungsstätte Stiftung Gedenkstätten Buchenwald Weimar Johanniter-Jugend Erfurt Jugendherbergen in Thüringen Thüringen Jugendrotkreuz Thüringen Erfurt JugendSozialwerk Nordhausen e. V. Nordhausen KIEZ Ferienpark Feuerkuppe e. V. Straußberg Kinder- und Jugendpfarramt der EKM Magdeburg Kindersprachbrücke Jena e.V. Jena Kindervereinigung Weimar e. V. Weimar Landesfilmdienst Thüringen e. V. Erfurt Landesjugendring Thüringen e.V. Erfurt 3 Drucksache 6/7367Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Träger Standort Landesjugendwerk der AWO Erfurt Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung Thüringen e. V Erfurt Landjugendverband Thüringen e.V. Erfurt Landeszentrale für politische Bildung Erfurt MOBIT e.V. Erfurt Naturfreundejugend Thüringen Erfurt Naturschutzjugend Thüringen Leutra SJD – Die Falken Landesverband Thüringen Erfurt Tagungshaus Rittergut e. V. Lützensömmern Thüringer Jugendfeuerwehr Erfurt Thüringer Landestrachtenverband e. V. Günthersleben-Wechmar Thüringer Sportjugend im Landessportbund Thüringen e. V. Erfurt toolpool Erfurt Vertretung Thüringer Pfadfinderverbände Bad Blankenburg Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V. Frankfurt am Main Zu 2.: In der nachfolgenden (alphabetischen) Übersicht sind die außerschulischen Akteure der politischen Bildung für Thüringen aufgelistet, welche im aktuellen Haushaltsjahr strukturell beziehungsweise projektbezogen durch die Landesregierung finanziell unterstützt werden. Träger Projekt Standort Fördersumme in Euro Arbeit und Leben Thüringen e. V. Für Demokratie Courage zeigen (NDC) Erfurt 353.129 Arbeit und Leben Thüringen e. V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Erfurt 15.000 Arbeit und Leben Thüringen e.V. YourVoice Erfurt 50.000 Arbeiter-Samariter-Jugend Jugendverbandsarbeit Gera 34.832 AWO Regionalverband Mitte- West-Thüringen e.V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Weimar 20.000 Bund der Deutschen Katholischen Jugend Thüringen e. V. Jugendverbandsarbeit Erfurt 146.566 Bund Deutscher PfadfinderInnen Landesverband Thüringen e. V. Jugendverbandsarbeit Jena 36.638 Bund Evangelische Jugend in Mitteldeutschland Jugendverbandsarbeit Neudietendorf 294.158 BUNDjugend Thüringen Jugendverbandsarbeit Erfurt 33.035 cultures interactive e. V. Qualitätssicherung, Teamkoordination und -entwicklung für sekundär -präventive Jugendkulturprojekttage Berlin und Weimar 24.406 cultures interactive e.V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Berlin und Weimar 60.000 DGB-Jugend Thüringen Jugendverbandsarbeit Erfurt 82.704 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7367 Träger Projekt Standort Fördersumme in Euro Europäische Jugendbildungsund Jugendbegegnungsstätte Weimar Festigung und Ausbau des SchülerInnennetzwerkes "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage in Thüringen Weimar 141.446 Europäische Jugendbildungsund Jugendbegegnungsstätte Weimar Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Weimar 50.000 Förderverein Demokratisch Handeln e.V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Jena 5000 Förderverein Demokratisch Handeln e.V. Thüringen 19_19 Jena 150.000 Johanniter-Jugend Jugendverbandsarbeit Erfurt 37.003 Jugendrotkreuz Thüringen Jugendverbandsarbeit Erfurt 59.053 JugendSozialwerk Nordhausen e. V. Coole Schule Nordhausen 50.000 JugendSozialwerk Nordhausen e. V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Nordhausen 30.000 KIEZ Ferienpark Feuerkuppe e. V. SELBST-verständl-ICH Straußberg 50.000 Kinder- und Jugendpfarramt der EKM Schule als Lebensort - Gesundheit Neudietendorf 50.000 Kindersprachbrücke Jena e.V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Jena 60.000 Kindervereinigung Weimar e. V. Zirkus für alle Weimar 50.000 Landesfilmdienst Thüringen e.V. Kultur des Zusammenlebens Erfurt 50.000 Landesjugendring Thüringen e. V. Jugendverbandsarbeit Erfurt 306.200 Landesjugendwerk der AWO K.alle Erfurt 50.000 Landesjugendwerk der AWO Jugendverbandsarbeit Erfurt 53.780 Landesvereinigung kulturelle Jugendbildung Thüringen e. V. Außerschulische/kulturelle Jugendbildung Erfurt 188.000 Landjugendverband Thüringen e. V. Jugendverbandsarbeit Erfurt 5.456 Naturfreundejugend Thüringen Jugendverbandsarbeit Erfurt 53.973 Naturfreundejugend Thüringen Landaktiv Erfurt 50.000 Naturschutzjugend Thüringen Jugendverbandsarbeit Leutra 39.255 SJD - Die Falken Landesverband Thüringen Jugendverbandsarbeit Erfurt 41.844 Thür. Jugendfeuerwehr Jugendverbandsarbeit Erfurt 66.510 Thüringer Landestrachtenverband e. V. Jugendverbandsarbeit Günthersleben - Wechmar 14.289 Thüringer Sportjugend im Landessportbund Thüringen e. V. Jugendverbandsarbeit Erfurt 246.569 toolpool Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Erfurt 30.000 Vertr. Thür. Pfadfinderverbände Jugendverbandsarbeit Bad Blankenburg 46.949 Zentrale Wohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. Fortbildungsangebot im Thüringer Landesprogramm für Demokratie , Weltoffenheit und Toleranz Frankfurt am Main 20.000 5 Drucksache 6/7367Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 3.: Die Landesregierung hat gegenüber den Staatlichen Schulämtern (SSÄ) die verstärkte Kooperation mit außerschulischen Akteuren politischer Bildung in Thüringen angeregt. Dem entsprechend wurden von den Staatlichen Schulämtern bestehende Kooperationsvereinbarungen mit Trägern von außerschulischen Bildungsangeboten weiter entwickelt und neue Kooperationsvereinbarungen je Schulamtsbereich abgeschlossen . Die SSÄ haben Kooperationsvereinbarungen beispielsweise mit folgenden außerschulischen Akteuren politischer Bildung in Thüringen: - Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, - Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstraße in Erfurt, - Stiftung Point Alpha in Geisa, - Grenzlandmuseum Eichsfeld, - Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth, - Grenzmuseum Schifflersgrund. Mit diesen Kooperationsvereinbarungen zwischen den SSÄ und außerschulischen Akteuren beziehungsweise Lernorten der politischen Bildung in Thüringen wird die Umsetzung folgender schulbezogener Maßnahmenfelder angestrebt: - Besuch von Schulklassen, Schülergruppen und Lehrkräften im jeweiligen außerschulischen Lernort, - Zusammenarbeit im Bereich der Lehrerbildung auf der Grundlage des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes (ThürLBG), - Entwicklung von Schulprojekten in Zusammenarbeit je SSA und dem jeweiligen außerschulischen Lernort in Thüringen. Darüber hinaus hat die Landesregierung zur verstärkten Einbeziehung und Nutzung von Angeboten außerschulischer Akteure und Lernorte die Broschüre "Gedenkstätten und weitere außerschulische Lernorte in Thüringen sowie Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für Schulen" in Zusammenarbeit mit dem Thüringer Geschichtsverbund (Arbeitsgemeinschaft zur Aufarbeitung der SED-Diktatur) entwickelt und veröffentlicht . Diese Angebote* nutzen Schulen für Projekte zur politischen Bildung und Demokratieerziehung. Zu 4.: § 2 ThürSchulG (Gemeinsamer Auftrag für die Thüringer Schulen) bestimmt: "(3) Bei der Gestaltung des Erziehungs- und Schulwesens wirken das Land, die kommunalen Gebietskörperschaften und die freien Schulträger mit den Eltern, den Lehrern, den Erziehern, den Sonderpädagogischen Fachkräften, den Schülern, den Mitarbeitern von öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie weiteren Vertretern von Einrichtungen, die an der schulischen oder außerschulischen Bildung und Erziehung beteiligt sind, zusammen. (4) Der Bildungs- und Erziehungsauftrag verpflichtet die Schulen insbesondere bei der Einschulung, beim Schulwechsel und beim Übergang in die weiterführenden Schulen zu einer engen Zusammenarbeit untereinander sowie mit den vorschulischen Einrichtungen und mit außerschulischen Einrichtungen, die an der Bildung und Erziehung beteiligt sind." Nach § 56 Abs. 1 ThürSchulG bedürfen Veranstaltungen nicht zur Schule gehörender Personen, wie Vorträge , Lichtbild- und Filmvorführungen in der Schule, der Genehmigung der Schulleiterin oder des Schulleiters . Über Informationsbesuche nicht zur Schule gehörender Personen im Unterricht entscheidet ebenfalls die Schulleiterin oder der Schulleiter. Dabei handelt es sich um Ermessensentscheidungen, wobei die Schulleiterin oder der Schulleiter neben dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag nach § 2 Abs. 1 ThürSchulG (welcher auch die Leitgedanken des Beutelsbacher Konsenses mitumfasst) auch den Schulfrieden , den geordneten Schulbetrieb und Rechte des Einzelnen berücksichtigen muss (vergleiche § 33 Abs. 1 ThürSchulG). Bei Gefährdung oder Störung dieser Schutzgüter ist die Schulleiterin oder der Schulleiter berechtigt , Veranstaltungen externer Personen zu untersagen und den Zugang zu der Schule zu verwehren. Um die Durchführung einer Veranstaltung oder eines Informationsbesuchs im Sinne von § 56 Abs. 1 Thür- SchulG sicherzustellen, sind Vertreterinnen und Vertreter externer Organisationen gehalten, mit einem pädagogisch durchdachten und schulrechtlich zulässigen Konzept an die jeweilige Schule rechtzeitig heranzutreten . Die Schule hat in jedem Fall dafür Sorge zu tragen, dass es nicht zu einer unzulässigen Werbung im Sinne des § 56 Abs. 3 ThürSchulG und nicht zur Verteilung von ungeeigneten Druckschriften im Sinne des § 56 Abs. 4 ThürSchulG kommt. 6 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7367 Die Ausgestaltung und Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags übernehmen die Schulen in Thüringen eigenverantwortlich (vergleiche § 40b Abs. 1 ThürSchulG). Sie können daher auch externe Partner, wie zum Beispiel Vereine, Gewerkschaften oder Wissenschaftler, zur Unterstützung selbständig heranziehen . Diesbezüglich trifft die Schulkonferenz der jeweiligen Schule nach § 38 Abs. 5 Nr. 9 ThürSchulG verbindliche Entscheidungen. Ihr obliegt es, über die Zusammenarbeit mit außerschulischen Einrichtungen und Institutionen im Rahmen von Projekten zur Öffnung von Schule gegenüber ihrem sozialen Umfeld unter Berücksichtigung der gegebenen sächlichen Voraussetzungen zu entscheiden. Zu 5.: Der Beutelsbacher Konsens enthält einen Minimalkonsens hinsichtlich der theoretischen Grundlagen der politischen Bildung in Deutschland, welcher auf drei Elementen fußt: - Überwältigungsverbot (keine Indoktrination); - Beachtung kontroverser Positionen in Wissenschaft und Politik im Unterricht; - Befähigung der Schülerinnen und Schüler, in politischen Situationen ihre eigenen Interessen zu analysieren . Für Thüringen ergibt sich dieser staatliche Bildungsauftrag im Bereich der politischen Bildung aus § 2 Abs. 1 ThürSchulG. Danach sind wesentliche Ziele der Schule unter anderem die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Vorbereitung auf das Berufsleben sowie die Befähigung zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zur Mitgestaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Dadurch sollen die Schülerinnen und Schüler vorbereitet werden, Aufgaben in Familie, Gesellschaft und Staat zu übernehmen. Die drei Elemente des Beutelsbacher Konsenses finden sich somit vollständig im Bildungsauftrag wieder. Nach § 40 b Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG gestaltet die Schule den Unterricht, die Erziehung und das Schulleben im Rahmen der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eigenverantwortlich. Die Wahrung des Beutelsbacher Konsenses in schulischen Angeboten ist Dienstaufgabe aller Lehrerinnen und Lehrer. Verstöße werden schulaufsichtlich geprüft und entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Veranstaltungen und Informationsbesuche Dritter im Sinne von § 56 Abs. 1 ThürSchulG sind durch die Lehrerinnen und Lehrer im Unterricht gründlich vor- und nachzubereiten. Die Ausgewogenheit des Unterrichts ist zu gewährleisten. Hierzu regelt § 5 der Dienstordnung für Lehrer, Erzieher und Sonderpädagogische Fachkräfte an den staatlichen Schulen in Thüringen, dass Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher sowie Sonderpädagogische Fachkräfte ihre Aufgaben unparteiisch wahrzunehmen haben. Sie sind in ihrem Unterricht zur ausgewogenen Darstellung verpflichtet. Strittiges muss auch im Unterricht kontrovers vorgestellt werden. Nach Absatz 3 ist eine Verletzung der Empfindungen Andersdenkender zu vermeiden. Der Beutelsbacher Konsens bindet nicht die Schulen in freier Trägerschaft. Diese können aufgrund ihrer Methodenfreiheit nicht zur Beachtung staatlicher Lehrgrundsätze gezwungen werden. Sie dürfen nur nicht hinter den staatlichen Lehrzielen zurückstehen. Da es sich beim Beutelsbacher Konsens jedoch nicht um ein Bildungsziel handelt, kann seine Einhaltung an Schulen in freier Trägerschaft nicht "überwacht" oder "sichergesellt" werden. Zu 6.: Die obige Studie von Bielefelder Sozialwissenschaftlern "Ranking Politische Bildung 2018" kommt laut Pressemitteilung der Universität Bielefeld (veröffentlicht am 26. März 2019) zu folgendem Ergebnis: "Die Gruppe der Bundesländer, die am wenigsten Zeit für Politische Bildung vorsehen, hat sich gegenüber dem Ranking 2017 nicht verändert: Bayern, Thüringen, Berlin und Rheinland-Pfalz bilden noch immer die Schlusslichter" im länderübergreifenden Vergleich. Die Forschenden hatten die Stundentafeln für Schulen der 16 Bundesländer hinsichtlich der Anzahl von Unterrichtsstunden im gesellschaftswissenschaftlichen Lernbereich (unter anderem Geschichte, Geografie, Sozialkunde, Ethik, Religion) miteinander verglichen und gemeint, das "Leitfach der Politischen Bildung" in Thüringen sei "Sozialkunde". Tatsächlich existiert in Thüringen kein sogenanntes Leitfach Politische Bildung. Denn die politische Bildung in Thüringer Schulen ist eine Querschnittsaufgabe - sowohl im gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld mit den Fächern Geschichte, Geografie, Sozialkunde, Ethik, evangelische und katholische Religion sowie Wirtschaft und Recht und deren kompetenzorientierten Lehrplaninhalten als auch in der fächerübergreifenden Verantwortung von Schule im Prozess der demokratischen Bildung und Erziehung. Die quantitative Aufrechnung und der daraus abgeleitete Vergleich von Unterrichtsstundenzahlen im gesellschaftswissenschaftlichen Lernbereich greifen zu kurz und führen zu irritierenden Schlussfolgerungen. Denn die unterschiedliche Datengrundlage der 16 Bundesländer , von denen die Bielefelder Sozialwissenschaftler ausgehen, ist für eine qualitative Vergleichbarkeit der 7 Drucksache 6/7367Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode politischen Bildung in Schule und Unterricht ungeeignet. Nicht in allen Bundesländern gibt es laut Stundentafel für Schulen vergleichbare Fächer im gesellschaftswissenschaftlichen Lernbereich. Das zeigt sich nicht zuletzt an den unterschiedlichen Unterrichtsfachbezeichnungen der Länder: Politikwissenschaft, Gemeinschaftskunde , Politik, Politische Bildung, Sozialwissenschaften, Sozialkunde. Eine quantitative Vergleichbarkeit der Fächer des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs, die qualitative Lerngegenstände der Lehrpläne in fachbezogener und fächerübergreifenden Hinsicht sowie Schulprojekte zum Demokratie-Lernen (zum BeispielJugend debattiert, Service-Lernen, Gedenkstättenfahrten) nicht in die Analyse einschließt, ist daher zu hinterfragen. Aus fachdidaktischer und fachmethodischer Sicht hat sich in Thüringer Schulen bewährt, dass der fächerübergreifende Charakter des gesellschaftswissenschaftlichen Bereiches als geeigneter Zugang zur Entwicklung von multiperspektivischen Kompetenzen sowie zur Förderung von Kompetenzen zur Toleranz-, Kritik- und Konfliktfähigkeit bei Schülerinnen und Schülern angenommen wird. Die aktuelle Bielefelder Studie berücksichtigt weder die Qualität des Unterrichts im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich an Thüringer Schulen noch die Bedeutung fächerübergreifender Auseinandersetzung mit Gegenständen der politischen Bildung, insbesondere Demokratieprojekte und Gedenkstättenfahrten von Schulen werden nicht in die Untersuchung einbezogen. Für Thüringer Schulen bleibt die Demokratiebildung und -erziehung eine Querschnittaufgabe, welche mehr umfasst als das Fach Sozialkunde. Zu 7.: Die Landesregierung hat im Rahmen der Werkstattgespräche mit Thüringer Schulleiterinnen und Schulleitern , mit Lehrkräften, Schülersprechern und Elternvertretern unter anderem auch über den oben genannten Vorschlag der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung e.V. in Thüringen diskutiert. Im Ergebnis dieser Gespräche wurden Empfehlungen für die künftige Entwicklung der Thüringer Schulen in "Der Thüringenplan . Für eine gute Zukunft unserer Schulen" formuliert und im Mai 2018 veröffentlicht. Hierin wurde unter der Überschrift "Aufstockung von Fachunterrichtsstunden zu lehrplanbezogenen Themen der politischen Bildung und Demokratieerziehung" (ebd. S. 58) Folgendes dargelegt: "2018 wird eine Prüfung durchgeführt mit dem Ziel, bei einer Änderung der Stundentafel die politische Bildung für weiterführende Schulen als Querschnittsaufgabe zu verstärken. Hierbei ist die Schulordnung zu ändern und sind Lehrpläne, Fortbildungsangebot und Neueinstellungen anzupassen. Bei der Umsetzung handelt es sich also um einen Prozess, für den mehrere Jahre zu veranschlagen sind." Es sind zurzeit Fragen zur Folgeabschätzung bei Änderungen der Rahmenstundentafel im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich zu klären. Die Vorausetzungen für die Ermöglichung einer weiteren Unterrichtsstunde im Fach Sozialkunde sind dabei zu prüfen. Holter Minister Endnote: * Vergleiche http://www.tmbjs.de/lernorte. Politische Bildung in Thüringen - Teil II Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Endnote: