16.07.2019 Drucksache 6/7474Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 24. Juli 2019 Umweltkriminalität in Thüringen - nachgefragt Die Kleine Anfrage 3910 vom 29. Mai 2019 hat folgenden Wortlaut: Aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage 3665 (vergleiche Drucksache 6/7250) ergibt sich, dass die Auf klärungsquoten bei den Straftaten gegen die Umwelt (§§ 324, 324a, 325 bis 330a Strafgesetzbuch [StGB]) und hier vor allem in den Bereichen der Bodenverunreinigung (§ 324a und § 324a in Verbindung mit § 330 StGB) und der Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen sind. Außerdem kann der Kleinen Anfrage entnommen werden, dass von zwei Fällen des unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern (§ 328 StGB), die im Jahr 2017 be gangen wurden, nur ein Fall aufgeklärt werden konnte. Ich frage die Landesregierung: 1. Beabsichtigt die Landesregierung Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufklärungsquoten bei den oben ge nannten Delikten zu erhöhen? Falls ja, welche konkreten Maßnahmen sind hierfür geplant? Falls nein, aus welchem Grund werden hierfür keine Maßnahmen ergriffen? 2. Was sind aus Sicht der Landesregierung die Hauptgründe dafür, dass die Aufklärungsquoten bei den oben genannten Delikten seit dem Jahr 2009 so deutlich gesunken sind? 3. Wie viele Messstationen zur Ermittlung von Gewässerverunreinigungen sind gegenwärtig im Freistaat Thüringen aufgestellt und wo befinden sich diese? 4. Durch welche der in Frage 3 abgefragten Messstationen wurden die höchsten Gewässerverunreinigungen registriert (bitte aufschlüsseln nach der jeweiligen Messstation sowie der festgestellten Verunreinigung)? 5. Ist die Dichte an Messstationen zur Ermittlung von Gewässerverunreinigungen nach Ansicht der Lan desregierung gegenwärtig ausreichend, um einen effektiven Umweltschutz zu gewährleisten? Falls ja, wie begründet die Landesregierung ihre Position? Falls nein, beabsichtigt die Landesregierung die Auf stellung zusätzlicher Messstationen im Freistaat Thüringen? 6. Was waren die genauen Details und Hintergründe des unaufgeklärten Vorfalls des unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen und anderen gefährlichen Stoffen und Gütern gemäß § 328 StGB im Jahr 2017, und um welchen Stoff handelte es sich hierbei genau? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7474 Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 11. Juli 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Mit dem in der Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage 3665 benannten Gemeinsamen Runderlass des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, des Thüringer Ministeriums für Inne res und Kommunales, des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie und des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz ist beabsichtigt, die Bekämpfung der Um weltkriminalität unter Nutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu optimieren und zu intensivieren. Zu 2.: Die Aufklärungsquoten sowohl im Bereich der Umweltstraftaten insgesamt als auch speziell in den Berei chen der Boden und Gewässerverunreinigung (PKSSchlüssel 676010 beziehungsweise 676100) unterlie gen in dem Betrachtungszeitraum von zehn Jahren Schwankungen. Vor dem Hintergrund geringer Fallzah len in den einzelnen Deliktbereichen der Umweltkriminalität wirkt sich bereits ein geklärter beziehungsweise nicht geklärter Fall unmittelbar auf die Aufklärungsquote aus. Zu 3.: Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz betreibt keine Messstationen. Es existieren lediglich Messstellen im Rahmen der Gewässerüberwachung nach der Oberflächengewässerverordnung. An diesen Messstellen erfolgt ein turnusmäßiges Monitoring anhand von Einzelproben vor Ort. Diese dienen nicht explizit zur Ermittlung von Gewässerverunreinigungen im Sinne des § 324 Strafgesetz buch (StGB). Nach der aktuellen Gewässerüberwachungskonzeption für die Jahre 2017 bis 2022 gibt es insgesamt bis zu 564 Messstellen, davon • 9 ÜberblicksMessstellen an den größeren Flüssen und den Saaletalsperren, • 343 operative Messstellen sowie • eine variierende Anzahl sogenannter Ermittlungsmessstellen für spezielle wasserwirtschaftliche Frage stellungen. Außerdem wurden 220 Messstellen im Landesmessnetz Grundwasserbeschaffenheit eingerichtet und zu sätzlich Daten von circa 1.200 Rohwasserentnahmestellen der Wasserversorger für Nitratberichte genutzt. Zu 4.: Auf die Beantwortung der Frage 3 wird verwiesen. Eine Statistik im Sinne der Fragestellung, die eine Zu ordnung zu einzelnen Messstationen beziehungsweise Messstellen ermöglicht, liegt nicht vor. Im Rahmen der Gewässerüberwachung in Oberflächengewässern wurden folgende Überschreitungen von Umweltqualitätsnormen gemäß Oberflächengewässerverordnung im Untersuchungszeitraum von 2014 bis 2018 festgestellt. Diese Überschreitungen müssen nicht auf Gewässerverunreinigungen im Sinne des § 324 StGB beruhen. Stoff Anzahl der Messstellen mit Überschreitungen im Oberflächenwasser nach Anlage 8 Oberflächengewässerverordnung Nitrat 10 Cadmium * 1 Nickel * 2 Dichlorvos * 3 Perfluoroktansulfansäure * 15 Fluoranthen * 4 Benzo[a]pyren * 31 Benzo[b]fluoranthen (*, **) 5 Benzo[g,h,i]perylen (*, **) 10 Benzo[k]fluoranthen (*, **) 1 3 Drucksache 6/7474Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Stoff Anzahl der Messstellen mit Überschreitungen im Oberflächenwasser nach Anlage 6 Oberflächengewässerverordnung Silber * 4 Selen * 1 Bentazon (*, **) 2 Diflufenican (*, **) 4 Dimethoat (*, **) 1 Omethoat (*, **) 1 Flufenacet (*, **) 4 Imidacloprid (*, **) 2 Metolachlor (*, **) 1 Nicosulfuron (*, **) 4 Terbutylazin (*, **) 1 * JDK Jahresdurchschnittskonzentration (Mittelwert aus den Untersuchungen eines Jahres in der Regel 8 bis 12 Untersuchungen) ** ZHK Zulässige Höchstkonzentration (Einzelwert, das heißt diese Konzentration darf bei keiner Untersuchung überschritten werden) *, ** es gelten zwei Anforderungen (JDK und ZHK) An circa zehn Prozent der Messstellen für Grundwasser wird der Grenzwert für Nitrat von 50 Milligramm pro Liter überschritten. Weniger als fünf Prozent der entnommenen Proben überschreiten den Grenzwert der Trinkwasserverordnung von 0,1 Mikrogramm/Liter für Pflanzenschutzmittel. Werte für Pharmaka größer 0,1 Mikrogramm/Liter wurden an circa zehn Prozent der Messstellen aufgefunden. Zu 5.: Die Überwachung der Oberflächengewässer entspricht den gesetzlichen Anforderungen gemäß Oberflä chengewässerverordnung und dient dazu, den ökologischen und chemischen Zustand der Gewässer zu erfassen und zu bewerten. Hierfür hat sich das Messstellennetz grundsätzlich bewährt und wird bei Bedarf angepasst. Es ist keine Abwehr oder Kontrollmaßnahme gegen Umweltstraftaten. Hierzu dienen andere Instrumenta rien, beispielsweise die regelmäßige Kontrolle der Abwassereinleitungen. Seit 2014 wurden 17 neue Landesmessstellen für das Beschaffenheitsnetz Grundwasser errichtet. Das Landesmessnetz ist repräsentativ und entspricht den gesetzlichen Anforderungen gemäß Grundwasser verordnung. Zu 6.: Eine Prüfung des in der Polizeiliche Kriminalstatistik im Sinne der Fragestellung erfassten Falles ergab, dass dieser wegen eines Erfassungsfehlers als unaufgeklärt registriert wurde. Hintergrund der Ermittlungen wegen Verdachts einer Straftat nach § 328 Abs. 3 Nr. 2 StGB war die Feststel lung im Rahmen einer Kontrolle an der Raststätte Hermsdorf am 17. November 2016 an einem Sattelzug mit Auflieger, aus dem eine grünliche Flüssigkeit austrat. In diesem Bereich des Aufliegers waren Big Bags geladen, die mit gefährlichem Abfall (Abfallschlüssel 110109* Schlämme und Filterkuchen, die gefährliche Stoffe enthalten) befüllt waren. Ermittlungen ergaben, dass es sich nicht um radioaktive Stoffe, sondern um Galvanikschlämme handelte. Die Verantwortlichen wurden festgestellt, der Sachverhalt insofern geklärt. Da es sich bei der Polizeilichen Kriminalstatistik um eine Ausgangsstatistik handelt, erfolgte die Erfassung des Sachverhaltes im Jahr 2017. Maier Minister Umweltkriminalität in Thüringen - nachgefragt Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: