19.07.2019 Drucksache 6/7480Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. Juli 2019 Anonymer Krankenschein in Thüringen Die Kleine Anfrage 3916 vom 3. Juni 2019 hat folgenden Wortlaut: Unter dem Haushaltstitel 08 29 684 71 314 "Maßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsförderung, des Gesundheitsschutzes und der Gesundheitshilfen" im Entwurf des Thüringer Landeshaushaltes für das Jahr 2020 (Einzelplan 08) sind unter Nummer 0800 960.000 Euro für die psychosoziale Versorgung von Flüchtlingen und medizinische Betreuung von Menschen ohne Papiere eingestellt. Für das in diesem Titel enthaltene Projekt "Menschen ohne Papiere - Verein Anonymer Krankenschein Thüringen e. V." sind für das Haushaltsjahr 2020 250.000 Euro eingestellt. Für das Jahr 2018 wurden 179.361 Euro abgerufen. Nach Stellungahme des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in der 75. Sitzung des Thüringer Landtags sei das Projekt ein Baustein der Flüchtlings- und Integrationspolitik der Thüringer Landesregierung. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Frage, ob die im Projekt zur Verfügung gestellten Leistungen möglicherweise auch vereinzelt von Flüchtlingen wahrgenommen werden; hauptsächlich aber deutsche Staatsbürger anonyme Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen, die Befürchtungen haben, sich bei offiziellen Stellen zu melden und wie begründet sie ihre Antwort? 2. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung gegenüber der Aussage, mit der Einführung des anonymen Krankenscheins sei auch eine Versorgungsstruktur und Vermittlungsstelle für sich der Strafverfolgung entziehender Straftäter geschaffen? 3. Hat die Landesregierung Kenntnis davon, ob sich unter den im Rahmen des Projekts betreuten Straftätern auch Personen befinden, die laut der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage in der Drucksache des Deutschen Bundestags 19/5228 wegen Politisch motivierter Kriminalität -rechts- (sogenannte Neonazis) per Haftbefehl gesucht werden? 4. Kann die Landesregierung ausschließen, dass Neonazis und der rechten Szene zuzuordnende Personen , gegen die nicht vollstreckte Haftbefehle vorliegen beziehungsweise die untergetaucht sind, um sich der Strafverfolgung zu entziehen, im Rahmen des Projektes betreut werden? 5. Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der Aussage, der anonyme Krankenschein erleichtert strafrechtlich Beschuldigten beziehungsweise verurteilten Straftätern, untergetaucht zu bleiben und sich der Strafverfolgung zu entziehen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kellner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7480 6. Hat die Landesregierung Kenntnis zu den Gründen des Untertauchens der den anonymen Krankenschein in Anspruch nehmenden Personen? 7. Beabsichtigt die Landesregierung, Straftäter von der Inanspruchnahme des anonymen Krankenscheins auszuschließen und wenn ja, durch welche Maßnahmen? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 18. Juli 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Im Koalitionsvertrag der die Landesregierung tragenden Parteien ist die Einführung von anonymisierten Krankenscheinen für Menschen ohne Papiere im Rahmen eines Modellprojektes verankert. Die Förderung des Projektes ist bestimmt für die Finanzierung von Ausgaben zur medizinischen Versorgung von Menschen ohne Papiere in Thüringen. Der anonyme Krankenschein wird im jeweiligen Einzelfall durch einen Vertrauensarzt ausgestellt, ohne dass der Empfänger seine Identität preisgeben muss. Die Vermittlung und Behandlung erfolgen anonym. Der anonyme Krankenschein umfasst die Behandlung bei akuten Krankheiten und Schmerzzuständen. Der anonyme Krankenschein ersetzt keine reguläre Krankenversicherung. Zu 1.: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung für jeden Menschen sichergestellt sein muss. Jeder Mensch hat - unabhängig vom Versicherten- und Aufenthaltsstatus - einen Anspruch auf medizinische Versorgung. Sofern bei der anonymen Gesundheitsversorgung die Inanspruchnahme durch einen deutschen Staatsbürger bekannt wird, soll für diese Fälle künftig geprüft werden, wie ein reguläres Versicherungsverhältnis wiederhergestellt werden kann. Zu 2.: Mit der Einführung des anonymen Krankenscheins soll keine Versorgungsstruktur und Vermittlungsstelle für sich der Strafverfolgung entziehende Straftäter geschaffen werden. Zu 3.: Der Landesregierung liegen zu dieser Fragestellung keine Erkenntnisse vor. Zu 4.: Auf die Antwort zu den Fragen 2 und 3 wird verwiesen. Zu 5.: Auch wenn der anonyme Krankenschein nicht dazu dient, es strafrechtlich Beschuldigten beziehungsweise verurteilten Straftätern zu erleichtern, untergetaucht zu bleiben und sich der Strafverfolgung zu entziehen , kann ein Missbrauch im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden. Zu 6.: Der Landesregierung liegen zu dieser Fragestellung keine Erkenntnisse vor. Zu 7.: Im Rahmen des Projektes wird keine statistische Erfassung zu den in Anspruch nehmenden Personen erhoben . Der Ausschluss bestimmter Personenkreise würde eine Kontrolle erfordern und wäre mit dem Ziel des Pilotprojektes, eine menschenwürdige medizinische Versorgung für Menschen ohne Papiere in Akutfällen über die strafrechtlich nach § 323c Strafgesetzbuch sanktionierte Pflicht zur Hilfeleistung hinaus sicherzustellen , nicht vereinbar. In Vertretung Feierabend Staatssekretärin Anonymer Krankenschein in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: