24.07.2019 Drucksache 6/7521Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 5. August 2019 Vorfälle und Straftaten mit Messern in Thüringen Die Kleine Anfrage 3856 vom 29. April 2019 hat folgenden Wortlaut: Am 14. März 2019 wurde die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2018 für Thüringen vorgestellt, bei der auch auf Vorfälle und Straftaten in Zusammenhang mit Messern informiert wurde. Die Zeitung "Freies Wort" schrieb am 15. März 2019: "Auch die Zahl der Messerattacken stieg erneut - von 866 im Jahr 2017 auf 989. Laut Innenminister wurde in 384 Fällen das Messer für eine gefährliche und schwere Körperverletzung eingesetzt, in 395 Fällen zur Bedrohung." Bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2017 wurde angekündigt, für das Jahr 2018 einen neuen "Merker" einzuführen, um Straftaten differenzierter darstellen zu können. Ich frage die Landesregierung: 1. Nach welchem System, aufgrund welcher Datenbasis und nach welcher bisherigen Praxis erfolgt die Erfassung von Vorfällen mit Messern in Thüringen sowohl in den letzten Jahren als auch perspektivisch und inwiefern wird bei Vorfällen ein "Messer als Tatmittel" überhaupt erfasst? 2. Wie erklärt sich die Differenz von 210 Fällen im Jahr 2018, bei denen das Messer weder für eine gefährliche oder schwere Körperverletzung noch für eine Bedrohung verwendet wurde? 3. Sind alle 989 im Jahr 2018 genannten Vorfälle mit Messern als Straftat erfasst beziehungsweise wurden dazu strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet? Wenn nein, in wie vielen Fällen war dies nicht der Fall und warum nicht? 4. In wie vielen Fällen der insgesamt 989 Vorfälle handelte es sich um ein "Mitführen" eines Messers und welchen Delikten nach dem Strafgesetzbuch sind diese Fälle zuzuordnen? 5. Welchen Delikten nach dem Strafgesetzbuch sind die 210 Fälle der in Frage 2 genannten Differenz zuzuordnen , sofern diese nicht allesamt auf ein "Mitführen" zurückgeführt werden? 6. Wie viele der genannten 989 Fälle sind auf § 244 Strafgesetzbuch (Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl ; Wohnungseinbruchdiebstahl) zurückzuführen, also Fälle bei denen ein Diebstahl begangen wurde und der oder die Täter kein Messer einsetzten, die Polizei aber ein solches anschließend bei einer Durchsuchung der Sachen, im Rucksack oder am Hosenbund, feststellte? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dittes (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7521 7. Sind die 989 genannten Vorfälle mit Messern ausschließlich auf Messer zurückzuführen oder beinhaltet diese Zahl auch andere Schneid-, Hieb- und Stichwaffen (zum Beispiel Axt, Schere)? 8. Wie viele der im Jahr 2018 erfassten 384 Straftaten mit Messern, die in Verbindung mit einer "gefährlichen und schweren Körperverletzung" stehen, wurden nicht vollendet und als Versuch gezählt und wie hoch ist die Versuchszahl für eine "gefährliche und schwere Körperverletzung" im Vergleich zum Jahr 2017? 9. Wie viele Menschen wurden im Jahr 2018 explizit durch Messer in Thüringen a) verletzt und b) getötet (bitte um explizite Darstellung der reinen Opferzahl durch Messer, ohne andere Schneid-, Hieb- und Stichwerkzeuge wie Äxte, Scheren et cetera)? 10. Wie viele Fälle wurden jeweils in den Jahren 2016, 2017 und 2018 in Thüringen gezählt bei denen Messer a) bei einer Straftat wie beispielsweise einer gefährlichen Körperverletzung et cetera eingesetzt wurden, b) als Drohwerkzeug genutzt wurden und c) mitgeführt wurden und wie viele Tatverdächtige wurden zu a, b und c jeweils ermittelt und wie viele Tatverdächtige zu a, b und c waren jeweils nichtdeutscher Herkunft (bitte nach Jahren 2016, 2017 und 2018 darstellen)? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 22. Juli 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: In der Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ist die Abbildung des Tatmittels "Messer" bisher noch nicht möglich . In den Ländern und im Bund werden Vorbereitungen für die Erfassung ab dem Berichtsjahr 2022 getroffen . Die Kommission Polizeiliche Kriminalstatistik (K-PKS) der Arbeitsgemeinschaft Kriminalpolizei des Arbeitskreises II der Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder und des Bundes hat eine Übergangslösung erarbeitet, welche eine Erfassung von Messerangriffen in der PKS ab dem Jahr 2020 sicherstellen kann. Diese Übergangslösung wird derzeit in den Gremien geprüft. Unabhängig davon ist es seit 1. Januar 2019 möglich, die Inhalte der Tatmittelkataloge im Vorgangsbearbeitungssystem ComVor der Thüringer Polizei an die Polizeiliche Kriminalstatistik zu übertragen. Dies betrifft auch das Tatmittel "Messer". Diese Erfassung bleibt aber eine landesspezifische Lösung, die keine bundesweiten Vergleiche zum Phänomen unterstützen kann. Thüringen wird deshalb die benannte Übergangslösung befürworten. Sie bildet unsere bisherige Verfahrensweise adäquat ab und kann bereits ab dem Jahr 2020 die Erstellung eines validen Lagebildes auf der Grundlage bundesweit einheitlicher Erfassungskriterien sicherstellen. Aktuell wird zur Darstellung des Phänomens noch auf Daten des Vorgangsverwaltungssystems der Thüringer Polizei zurückgegriffen. Es werden in der Vorgangsverwaltung alle angezeigten Straftaten recherchiert, bei denen in Datenfeldern explizit der Terminus "Messer" eingetragen wurde. Die Ergebnisse wurden anschließend nach Delikten gefiltert , die ein aktives Handeln (Drohen mit dem Messer, Ausführen eines Angriffs) mit dem Tatmittel "Messer " voraussetzen. Das bloße Mitführen des Messers wird hierbei nicht als Angriff erfasst. Dieses Verfahren wird auch für das Berichtsjahr 2019 so weiter praktiziert, da es bereits den von der K-PKS vorgeschlagenen Erfassungsmodalitäten entspricht. Zu 2.: Bei den in der Fragestellung benannten Daten zu Delikten der gefährlichen und schweren Körperverletzung beziehungsweise zu Bedrohungen handelt es sich um beispielhaft benannte Teilmengen der ermittelten Gesamtzahl der Straftaten, bei denen Messer Verwendung fanden. 3 Drucksache 6/7521Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die in der Frage benannte Differenz von 210 Fällen setzt sich aus den folgenden Deliktkategorien zusammen: Straftaten gegen die persönliche Freiheit (ohne Bedrohung) Fälle Freiheitsberaubung 9 Nötigung 56 Erpressung 4 Raub, schwerer Raub 22 Räuberische Erpressung 32 Räuberischer Diebstahl 12 Straftaten gegen das Leben Mord 4 Totschlag 12 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sexuelle Handlung an/von Kindern 1 Sexuelle Nötigung 4 Sexueller Übergriff auf Widerstandsunfähige 1 sonstiger schwerer sexueller Missbrauch von Kindern 1 Vergewaltigung 3 Straftaten gegen die öffentliche Ordnung Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs 3 Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten 14 Straftaten gegen die Staatsgewalt Tätlicher Angriff auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen 1 Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte 2 Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte 29 Gesamtergebnis 210 Zu 3.: Ja, im Rahmen der Recherche wurden ausschließlich Straftaten berücksichtigt. Zu 4.: Das bloße Mitführen beziehungsweise nicht offene Zeigen wurde nicht berücksichtigt. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 5.: Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Zu 6.: Delikte, welche diesen Straftatbestand erfüllen, wurden in der Recherche nicht berücksichtigt, auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Zu 7.: Diese Delikte betreffen ausschließlich das Tatmittel Messer. Zu 8.: Im Jahr 2017 wurden 75 der insgesamt erfassten 333 Delikte der gefährlichen und schweren Körperverletzung mit einem Messer als Tatmittel als versuchte Taten registriert. Im Jahr 2018 waren dies 91 der insgesamt erfassten 384 Delikte. Zu 9.: Bei sieben Tötungsdelikten mit einem Messer als Tatmittel wurde jeweils ein Opfer der Straftat getötet. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich dabei in vier Fällen um Delikte handelt, welche aufgrund der Angaben von Flüchtlingen im Asylverfahren zu Tötungssachverhalten in ihren Heimatländern zur Initiierung eines Ermittlungsverfahrens führten. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7521 Die in der Antwort zu Frage 1 beschriebene Recherche erbrachte, dass im Jahr 2018 bei Straftaten, bei denen ein Messer als Tatmittel Verwendung fand, insgesamt 146 Personen verletzt wurden. Es wird darauf hingewiesen, dass bei der derzeitigen Recherche in der Vorgangsverwaltung nur mittels Sichtung jedes einzelnen Vorgangs zu erheben wäre, ob die registrierte Verletzung aus dem unmittelbaren Gebrauch eines Messers resultierte oder weitere Tatumstände vorliegen. Von einer diesbezüglichen detaillierten Recherche wurde ressourcenbedingt abgesehen. Zu 10.: Statistisch auswertbare Daten zur Teilfrage Buchstabe c liegen nicht vor. Es kann keine Differenzierung der Daten nach den Buchstaben a und b der Fragestellung vorgenommen werden, diese sind nur insgesamt verfügbar. Für eine entsprechende Analyse müssten alle im Rechercheergebnis enthaltenen Straftaten einzeln betrachtet werden. Die gemäß Fragestellung recherchierten Gesamtergebnisse werden in folgender Tabelle dargestellt: Jahr Kriminalität insgesamt davon Straftaten unter Verwendung eines Messers als Tatmittel (Fallzahl) (Fallzahl) insgesamt ermittelte Tatverdächtige insgesamt davon nichtdeutsche Tatverdächtige 2016 149.226 906 849 161 2017 143.237 866 813 202 2018 143.158 989 742 176 Maier Minister Vorfälle und Straftaten mit Messern in Thüringen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: