24.07.2019 Drucksache 6/7523Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 2. August 2019 "Heureka-Kongress" am 11. Mai 2019 in Guthmannshausen Die Kleine Anfrage 3911 vom 28. Mai 2019 hat folgenden Wortlaut: Am Sonnabend, dem 11. Mai 2019 fand in Guthmannshausen der seit April beworbene zweite "Heureka- Kongress", eine extrem rechte Veranstaltung der neonazistischen Plattform "Wardon 21" statt. Ziel von "Wardon 21" sei, "das Konzept von 'NS Straight Edge' wieder zu beleben und der stetig wachsenden, extrem rechten Kampf- und Kraftsportszene einen ideologischen Überbau zu verschaffen". Laut der Internetseite "runter von der Matte" nahmen circa 100 Neonazis aus ganz Deutschland am Kongress in Guthmannshausen in der Immobilie, die vom Verein "Gedächtnisstätte e.V." betrieben wird, teil. Nach meiner Kenntnis bewarb unter anderem ein Ostthüringer Neonazi-Vertreter aus der Hammerskin-Szene und Unterstützer des im NSU-Prozess verurteilten […]* die Veranstaltung und insbesondere die "Tagesbetreuung für Kinder". Als Redner angekündigt und öffentlich beworben waren der Betreiber des Videoblogs "Der Dritte Blickwinkel", der Organisator des Kampfsportfestivals "Kampf der Nibelungen", der rechte Youtuber "Der vegane Germane" und der rechte Publizist […]*. Ein weiterer "Referent" war einer der Organisatoren des rechten Kampfsportturniers "Tiwaz". Im Teilnehmerspektrum waren Vertreter diverser Neonazi- Organisationen vertreten. Nach meiner Kenntnis gab es keine regelmäßige Bestreifung oder weiteren Maßnahmen der Polizei vor Ort. Der erste "Heureka-Kongress" fand im Jahr 2018 in Sotterhausen, Sachsen-Anhalt, auf dem Gelände eines bekannten Neonazi-Konzertveranstalters statt. In Sachsen-Anhalt waren am 11. Mai 2019, am Gelände von […]*, nach meiner Kenntnis ebenfalls Polizeibeamte vor Ort. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Erkenntnisse über die Teilnehmerzahl des "Heureka-Kongresses" am 11. Mai 2019 in Guthmannshausen und deren Hintergründe liegen der Landesregierung vor (bitte auflisten nach Kommune/ Bundesland, gegebenenfalls Land, Anzahl, Struktur)? 2. Ab wann waren die Thüringer Polizei beziehungsweise das Amt für Verfassungsschutz darüber informiert , dass der "Heureka-Kongress" in Guthmannshausen stattfinden würde und welche Maßnahmen wurden jeweils ergriffen? 3. Ist der Landesregierung bekannt, ob der zweite "Heureka-Kongress" ursprünglich in Sotterhausen stattfinden sollte und wenn ja, ist der Landesregierung bekannt, ob es ein Verbot oder beschränkende Auflagen für die Veranstaltung in Sotterhausen gab? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten König-Preuss (DIE LINKE) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7523 4. Ist es nach Kenntnis der Landesregierung zutreffend, dass die Veranstaltung in Guthmannshausen von der Thüringer Polizei als "Ersatzveranstaltung" für Sotterhausen eingeordnet wurde und wenn ja, welche Kenntnisse lagen der Thüringer Polizei bezüglich des ursprünglichen Veranstaltungsortes und dessen Absage vor? 5. Inwiefern waren uniformierte oder zivile Polizeikräfte am 11. Mai 2019 in Guthmannshausen im Zusammenhang mit der Veranstaltung vor Ort eingesetzt und welche Aufgaben nahmen diese wahr? 6. Welche Maßnahmen wurden für die Sicherheit der vor Ort anwesenden Journalisten und Journalistinnen - vor dem Hintergrund eines anwesenden und breiten Kampfsportspektrums der Neonazi-Szene - eingeleitet? 7. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die Inhalte der Reden und Referentenbeiträge, insbesondere der Video-Botschaft des Holocaustleugners […]*, einer Schlüsselfigur der militanten Neonazi- Szene in Österreich und Deutschland, vor (bitte jeweils kurz darstellen)? 8. Wie wurde nach Kenntnis der Landesregierung der Kinder- und Jugendschutz für die anwesenden Kinder beim "Heureka-Kongress" gewährleistet und gab es beschränkende Maßnahmen vor dem Hintergrund , dass nach meiner Kenntnis unter anderem NS-Ideologie verbreitet wurde? 9. Kam es im Zusammenhang mit dem zweiten "Heureka-Kongress" zu Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten , wenn ja, welcher Art? 10. Wie bewertet die Landesregierung den zweiten "Heureka-Kongress" und welche Schlüsse zieht sie aus der Tatsache, dass dieser in Guthmannshausen stattfand? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 22. Juli 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Nach Kenntnis der Landesregierung haben sich etwa 100 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet an der Veranstaltung beteiligt. Erkenntnisse über die organisatorische Zuordnung der Teilnehmer liegen der Landesregierung nicht vor. Zu 2.: Der Veranstaltungsort des "Heureka-II-Kongresses" wurde im Vorfeld vom Veranstalter mit "Mitteldeutschland " beworben. Den Thüringer Sicherheitsbehörden wurde am 11. Mai 2019 bekannt, dass die Veranstaltung in Guthmannshausen stattfinden soll. Durch die Thüringer Polizei wurde die Ortslage zur Verhinderung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten bestreift. Zu 3. und 4.: Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung lagen bis zum 11. Mai 2019 keine Informationen zum Veranstaltungsort des "Heureka-II-Kongresses" vor. Zu 5.: Am 11. Mai 2019 bestreiften Polizeibeamte der Thüringer Polizei die Ortslage Guthmannshausen zur Verhinderung der Begehung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Zu 6.: Es waren keine Maßnahmen im Sinne der Fragestellung notwendig. Zu 7.: Zur inhaltlichen Ausgestaltung des "Heureka-II-Kongresses" liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 3 Drucksache 6/7523Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 8.: Erkenntnisse zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Veranstaltung liegen der Landesregierung nicht vor. Grundsätzlich gilt: Droht Kindern an Orten aufgrund der vermittelten Inhalte eine konkret bevorstehende Gefahr für das geistige und seelische Wohl, so können Ordnungs- und Sicherheitsbehörden gemäß § 8 Jugendschutzgesetz Kinder und Jugendliche unter anderem zum Verlassen des Ortes anhalten, unabhängig davon, ob der Ort öffentlich zugänglich ist oder nicht. Die Vermittlung rechtsextremen Gedankenguts kann eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern darstellen. Die Entscheidung über das Vorliegen einer Gefährdung ist jeweils für den Einzelfall zu treffen. Darüber hinaus arbeiten Versammlungsbehörden, wenn die Frage zu beurteilen ist, ob von einer Veranstaltung eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgeht, mit den Jugendämtern zusammen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Zu 9.: Es wurden keine Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der Veranstaltung registriert. Zu 10.: Es handelt sich bei dem "Heureka-Kongress" um eine Zusammenkunft der rechtsextremistischen Kampfsportszene , in deren Rahmen führende Vertreter Vorträge zur Bedeutung des Kampfsports für die rechtsextremistische Szene halten. Dabei wird unter anderem eine "volksgesundheitliche Lebensweise in Verhalten und Konsum", beispielsweise durch den Verzicht auf Alkohol und Drogen thematisiert und dem Kampfsport eine völkisch-mystische Verteidigungsfunktion zugeschrieben. Die zweite Veranstaltung dieser Art deutet darauf hin, dass die rechtsextremistische Kampfsportszene ihre Aktivitäten nicht mehr nur als rein sportlich sieht, sondern diese in einen ideologischen Kontext setzt. Seit dem Jahr 2011 verfügt der rechtsextremistische Verein "Gedächtnisstätte e.V." über die Immobilie in Guthmannshausen. Mit seiner Liegenschaft bietet der Verein regelmäßig Rechtsextremisten verschiedener Spektren eine Begegnungsstätte und erfüllt damit eine wichtige organisationsübergreifende Vernetzungsfunktion . Maier Minister Endnote: * In der Kleinen Anfrage enthaltene personenbezogene Daten werden gemäß § 2 Abs. 8 Thüringer Datenschutzgesetz analog nicht veröffentlicht. "Heureka-Kongress" am 11. Mai 2019 in Guthmannshausen Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3. und 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Endnote: