16.08.2019 Drucksache 6/7569Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 28. August 2019 Arbeit der Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt Die Kleine Anfrage 3990 vom 5. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Die Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt im Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie soll die ressortübergreifenden Maßnahmen der Thüringer Landesregierung im Bereich der Gewaltprävention koordinieren. Seit November 2017 ist die Arbeit der Koordinierungsstelle durch die Abordnung eines Beamten aus dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales personell untersetzt. Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Maßnahmen zur Gewaltprävention hat die Koordinierungsstelle seit November 2017 konkret umgesetzt? 2. Welche Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Opfer wurden in Thüringen seit November 2017 neu geschaffen beziehungsweise ausgebaut und wie viele Betroffene haben diese Angebote genutzt? 3. Welche Arbeit hat die Koordinierungsstelle geleistet, insbesondere bei der a) Begleitung, Anleitung, Fortbildung und Koordination der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Interventionsstellen sowie der Berufsgruppen im Arbeitsfeld häuslicher Gewalt, b) Optimierung der bestehenden Interventionsstrategien und der Entwicklung neuer Maßnahmen, c) Praxisbegleitung der beteiligten Berufsgruppen, Vernetzung der Kooperationspartnerinnen und -partner , d) Unterstützung regionaler Netzwerke, e) Bereitstellung von Fortbildungsangeboten für Beratungseinrichtungen, Polizei, Justiz, Gesundheitswesen et cetera, f) Begleitung des landesweiten Monitoring-Prozesses, g) Funktion als Service- und Ressourcenstelle für Fachpersonal aus Justiz, Polizei, Gesundheitswesen und Beratungseinrichtungen und h) Öffentlichkeitsarbeit? 4. Wie viele Bürgeranfragen hat die Koordinierungsstelle seit November 2017 bearbeitet und mit welchem Ergebnis? 5. Wurde die ursprünglich bis zum 12. April 2018 befristete Abordnung des Beamten aus dem Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales, der die Aufgaben der Koordinierungsstelle wahrnimmt, inzwischen verlängert, wenn ja, bis wann und wenn nein, wie wurde die personelle Ausstattung dann geregelt? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Walk, Worm und Zippel (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7569 6. Wie bewertet die Landesregierung das Engagement des betreffenden Beamten im Bereich Drogenberatung beziehungsweise -legalisierung, vor allem im Hinblick auf den zeitlichen Umfang? Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 14. August 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Kernaufgabe der Koordinierungsstelle ist die Stärkung von Synergieeffekten und der Vernetzung von unterschiedlichen Fachbereichen und Professionen im Bereich der Präventionsarbeit gegen häusliche Gewalt. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Monitoringgruppe gegen häusliche Gewalt, die zu Beginn des Jahres 2018 eingerichtet wurde. Das Gremium setzt sich aus Vertretenden des Thüringer Ministeriums für Arbeit , Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz, der Landesarbeitsgemeinschaften , der Liga freier Wohlfahrtsverbände, des Kinder- und Jugendschutzes und anderen zusammen. Ziel ist die ressortübergreifende Prüfung und Evaluation bestehender Netzwerke, um Effektivierung beziehungsweise Ausbau der Arbeit in Schnittstellenbereichen zu erreichen. Präventive Ansätze umfassen primär die gesellschaftspolitische Aufgabe, über Ursachen, Formen und Auswirkungen von Gewalt gegen betroffene Frauen, Männer und Kinder zu informieren und alle Bevölkerungsgruppen zu sensibilisieren. Der sekundäre Aspekt beinhaltet die Bereitstellung von Hilfeangeboten für die Betroffenen in akuten oder potenziellen Gewalt- und Konfliktsituationen, um in die Dynamik der Gewalthandlung einzugreifen und die Betroffenen zu schützen. Im Weiteren soll die Gewalt beziehungsweise deren Fortsetzung durch bestimmte Programme und Maßnahmen verhindert werden. Die Thüringer Landesregierung nutzt alle drei der oben genannten Formen der Prävention, um dem Ziel einer gewaltfreien Zivilgesellschaft näher zu kommen. Unter anderem geschieht das durch: - regelmäßigen Austausch in allen Bereichen, das umfasst Diskussionen von Projekten, Beratungsmöglichkeiten , der Bereitstellung von Schutzunterkünften bis zur Täterarbeit; - kontinuierliches weiterentwickeln von Anregungen und Lösungen aus der Vernetzung mit anderen Bundesländern ; - Diskussion und Erarbeitung neuer Konzepte (zum Beispiel Hochrisikomanagement); - Beachtung der Zielgruppenspezifik (Frauen, Männer, Kinder, Menschen mit LSBTTIQ- Lebensformen). Im Rahmen der besseren Zusammenarbeit im Kampf gegen häusliche Gewalt werden in der Koordinierungsstelle für den Freistaat Thüringen sowohl bundesweite als auch regionale Netzwerktreffen wahrgenommen. Ergänzend wird auf Anlage 1 und 2 verwiesen. Zu 2.: Zur Ergänzung der Interventionsarbeit in Thüringen wurde im Jahr 2017 das "Pilotprojekt A4 - Untersuchung , Evaluation und Beratung für Männer bei Betroffenheit von häuslicher Gewalt" gestartet. Das Projekt verfolgt die Zielrichtung, das bestehende Hilfesystem in Thüringen um qualifizierte, geschlechtsspezifische Beratungsangebote für von häuslicher Gewalt betroffene Männer zu erweitern. Ab dem Jahr 2018 erfolgte die Ausweitung des Projekts auf "Projekt A4 - Beratung und Sensibilisierungsarbeit für Männer bei Betroffenheit von häuslicher Gewalt". Im Rahmen dieses Projekts wird Männern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, eine bedürfnisorientierte Beratung angeboten. Das Beratungsangebot des Projekts A4 orientiert sich an gegenwärtigen gleichstellungsorientierten Ansätzen und folgt den Grundsätzen einer geschlechter- und erkenntnisorientierten Arbeitsweise. Ziel der Beratung ist es, Gewalterleben der Betroffenen zu mindern und somit einen Beitrag zum Opferschutz in Thüringen zu leisten. Laut Sachbericht 2018 des Projektträgers "VEREINT gegen Gewalt e. V." beläuft sich die Anzahl der beratenen Männer im Jahr 2018 auf insgesamt 25. Das Projekt wird seit Beginn fast vollumfänglich vom Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit , Frauen und Familie gefördert. 3 Drucksache 6/7569Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die vier bestehenden Interventionsstellen haben in dem angefragten Zeitraum ihre Arbeit weiter etabliert. Fallzahlen 2017 2018 IST Erfurt 252 271 IST Meiningen 214 203 IST Nordhausen 220 218 IST Gera 279 noch nicht vorliegend Zu 3 a), b), c), d) und f): Aufgrund des Sachzusammenhangs wird die Frage 3 in den Anstrichen a, b, c, d und f gemeinsam beantwortet . Diese Aufgaben werden durch die gemeinsame Arbeit in der Monitoringgruppe erfüllt. Schwerpunkte sind dabei der kontinuierliche Austausch zu Neuerungen und Vorhaben in den einzelnen ressortspezifischen Bereichen , Diskussion und Lösungsentwicklung zu aktuellen Problemlagen, der Austausch zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und die Information zu Ergebnissen von Fachtagen und Fachkonferenzen. In Verbindung mit diesem Diskussionsprozess ist es Aufgabe der Koordinierungsstelle eine Fortschreibung des Maßnahmenplans der Thüringer Landesregierung gegen häusliche Gewalt vorzubereiten. Ein erster Arbeitsentwurf, der sich eng an die Vorgaben des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) orientiert, befindet sich im Abstimmungsprozess. In der weiteren Arbeit, Vernetzung und Praxisbegleitung gibt es zur ausführlicheren Beratung von aktuellen offenen Fragen Einzeltreffen der Koordinierungsstelle und den betreffenden Strukturen regional als auch überregional. Die Koordinierungsstelle nimmt regelmäßig an regionalen Netzwerktreffen teil, informiert dort unter anderem zu den Ergebnissen der Monitoringgruppe, zu den Erkenntnissen aus anderen Bundesländern , zu den Ergebnissen von Fachtagungen und Fachkonferenzen. Die Beratung von Problemlagen und Settings durch Anfragen regionaler Netzwerke werden bei deren Bedarf auch zu Treffen der Monitoringgruppe weiterführend beraten. Neben der Stärkung vorhandener Maßnahmen wird auch in Thüringen die Entwicklung neuer Maßnahmen vorangetrieben. Die Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt war unter anderem beim Runden Tisch zur Verfahrensunabhängigen Spurensicherung beteiligt. Darüber hinaus wurde eine Unterarbeitsgruppe gebildet , die ein Model eines Hochrisiko-Managements bei Fällen häuslicher Gewalt entwickeln soll. Gegenwärtig arbeitet diese an der Erstellung einer Rahmenkonzeption für Hochrisikofälle bei Häuslicher Gewalt. Ergänzend wird auf Anlage 1 und 2 verwiesen. Zu 3 e): Das Bereitstellen von Fortbildungsangeboten gehört nicht primär zu dem Aufgabenspektrum der Koordinierungsstelle . Entsprechend sind hierfür auch keine Haushaltsmittel eingestellt. Die Koordinierungsstelle erteilt diesbezüglich Empfehlungen an die Teilnahme beziehungsweise gibt Angebote Dritter informativ weiter. Zu 3 g): Eine Service- Ressourcenstelle für Fachpersonal Dritter ist derzeit durch das Profil der Koordinierungsstelle und vorhandener personeller Ressourcen nicht leistbar. Allerdings besteht eine enge Zusammenarbeit über die Landesarbeitsgemeinschaften und Thüringer Ministerien, welche wiederum Träger von Synergien sind. Zu 3 h): Für Öffentlichkeitsarbeit stehen der Koordinierungsstelle keine extra Haushaltsmittel zur Verfügung. Die Öffentlichkeitsarbeit erfolgt im Bedarfsfall über den Haushaltstitel 0808 53170 (Öffentlichkeitsarbeit/Veranstaltungen ) der Beauftragten für die Gleichstellung von Frau und Mann. Zu 4.: Bürgeranfragen in Form von schriftlichen Beschwerden oder Auskunftsersuchen liegen in der Koordinierungsstelle nicht explizit vor. Sie leistet jedoch Zuarbeiten entsprechend ihres Aufgabenbereichs bei Anfragen und Petitionen an die Thüringer Landesregierung. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7569 In einigen, nicht zahlenmäßig erfassten telefonischen Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern an die Koordinierungsstelle konnten unverbindliche Hinweise gegeben werden. Spezielle fachliche Anfragen wurden direkt an zuständige Einrichtungen wie Interventionsstellen oder Täterarbeitsprojekte weitergeleitet. Insofern findet hier eine Verweisberatung statt. Zu 5.: Die Abordnung wurde bis 31. Dezember 2019 verlängert. Zu 6.: Die Aufgabe von Beratungen in diesem Zusammenhang gehören nicht zum Aufgabenspektrum des entsprechenden Beamten in der Koordinierungsstelle und stellt ein privates Engagement in dessen Freizeit dar. Die Landesregierung kann und darf die Freizeiteinteilung eines Beschäftigten nicht bewerten. In Vertretung Feierabend Staatssekretärin 5 Drucksache 6/7569Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Anlage 1 Arbeitstreffen der Monitoringgruppe Datum Inhalt 26.02.2018 Zieldefinition Festlegung Arbeitsweise Austausch über Vernetzung Maßnahmenplan der Landesregierung 28.06.2018 Fachinformationen aus den beteiligten Bereichen Justiz, Täterarbeit, Polizei und Interventionsstellen Diskussion und Beschluss einer Unterarbeitsgruppe Hochrisiko-Management 20.09.2018 Beratung zur Weiterentwicklung der Monitoringgruppe weitere Fachinformationen aus den Fachbereichen Frauenzentren und Frauenhäuser 27.11.2018 Vorstellung neuer Mitglieder in der Monitoringgruppe Sachverhalt in Jena - abstrakte Falldiskussion Austausch zum Stellenwert der Istanbul-Konvention in den jeweiligen Bereichen 31.01.2019 Vortrag und Diskussion zum Thema Istanbul-Konvention aus dem Bereich der Abteilung 2 des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie Offene Runde zum Austausch von Problemen, Schnittmengen und News aus allen Bereichen 11.04.2019 Erweiterung der Monitoringgruppe um LAG der Rettungsdienste Fachaustausch - Rettungsdienste/häusliche Gewalt Bekanntgabe und Diskussion der Sonderstatistik häusliche Gewalt der Thüringer Polizei Offen Runde zum Austausch über alle Bereiche (Informationen, Probleme, Schnittstellenbelange ) 11.07.2019 Sachstandsinformation zur Verfahrensunabhängigen Spurensicherung in Thüringen Beratung Themensetzung und Schwerpunkte für die kommenden Sitzungen Vorberatung eines Treffens im November 2019 zu Medizin/Gesundheit - häusliche Gewalt Fachaustausch - gehört die Täterarbeit in Thüringen auf die Tagesordnung? Information und Diskussion zu aktuellen Fallkonstelationen Treffen der Unterarbeitsgruppe der Monitoringgruppe zum Hochrisiko-Management 25.09.2018 12.11.2018 10.12.2018 14.01.2019 04.03.2019 13.05.2019 11.06.2019 6 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7569 Anlage 2 Treffen/Fortbildungen/Maßnahmen Art der Maßnahme Datum Inhalt Ort Fortbildungen 08.-09.02.2018 Seminar an der Fachhochschule der Polizei in Hiltrup; häusliche Gewalt/Hochrisikomanagement Hiltrup 30.-31.10.2018 Fachtagung Hochrisiko-Management häusliche Gewalt Mainz 06.02.2019 Fachtagung der Interventionsstellen zu häusliche Gewalt/Hochrisiko-Fälle Erfurt länderübergreifenden Gremien 05.03.2018 GFMK Ländertreffen häusliche Gewalt Bremen 09.-10.04.2018 Treffen der Landeskoordinierungsstellen Wiesbaden 16.-17.10.2018 Treffen der Landeskoordinierungsstellen Stuttgart 05.03.2019 GFMK Ländertreffen häusliche Gewalt Hannover lokale Netzwerktreffen 04.07.2018 Eisenberg 12.09.2018 Schleiz 07.11.2018 Apolda 30.11.2018 Jena 05.06.2019 Eisenberg Arbeit der Koordinierungsstelle gegen häusliche Gewalt Wir fragen die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3 a), b), c), d) und f): Zu 3 e): Zu 3 g): Zu 3 h): Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Anlage 1 Anlage 2