20.08.2019 Drucksache 6/7584Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 11. September 2019 Arbeitsbedingungen am Universitätsklinikum Jena Die Kleine Anfrage 4001 vom 5. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Laut Informationen der ver.di Mitgliederversammlung vom 27. April 2019 hat sich der Personalmangel in den letzten Jahren enorm erhöht. Dies führe mittlerweile dazu, dass Mitarbeiter die Uniklinik verließen, Gefährdungsanzeigen gestellt würden und zwei Stationen Ultimaten gestellt hätten. Bereits seit Monaten fordern die Teamdelegierten des Universitätsklinikums Jena Entlastungen, indem zum Beispiel Mindestpersonalausstattungen festgelegt und Regelungen zum Belastungsausgleich getroffen werden. Als Arbeitgeber ist die Landesregierung in einer Vorbildfunktion und deshalb in der Pflicht, die Arbeitsbedingungen am Universitätsklinikum Jena gut und wertschätzend zu gestalten. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Auswirkungen hat der Personalmangel auf die Arbeitsbedingungen und den Patientenschutz am Universitätsklinikum Jena? 2. Wie viele Fälle der Patientengefährdung (Gefährdungsanzeigen) aufgrund mangelnden Personals sind der Landesregierung bekannt? 3. Wie ermitteln die zuständigen Stellen den Personalbedarf und bestehen Sollbesetzungen auf den Stationen des Universitätsklinikums Jena? 4. Sieht sich die Landesregierung in der Verantwortung, die Arbeitsbedingungen am Universitätsklinikum Jena zu verbessern? 5. Welche Schritte zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Personals am Universitätsklinikum Jena plant die Landesregierung und welche Schritte ist sie bereits gegangen? 6. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die Attraktivität des Springerpools zu erhöhen? 7. Wie plant die Landesregierung, auf die Unterschreitung von Sollbesetzungen zu reagieren? 8. Wie plant die Landesregierung, Zusatzbelastungen auszugleichen, die den Beschäftigten des Universitätsklinikums Jena durch Unterbesetzung entstehen? 9. Wie plant die Landesregierung, die Mitbestimmung und die Familienfreundlichkeit der Dienstplangestaltung zu erhöhen? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Zippel (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7584 Das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 16. August 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Unbesetzte Stellen (Personalmangel) können kurzzeitig zu einer erhöhten Arbeitsintensität für Beschäftigte am Universitätsklinikum Jena führen. Auf die Behandlungsqualität haben diese personellen Engpässe jedoch keine Auswirkung und der Patientenschutz wird dadurch nicht beeinträchtigt. Einschränkungen ergeben sich für die Behandlungskapazität. So führten Probleme bei der Besetzung von Stellen im pflegerischen Bereich - insbesondere in Situationen mit erhöhten Ausfallzeiten - dazu, dass Behandlungskapazitäten zum Beispiel auf den Intensiv- oder Intermediate Care-Stationen reduziert werden mussten. An einzelnen Tagen konnten OP-Säle nicht wie vorgesehen betrieben werden. Zu 2.: Gefährdungsanzeigen von Mitarbeitern des Universitätsklinikums Jena sind nicht mit einer Patientengefährdung gleichzusetzen. Dies ergibt sich aus dem Status der Gefährdungsanzeigen als Instrument des Arbeitsschutzes . Mitarbeiter, die eine Gefährdung für sich oder andere aufgrund der jeweiligen Arbeitssituation befürchten , können diese dem Vorgesetzten sowie dem Personalrat jederzeit melden (Gefährdungsanzeigen). Eine reale Gefährdung des Mitarbeiters oder der Patienten ist nicht Voraussetzung für eine Gefährdungsanzeige . Entsprechend führen sehr unterschiedliche Beweggründe zu Gefährdungsanzeigen. Die eingereichten Gefährdungsanzeigen am Universitätsklinikum Jena in den vergangenen zwölf Monaten beziehen sich bis auf ganz wenige Ausnahmen auf den Pflege- und Funktionsdienst. Insgesamt wurden im Zeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 379 Gefährdungsanzeigen bezogen auf rund 63.500 Schichten, die jährlich im Stationsbetrieb abgeleistet werden, eingereicht. Eine Statistik, wie viele von diesen sich auf "mangelndes Personal" beziehen, wird im Universitätsklinikum Jena nicht geführt. Werden vermehrt Gefährdungsanzeigen in einer Struktureinheit des Universitätsklinikums Jena registriert, werden Dritte (zum Beispiel Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin, Personal- und Organisationsentwicklung) für eine tiefergehende Problemanalyse und Maßnahmenableitung hinzugezogen, so zum Beispiel auf den Intermediate Care-Stationen beziehungsweise in der Zentralen Notaufnahme. So führt eine Psychologin zeitnah explorative Einzelgespräche mit den Verfassern der Gefährdungsanzeigen und strukturierte Interviews mit den Führungskräften. Im Ergebnis dieser umfangreichen Analyse werden und wurden bereits Anpassungsmaßnahmen in den Bereichen Kommunikation sowie in internen Arbeitsabläufen vorgenommen. Zu 3.: Der Personalbedarf wird tätigkeitsbezogen nach unterschiedlichen Modellen (Arbeitsplatzmethode, Leistungsmethode , Kennzahlenmethode) vor dem Hintergrund notwendig vorzuhaltender Qualifikationen und gegebenenfalls bestehender gesetzlicher oder untergesetzlicher Vorgaben ermittelt. Daraus ergeben sich Planwerte für die einzelnen Stationen des Universitätsklinikums Jena. Zu 4.: Es ist der Landesregierung ein wichtiges Anliegen, die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten am Universitätsklinikum Jena zu verbessern. Dies gilt insbesondere für die Beschäftigten in der Pflege. Gemäß § 98 Abs. 1 Thüringer Hochschulgesetz ist das Universitätsklinikum Jena eine rechtsfähige Teilkörperschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena und als solche für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen selbst verantwortlich. Die Landesregierung betreut das Universitätsklinikum Jena im Rahmen seiner rechtsund fachaufsichtlichen Zuständigkeiten. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Universitätsklinikum Jena ist in der Vergangenheit wiederholt Gegenstand von Gesprächen des rechtsaufsichtlich zuständigen Ressorts (Thüringer Ministerium für Wirtschaft , Wissenschaft und Digitale Gesellschaft) mit dem Klinikumsvorstand, dem Personalrat und den Beschäftigten sowie Gewerkschaftsvertretern gewesen. Das Universitätsklinikum Jena hat zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen verschiedene Strategien und Maßnahmen entwickelt. So erfolgte beispielsweise ein kontinuierlicher Personalaufwuchs im Bereich des Pflege- und Funktionsdienstes seit 2016 von cirka zehn Prozent beziehungsweise 93 Vollzeitkräften. Daneben sind verschiedene Maßnahmen der Arbeitsorganisation (Tätigkeitsverteilung, Konzepte des Ausfallmanagements , Etablierung eines Springerpools et cetera) umgesetzt worden. Weiterhin werden laufend 3 Drucksache 6/7584Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Projekte zu Prozessverbesserungen initiiert und bearbeitet. Ebenfalls sind im Bereich der Personalentwicklung zahlreiche Maßnahmen (unter anderem verschiedene Weiterbildungen, die auf die fachliche, soziale und persönliche Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter und Führungskräfte gerichtet sind) etabliert und werden laufend weiterentwickelt. Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wurden darüber hinaus neue Berufsbilder integriert (zum Beispiel Operationstechnische Assistenten) beziehungsweise zukünftig ausgebildet (zum Beispiel Anästhesietechnische Assistenten). Umfassende Angebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements sollen ebenfalls eine Verbesserung der jeweiligen Arbeitsbedingungen bewirken. Die verbesserte infrastrukturelle Ausstattung am Standort in Lobeda schafft eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter. Zu 5.: Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. Zu 6.: Hinsichtlich der Zuständigkeiten wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Das Universitätsklinikum Jena hat zuletzt im Jahr 2018 unter anderem durch eine eigene Imagekampagne ("Spring in unseren Pool") die Tätigkeit im Springerpool gezielt beworben. Daneben soll die Tätigkeit im Springerpool durch eine weitgehend selbst bestimmte Arbeitszeiteinteilung der Mitarbeiter unterstützt, forciert und damit noch attraktiverer werden. Zur weiteren Erhöhung der Anzahl an qualifizierten Pflegekräften wurden die Recruiting-Maßnahmen intensiviert und der Prozess des Bewerbermanagements optimiert. Zu 7.: Hinsichtlich der Zuständigkeiten wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Bei Unterschreitung der für die jeweilige Patientenbetreuung vorgesehenen Personalbesetzung erfolgt im Universitätsklinikum Jena zunächst eine interne Personalunterstützung/-rotation fach- und klinikübergreifend . Insofern verfügbar, wird zudem Personal aus dem Springerpool eingesetzt. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, erfolgt gegebenenfalls eine abgestimmte Anpassung der Belegung der pflegerischen Organisationseinheit. In Einzelfällen wurde auch eine kurzfristige Erhöhung der Personalressourcen durch temporäre Inanspruchnahme von Arbeitnehmerüberlassungen umgesetzt. Perspektivisch soll durch die Rekrutierung zusätzlichen Pflegepersonals und das Angebot von individuellen Arbeitszeitmodellen die Personalsituation weiter verbessert werden. Zu 8.: Hinsichtlich der Zuständigkeiten wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Erste Priorität hat für das Universitätsklinikum Jena die Vermeidung von Unterbesetzungen. Erbrachte Mehrarbeitszeiten , die zum Beispiel durch Einspringen von Mitarbeitern entstehen, werden in Freizeit ausgeglichen oder monetär honoriert. Weitere Maßnahmen werden zum Beispiel im Rahmen des Projekts des Universitätsklinikums Jena "Strategische Steuerung und Kommunikation der Pflegesituation" diskutiert. Zu 9.: Hinsichtlich der Zuständigkeiten wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Das Universitätsklinikum Jena bemüht sich durch eine Vielzahl von Maßnahmen, die Familienfreundlichkeit weiter zu verbessern. So ist eigens ein Familienbüro eingerichtet, welches für Mitarbeiter, orientiert an ihren jeweiligen individuellen Lebenslagen (zum Beispiel Wiedereinstieg in das Berufsleben, Betreuung von Kindern , Pflege von Angehörigen, Dual-Career-Service et cetera), orientierende Beratung und Unterstützung gibt. Darüber hinaus werden Führungskräfte am Universitätsklinikum Jena für die Bedeutung einer familienfreundlichen Führung sensibilisiert. Wünschen der Mitarbeiter nach Verkürzung der Arbeitszeit oder nach Lage und Verteilung der Arbeitszeit wird, soweit dies betriebsorganisatorisch möglich ist, in vielfältiger Wei- 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7584 se entsprochen. Dies gilt insbesondere für den Pflege- und Funktionsdienst. Die vorgenannten Maßnahmen werden im Rahmen der konkreten Dienstplangestaltung umgesetzt. Daneben finden Dienstplanwünsche der Mitarbeiter Berücksichtigung bei der Dienstplangestaltung, soweit dies betriebsorganisatorisch zu realisieren ist. Außerdem erfolgt eine langfristig angelegte Urlaubsplanung auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung mit dem Personalrat, die auch Aspekte der Familienfreundlichkeit berücksichtigt und Grundlage für die jeweilige Dienstplanung ist. Tiefensee Minister Arbeitsbedingungen am Universitätsklinikum Jena Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: