21.08.2019 Drucksache 6/7595Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 13. September 2019 Fischsterben in der Apfelstädt aufgrund eines neuen Wasserkraftwerkes? - Teil I Die Kleine Anfrage 3999 vom 5. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Laut Medienberichten vom 5. Juli 2019 verenden Fische durch einen niedrigen Flusspegel aufgrund anhaltenden Niedrigwassers. In einer ähnlichen Situation im Vorjahr hat die Talsperre "Schmalwasser" entsprechend ausgeholfen und zusätzlich Wasser abgelassen. Die derzeitige Bereitstellung reicht indes nicht aus, um den natürlichen Lebensraum der Fische zu schützen. Ausweislich der Medieninformation des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz vom 16. Mai 2019 hat der zuständige Staatssekretär an der Grundsteinlegung für eine Wasserkraftanlage im Norden von Erfurt teilgenommen. Diese Anlage soll ihr Wasser auch aus der Talsperre Schmalwasser erhalten. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche künftige Nutzung ist für die Talsperre Schmalwasser vorgesehen? 2. Welche Mengen an Wasser werden in der Talsperre gespeichert? 3. Unter welchen Bedingungen wird der Wasserabfluss aus der Talsperre genehmigt (bitte nach Situation und Angabe der Wassermenge auflisten)? 4. In welcher Bauphase befindet sich das Wasserkraftwerk? 5. Wurden für das Wasserkraftwerk eine oder mehrere zusätzliche Wasserleitungen errichtet? 6. Wurde für das Kraftwerk eine wasserrechtliche Genehmigung erteilt? 7. Welchen Wasserzulauf benötigt das im Bau befindliche Wasserkraftwerk künftig zum Betrieb? 8. Welche Investitionskosten hat das Land für die Errichtung getragen? 9. Gibt es eine Priorisierung von Wasserzuleitung zum Wasserkraftwerk, der Versorgung landwirtschaftlicher Betriebe in der Fahner Höhe und Wasserzuleitung für Flüsse und wenn ja, wie ist die Verteilung? 10. Führt der Betrieb der Wasserkraftanlage zu einer verminderten Wasserentnahmemöglichkeit für die Apfelstädt und falls ja, wie begründet die Landesregierung dies vor dem in der Einleitung geschilderten Sachverhalt? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kellner (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7595 Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 20. August 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Fließzustände in den Gewässern Apfelstädt und Ohra sind maßgeblich durch den Betrieb der Talsperre Ohra, Talsperre Schmalwasser und Talsperre Tambach-Dietharz beeinflusst und ergeben sich aus dem Systemverbund der drei Stauanlagen untereinander. Dieser Systemverbund besteht infolge der Position der Stauanlagen im Fließgewässer, aber auch durch künstliche Querverbindungen (Überleitungsstollen) untereinander . Wesentlich in diesem Zusammenhang ist dabei der "Mittelwasserstollen". Das Gesamtsystem ergibt sich aus nachfolgender Abbildung: Zu 1.: Die Talsperre Schmalwasser dient derzeit • dem Hochwasserschutz, • der Niedrigwasseraufhöhung und • der Stromerzeugung (Laufwasserkraft an der Talsperre selbst). Die Stromerzeugung erfolgt im Rahmen der wasserrechtlichen Vorgaben zum Hochwasserschutz und zur Niedrigwasseraufhöhung und ist diesen Belangen somit untergeordnet. Zukünftig wird darüber hinaus aus der Talsperre Schmalwasser • Wasser für die Nutzung der Talsperre Tambach-Dietharz als Zwischenspeicher für die Trinkwasserversorgung durch den Wasser- und Abwasserzweckverband Gotha und Landkreisgemeinden und • Triebwasser für die Wasserkraftnutzung sowie Brauchwasser zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen (insbesondere der Fahner Höhen) im Rahmen des Projekts "Westringkaskade" der Thüringer Fernwasserversorgung bereitgestellt. Zu 2.: Bei Vollstau beträgt der Gesamtinhalt der Talsperre Schmalwasser 20,543 Millionen Kubikmeter. Die übrigen Staurauminhalte können der nachfolgenden Tabelle 1 (Winterhalbjahr) sowie Tabelle 2 (Sommerhalbjahr ) entnommen werden. 3 Drucksache 6/7595Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Tabelle 1: Größe und Einteilung der Stauräume der Talsperre Schmalwasser, Winterhalbjahr (1. November bis 30. April) Tabelle 2: Größe und Einteilung der Stauräume der Talsperre Schmalwasser, Sommerhalbjahr (1. Mai bis 31. Oktober) Abkürzungen: OK Oberkante BHQ Bemessungshochwasser HW Hochwasser mNN Meter über Normal Null mPN Höhenbezugssystem der Anlage I Stauraum Z Stauziel Zu 3.: Die Talsperre Schmalwasser wird im Verbund mit der Talsperre Tambach-Dietharz betrieben. Dazu dient insbesondere der Mittelwasserstollen, über den Wasser aus der Talsperre Schmalwasser in die Talsperre Tambach-Dietharz geleitet werden kann. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7595 Rechtsgrundlage für den Betrieb der beiden Stauanlagen sowie den damit verbundenen Anstau der Fließgewässer bilden die Altrechtsfeststellungen der oberen Wasserbehörde aus dem Jahr 2016. Demnach besteht die Befugnis zur Ableitung des in der Talsperre Schmalwasser gespeicherten Wassers über den Mittelwasserstollen und Einleitung in die Talsperre Tambach-Dietharz bis zu einer maximalen Entnahmemenge von: QA = 16.700.000 Kubikmeter (maximale Jahresentnahme) QR = 45.800 Kubikmeter/Tag (Regelentnahme) QM = 1,4 Kubikmeter/Sekunde = 120.000 Kubikmeter/Tag (Maximalentnahme) Die maximale schadlose Abgabe (Qschadlos) aus der Talsperre Schmalwasser an den Unterlauf des Schmalwassers bei gleichzeitigem Hochwasser in der Apfelstädt beträgt 4 Kubikmeter/Sekunde (gemessen am Abgabepegel "Tambach-Dietharz 10(AP)/Schmalwasser"). Die Mindestwasserabgabe aus der Talsperre Schmalwasser an den Unterlauf des Schmalwassers beträgt 0,050 Kubikmeter/Sekunde (gemessen am Abgabepegel "Tambach-Dietharz 10(AP)/Schmalwasser"). Darüber hinaus bestehen umfangreiche Vorgaben für die Mindestwasserabgabe aus der Talsperre Tambach -Dietharz in die Apfelstädt, die diese (vergleichsweise kleine Talsperre) in bestimmten Betriebszuständen nur durch die oben genannten Überleitungen aus der Talsperre Schmalwasser gewährleisten kann. Zu 4.: Das Projekt "Westringkaskade" der Thüringer Fernwasserversorgung befindet sich in der Baudurchführung. Alle Bauaufträge sind vergeben. Die Fertigstellung wird im Dezember 2019 erfolgen. Erst dann wird Wasser aus der Talsperre Tambach-Dietharz zum Zweck der Stromerzeugung abgegeben. Zu 5.: Zur Speisung der beiden Turbinen am Hochbehälter Gotha-Seeberg und in Erfurt-Gispersleben werden vorhandene Fernwasserleitungen des sogenannten "Westringes" der Thüringer Fernwasserversorgung genutzt, welche aufgrund des stark zurückgegangenen Trinkwasserabsatzes nicht mehr benötigt werden. Lediglich im letzten Abschnitt in Erfurt zwischen der Nordhäuser Straße und der Wasserkraftanlage Erfurt-Gispersleben wird auf einer Länge von circa 700 Meter eine neue Rohrleitung Nennweite 800 in die bisherige Verrohrung des Marbaches eingezogen werden. Zu 6.: Mit Wirkung zum 15. Mai 2019 wurde die wasserrechtliche Erlaubnis zur Nutzung des in den Talsperren Schmalwasser und Tambach-Dietharz gespeicherten Wassers zur Energieerzeugung sowie Einleitung des genutzten Wassers in die Gera erteilt. Bezüglich der Entnahmemengen gelten die Altrechtsfeststellungen des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Entnahme von Trink- und Brauchwasser weiter fort. Es erfolgte keine Erhöhung der zulässigen Entnahmemengen. Zu 7.: Die Wasserkraftanlagen können mit Durchsätzen von 270 Liter/Sekunde bis 680 Liter/Sekunde betrieben werden. Grundlage der Ablaufregelung sind die Speicherwirtschaftspläne. Die festgelegten Mindestwasserabgaben an das Gewässer sind vorrangig einzuhalten. Bei nicht ausreichendem Zufluss in die Talsperren wird der Betrieb der Wasserkraftanlagen unterbrochen. Ebenso darf die genehmigte maximale Jahresentnahmemenge nicht überschritten werden. Zu 8.: Die Finanzierung des Projekts Westringkaskade, bestehend aus den beiden Wasserkraftanlagen in Erfurt und am Hochbehälter Gotha-Seeberg, erfolgt durch die Thüringer Fernwasserversorgung ohne Zuschüsse durch das Land. Zu 9.: Maßgeblich sind die in den oben genannt behördlichen Zulassungen geregelten Abgabemengen, die der Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses dienen. Nur in diesem Rahmen und damit 5 Drucksache 6/7595Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode nachrangig kann Wasser über den "Westring" abgeleitet werden. Eine festgeschriebene Priorisierung dieser Mengen zwischen Wasserkrafterzeugung und Bewässerungswasser besteht nicht. Zu 10.: Gemäß Antwort zu Frage 6 gelten auch nach Inbetriebnahme der neuen Wasserkraftanlage die Entnahmemengen der Altrechtsfeststellungen des Thüringer Landesverwaltungsamtes zur Entnahme von Trink- und Brauchwasser aus den Talsperren Schmalwasser und Tambach-Dietharz unverändert weiter fort. Insoweit kommt es auch zu keiner grundsätzlichen Veränderung der Abgabemengen zur Stützung des Fließzustands der Apfelstädt. Allerdings weist die Thüringer Fernwasserversorgung darauf hin, dass betriebsbedingt in den vergangenen Jahren aus der Talsperre Schmalwasser regelmäßig weit über diese (Mindest-)Vorgaben hinaus Wasser abgebeben wurde. Siegesmund Ministerin Fischsterben in der Apfelstädt aufgrund eines neuen Wasserkraftwerkes? - Teil I Ich frage die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: