27.08.2019 Drucksache 6/7628Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 26. September 2019 Aktuelle Entwicklung des Wolfsbestands in Thüringen - Teil I Die Kleine Anfrage 4012 vom 15. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Wie der Mitteldeutsche Rundfunk am 8. Juli 2019 berichtete, soll sich auf dem Übungsplatz Ohrdruf bereits der fünfzehnte Riss eines Nutztiers durch Wölfe in diesem Jahr ereignet haben. Ferner wurde ebenfalls auf dem Gelände des Übungsplatzes ein Wolfsrüde festgestellt und beobachtet, dass die dort ansässige Wölfin trächtig sei beziehungsweise bereits wieder Nachwuchs haben soll. Ich frage die Landesregierung: 1. Wann erlangte die Landesregierung erstmals darüber Kenntnis, dass sich ein zweiter beziehungsweise neuer Wolf im Umfeld des Übungsplatzes Ohrdruf aufhält und wann und durch wen erlangte die Landesregierung erstmals darüber Kenntnis, dass es sich bei diesem Wolf um ein männliches Tier handelt? 2. In welchem Zeitraum konnten die Wolfshybriden in Thüringen (insbesondere auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf) letal entnommen werden, wie viele Behördenmitarbeiter waren hieran beteiligt und wie hoch waren die durch die Entnahme entstanden Kosten (bitte nach Zeitraum, Anzahl der beteiligten Behördenmitarbeiter , beteiligter Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden sowie nach den entstanden Kosten der einzelnen Behörden aufschlüsseln)? 3. Wie viele Jagdbezirke beziehungsweise Jagdreviere mussten für die letale Entnahme der Wolfshybriden durch die beteiligten Behörden für die reguläre Jagdausübung gesperrt werden und wie wurden die betroffenen Jagdpächter hierfür entschädigt und falls keine Entschädigung erfolgte, warum nicht? 4. Sind während der Sperrung der Jagdbezirke zur letalen Entnahme der Mischlinge Schäden in den Revieren entstanden und falls ja, welche Schäden sind entstanden und wie hoch sind diese? 5. Wurde die Landesregierung durch betroffene Jagdpächter auf die Zahlung von Schadensersatz beziehungsweise Entschädigung verklagt und wenn ja, warum? 6. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus den gescheiterten Lebendfangversuchen und der damit misslungenen Besenderung der Wolfshybriden beziehungsweise der Wölfin und wie will die Landesregierung solche Maßnahmen zukünftig effektiver und effizienter gestalten? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7628 7. Wie will die Landesregierung zukünftig die Sabotage von Lebendfangversuchen durch Dritte verhindern und beabsichtigt die Landesregierung solche Sabotageversuche konsequent zur Anzeige zu bringen und falls nein, warum nicht? 8. Beabsichtigt die Landesregierung zur Verhinderung zukünftiger Sabotageversuche Wildkameras mit Bildversand für das Wolfsmonitoring zu verwenden und falls nein, warum nicht? 9. Welche durch Wölfe und deren Jungtiere mittelbar und unmittelbar verursachten Schäden in Thüringen sind der Landesregierung seit dem Jahr 2014 mit welcher Höhe bekannt (bitte nach Jahresscheiben, Schadenshöhe, verursachtem Schaden und Art des Schadens aufschlüsseln)? 10. Wie und durch wen wurden die in Frage 9 genannten Schäden seit dem Jahr 2014 in welcher Höhe auf welcher Rechtsgrundlage reguliert (bitte nach Jahrescheiben, Rechtsgrundlage, regulierender Behörde und regulierter Höhe aufschlüsseln)? 11. In welchen Fällen konnten die in Frage 9 erfragten Entschädigungsleistungen nicht oder nicht vollständig ausgezahlt werden, weil die De-minimis-Regelung dem entgegenstand? 12. Auf welche Höhe belaufen sich die Haushaltsmittel der Landesregierung, die im Zusammenhang mit Wölfen stehen seit dem Jahr 2014 und wofür wurden diese Haushaltsmittel aufgewendet (bitte nach Jahrescheiben, Einzelplänen, Haushaltstitel, Haushaltsstellen und Verwendung der Haushaltsmittel aufschlüsseln )? 13. Wie viele Einzeltiere sind nach Ansicht der Landesregierung für einen sicheren Erhaltungszustand des Wolfs in Thüringen und in Deutschland erforderlich und in wie vielen Jahren wird dieser Erhaltungszustand voraussichtlich erreicht sein? Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 26. August 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Am 3. Juni 2019 ergaben Fotofallenaufnahmen erste Hinweise auf zwei Tiere. Eine gesicherte Aussage aufgrund genetischer Untersuchungen, bei der ein Männchen verifiziert wurde, liegt der Landesregierung seit dem 8. Juli 2019 vor. Diese genetische Untersuchung führte das Senckenberg Institut (SENCKENBERG Gesellschaft für Naturforschung), Fachgebiet Naturschutzgenetik, durch. Zu 2.: Die Entnahme der Hybriden des Jahres 2017 begann im Dezember 2017 und wurde im April 2019 abgeschlossen . Landes- und Kommunalbehörden waren an den direkten Maßnahmen zur letalen Entnahme nicht beteiligt . Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) führte jedoch vorbereitende Maßnahmen durch. Das Thüringer Landesverwaltungsamt (jetzt Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, TLUBN) beschied den Antrag auf letale Entnahme. Da in der Naturschutzverwaltung des Landes keine Verbuchung von Arbeitsstunden anhand konkreter Aufgabennennung erfolgt, können weder entstandene Personalkosten noch die eingesetzten Mitarbeiter nach Vollzeitarbeitskraftäquivalent benannt werden. Die Aufwendungen des TMUEN für externe Leistungen für die letale Entnahme außerhalb des Standortübungsplatzes beliefen sich auf 13.104,75 Euro. Weiterhin wurden bislang vom TMUEN 811,08 Euro an Entschädigung für die befristete Untersagung der Jagdausübung in einem Teilbereich eines Gemeinschaftsjagdbezirkes an die betroffenen Jagdpächter ausgereicht. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem TMUEN und den Ausführenden der letalen Entnahme auf dem Standortübungsplatz ist zum Schutz von Personen, die die Maßnahme durchführten (unter anderem zur Vermeidung von Gefahren) Anonymität zu wahren. Aus diesem Grund kennt die Landesregierung weder die Anzahl der eingesetzten Mitarbeiter noch die entstandenen Kosten. Zu 3.: Den Jagdpächtern von drei Gemeinschaftsjagdbezirken wurde die Jagdausübung in Teilbereichen (1x 16 Hektar, 1 x 52 Hektar, 1 x 48 Hektar) ihrer Gemeinschaftsjagdbezirke befristet untersagt. Die Jagdpäch- 3 Drucksache 6/7628Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode ter von zwei Gemeinschaftsjagdbezirken machten finanzielle Belastungen (im Wesentlichen durch Entgang von Wildbreteinnahmen) durch die Jagdeinschränkung gegenüber dem TMUEN geltend. Die Jagdpächter , die einen Antrag auf Entschädigung gestellt hatten, wurden bisher mit einer Summe in Höhe von 811,08 Euro entschädigt. Zu 4.: Es sind keine Schäden entstanden. Zu 5.: Nein, es wurde keine Klage erhoben. Zu 6.: Es handelt sich beim Wolf nach übereinstimmender Auffassung von einschlägigen Wissenschaftlern mit Fangerfahrungen um eine der am schwierigsten zu fangenden Tierart. Im Rahmen des rechtlich und praktisch Möglichen wurden zum Fang der Ohrdrufer Wölfin und der Wolfshybriden stets die effizientesten und effektivsten verfügbaren Fangmethoden angewandt. Die Erfolglosigkeit der bisherigen Fangversuche bestätigt lediglich die fachliche Einschätzung der Dokumentations - und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW), die im Rahmen ihrer fachlichen Empfehlungen zur Entnahme der Wolfshybriden des Jahres 2017 auf die geringen Erfolgsaussichten des Lebendfangs hingewiesen hat. Deshalb werden für die Fangversuche der Hybriden des Jahres 2019 vom TMUEN weiterhin versierte Experten mit dem Fang beauftragt, die in enger Abstimmung mit der DBBW die effektivsten Fangmethoden anwenden. Zu 7.: Die Lebendfangversuche finden ausschließlich auf dem Standortübungsplatz Ohrdruf statt. Dies erfolgt im Einvernehmen mit der Bundeswehr und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben/Bundesforst. Der Standortübungsplatz ist militärischer Sicherheitsbereich und somit für die Öffentlichkeit gesperrt. Durch diesen Umstand wird die Gefahr von Sabotage deutlich gemindert. Dennoch wird der Standortübungsplatz auch illegal betreten. Beschädigungen oder Entwendungen von Eigentum des Freistaats Thüringen werden infolge (mutmaßlicher) strafbarer Handlungen stets angezeigt. Um die Gefahr von Sabotage möglichst gering zu halten, werden die Gebiete mit Fallenstandorten auch vom Wachpersonal des Standortübungsplatzes mit überwacht. Zu 8.: Nein - für das Wolfsmonitoring werden keine Wildkameras mit Bildversand per Telekommunikation verwendet . Diese Option ist für das Wolfsmonitoring grundsätzlich nicht erforderlich und die Mobilfunknetzabdeckung ist hierfür auch nicht immer ausreichend. Zu 9.: Der Landesregierung sind Tier- und Sachschäden für die Jahre 2014 bis 2019 (Stand: 23. Juli 2019) in folgender Höhe bekannt: Jahr Schaden Höhe in Euro 2014 Tier- und Sachschäden 0,00 2015 Tier- und Sachschäden 624,67 2016 Tier- und Sachschäden 0,00 2017 Tier- und Sachschäden 8.850,10 2018 Tier- und Sachschäden 10.529,75 2019 Tier- und Sachschäden 7.229,60 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7628 Zu 10.: Die Regulierung der Schäden erfolgte und erfolgt auf Grundlage folgender Richtlinien: 1. "Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Vermeidung oder Minderung wirtschaftlicher Belastungen durch den Wolf (Förderrichtlinie Wolf)" (in Kraft getreten am 6. Juli 2015 und außer Kraft getreten am 31. Dezember 2016)" 2. "Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Vermeidung oder Minderung wirtschaftlicher Belastungen durch den Wolf/Luchs (Förderrichtlinie Wolf/Luchs)" (in Kraft getreten am 1. Januar 2017 und außer Kraft getreten am 27. November 2018)" 3. "Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen und Billigkeitsleistungen zur Vermeidung oder Minderung wirtschaftlicher Belastungen durch den Wolf/Luchs (Richtlinie Wolf/Luchs)" (in Kraft seit dem 28. November 2018) Bewilligende oder regulierende Behörde für die Jahre 2015 und 2016 war das TMUEN. Das TMUEN reichte im Jahr 2015 624,67 Euro für Entschädigungsleistungen aus. Seit dem Jahr 2017 ist die obere Naturschutzbehörde die zuständige Bewilligungsbehörde. Diese reichte im Jahr 2017 8.850,10 Euro, im Jahr 2018 10.529,75 Euro und im Jahr 2019 mit Stand vom 23. Juli 2019 7.229,60 Euro für Entschädigungsleistungen aus. Zu 11.: Bisher mussten keine Kürzungen von Zuwendungssummen aufgrund des Überschreitens der Deminimis- Obergrenze vorgenommen werden (Stand: 23. Juli 2019). Zu 12.: Die Antwort ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Jahr Art der Zuwendung Kapitel 09 01 Titel Kapitel 09 07 Titel Kosten in Euro 2014 Genetische Untersuchungen 546 78 500,00 2015 Schadensregulierung Genetische Untersuchungen Rissgutachteraufwandsentschädigung für Dritte Kameramonitoring Teilüberarbeitung "Managementplan für den Wolf in Thüringen" Druck "Managementplan für den Wolf in Thüringen" Druck Faltblatt" Die Rückkehr des Wolfes nach Thüringen" 531101 531101 531101 681 78 546 78 681 78 546 78 624,67 1.926,00 447,50 1.593,86 2.061,68 4.857,95 1.222,68 2016 Förderung Herdenschutz Genetische Untersuchungen 681 78 546 78 21.335,99 300,00 5 Drucksache 6/7628Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Jahr Art der Zuwendung Kapitel 09 01 Titel Kapitel 09 07 Titel Kosten in Euro 2017 Kameramonitoring Förderung Herdenschutz Schadensregulierung Kostenerstattung Kameramonitoring für Dritte Ausstattung Aufnahmegehege Wolfshybriden Bärenpark Worbis) Beschaffung Kastenfallen Lebendfangbegleitung durch Expertenbüro Genetische Untersuchungen Rissgutachteraufwandsentschädigung für Dritte 546 78 547 78 681 78 681 78 681 78 538 78 538 78 546 78 681 78 1.427,43 6.674,93 8.850,10 350,00 27.745,73 2.000,00 8.758,26 4.000,00 830,39 6 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7628 Jahr Art der Zuwendung Kapitel 09 01 Titel Kapitel 09 07 Titel Kosten in Euro 2018 Aus-/Fortbildung Rissgutachter Lebendfangbegleitung durch Expertenbüro Erarbeitung Monitoring- und Fangkonzept für Ohrdrufer Wölfin/ Monitoringauswertungen Beauftragung Fang Beauftragung Tierärztin für Lebendfang Ausstattung Aufnahmegehege Wolfshybriden Bärenpark Worbis Genetische Untersuchungen Schadensregulierung Kostenerstattung Kameramonitoring durch Dritte Transport Kastenfallen Rissgutachteraufwandsentschädigung für Dritte Prävention Aufwendungen für letale Entnahme Wolfshybriden Beschaffung von Kameras und Halsbandsendern für Monitoring Wildkameras und Zubehör für die Durchführung des Fotofallen-Monitorings im Rahmen des Wolfs- und Luchsmonitorings Material zum Sammeln und Konservieren von genetischem Material im Rahmen des Monitorings von Großraubtieren Ausstattung Kleingeräte für Rissgutachter Beschaffung Telemetriematerial für Wolfsmonitoring Förderung Herdenschutz 525 78 538 78 538 78 538 78 538 78 681 78 546 78 681 78 546 78 538 78 547 78 686 78 547 78 812 78 812 78 812 78 812 78 81278 547 78 3.073,90 5.586,43 22.087,35 8.680,00 4.017,63 48.657,50 15.000,00 10.529,75 1.355,00 952,00 500,00 20.379,77 540,00 41.238,62 17.243,00 2.500,00 1.100,00 2.000,00 10.749,21 7 Drucksache 6/7628Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Jahr Art der Zuwendung Kapitel 09 01 Titel Kapitel 09 07 Titel Kosten in Euro 2019 Aus-/Fortbildung Rissgutachter Aufwendungen für letale Entnahme Wolfshybriden Schadensregulierung Beauftragung Lebendfang durch Expertenbüro Beauftragung Tierarzt Beauftragung Lebendfang durch Expertenbüro Kameramonitoring durch Dritte Entschädigung Jagdpächter für Beschränkung Jagdausübung wg. Entnahme Wolfshybriden Lfd. Kosten für den Betrieb der Halsbandsender im Rahmen des Monitorings von Großraubtieren Beschaffung von Hinweisschildern und Kleinmaterial im Rahmen des Wolf-/Luchs- Monitorings Förderung Herdenschutz 525 78 547 78 681 78 538 78 538 78 538 78 546 78 681 78 547 78 546 78 547 78 1.200,00 12.564,75 7.229,60 24.299,02 23.383,32 37.283,70 250,00 811,08 500,00 2.000,00 49.221,90 Zu 13.: Der Erhaltungszustand der FFH-Arten wird anhand der Kriterien Verbreitungsgebiete, Populationen, Habitate und Zukunftsaussichten bewertet, jeweils für die atlantische, die kontinentale und die alpine biogeographische Region. Die Bewertung erfolgt für ganz Deutschland und nicht für die einzelnen Bundesländer. Es kann daher für Thüringen kein fester Wert für eines dieser Kriterien angegeben werden, bei dessen Erreichen ein günstiger Erhaltungszustand vorliegt. Ebenso kann nicht prognostiziert werden, wann der günstige Erhaltungszustand erreicht sein wird. Siegesmund Ministerin Aktuelle Entwicklung des Wolfsbestands in Thüringen - Teil I Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: Zu 11.: Zu 12.: Zu 13.: