27.08.2019 Drucksache 6/7629Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. September 2019 Aktuelle Entwicklung des Wolfsbestands in Thüringen - Teil II Die Kleine Anfrage 4013 vom 15. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Wie der Mitteldeutsche Rundfunk am 8. Juli 2019 berichtete, soll sich auf dem Übungsplatz Ohrdruf bereits der fünfzehnte Riss eines Nutztiers durch Wölfe in diesem Jahr ereignet haben. Ferner wurde ebenfalls auf dem Gelände des Übungsplatzes ein Wolfsrüde festgestellt und beobachtet, dass die dort ansässige Wölfin trächtig sei beziehungsweise bereits wieder Nachwuchs haben soll. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Vereine, Stiftungen und Verbände sind in Thüringen am Wolfsmanagement beziehungsweise am Wolfsmonitoring seit dem Jahr 2014 beteiligt und wie hoch sind die Haushaltsmittel, die diese bisher zu Verfügung gestellt bekommen haben (bitte nach Jahrescheiben, Vereinen, Stiftungen und Verbänden, zur Verfügung gestellten Beträgen und Grund der Bereitstellung aufschlüsseln)? 2. Welche wissenschaftlichen Institute und Hochschulen haben im Auftrag der Landesregierung die genetischen Auswertungen der in Thüringen aufgefunden und Wölfen zugeschriebenen Kot-Proben seit dem Jahr 2014 durchgeführt und aus welchen Gründen wurden diese Institute mit der Analyse beauftragt (bitte nach Jahresscheiben, Institut beziehungsweise Hochschule, Kosten der einzelnen Analysen, Grund der Beauftragung, Rechtsgrundlage und Bezeichnung der analysierten Einzeltiere aufschlüsseln)? 3. Welche weiteren wissenschaftlichen Institute und Hochschulen in Deutschland und anderen EU-Staaten sind zur genetischen Analyse solcher Kot-Proben in der Lage und aus welchen Gründen wurden diese Institute bisher nicht an der Auswertung von Proben aus Thüringen beteiligt (bitte nach Hochschule, Bundesland und EU-Mitgliedsland aufschlüsseln)? 4. Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage nimmt die Landesregierung an, dass es sich bei den in Thüringen festgestellten Wölfen um reinrassige Wölfe und nicht um verwilderte Wolfshunde, Wolf-Hund-Mischlinge , Goldschakale oder um Wolfsmischlinge anderer Art handelt (bitte nach wissenschaftlicher Bezeichnung der einzelnen Tiere und nach Begründung für die Einordnung als reinrassiger Wolf aufschlüsseln)? 5. Wie viele Wölfe leben nach Kenntnis der Landesregierung seit dem Jahr 2000 in Deutschland und wie wird sich ihr Bestand nach Einschätzung der Landesregierung in den nächsten zehn Jahren entwickeln (bitte nach Jahresscheiben, Bundesland, Anzahl der Rudel, durchschnittliche Größe der Rudel, Menge der Einzeltiere und prognostizierter Bestandsentwicklung für Thüringen und das Bundesgebiet aufschlüsseln )? K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7629 Das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 26. August 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Beim Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) ist seit 2009 eine Arbeitsgruppe Wolf (ab 2016 Erweiterung um Luchs) angesiedelt. Diese nimmt eine beratende Funktion in Sachen Wolfsmanagement ein, folgende Verbände sind an der AG Wolf und Luchs unentgeltlich beteiligt: Landesverband Thüringer Schafzüchter e.V., Thüringer Bauernverband e.V., Thüringer Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbezirksinhaber, Landesjagdverband Thüringen e.V., Ökologischer Jagdverein e. V./Landesverband Thüringen, Bundesverband Deutscher Berufsjäger e.V./Landesverband Thüringen , Naturschutzbund Thüringen e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Thüringen e.V. Am Wolfsmonitoring sind der Naturschutzbund Thüringen e.V. und der Landesjagdverband Thüringen e. V. beteiligt. Der Naturschutzbund Thüringen e.V. erhielt bisher Gelder in Höhe von 3.555 Euro für erbrachte Leistungen (Einrichtung und Betreuung der Fotofallenkulisse im Umkreis des Standortübungsplatzes Ohrdruf). 2017: 700 Euro 2018: 2855 Euro Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) hat mit dem Naturschutzbund Deutschland e.V und dem Landesjagdverband Thüringen e.V. seit 2019 jeweils einen Kooperationsvertrag für ein Fotofallen-Monitoring zum Wolf. Die Rechnungsstellung über die erbrachten Leistungen erfolgt erst im Dezember 2019. Zu 2.: Seit dem Jahr 2010 fungiert das Senckenberg Institut, (SENCKENBERG Gesellschaft für Naturforschung), Fachgebiet Naturschutzgenetik, als Referenzzentrum für Wolfsgenetik in Deutschland. Die Entscheidung für dieses Institut basiert auf einem Auswahlverfahren des Bundesamtes für Naturschutz und einer nachfolgenden Empfehlung an die Länder, das Senckenberg Institut für Genanalysen zu nutzen. Dieser Empfehlung ist die Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) nachgekommen. Die bundesweit einheitliche Probenuntersuchung durch ein zentrales Institut ermöglicht es, das Wolfsvorkommen länderübergreifend zu betrachten und auf diese Weise Rudelkonstruktionen und Herkunftsrudel zu bestimmen. Zum anderen kann hierdurch eine Vergleichbarkeit der Auswertung aller anfallenden bundesweit gesammelten Proben gewährleistet werden. Für die Analyse genetischen Materials von Wölfen und Hybriden (neben Kot auch Rissabstriche, Haare und Gewebe) entstanden bisher Kosten in Höhe von 21.726 Euro wie folgt: 2014: 500 Euro 2015: 1.926 Euro 2016: 300 Euro 2017: 4.000 Euro 2018: 15.000 Euro Die Analyse von Kot-Proben ist Teil des Monitorings. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU verpflichtet die Mitgliedstaaten in Artikel 11 zur Überwachung des Erhaltungszustandes (Monitoring) und der Arten (Anhänge II, IV und V) von europäischem Interesse. Bisher konnten über die genetischen Analysen von Kotproben neben der standorttreuen Wölfin bei Ohrdruf (GW 267 f) ein weiterer männlicher Wolf (seit Mai 2019, GW 1264 m) nachgewiesen werden. Zu 3.: Das Senckenberg Institut als Referenzzentrum für Wolfsgenetik in Deutschland besitzt als einziges Genlabor umfangreiche Vergleichsproben beziehungsweise genetische Daten über die in Deutschland vorkommenden wildlebenden Wölfe. So ist es möglich, für das Gros der Wölfe einen genetischen Stammbaum zu erstellen, Rudelzusammensetzungen sowie auch Migrationsbewegungen nachzuvollziehen und Aussagen zur genetischen Variabilität des Wolfsbestandes zu treffen. 3 Drucksache 6/7629Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Dieses Alleinstellungsmerkmal bezüglich der genetischen Datengrundlage zur der deutschen Wolfspopulation weist kein anderes Genlabor in Deutschland und im Ausland auf. Zu 4.: Folgende Wölfe konnten in Thüringen durch Genanalyse nachgewiesen werden: GW 267 f, GW 1264 m. Bei der wissenschaftlichen Grundlage handelt es sich um genetische Analysen. Dabei werden Mikrosatellitenmarker verwendet. Mithilfe dieser Marker wird ein individueller genetischer Fingerabdruck erstellt. Mit Hilfe der SNP - Genotypisierung, einer Methodik der modernen Genomforschung, wird die komplette Erbinformation betrachtet. Sie ermöglicht eine statistische Auswertung der genomischen Profile und zeigt die Ähnlichkeiten zueinander. Mittels eines Vergleichs mit Referenzproben von Wölfen und Haushunden sowie Goldschakalen kann eindeutig unterschieden werden, ob es sich bei dem beprobten Individuum um verwilderte Wolfshunde, Wolf-Hund-Mischlinge oder Goldschakale handelt. Zu 5.: Laut den bundesweit einheitlich festgelegten Monitoringstandards gilt ein Wolf als resident, sobald er sechs Monate in einem Gebiet nachgewiesen wird. Das trifft in Thüringen auf ein weibliches Tier (Ohrdrufer Wölfin ) zu. Im Monitoringjahr (1. Mai 2017 bis 30. April 2018) wurden in Deutschland 75 Rudel, 33 Paare und drei territoriale Einzeltiere festgestellt. Die Wachstumsrate für das gesamte Bundesgebiet beläuft sich auf jährlich rund 30 Prozent der vorhandenen Population. Diese Zahl lässt sich allerdings nicht verallgemeinern. Das zeigt sich für Thüringen, wo die Anzahl an residenten Wölfen seit 2014 stabil ist. Es ist nicht möglich, für Thüringen eine Bestandsentwicklung abzuschätzen, weil die Einwanderung von Wölfen nach Thüringen nicht vorhersagbar ist. Siegesmund Ministerin Aktuelle Entwicklung des Wolfsbestands in Thüringen - Teil II Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: