30.08.2019 Drucksache 6/7633Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 27. September 2019 Evaluation der Polizeivertrauensstelle - nachgefragt Die Kleine Anfrage 3966 vom 1. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Am 1. Dezember 2017 hat die Polizeivertrauensstelle ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll Bürgerinnen und Bürger bei der Konfliktlösung beraten und betreuen, gemeinsam mit den Behörden und der Polizei Lösungsmöglichkeiten erörtern und bei der Umsetzung unterstützen (vergleiche Drucksache 6/4894). Ich frage die Landesregierung: 1. Wie viele Bürgeranfragen beziehungsweise Bürgerbeschwerden hat die Polizeivertrauensstelle seit 1. Juli 2018 bearbeitet und mit welchem Ergebnis? 2. Wie entwickelten sich die Fallzahlen der Anfragen oder Beschwerden seit Gründung der Polizeivertrauensstelle im Vergleich zum vorherigen Zustand? 3. Wie bewerten die Prozessbeteiligten (Bürger, betroffene Beamte, deren Vorgesetzte) inzwischen das neue Verfahren der Beschwerdeführung? 4. Wie bewertet die Landesregierung das neue Verfahren der Beschwerdeführung? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desregierung mit Schreiben vom 28. August 2019 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Im Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 sind in der Polizeivertrauensstelle insgesamt 464 Anfragen eingegangen, bei denen der/die Anfragende sich mit einer Registrierung einverstanden erklärt hat. Von diesen 464 Anfragen beinhalten 259 keinen Beschwerdegehalt. Es handelt sich dabei zum Beispiel Presseanfragen, Informationsgesuche aus dem wissenschaftlichen Bereich und Erläuterungsbitten. 205 der oben genannten 464 Anfragen waren als Beanstandungen oder Beschwerde einzuordnen. 197 dieser 205 Beschwerden konnten bereits abgeschlossen werden. In 139 Fällen waren die Beanstandungen unberechtigt, in 58 Fällen waren sie in Teilen oder in Gänze berechtigt. Davon wiederum konnte in 16 Fällen dem Anliegen direkt durch die Polizeivertrauensstelle abgeholfen werden. K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Walk (CDU) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7633 In elf der gegenüber der Polizeivertrauensstelle vorgebrachten Fälle erschien eine strafrechtliche Relevanz gegeben. Es erfolgte eine Weiterleitung an die zuständigen Stellen, die die erforderlichen strafprozessualen Maßnahmen eingeleitet haben. Zu 2.: Nach den bisherigen Erfahrungen ist in Einzelfällen davon auszugehen, dass die vorgetragene Angelegenheit nicht einer Polizeidienststelle vorgelegt beziehungsweise der Weg über eine formale Beschwerde gewählt worden wäre. Insoweit wäre mit einem geringfügigen Anstieg der Anfragen oder Gesamtbeschwerdezahlen zu rechnen. Im Gegenzug zeichnet sich ab, dass mit dem Anwachsen des Beschwerdeaufkommens bei der Polizeivertrauensstelle die Fallzahlen in anderen Bereichen, zum Beispiel auch bei den Beratungsstellen , beim Bürgerbeauftragten oder der Thüringer Staatskanzlei, abnehmen oder von dort an die Thüringer Polizeivertrauensstelle weiterverwiesen werden können. Zu 3.: Eine Evaluation/Meinungsumfrage im Sinne der Fragestellung hat bislang nicht stattgefunden. Aufgrund des steigenden Fallaufkommens bei der Polizeivertrauensstelle, der mitgeteilten Reaktionen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Presse wird die Einrichtung als sinnvoll angesehen. Positiv gewertet wird dabei insbesondere, dass es sich um ein niedrigschwelliges Angebot handelt, keine formalen Anträge gestellt werden müssen, die Bearbeitungszeit zumeist sehr gering ist und keine Kosten entstehen. Positiv bewertet wird auch, dass die Polizeivertrauensstelle nicht dem Legalitätsprinzip unterliegt und damit nicht gezwungen ist, unverzüglich strafprozessuale Maßnahmen einzuleiten, die einen langwierigen Prozess nach sich ziehen. Nicht in jedem Fall, insbesondere nicht im familiären Bereich, ist dies im Sinne der Betroffenen. Die Betroffenen haben dabei in der Regel deutlich gemacht, dass es ihnen um eine Vermeidung ähnlichen Verhaltens in der Zukunft, um eine Entschuldigung oder um Begleichung eines Schadens geht. Aufgrund ihres meist sehr positiven Polizeibildes oder der Geringfügigkeit des Vorfalls waren sie oftmals nicht an einer rechtlichen Ahndung interessiert. Besonders hoch ist die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger in den vom Bürgerbeauftragten des Freistaats Thüringen als "Lotsen-, Moderator- und Dolmetscherfunktion" bezeichneten Bereichen, also bei Anfragen , die durch die Polizeivertrauensstelle ohne Abgabe an die Polizeidienststellen erledigt werden konnte, zum Beispiel durch ein Beratungsgespräch. Bei der Abgabe an die zuständigen Polizeidienststellen waren die Reaktionen fast durchgängig positiv, wenn zeitnah ein persönliches Gespräch mit dem Ziel einer kurzfristigen Problemlösung geführt wurde. Dies galt selbst in den Fällen, in denen dem Ansinnen nicht oder nur teilweise abgeholfen werden konnte. Im Vordergrund stand für die Betroffenen dabei insbesondere, gehört und ernstgenommen zu werden. In Einzelfällen wurden von Bürgerinnen und Bürgern die Organisation und eine Erweiterung der Zuständigkeiten der Polizeivertrauensstelle thematisiert um die Bearbeitung der Anliegen aus Sicht der deren sich zu beschleunigen oder zu verbessern. Angeregt wird dabei zum Beispiel, dass die Polizeivertrauensstelle auch Schadensersatzansprüche bearbeiten kann oder ein Fonds für unbürokratische Soforthilfe eingerichtet wird. Seitens der Leitungsebene der Polizei wird positiv bewertet, dass die Überprüfung weiter im eigenen Zuständigkeitsbereich erfolgt und die Polizeivertrauensstelle bemüht ist, den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen langwierige formale Verfahren oder Pressereaktionen vermieden werden. Als sinnvoll wird angesehen, dass die in der Polizeivertrauensstelle tätigen Mitarbeiter langjährige Polizeierfahrung unter anderem auch im Umgang mit Bürgerbeschwerden haben. Besonders positiv wurde die kurzfristige Weiterleitung von Bürgerhinweisen an die zuständigen Stellen über Straftaten oder die Notwendigkeit von präventivem polizeilichen Handeln, zum Beispiel die Absicherung einer Gerichtsverhandlung vor einer dann auch erfolgten massiven Gewaltreaktion eines Angeklagten, bewertet. Seitens der Polizeiangehörigen sind die Reaktionen, die die Polizeivertrauensstelle erreicht haben grundsätzlich positiv. Um die Polizeivertrauensstelle beziehungsweise ihre Arbeitsweise noch stärker bekannt zu machen hat sich die Polizeivertrauensstelle zum Beispiel bei Gewerkschaftstreffen oder Dienstberatungen intern vorgestellt. Weiter ist die Thematik in der polizeiinternen Zeitung PiT aufgegriffen worden. 3 Drucksache 6/7633Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Zu 4.: Die Landesregierung begrüßt, dass die Polizeivertrauensstelle als zusätzliches Angebot von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen wird. Damit besteht die Gelegenheit zur Erläuterung der Erfordernisse und der Art und Weise polizeilichen Handelns. Ziel ist dabei eine Stärkung der Bürgernähe sowie mehr Transparenz der polizeilichen Arbeit. Maier Minister Evaluation der Polizeivertrauensstelle - nachgefragt Ich frage die Landesregierung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: