Frage 1: Wie hat sich die Zahl der Richterinnen und Richter, der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und Vertreterinnen und Vertreter des öffentlichen Interesses in der Rechtspflege in Thüringen im Anfragezeitraum entwickelt? Antwort: Zur Beantwortung der Fragestellung wurden die Daten aus den bundeseinheitlichen Personalübersichten, die unter anderem den Personalbestand zu festen Erhebungsstichtagen (Quartals- bzw. Jahresende) umfassen, ausgewertet. Dabei wurden die Daten jeweils zum Stichtag 30. Juni angegeben. Darüber hinaus spiegeln die nachfolgend genannten Zahlen nicht wider, dass mit der Einstellung junger Richter und Staatsanwälte sich die Zahl der in Elternzeit befindlichen Richter und Staatsanwälte in dieser Legislatur erheblich erhöht hat. So lassen die Ausfallzeiten für Mutterschutz im Jahr 2018 im Vergleich zum Jahr 2013 auf eine Steigerung um ca. 50 % schließen. Zudem erfolgt nur eine Erfassung zu dem jeweiligen Stichtag, nicht hingegen für die zwischen den Stichtagen liegenden Zeiträume. Dies vorangestellt, hat sich die (Kopf-)Zahl der Richter und Staatsanwälte im Zeitraum vom 30. Juni 2008 bis 30. Juni 2018 wie folgt zu den jeweiligen Stichtagen entwickelt: Richter und Staatsanwälte 30.06.2008 759' 30.06.2009 777 30.06.2010 788 30.06.2011 786 30.06.2012 772 30.06.2013 789 30.06.2014 781 30.06.2015 768 30.06.2016 787 30.06.2017 799 30.06.2018 795 Da es sich um Stichtagserhebungen handelt, sind die ausgewiesenen Zahlen schwankend. Die Schwankungen begründen sich vor allem durch Abwesenheitszeiten von mehr als 3 Monaten, insbesondere durch Elternzeit sowie den Freistellungsphasen von Altersteilzeit und Sabbatzeit, die in den genannten Zahlen nicht enthalten sind. Gleiches gilt für Abordnungen an Gerichte und Behörden außerhalb des Geschäftsbereichs der Thüringer Justiz. Hinsichtlich der Entwicklung der Richter und Staatsanwälte an den einzelnen Dienststellen zum 31.12. wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Seite 2 von 274 Bis zum 1. April2014 wurden die Aufgaben des Vertreters des öffentlichen Interesses (Völ) durch zwei Mitarbeiter des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales wahrgenommen (ein Völ und ein Stellvertreter). Seit dem 1. April 2014 werden die Aufgaben des Völ durch einen Mitarbeiter sowie einen Abwesenheitsvertreter wahrgenommen. Frage 2: Wie hat sich der Personalbestand bei den Thüringer Gerichten der Ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Fach gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften im Anfragezeitraum entwickelt (bitte auch nach Richter auf Lebenszeit, auf Zeit, auf Probe oder kraft Auftrags, nach richterlichem beziehungsweise staatsanwaitschaftlichem Dienst, nach höherem nichtrichterlichen Dienst, Gehobenen Dienst, Gerichtsvollziehern, Justizvollzugsbeamten, mittlerem Dienst und Schreibdienst, einfachem Dienst, Beschäftigten und Beamten und Geschlecht unterteilen)? Antwort: In der Anlage zu Frage 2 sind für den nachgefragten Zeitraum die verfügbaren Daten für alle Gerichte und Staatsanwaltschaften im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Die Daten etwaiger Zweigstellen wurden nicht separat ausgewiesen, sondern sind in den Daten der Hauptstellen enthalten. Die Daten stammen aus den Personalübersichten, die unter anderem den Personalbestand nach Kopfzahlen und Arbeitskraftanteilen zu festen Erhebungsstichtagen (Quartals- bzw. Jahresende) umfassen. Infolgedessen liegen keine Daten für den 1. Januar 2008 vor. Um der Fragestellung möglichst weitgehend zu entsprechen, wurden in die Anlage ersatzweise die verfügbaren Daten zum 31. Dezember 2007 aufgenommen und die Datenreihe entsprechend erweitert. Die Erhebung des Personalbestandes in den Personalübersichten folgt bundesweit einheitlich nach zwischen den Landesjustizverwaltungen abgestimmten Erhebungsregeln. Dabei werden Bedienstete, die mit Bruchteilen ihrer Arbeitskraft an eine andere Dienststelle abgeordnet und gleichzeitig mit Bruchteilen ihrer Arbeitskraft bei der Heimatdienststelle tätig sind, bei beiden Dienststellen mit voller Kopfzahl und standortgenau mit dem konkreten Arbeitskraftanteil erfasst. Bei den in den Personalübersichten erfassten Personengruppen wird grundsätzlich entsprechend den vorhandenen Laufbahngruppen unterschieden. Eine Differenzierung nach Justizvollzugsbeamten findet nicht statt, weil Justizvollzugsbeamte regelmäßig nicht zum Personalbestand bei Gerichten und Staatsanwaltschaften gehören . Mit Inkrafttreten des Thüringer Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 12. August 2014 (GVBI. S. 472) enifiel zum 1. Januar 2015 die Laufbahngruppe des einfachen Dienstes. Die Beamten des einfachen Dienstes wurden in Ämter des mittleren Dienstes übergeleitet. Diese Änderung konnte in den Personalübersichten in Thüringen nicht umgesetzt werden, weil dies zu erheblichen Verzerrungen bei der Darstellung der tatsächlichen Personalsituation in der Justiz führen würde. Die bundeseinheitlichen Personalübersichten ordnen die Aufgaben der Gerichtswachtmeister, Justizhelfer und Fahrer dem einfachen Dienst und die Tätigkeiten in den Geschäftsstellen dem mittleren und Schreibdienst zu. Infolgedessen wurden die übergeleiteten Bediensteten des ehemaligen einfachen Dienstes ent- Seite 3 von 274 sprechend ihrem tatsächlichen Einsatzgebiet im Personalbestand weiterhin als einfacher Dienst erfasst, wenn kein Einsatz in den Geschäftsstellen erfolgt. Frage 3: Wie viele Spruchkörper waren und sind jeweils bei welchem Gericht eingerichtet? Antwort: Die Zahl der Spruchkörper wurde für den nachgefragten Zeitraum in der Anlage zu Frage 3 zusammengestellt. Hinsichtlich der Amtsgerichte und der Sozialgerichtsbarkeit erfolgte eine Abfrage und Zusammenstellung bei den entsprechenden Gerichten . Soweit die Daten im Hinblick auf die Vorbemerkung zur Großen Anfrage in der Ordentlichen Gerichtsbarkeit auch nach Straf-, Zivil-, und Freiwilliger Gerichtsbarkeit aufgeschlüsselt werden sollen, war eine Aufschlüsselung der Zivilsachen im Sinne des § 13 GVG erforderlich. Seit der FGG-Reform im Jahre 2009 regelt § 13 GVG, dass die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit insgesamt Zivilsachen sind. Es wurde jeweils die größte in einem Kalenderjahr eingerichtete Spruchkörperzahl erfasst. Hilfsspruchkörper wurden nicht berücksichtigt. Amtsgerichte mit Zweigstellen wurden einschließlich der Zweigstellen berücksichtigt. Frage 4: Wie hat sich das Verhältnis von Mitarbeitern im mittleren Dienst zu Spruchkörpern im Anfragezeitraum entwickelt (bitte auch Schreibdienst gesondert ausweisen)? Antwort: Das nachgefragte Verhältnis ist aus den Antworten zu den Fragen 2 und 3 ersichtlich . Die Zahl der im Anfragezeitraum im mittleren Dienst vorhandenen Bediensteten (Schreibdienst gesondert) wird in der Anlage zur Frage 2 und die Zahl der Spruchkörper wird in der Anlage zur Frage 3 standortbezogen ausgewiesen. Frage 5: Wie viele Mitarbeiter werden in den kommenden 15 Jahren in den Ruhestand gehen (bitte wie unter Frage 2 aufschlüsseln)? Antwort: Die Ruhestands- und Renteneintritte bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ergeben sich aus der Anlage zu Frage 5. Ermittelt wurden die individuellen Austrittszeitpunkte nach derzeit gültiger Altersgrenze für den Ruhestand der Beamten und Richter bzw. für die Regelaltersrente. Soweit mit hinreichender Sicherheit bekannt, ist in der Tabelle anstelle des Zeitpunktes des Altersruhestandes die vorzeitige Ruhestandsversetzung bzw. anstelle des Zeitpunktes der Regelaltersrente der vorzeitige Renteneintritt berücksichtigt. Nach aktueller Bewilligungslage ebenfalls erfasst sind die veränderten Austrittszeitpunkte bei einer über die Altersgrenze hinausgehenden Tätigkeit. Seite 4 von 274 Die in anliegender Tabelle ausgewiesenen absoluten Austrittszahlen stellen somit eine Momentaufnahme dar. Die Darstellung in Tabellenform ist an die Vorgabe aus Frage 2 angelehnt. Da im Berichtszeitraum keine Austritte von Richtern auf Probe, Richtern auf Zeit und Richtern kraft Auftrags erfolgen werden, sind die betreffenden Spalten der Übersichtlichkeit halber ausgeblendet. In den Tabellenspalten zum höheren nichtrichterlichen Dienst sind ausschließlich die Austrittszeitpunkte der Staatsanwälte dargestellt. In der Tabelle nicht erfasst sind die Austritte der Gerichtsreferenten im höheren Dienst. Aktuell sind fünf Gerichtsreferenten an oberen und mittleren Landesgerichten in der Laufbahngruppe des höheren Dienstes ernannt. Diese Bediensteten werden im Zeitraum bis 2033 das Ruhestandseintrittsalter erreichen und in den Ruhestand treten. Eine Ausweisung in der Tabelle muss unterbleiben, da gerade in den Fachgerichtsbarkeiten der Zeitpunkt des Austritts konkreten Personen zugeordnet werden kann, was aus Datenschutzgründen unzulässig ist. Die in den Spalten zum gehobenen Dienst ausgewiesenen Austrittszahlen addieren sich aus Amtsanwälten, Rechtspflegern, Sozialpädagogen/-arbeitern und sonstigen der Laufbahngruppe zugehörigen Bediensteten (z. B. Verwaltungs- und lT-Kräften). Anstelle des einfachen Dienstes sind Spalten für den Justizwachtmeisterdienst als Laufbahnzweig des mittleren Justizdienstes angelegt. Frage 6: Durch welche Maßnahmen und auf welcher Grundlage bereitet die Landesregierung die Thüringer Justiz auf die zukünftig anstehenden hohen Eintritte in den Altersruhestand vor? Antwort: Zukünftige hohe Einritte in den Altersruhestand sind für die Thüringer Justiz vereinigungsbedingt nur in der Laufbahn des höheren Justizdienstes für Richter und Staatsanwälte zu erwarten. Insoweit wird auf die Antworten zu den Fragen 7, 9 und 10 verwiesen. Frage 7: Wie gestaltet sich die Bildung einer Einstellungsreserve in der Thüringer Justiz in den vergangenen fünf Jahren (bitte getrennt nach Lau fbahnen und Gerichten aufgliedern )? Antwort: In den Jahren, in den die Zahl der Ruhestandseintritte von Richtern und Staatsanwälten eine Größenordnung von 40 Austritten jährlich relevant übersteigen wird, werden im Freistaat Thüringen nicht genügend geeignete Bewerber für die Nachbesetzung zur Verfügung stehen. Im Jahr 2024 werden die planmäßigen Ruhestandseintritte diesen Grenzbereich erstmals erreichen. Voraussichtlich ab dem Jahr 2027 vor allem in den Jahren 2029-2031 wird eine vollständige Kompensation der Ruhe- Seite 5 von 274 standsaustritte nicht möglich sein. Mit vorgezogenen Einstellungen von Assessoren bis zum Jahr 2023 soll diesem Missverhältnis vorgebeugt werden. Hier-für wird der Begriff „Einstellungsreserve" verwandt. Die Schaffung und Besetzung zusätzlicher Planstellen für Richter und Staatsanwälte ermöglicht die Bildung einer Reserve und soll helfen, die bevorstehenden Ruhestandseintritte abzufedern und den Wissenstransfer zu sichern. Seit 2015 wird die Bildung einer Einstellungsreserve zur Abfederung der drohenden Pensionierungswelle durch Ausbringung von zusätzlichen Planstellen der R- Besoldung in den Stellenplänen der Gerichte und Staatsanwaltschaften vorbereitet. Folgende Planstellen der BesGr. Ri wurden hierfür neu ausgebracht: 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Gesamt Kapitel 0 2 4 3 4 0 13 0504 Kapitel 0 0 0 3 2 0 5 0508 Die Stellenmehrung für die im Jahr 2017 im Kapitel 0508 neu ausgebrachten Planstellen wurde mit der gestiegenen Zahl an Asylverfahren begründet. Sie dient angesichts des rückläufigen Geschäftsanfalls in Asylverfahren gleichwohl der Bildung einer Einstellungsreserve im Bereich der R-Besoldung1. Für die Bereiche des nichtrichterlichen Dienstes bei Gerichten und Staatsanwaltschaften wird gegenwärtig keine unmittelbare Einstellungsreserve zur Abfederung bevorstehender Ruhestandseintritte gebildet. Zwar wurde im Haushaltsplan 2016 eine Planstelle der BesGr. All und eine Stelle mit EntG El 2 neu geschaffen, diese Stellenmehrungen sind jedoch mit dem aktuellen personellen Mehrbedarf zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte begründet. Sie sind zur Umsetzung der eJustice-Gesetze notwendig und stellen daher keine Einstellungsreserve dar. Auch die im Haushaltsjahr 2018 neu ausgebrachten vier Planstellen für Rechtspfleger (A9gD) und vier Planstellen für Kräfte im Büro- und Kanzlei-Dienst (A6) wurden aufgrund eines (derzeit) „erhöhten Geschäftsbedarfs" neu geschaffen. Die Besetzung der Stellen dient damit der Deckung des aktuellen Personalbedarfs. Für alle neu ausgebrachten (Plan)Stellen sind neue Stellenabbauverpflichtungen ab 2025 entstanden. Frage 8: An welchen Dienststellen wird das Personal eingesetzt, das als Resetve bereits eingestellt wurde (bitte nach Dienststellen, Einstellungsjahr und Laufbahn unterteilen )? 'Im HHPI 2017 steht als Begründung zur Ausbringung „Mehrbedarf Asylverfahren". Im Ubrigen werden die Stellenmehrungen in BesGr. RI mit „Einstellungsreserve" begründet. Seite 6 von 274 Antwort: Die seit dem Jahr 2015 zur Bildung einer Einstellungsreserve ausgebrachten Planstellen , die allesamt der Besoldungsgruppe R 1 zugeordnet werden können, wurden mit Proberichtern besetzt, die entweder neu in den höheren Justizdienst des Freistaats Thüringen eingestellt oder im Rahmen einer Dienstleistungsänderung während der laufenden Probezeit umgesetzt worden sind. Proberichter werden im Rahmen ihres Dienstleistungsauftrags regelmäßig dort eingesetzt , wo dies personalwirtschaftlich geboten (z.B. Ausgleich ruhestands- oder krankheitsbedingter Ausfälle) oder zur Abfederung außergewöhnlicher Belastungsspitzen notwendig ist. Zudem müssen sich die neu eingestellten Richterinnen und Richter während ihrer Probezeit in mehreren Verwendungen bewähren. Die Proberichter wurden im Bereich der Staatsanwaltschaften, der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingesetzt. Die Besetzung der Stellen ergibt sich aus der nachstehende Tabelle: Jahr der Kapitel Anz. Laufbahnzuordnung Zeitpunkt Verwendung Ausbringung der Stelleninhaber Stellenbesetder Stellen zung bzw. der Einstellungszusage 2015 0504 2 höherer Justizdienst alle 2015 2 x staatsanwaltschaft- (Richter auf Probe) liche Verwendung 2016 0504 4 höherer Justizdienst alle 2016 3 x staatsanwaltschaft- (Richter auf Probe) liche Verwendung 1 X richterliche Ver- ____________ wendung (AG) 2017 0504 3 höherer Justizdienst alle 2017 2 x staatsanwaltschaft- (Richter auf Probe) liche Verwendung 1 x richterliche Ver- ____________ wendung (AG) 2017 0508 3 höherer Justizdienst alle 2017 3 x richterliche Ver- (Richter auf Probe) wendung (VG) 2018 0504 4 höherer Justizdienst alle 2018 1 x staatsanwaltschaft- (Richter auf Probe) liche Verwendung 3 x richterliche Ver- ____________ wendung (LG oder AG) 2018 0508 2 höherer Justizdienst alle 2018 2 x richterliche Ver- (Richter auf Probe) wendung (VG) Frage 9: In welchem Umfang erachtet die Landesregierung die Bildung einer Einstellungsreserve als notwendig und angemessen und in welchen Dienststellen sollen beziehungsweise sollten die insoweit beschäftigten Bediensteten eingesetzt werden? Seite 7 von 274 Antwort: Die Thüringer Justiz steht vor einer großen Herausforderung. Wie die nachstehende Grafik zeigt, ist aufgrund der alterszentrierten Beschäftigtenstruktur im Bereich der Richter und Staatsanwälte ein „Generationenwechsel" zu vollziehen. Richter/StA ges. ThürRIStAG 90 80 77 68 70 bZ 60 Anzahl Austritte 30 21 18 20 11. 10 Um frühzeitig und verantwortungsbewusst die ab 2027 anstehenden Ruhestandseintritte abzufedern, sollen in der bis 2023 verbleibenden Zeit jährlich insgesamt etwa 40 Proberichter eingestellt werden. Angesichts der aktuellen Bewerberlage und unter Beibehaltung des hohen qualitativen Standards und der Qualifikationsanforderungen an die Einstellungsbewerber, stellt das zwar ein engagiertes Vorhaben zur Abfederung der Pensionierungswelle dar, welches jedoch zwingend notwendig ist, soweit der Personalbedarf entgegen der derzeitigen Erwartungen ab 2027 nicht drastisch sinken wird. Die Landesregierung hat auf diese Herausforderung frühzeitig und umfassend reagiert . Zur Abfederung der bevorstehenden Pensionierungswelle wurden mit den Landeshaushalten 2015 bis 2019 bereits 18 Planstellen zur Bildung einer Einstellungsreserve neu geschaffen. Hinzu kommen weitere 41 mit dem Landeshaushalt 2020 im Rahmen des Paktes für den Rechtsstaat neu geschaffene Richterstellen, die ebenfalls zu einer spürbaren Entlastung der Stellensituation und zur Verjüngung des bestehenden Personalkörpers führen. Die zur Bildung einer Einstellungsreserve geschaffenen Planstellen der BesGr. Ri werden grundsätzlich mit Richtern auf Probe ggf. Richtern kraft Auftrags besetzt . Richter auf Probe und Richter kraft Auftrags erhalten Dienstleistungsaufträge. Hierdurch ist ein gewisses Maß an personalwirtschaftlicher Flexibilität gegeben. Jeder einzelne Dienstleistungsauftrag und damit der konkrete Einsatzort der Dienstanfänger wäre unter der Maßgabe des aktuellen Personalbedarfs sowie Anzahl und Zeitpunkt der Ruhestandseintritte in den einzelnen Gerichten bzw. bei den Staatsan- Seite 8 von 274 waltschaften zu bestimmen. Gerichte und Staatsanwaltschaften mit einer Pensionierungsquote würden bei einem entsprechenden Personalbedarf deutlich verjüngt. Frage 10: Welche anderen Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen, um die bis zum Jahr 2024 in den Ruhestand gehenden Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu ersetzen beziehungsweise welche Maßnahmen sehen die entsprechenden Planungen auch vor dem Hintergrund der bundesweit hohen Pensionierungsquote während der kommenden 15 Jahre vor? Antwort: Um die bis 2024 in den Ruhestand tretenden Richter und Staatsanwälte adäquat zu ersetzen, wurden und werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um qualifizierte Nachwuchsjuristen für den Freistaat Thüringen zu gewinnen. Entsprechend liegt hier ein Schwerpunkt der Tätigkeit des Thüringer Ministeriums für Justiz, Migration und Verbraucherschutz. Referendariat Bereits die in § 5 DRiG für die Befähigung zum Richteramt vorgeschriebene zweiphasige Juristenausbildung (rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit erster Prüfung - bestehend aus einer universitären Schwerpunktbereichsprüfung und einer staatlichen Pflichtfachprüfung - und juristischer Vorbereitungsdienst mit zweiter Staatsprüfung) schafft die Grundlage für die Gewinnung hochversierter Juristen für den Freistaat Thüringen. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität (FSU) Jena und dem Thüringer Justizprüfungsamt (JPA). Regelmäßig finden Besprechungen statt, in deren Verlauf erörtert wird, wie die Attraktivität des Studiums der Rechtswissenschaften an der FSU Jena gesteigert werden kann, insbesondere wie die Betreuung der Studierenden verbessert werden kann, um die Zahl der Studierenden und somit letztlich potentieller Bewerber für ein Proberichterverhältnis zu erhöhen. Zu diesem Zweck werden insbesondere lnformationsveranstaltungen für Studierende angeboten, um deren Fragen zur Ausbildung und Prüfung zu klären. Darüber hinaus nimmt das Justizprüfungsamt an den sog. Karrieretagen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der FSU Jena, die alle zwei Jahre abgehalten werden, teil. Im Rahmen dieser Veranstaltungen wird regelmäßig ein Vortrag des Justizprüfungsamtes über das Referendariat in Thüringen angeboten, um die Studierenden zu animieren, nach Ablegung der ersten juristischen Prüfung im Freistaat Thüringen den juristischen Vorbereitungsdienst zu absolvieren. Im Anschluss daran werden spezielle Fragen der Studierenden zum Referendariat in Thüringen beantwortet . Der in fünf Ausbildungsabschnitte gegliederte juristische Vorbereitungsdienst im Anschluss an die erste juristische Prüfung dauert insgesamt 24 Monate. Während dieser Zeit werden die Rechtsreferendare mit den Aufgaben der Rechtspflege, Rechtsberatung und öffentlichen Verwaltung vertraut gemacht. Ziel der praktischwissenschaftlichen Ausbildung ist es, dass die Rechtsreferendare am Ende des Seite 9 von 274 Vorbereitungsdienstes befähigt sind, sich in angemessener Zeit auch in solche juristischen Bereiche einzuarbeiten, in denen sie nicht besonders ausgebildet worden sind (§ 34 ThürJAPO). Diesen Anforderungen wird die Juristenausbildung in Thüringen gerecht, wie die Zunahme von herausragenden Examensergebnissen im Jahr 2018 und in den letzten Jahren sowie die guten Erfahrungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften mit den neu eingestellten Richtern auf Probe, die in Thüringen ausgebildet worden sind, zeigen. Das JPA hat einen Klausurenkurs zur Vorbereitung auf die zweite juristische Staatsprüfung eingerichtet, der zu Übungszwecken angeboten wird. Die Bewertung der Übungsklausuren erfolgt lediglich als Orientierungshilfe und wird nicht Bestandteil eines Zeugnisses. Alle Rechtsreferendare sind verpflichtet, 60 Prozent der angebotenen Aufsichtsarbeiten (bisher regelmäßig 22 Klausuren) mitzuschreiben und zur Korrektur vorzulegen. Es handelt sich hierbei um ehemalige Examensklausuren, die innerhalb von 5 Stunden unter Examensbedingungen im Regelfall in der Zeit vom 5. bis zum 16. Ausbildungsmonat zu bearbeiten und zur Korrektur vorzulegen sind. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die regelmäßige Teilnahme am Klausurenkurs positiv auf das Examensergebnis auswirkt, was wiederum die Chancen erhöht, leistungsstarke Rechtsreferendare nach erfolgreichem Abschluss des Referendariats für den Justizdienst zu gewinnen. Das JPA überprüft derzeit, ob zukünftig ein sog. Blockexamenskurs (acht ehemalige Examensklausuren innerhalb von zwei Wochen) als spezielles Examenstraining angeboten werden kann. Allen Referendaren wird zu Beginn ihrer Ausbildung angeboten, sich zur Nutzung von juris für Rechtsreferendare anzumelden, wovon rege Gebrauch gemacht wird. Der Zugang zum juris-lnformationssystem ist für die interessierten Referendare, die unmittelbar nach ihrer Einstellung vom JPA eine juris-Kennung erhalten, kostenlos. Seit Mai 2014 steht den Rechtsreferendaren des Freistaats Thüringen ein elektronisches Lernprogramm (ELAN-REF) zur Verfügung. Die Online-Lernsoftware umfasst die Module Zivilrecht und Strafrecht sowie seit Beginn des Jahres 2019 das neu entwickelte Modul Verwaltungsprozess. Jeder Rechtsreferendar erhält kurz vor seiner Einstellung vom JPA seine persönlichen Zugangsdaten per E-Mail. Mit diesem „Maßnahmepaket" soll die Attraktivität des juristischen Vorbereitungsdienstes in Thüringen weiter gesteigert werden. Zu diesem Zweck wurde mit der Ersten Verordnung zur Anderung der Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung vom 12.02.2018 (GVBI. Nr. 2/201 8, S. 43) auch der Betrag der monatlichen Unterhaltsbeihilfe für Referendare mit Wirkung vom 1. Januar 2018 von ursprünglich 1100 Euro auf 1 300 Euro erhöht. Werbemaßnahmen Ein weiterer derzeitiger Schwerpunkt der Bewerbergewinnung liegt in der gezielten Ansprache der in Thüringen tätigen Referendare, um diese für den höheren Justizdienst zu gewinnen. Seite 10 von 274 In diesem Zusammenhang fand unter anderem am 24. Januar 2019 im Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz eine 1 nformationsveranstaltung zum Thema „Vom Referendariat auf die Thüringer Richterbank" für interessierte Rechtsreferendare sowie für Absolventen der zweiten juristischen Staatsprüfung statt, in deren Verlauf die Hausleitung des TMMJV und das zuständige Personalreferat über Einstellungs- und Verwendungsmöglichkeiten in der Thüringer Justiz referierten und für die Beantwortung von Fragen zur Verfügung standen. Es ging hierbei insbesondere um die Organisation bzw. den Ablauf der Probezeit und die Verwendungsplanung während der Probezeit. Im Anschluss konnten die interessierten Zuhörer Fragen stellen. Weiterhin wurde der Internetauftritt des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz ausgebaut. Nunmehr stehen zahlreiche Informationen zum Bewerbungs- und Einstellungsverfahren online zur Verfügung. Eine Vielzahl von Bewerbern nimmt auch die dort angebotene Möglichkeit in Anspruch, im Vorfeld einer Bewerbung diverse Fragestellungen mit dem zuständigen Personalreferat zu erörtern. Auch die Veröffentlichung von online abrufbaren Erfahrungsberichten hat sich als sinnvolle Personalgewinnungsmaßnahme erwiesen. Als weitere wirksame Personalgewinnungsmaßnahme hat sich zudem die Veröffentlichung entsprechender Stellenanzeigen im Stellenportal der Thüringer Agentur für Fachkräftegewinnung (ThAFF) gezeigt, die mit einem gewissen zeitlichen Abstand wiederholt werden. Auch über die Nutzung sozialer Medien (Facebook) konnten zahlreiche Interessenten angesprochen und für eine Tätigkeit im höheren Justizdienst gewonnen werden. Darüber hinaus werden seit dem Anfang 2018 alle Absolventen, die in Thüringen ihr Zweites juristisches Staatsexamen abschließen, mittels eines Informationsschreibens über die aktuelle Einstellungsoffensive und die Einstellungsmodalitäten unterrichtet . Absolventen, die von ihren Arbeitsgemeinschaftsleitern bzw. ihren sonstigen Ausbildern als besonders befähigt angesehen werden, werden oftmals zusätzlich persönlich angesprochen und auf die Möglichkeit der Einstellung in der Thüringer Justiz hingewiesen. Besonders bedeutsam ist auch die Gewinnung von Versetzungsbewerbern aus anderen Bundesländern, die bereits über mehrjährige Erfahrung im Bereich der Rechtsprechung bzw. im Bereich des staatsanwaitschaftlichen Dienstes verfügen. Durch eine vermehrte Medienpräsenz und entsprechende Berichterstattung über die aktuelle Einstellungssituation ist es gelungen, eine nicht unerhebliche Zahl junger Lebenszeitrichter und —Staatsanwälte aus anderen Bundesländern für eine Tätigkeit im Freistaat Thüringen zu gewinnen. Unter diesen Personen befinden sich viele Landeskinder, die nach dem Zweiten Staatsexamen zunächst keine berufliche Perspektive in Thüringen gesehen haben, nunmehr zwecks Familienzusammenführung aber ein besonderes Interesse an einer Rückkehr haben. Schließlich erfolgt auch eine gezielte Ansprache von Bewerbern, die zwar über ausgezeichnete Staatsexamen verfügen, in der Vergangenheit aber wegen fehlender freier Planstellen nicht eingestellt werden. konnten - dies betrifft vor allem Bewerbungen , die in den Jahren 2010 bis 2013 eingereicht worden sind. Seite 11 von 274 Auch hierdurch konnten zusätzliche Bewerbungen generiert werden, die entsprechende Neueinstellungen zur Folge hatten. Einstellungsgespräche und Bewerbungsverfahren Aktuell können sich junge Nachwuchsjuristen ganzjährig als Proberichter für den höheren Justizdienst bewerben. Es gibt zudem keine festen Einstellungstermine, vielmehr werden ganzjährig Neueinstellungen vorgenommen. Hierdurch ist eine maximale Flexibilität gewährleistet. Von Anbeginn des Bewerbungsverfahrens erfolgt zudem eine individuelle Betreuung der interessierten Bewerber. Auch wird großer Wert auf ein zügiges Bewerbungsverfahren gelegt, so dass - soweit ein Bewerber dies wünscht - eine schnelle Übernahme in den höheren Justizdienst gewährleistet ist und Nachbesetzungen in der Mehrzahl der Fälle zeitgleich oder zeitnah erfolgen können. Auch das strukturierte Bewerberinterview im Rahmen des Einstellungsverfahrens stellt eine wichtige Grundlage zur Gewinnung qualifizierter Nachwuchsjuristen dar und hat sich bestens bewährt. Einstellungsreserve Als weiteres Instrumentarium wurde - wie bereits in der Antwort zu Frage 7 ausgeführt worden ist - die Bildung einer Einstellungsreserve zur Abfederung der drohenden Pensionierungswelle durch Ausbringung von zusätzlichen Planstellen der R- Besoldung in den Stellenplänen der Gerichte und Staatsanwaltschaften vorbereitend eingeführt. Hierdurch konnten seit 2015 18 zusätzliche Proberichtereinstellungen generiert werden. Thüringer Richter- und Staatsanwältegesetz Zum 01. Januar 2019 ist das neue Thüringer Richter- und Staatsanwältegesetz in Kraft getreten (ThürRiStAG), nachdem auch Richter die Regelaltersgrenze gemäß § 10 Abs. 1 mit Vollendung des 67. Lebensjahres vollenden. Die schrittweise Anhebung der Altersgrenze führt zu einer Entzerrung der notwendig werdenden Neueinstellungen . Pakt für den Rechtsstaat Mit der Vereinbarung über den „Pakt für den Rechtsstaat" haben sich die Bundesländer verpflichtet, im Rahmen ihrer Personalhoheit in den Jahren 2017 bis 2021 2.000 zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte nebst Folgepersonal zu schaffen und zu besetzen. Für die Schaffung der 2.000 zusätzlichen Stellen für Richter und Staatsanwälte erhalten die Länder vom Bund insgesamt 220 Millionen Euro, die in zwei Tranchen zur Verfügung gestellt werden. Die Freigabe aller Mittel ist an die zweckentsprechende Stellenschaffung und -besetzung gebunden. Konkret bedeutet der Pakt für den Rechtsstaat für Thüringen, dass allein 53 Planstellen der BesGr. Ri neu geschaffen wurden. Diese werden entsprechend dem Pakt für den Rechtsstaat bis Ende 2021 mit Proberichtern besetzt werden, die je nach Bedarf, die Thüringer Gerichte und Staatsanwaltschaften verstärken werden. Seite 12 von 274 Der Pakt für den Rechtsstaat stärkt damit nicht nur den Rechtsstaat, sondern sorgt zudem für eine weitere frühzeitige Verjüngung des bestehenden Personalkörpers, nicht nur im höheren Justizdienst. Sonstige Vorkehrungen Hinsichtlich der erfragten sonstigen Planungen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. Frage 11: Durch welche Maßnahmen sichert die Landesregierung die langfristige Finanzierung der im Rahmen des Pakts für den Rechtsstaat neu zu schaffenden Stellen ab? Antwort: Die Berechnung des Personalausgabenbudgets der Einzelpläne erfolgt grundsätzlich auf Basis der Ist-Personalausgaben der Vorjahre. Die Kosten für die bereits in den Jahren ab 2017 geschaffenen Planstellen für den Pakt für den Rechtstaat fließen , da diese bereits besetzt sind, auf diese Weise in die Berechnung ein und werden so finanziert. Mittel für neue Planstellen sind grundsätzlich aus dem vorhandenen Budget zu finanzieren. Um dies im Jahr 2020 zu gewährläisten, wurden für die neuen Planstellen, die dem Pakt für den Rechtstaat zuzuordnen sind, Mittel aus dem Sachhaushalt des EP 05 in das Personalkostenbudget umgeschichtet. Darüber hinaus hat der Bund die Zahlung von 220 Mio. EUR an die Länder zugesagt. Das Thüringer Haushaltsgesetz 2020 wurde mit der entsprechenden finanziellen Vorsorge für das Jahr 2020 kürzlich durch den Thüringer Landtag beschlossen. Frage 12: An welchen Dienststellen sollen die zusätzlichen Stellen wann geschaffen werden? Antwort: Auf den Pakt für den Rechtsstaat sind die in 2017 und 2018 neu geschaffenen Planstellen der BesGr. Ri (je sechs) anzurechnen, die im Kapitel 0504 (7 Planstellen ) und im Kapitel 0508 (5 Planstellen) etatisiert sind. Darüber hinaus wurden im Einzelplan des TMMJV für das Jahr 2020 zur Umsetzung des Pakts für den Rechtsstaat weitere 59 Planstellen für den Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften (Kapitel 0504) neu ausgebracht. Dabei handelt es sich um 21 Planstellen der BesGr. Ri und 38 Planstellen für Folgepersonal (12 Planstellen der BesGr. Ab, 21 Planstellen der BesGr. A7 für Büro- und Kanzleidienst und fünf Planstellen der BesGr. A6 für Wachtmeister). Zusätzlich wurden im Kapitel 0504 32 Planstellen zur Umsetzung des Pakts für den Rechtsstaat durch das Aussetzen der Abbauverpflichtungen für die Jahre 2019 und 2020 und personalwirtschaftliche Maßnahmen (Stellenumsetzungen , -umwandlungen und —hebungen) bereitgestellt. Davon entfallen 20 Planstellen auf die BesGr. Ri und 12 Planstellen auf Folgepersonal (3 Planstellen der BesGr. A13gD, 7 Planstellen der BesGr. A9mD für Büro- und Kanzleidienst und 2 Planstellen der BesGr. A6 für Wachtmeister). Damit erfüllt Thüringen die Verpflichtung aus dem Pakt für den Rechtsstaat zur Schaffung von 53 Richterstellen. Seite 13 von 274 Die im Haushaltsplan 2020 bereitgestellten Planstellen der BesGr. Ri werden ab dem Zeitpunkt des lnkrafttretens des Haushaltsgesetzes 2020 ganz überwiegend mit Richtern auf Probe bzw. in Einzelfällen mit Beamten als Richter kraft Auftrags besetzt werden. Da Richter auf Probe oder Richter kraft Auftrags kein (Richter)Amt an einem bestimmten Gericht bzw. bei einer Staatsanwaltschaft haben und sowohl bei Gerichten , bei Staatsanwaltschaften und in der Gerichtsverwaltung verwendet werden können, ist eine Zuordnung der Stellen zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich. Vielmehr ist durch die Verwendung von Richtern auf Probe bzw. Richtern kraft Auftrags ein hohes Maß an haushalterischer und personaiwirtschaftlicher Flexibilität gegeben. Eine weitere Flexibilisierung in der Personaiwirtschaft ist auch aufgrund der an den Stellenplänen der Gerichte und Staatsanwaltschaften (Kapitel 0504, 0507, 0508, 0509, 0510) angebrachten Haushaltsvermerke erreicht, da hierdurch eine kapitelübergreifende gemeinsame Bewirtschaftung der Planstellen der BesGr. RI für Proberichter bzw. die Besetzung von Stellen der BesGr. Ri mit Richtern kraft Auftrags möglich wird. Die Zuordnung der im Unterstützungsbereich (nichtrichterlicher, nicht staatsanwaltschaftlicher Dienst) neu ausgebrachten Stellen für Rechtspfleger, Büro- und Kanzlei -Kräfte und Wachtmeister wird sich am konkreten Personalbedarf und an der Zuweisung der Richter orientieren. Eine Schwerpunktsetzung der Stellenbesetzungsvorhaben bei Staatsanwaltschaften ist denkbar. Im Hinblick auf das maximale Flexibilitätserfordernis erfolgt gegenwärtig keine Zuordnung der neu veranschlagten Stellen aus dem Pakt für den Rechtsstaat an Gerichte und Staatsanwaltschaften. Frage 13: Welcher Personalbedarf hat im Anfragezeitraum bestanden? Antwort: In Thüringen wird der Personalbedarf seit 2005 durch das länderübergreifend entwickelte System zur Personalbedarfsberechnung (kurz PEBBY) berechnet, wobei der ermittelte Bedarf in Arbeitskraftanteilen (AKA) und nicht in Kopfzahlen angegeben wird. In der Anlage zu Frage 13 ist der Personalbedarf in Arbeitskraftanteilen für den richterlichen , staats-(amts-)anwaltschaftlichen, gehobenen sowie den mittleren und Schreibdienst entsprechend den Ergebnissen der PEBBY- Personalbedarfsberechnung für den Zeitraum 2008 bis 2018 angegeben. Für das Jahr 2018 können für die ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften Zahlen zum Personalbedarf mitgeteilt werden, die auf dem Geschäftsanfall vom 1. bis 3. Quartal 2018 beruhen. Eine Berechnung auf Basis des gesamten Kalenderjahres 2018 liegt noch nicht vor. Bei den Fachgerichten können für das Jahr 2018 noch keine Ergebnisse mitgeteilt werden, da aktuell die Ergebnisse des Projekts PEBBY-Fach Fortschreibung 2016 landesspezifisch umgesetzt werden und dieser Umsetzungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Seite 14 von 274 Es ist darauf hinzuweisen, dass PEBBY insbesondere der Ermittlung des Personalbedarfs für interne Planungen bzw. zur Koordinierung des Einsatzes des vorhandenen Personals dient. Der aus dem Personalbedarfsberechnungssystem PEBBY abgeleitete Personalbedarf ist mit den im Justizbereich haushaltsmäßig abzubildenden Planstellen und Stellen nicht identisch. Frage 14: Welcher Personalbedarf in Stellen wird in den kommenden 15 Jahren auf welcher Grundlage prognostiziert (bitte auch nach Standorten aufschlüsseln)? Antwort: Der Personalbedarf wird mittels Personalbedarfsberechnung ermittelt. Die bundeseinheitlich nach den PEBBY-Projekten gestaltete Personalbedarfsberechnung der Gerichte und Staatsanwaltschaften weist aufgrund der Geschäftsentwicklung der Vergangenheit eine Prognose des Personalbedarfs für die Zukunft aus. Der Prognosezeitraum beträgt dabei nur einen kurzen überschaubaren Zeitraum (längstens 1 Jahr) bis die Bedarfsberechnung aufgrund neuer Geschäftszahlen aktualisiert wird. Eine langfristige Prognose ist mit diesem Instrument nicht möglich. Zusätzliche Personalbedarfe können aufgrund neuer Aufgabenzuschnitte aus gesetzlichen Vorgaben des Bundes und der Länder erwachsen. Auch (höchst)richterliche Entscheidungen können Personal(mehr)bedarfe zur Folge haben . Eine Prognose der hieraus erwachsenden Bedarfe ist unmöglich, allenfalls kann für in-Kraft-getretene Gesetze und rechtskräftige Entscheidungen ein worst-case- Szenario entwickelt werden. Mittel- und langfristig können sich dynamische Personalbedarfe aus gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Wandel sowie aus strukturellen und regionalen Besonderheiten ergeben und sich in der Geschäftsentwicklung der Justiz spiegeln. Auch die demographische Entwicklung im Freistaats Thüringen ist ein Faktor, der in einzelnen Geschäftsfeldern seinen Niederschlag finden wird. Hier seien beispielhaft die Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Vormundschafts- und Betreuungs- oder Nachlasssachen sowie im Arbeits- und des Rentenrecht erwähnt. Dabei kann es in einigen Geschäftsfeldern tendenziell rückläufige Fallzahlen geben. In anderen werden dafür steigende Fallzahlen erwartet. Wie sich dies mittel- und langfristig auf den (Gesamt)Personalbedarf bzw. Stellenbedarf auswirkt, bliebt abzuwarten. Einzig vorhersehbar ist, dass der wiedervereinigungsbedingt hohe Altersdurchschnitt der Richter und Staatsanwälte eine Einstellungsreserve erfordert, mit der die starken Jahrgänge an Ruhestandseintritten etwa im Zeitraum zwischen 2029 bis 2031 abgefedert werden müssen. Nur so kann die Justiz ihre Aufgaben erfüllen, der Brückenschlag über die Pensionierungswelle gelingen und die Qualität der Rechtsprechung gesichert werden. Seite 15 von 274 Frage 15: Wie viel Personal war in den vergangenen fünf Jahren an welche Dienststelle und für welchen Zeitraum (teil-)ab geordnet (bitte nach der jeweiligen abgebenden und aufnehmenden Behörde unterAngabe der Anzahl der Abgeordneten und gesamten Mitarbeiter im richterlichen und im staatsanwaltschaftlichen Dienst der jeweiligen Behörden aufschlüsseln)? Antwort: Die erbetenen Daten stehen für den abgefragten Berichtszeitraum nicht zur Verfügung . Es werden weder Listen über Abordnungen geführt noch werden diese in einer zusammenfassenden Statistik erfasst. Zur Beantwortung der Frage müsste eine intensive händische Durchsicht aller Personalakten der derzeit im Dienst befindlichen Richter und Staatsanwälte sowie der bereits ausgeschiedenen Personen durchgeführt werden. Im Ergebnis würde die erforderliche Sichtung und entsprechende Aufbereitung der Daten einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand bedeuten, der in dem für die Beantwortung der Großen Anfrage bestehenden Zeitraum und der vorhandenen personellen Ressourcen nicht leistbar ist. Um dem Informations- und Auskunftsrecht indes größtmöglich zu entsprechen, wurde die Fragestellung auf zum Zeitpunkt 31. Dezember 2018 bestehende Abordnungen beschränkt und eine entsprechende Auswertung vorgenommen. Zum Stand 31. Dezember 2018 waren durch das TMMJV 74 (Teil-)Abordnungen von Richtern und Staatsanwälten ausgesprochen. Nachstehend sind die einzelnen (Teil-)Abordnungen mit dem jeweiligen Abordnungszeitraum dargestellt. BesGr. planm. DST planm. Dienstort Abo- Abo-Dienstort DST Abordnungszeitraum R2 ArbG Nordhausen LAG Erfurt (1/2) 01.0118-3112.18 Ri ArbG Erfurt ArbG Nordhausen 01.10.18-31.12.18 Ri AG Gotha OLG Jena 01.07.17-31.12.18 R1 AG Meiningen AG Bad Salzungen 01.01.14-31.12.18 R1 AG Eisenach OLG Jena 01.01.18-31.12.18 Ri ArbG Gera LAG Erfurt 01.08.17-31.12.18 Ri LG Erfurt TMMJV Erfurt 01.05.17 - 31.12.18 Ri SG Gotha OVG Weimar 01.06.16-31.12.18 Ri AG Mühihausen AG Mühlhausen 04.11.15-31.12.18 R1 SG Altenburg LSG Erfurt 01.01.18-31.12.18 Ri SG Nordhausen LSG Erfurt 01.01.18-31.12.18 R1 STA Chemnitz STA Gera 01.02.18-31.01.19 Ri AG Erfurt TMMJV Erfurt 01.03.18 - 28.02.19 Ri STA Mühihausen GSTA Jena 01.05.18 - 30.04.19 R1 STA Mühihausen VFGH Weimar 01.06.17 - 31.05.19 Seite 16 von 274 R2 AG Mühlhausen TMMJV Erfurt 01.03.18 - 30.06.19 Ri AG Gera LG Gera(1/5) 01.01.18 - 30.06.19 R1 STA Erfurt TMMJV Erfurt 18.06.18 - 30.06.19 Ri SG Attenburg VG Gera 20.09.18 - 30.06.19 Ri LG Gera OLG Jena 01.07.18 - 30.06.19 R1 STA Mühlhausen TMMJV Erfurt 01.04.18 - 30.06.19 Ri STA Gera BMJ Berlin 31.07.17 - 31.07.19 R1 LG Gera OLG Jena 15.08.17 - 14.08.19 R1 AG Arnstadt TMMJV Erfurt 28.08.18 - 31.08.19 Ri LG Gera VFGH Weimar 01.09.18 - 31.08.19 R1 LG Erfurt OLG Jena 01.09.18 - 31.08.19 R1 STA Gera TMMJV Erfurt 01.09.18 - 31.08.19 Ri AG Sondershausen TMMJV Erfurt 01.09.18 - 31.08.19 R1 STA Mühlhausen OLG Jena (1/10) 01.10.12 - 30.09.19 R1 STA Erfurt GSTA Jena 01.09.18 - 30.09.19 R1 VG Weimar TMIK Erfurt 29.03.17 - 30.09.19 Ri STA Erfurt OLG Jena(1/5) 01.10.17 - 30.09.19 Ri STA Gera OLG Jena(1/5) 01.09.14 - 30.09.19 Ri STA Meiningen OLG Jena(1/10) 01.04.18 - 30.09.19 Ri STA Gera OLG Jena(1/5) 01.09.17 - 30.09.19 Ri STA Meiningen OLG Jena(1/10) 01.10.17-30.09.19 Ri VG Gera TMMJV Erfurt 01.10.18-30.09.19 Ri STA Mühlhausen OLG Jena(1/10) 01.04.18 - 30.09.19 Ri AG Altenburg LG Gera 05.11.18-31.10.19 R2 GSTA Jena TMMJV Erfurt 01.01.14-31.12.19 R2 LSG Erfurt BSG Kassel 01.01.18-31.12.19 R1 ArbG Erfurt LAG Erfurt(4/5) 17.03.97 - 31.12.19 R1 AG Sömmerda LG Erfurt 01.03.16-31.12.19 Ri AG Eisenach OLG Jena 01.10.16-31.12.19 Ri AG Mühlhausen OLG Jena(1/5) 01.01.16-31.12.19 Ri LG Meiningen AG Bad Salzungen 01.02.14 - 31.12.19 R1 VG Weimar OVG Weimar 01.04.17-31.12.19 Ri VG Weimar OVG Weimar 01.01.18-31.12.19 Ri AG Erfurt TMMJV Erfurt 01.02.15-31.12.19 Ri LG Erfurt BAfJ Bonn 01.09.16-31.12.19 Ri AG Gotha OLG Jena 01.08.15-31.12.19 Ri AG Weimar LG Erfurt 01.01.17-31.12.19 Ri AG Arnstadt LG Erfurt 01.02.17-31.12.19 Ri AG Rudolstadt AG Gotha 01.07.17-31.12.19 Ri STA Gera TMMJV Erfurt 01.01.18-31.12.19 Ri AG Mühlhausen TMMJV Erfurt 01.09.17-31.12.19 Seite 17 von 274 R1 STA Mühihausen FinG Gotha 01.01.18-31.12.19 Ri LG Mühihausen TMMJV Erfurt 06.03.17 - 31.12.19 Ri LG Meiningen AG Meiningen 15.11.17-31.12.19 R1 LG Gera OLG Jena 01.09.16-31.12.19 Ri STA Gera TMMJV Erfurt 01.05.17 - 30.04.20 R1 STA Mühlhausen TMMJV Erfurt 01.06.16 - 31.05.20 R1 AG Sondershausen TMMJV Erfurt 01.08.16 - 31.07.20 RI STA Gera AG Stadtroda 01.09.18 - 31.08.20 R1 AG Stadtroda LG Gera 01.09.18 - 31.08.20 R1 STA Erfurt OLG Jena(1/5) 01.10.16 - 30.09.20 R2 GSTA Jena TMMJV Erfurt 15.10.16-31.12.20 Ri LG Erfurt AG Sömmerda 01.01.17-31.12.20 R1 SG Altenburg LSG Erfurt 01.01.18-31.12.20 R1 SG Nordhausen LSG Erfurt 01.08.17 - 31.12.20 R1 STA Gera TMMJV Erfurt 01.12.17 - 31.12.20 Ri STA Meiningen GSTA Jena 01.04.18 - 31.03.21 Ri STA Erfurt GBA Karlsruhe 01.05.18 - 30.04.21 R1+Z STA Gera GSTA Jena 01.10.16 - 30.09.21 Frage 16: Wie viele Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Freistaats Thüringen wurden in den vergangenen zehn Jahren aus welchen Gründen wohin versetzt (bitte nach der jeweiligen abgebenden und aufnehmenden Behörde aufschlüsseln)? Antwort: Zur Beantwortung der Frage wurden die Ausschreibungen in den Justizministerialblättern der Jahre 2008 bis 2018 ausgewertet, mithin über einen Zeitraum von 11 Jahren. Es wurden die Versetzungen in allen Besoldungsgruppen erfasst, die nicht mit einer Beförderung einhergegangen sind. Stellen, die vor 2008 ausgeschrieben waren (aber erst im Berichtszeitraum besetzt wurden), sind aufgrund des Umfangs der Erhebung in der Aufstellung nicht erfasst. Ebenfalls nicht enthalten sind durch das für Justiz zuständige Ministerium veranlasste Versetzungen zu anderen Dienstherren, an andere Ressorts der Thüringer Landesverwaltung oder an Thüringer Kommunen. Da hier die Personalakten abgegeben sind, fehlt es an einer auswertbaren Datengrundlage. Nach Ausschreibung der besetzbaren Stelle im Justizministerialblatt und unter Berücksichtigung vorstehender Prämissen wurden im Berichtszeitraum insgesamt 65 Versetzungen im Bereich der Richter und Staatsanwälte durch das für Justiz zuständige Ministerium ausgesprochen. Seite 18 von 274 Das Versetzungsjahr sowie die abgebenden und aufnehmenden Dienststellen ergeben sich aus der Anlage zu Frage 16. Alle Versetzungen sind aus personalwirtschaftlichen Gründen erfolgt. Frage 17: Wie viele Richterinnen und Richter waren gemäß § 21b Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht wählbar und nicht wahlberechtigt und konnten dementsprechend ihre Rechte im Rahmen der Selbstveiwaltung nicht wahrnehmen? Antwort: Nicht wahlberechtigt und nicht wählbar sind nach § 21b Abs. 1 S. 3 GVG Richter, die für mehr als drei Monate an ein anderes Gericht abgeordnet, für mehr als drei Monate beurlaubt oder an eine Verwaltungsbehörde abgeordnet worden sind. Im Einzelnen stellt sich die Situation wie folgt dar: Im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit waren im Berichtszeitraum 13 Richter, beim Thüringer Finanzgericht 1 Richter sowie beim Arbeitsgericht Erfurt 5 Richter nicht wahlberechtigt und nicht wählbar im Sinne des § 21 b Abs. 1 S. 3 GVG. Bei den anderen Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit finden keine Präsidiumswahlen statt, so dass diese Gerichte nicht erfasst worden sind. Für die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Verwaltungsgerichtsbarkeit war eine vollständige Datenerhebung für den gesamten Berichtszeitraum manels vollständiger statistischer Erfassung nicht möglich. Allerdings konnten hier mindestens 207 Richter ihr aktives und/oder passives Wahlrecht im abgefragten Berichtszeitraum von 11 Jahren nicht ausüben. Frage 18: Wird nach Auffassung der Landesregierung die richterliche Unabhängigkeit durch Abordnungen und die gegebenenfalls damit verbundenen Einschränkungen bei der Wahrnehmung von Rechten im Rahmen der richterlichen Selbstverwaltung berührt? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung? Antwort: Es wird Stellung dazu bezogen, ob bei Abordnungen die aktiven und passiven Wahirechte zum Präsidium und Präsidialrat beeinträchtigt sein könnten. Präsidium Ein abgeordneter Richter ist bei den Wahlen zum Präsidium nicht in seinem aktiven Wahlrecht beeinträchtigt. Eine relevante Beeinträchtigung kann auch nicht vor dem Hintergrund angenommen werden, dass er kein passives Wahlrecht besitzt, wenn er länger als drei Monate abgeordnet ist. Nach § 2115 Abs. 1 Satz 1 GVG sind die Richter auf Lebenszeit und die Richter auf Zeit wahlberechtigt, denen bei dem Gericht ein Richteramt übertragen ist, sowie die bei dem Gericht tätigen Richter auf Probe, die Richter kraft Auftrags und die für eine Seite 19 von 274 Dauer von mindestens drei Monaten abgeordneten Richter, die Aufgaben der Rechtsprechung wahrnehmen. Wählbar sind gern. § 21b Abs. 1 Satz 2 GVG die Richter auf Lebenszeit und die Richter auf Zeit, denen bei dem Gericht ein Richteramt übertragen ist. Nicht wahlberechtigt und nicht wählbar sind Richter, die für mehr als drei Monate an ein anderes Gericht abgeordnet, für mehr als drei Monate beurlaubt oder an eine Verwaltungsbehörde abgeordnet sind (§ 21 b Abs. 1 Satz 3 GVG). Daher ist ein Richter an dem Gericht, an das er abgeordnet ist, wahlberechtigt, wenn die Abordnungsdauer mindestens drei Monate umfasst und der Richter Aufgaben der Rechtsprechung wahrnimmt. In diesem Fall besitzt er keine Wahlberechtigung an seinem „Starnmgericht". Ist er allerdings genau drei Monate abgeordnet, ist er sowohl an seinem „Stammgericht" als auch an dem im Abordnungserlass bezeichneten Gericht wahlberechtigt.2 Eine Beeinträchtigung der Wahlberechtigung durch eine Abordnung ist daher nicht gegeben. Nicht anders verhält es sich hinsichtlich der Wählbarkeit. Nach den klaren Anforderungen des § 21b Abs. 1 Satz 2 GVG ist ein abgeordneter Richter in das Präsidium an dem Gericht seiner Abordnung nicht wählbar. Er besitzt jedoch gern. § 21 b Abs. 1 Satz 3 GVG ein passives Wahlrecht an seinem „Starnmgericht", wenn die Abordnung einen Zeitraum bis drei Monate umfasst. Dauert sie länger, ist er nicht wählbar . Die Regelung des § 21b Abs. 1 Satz 3 ThürRiStAG wurde mit dem Gesetz zur Änderung der Bezeichnung der Richter und ehrenamtlichen Richter und der Präsidialverfassung von Gerichten vom 26. Mai 1972 (BGBI. 1, S. 841) aufgenommen. Die Gesetzesbegründung führt zwar lediglich bezüglich der Gerichtsassessoren (gemeint sind Richter im Probeverhältnis) aus, die Verleihung des passiven Wahlrechts erscheine nicht zweckmäßig, da Gerichtsassessoren erfahrungsgemäß häufiger das Gericht wechselten (BT-Drs. V11557, S. 17). Der Umstand der kurz- oder mittelfristigen Zugehörigkeit trifft jedoch auch auf einen abgeordneten Richter zu. Aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung kann keine relevante Beeinträchtigung durch den Ausschluss eines über drei Monate abgeordneten Richters von der Wählbarkeit zum Präsidium erkannt werden, zumal die Abordnung nur mit seiner Zustimmung erfolgen kann (§ 37 Deutsches Richtergesetz). Präsidialrat Auch hier ist hinsichtlich der aktiven und passiven Wahlrechte keine Beeinträchtigung gegeben. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 ThürRiStAG sind in einem Gerichtsbezirk, für den der Richterrat gewählt wird, alle Richter wahlberechtigt, die am Wahltag bei einem Gericht, für das der Richterrat gebildet wird, ein Richteramt innehaben, als Richter auf Probe oder kraft Auftrags tätig sowie an das Gericht für die Dauer von mehr als sechs Monaten abgeordnet sind. Nicht wahlberechtigt zu dem Richterrat nach Absatz 1 sind gern. § 18 Abs. 2 Nr. 2 ThürRiStAG Richter, die für die Dauer von mehr als sechs Monaten an ein anderes Gericht, an eine Staatsanwaltschaft oder an eine Verwaltungsbehörde abgeordnet sind. Es gilt das zum Präsidium Ausgeführte entsprechend. Ein abgeordneter Richter wählt bei einer Abordnungsdauer unter sechs Monaten das Präsidium an seinem „Stammgericht', bei einer Abordnungsdauer über sechs Monate nimmt er an den 2 vgl. KisselfMayer, GVG, 7. Aufl., 2013, § 21b Rn. 3 Seite 20 von 274 Wahlen an dem Gericht seiner Abordnung teil. Beträgt die Abordnung sechs Monate wählt er an beiden Gerichten. Durch die Abordnung ist der Richter auch nicht in seinem passiven Wahlrecht beeinträchtigt . Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 ThürRiStAG können in den Präsidialrat nur diejenigen wahlberechtigten Richter gewählt werden, die am Wahltag seit mindestens fünf Jahren Richter und seit mindestens sechs Monaten bei einem Gericht des Landes im Hauptamt tätig sind. Die Regelung entspricht der Vorschrift des § 47 ThürRiG. An die Wählbarkeit eines abgeordneten Richters sind keine besonderen Anforderungen gestellt. Für ihn gelten dieselben Voraussetzungen im Hinblick auf die Wählbarkeit wie für die übrigen Richter. Eine Beeinträchtigung liegt nicht vor. Frage 19: Welche Spruchkörper sind nicht planmäßig besetzt? Antwort: Alle Spruchkörper an Thüringer Gerichten sind entsprechend der Vorgaben des Gerichtsverfassungsgesetzes ordnungsgemäß besetzt. Ruhestands- oder krankheitsbedingte Ausfälle werden durch den Vakanzvertreter aufgefangen. Hinsichtlich folgender Stellen laufen aktuell folgende Beförderungsverfahren bzw. sind durch Ausschreibung beabsichtigt, so dass insoweit keine stellenplanmäßige Besetzung vorliegt (Stand 31. Mai 2019): Gericht Planstelle 1 OLG Präsident/in des Oberlandesgerichts (R 8) 2 LG Erfurt Vizepräsident/in des Landgerichts (R 3 mit Zulage) 3 LSG Vizepräsident/in des Landessozialgerichts (R 3 mit Zulage) 4 OLG Vorsitzende/r Richter/in am Oberlandesgericht (R 3) 5 OVG Vorsitzende/r Richter/in am Oberverwaltungsgericht (R 3) 6 FinG Vorsitzende/r Richter/in am Finanzgericht (R 3) 7 LAG Vorsitzende/r Richter/in am Landesarbeitsgericht (R 3) 8 LG MHL Vorsitzende/r Richter/in am Landgericht (R 2) 9 LG Gera Vorsitzende/r Richter/in am Landgericht (R 2) 10 LG Erfurt Vorsitzende/r Richter/in am Landgericht 2-fach (R 2) 11 DirAG Altenburg Direktor/in des Amtsgerichts (R 2) 12 DirAG Nordhausen Direktor/in des Amtsgerichts (R 2) 13 DirAG Pößneck Direktor/in des Amtsgerichts (R 2) 14 DirAG Bad Salzungen Direktor/in des Amtsgerichts (R 2) 15 OLG Richter/in am Oberlandesgericht 6-fach (R 2) 16 AG Weimar ständige/r Vertreter/in des Direktors (R 2) 17 SG Nordhausen ständige/r Vertreter/in des Direktors (R 2) 18 SG Mein ingen ständige/r Vertreter/in des Direktors (R 2) Die Übersicht umfasst auch Beförderungsverfahren, bei denen bereits die Auswahlentscheidung getroffen, diese aber aktuell Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung ist. Auch sind Verfahren aufgeführt, bei denen bereits die Befassung des Präsidialrates mit der getroffenen Auswahlentscheidung eingeleitet worden ist. Seite 21 von 274 Frage 20: Welche rechtlichen und tatsächlichen Folgen können nicht planmäßig besetzte Spruchkörper haben? Wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung? Antwort: Die Verwendung von nicht auf Lebenszeit bei dem erkennenden Gericht berufenen Richtern und abgeordneten Richtern ist beschränkt. Nach § 29 Satz 1 DRiG darf bei einer gerichtlichen Entscheidung nicht mehr als ein Richter auf Probe oder ein Richter kraft Auftrags oder ein abgeordneter Richter mitwirken. An gerichtlichen Handlungen , die keine Entscheidungen sind, können auch mehrere nicht auf Lebenszeit ernannte oder abgeordnete Richter mitwirken, sofern die gerichtliche Handlung nicht in derselben Besetzung wie die Entscheidung getroffen werden muss (Schmidt- Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 29 Rn. 5). In tatsächlicher Hinsicht ist demnach seitens des Präsidiums bei der Geschäftsverteilung sicherzustellen, dass die Vorgaben des § 29 Satz 1 DRiG eingehalten werden. Im Falle einer Überbesetzung des Spruchköpers , z.B. ein auf Lebenszeit bei dem erkennenden Gericht ernannter Vorsitzender und ein Beisitzer sowie ein abgeordneter Richter und ein Richter auf Probe, wären die nicht auf Lebenszeit bei dem erkennenden Gericht Ernannten in unterschiedliche Sitzgruppen einzuweisen. Zudem sind der nicht auf Lebenszeit berufene und der abgeordnete Richter gern. § 29 Satz 2 DRiG im Geschäftsverteilungsplan kenntlich zu machen. Dem Rechtssuchenden wird auf diese Weise die Möglichkeit eröffnet, die Vorgaben an die ordnungsgemäße Besetzung des Spruchkörpers zu überprüfen. Rechtlich relevant ist eine „nicht planmäßige" Besetzung des Spruchkörpers dann, wenn bei der gerichtlichen Entscheidung gegen die Besetzungsvorschrift des § 29 Satz 1 DRiG verstoßen worden ist. Die fehlerhafte Besetzung des Spruchkörpers kann im Wege einer Besetzungsrüge im Rahmen der allgemeinen Rechtsmittel bzw. nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens durch eine Nichtigkeitsklage gerügt werden. Schließlich wäre noch die Erhebung einer Verlassungsbeschwerde wegen Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen Richters denkbar. Frage 21: Werden Versetzungen mehrjährigen Abordnungen vorgezogen und wenn nein, warum wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht (bitte gegebenenfalls nach Gründen prozentual aufschlüsseln)? Antwort: Im Bereich der Richter und Staatsanwälte werden Abordnungen nach Lebenszeiternennung ausgesprochen, soweit hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht und der betroffene Richter bzw. Staatsanwalt einverstanden ist. Regelmäßig werden Richter sowie Staatsanwälte im Rahmen ihrer Erprobung zu dem jeweiligen Obergericht bzw. der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft für die Dauer eines Jahres abgeordnet . Der vorgenannte Zeitraum von einem Jahr entspricht hierbei der regelmäßigen Erprobungszeit. Darüber hinaus wird das Instrumentarium der Abordnung eingesetzt, sofern dies personalwirtschaftlich geboten ist und der betroffene Richter oder Staatsanwalt mit dem vorübergehenden Einsatz an einem anderen Gericht oder einer anderen Behörde einverstanden ist. Oftmals geht die Initiative für eine Abordnung aber auch Seite 22 von 274 von dem Richter oder Staatsanwalt aus. Denkbar sind auch Konstellationen in denen die Abordnung der Personalentwicklung dient. Die Dauer von Abordnungen, die nicht der Erprobung dienen, bewegen sich mehrheitlich in einem Rahmen von einigen wenigen Jahren. Soweit abzusehen ist, dass der betroffene Richter oder Staatsanwalt dauerhaft bei einem anderen Gericht bzw. Behörde verwandt werden soll, wird das Versetzungsverfahren in die Wege geleitet. Aktuell wird mit dem Instrumentarium der Abordnung ferner in Fällen gearbeitet, um vorübergehende Aufgaben, die mit der Einführung der elektronischen Verfahrensakte in Zusammenhang stehen, abzufangen. Auch die begleitende Tätigkeit als Multiplikator für ein bestimmtes Fachverfahren bedarf einer Abordnung und zwar zum Oberlandesgericht (Sitz der Gemeinsamen lT-Leitstelle), wenngleich diese zumeist in einem sehr geringen Umfang ausgesprochen wird (z.B. 1/10). Demgegenüber werden in verhältnismäßig wenigen Fällen sogleich Versetzungen vollzogen, denen keine vorgelagerte Abordnung vorausging. Hierfür bestand bislang keine personalwirtschaftliche Notwendigkeit. Frage 22: Welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, um zukünftig auf Abordnungen so weit wie möglich zu verzichten beziehungsweise die Zahl der Abordnungen auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen? Antwort: Die Zahl der Abordnungen bewegt sich ausweislich der Anlage zu Frage 15 auf einem relativ niedrigen Niveau. Abordnungen, die der Erprobung oder der Personalentwicklung dienen oder im Zusammenhang mit vorübergehenden Aufgabenmehrungen stehen, können und sollten zahlenmäßig nicht verringert werden. Bei (mehrjährigen) Abordnungen, bei denen indes feststeht, dass diese zu einer Versetzung führen sollen, muss dafür Sorge getragen werden, dass die haushälterischen und stellentechnischen Vorgaben für eine zeitnahe Versetzung vorliegen und die Abordnung nicht über Gebühr in zeitlicher Hinsicht ausgedehnt wird. Soweit ein solcher Fall vorliegt, werden - sofern erforderlich - im Rahmen der Aufstellung der Haushaltspläne oder des Haushaltsvollzugs die notwendigen Schritte eingeleitet (z.B. Anmeldung von Stellenmehrungen, Umsetzung von Planstellen etc.). Frage 23: Auf wie vielen der in den kommenden fünf Jahren freiwerdenden sowie der nach der je welligen Personalberechnungsgrundlage einzurichtenden Stellen sollen Richterinnen und Richter auf Probe zu Richterinnen und Richtern auf Lebenszeit oder unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu Staatsanwältinnen oder Staatsanwälten ernannt werden (bitte nach Staatsanwaltschaften sowie allen Gerichtsstandorten aller Gerichtsbarkeiten aufschlüsseln)? Seite 23 von 274 Antwort: Die Frage kann lediglich für das laufende Jahr beantwortet werden, da die Entwicklung der konkreten Bedarfe an den Gerichten und Staatsanwaltschaften nicht im Einzelnen voraussehbar ist. Grundsätzlich sollen alle frei werdenden Stellen nachbesetzt werden. Ausnahmen sind denkbar, soweit der Personalbedarf an einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft dauerhaft sinkt. Für das Jahr 2019 werden voraussichtlich folgende weitere Lebenszeitausschreibungen erfolgen, die sich an Proberichter richten, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung als Richter / Staatsanwalt auf Lebenszeit erfüllen: Amtsgericht Erfurt, 1 Planstelle als Richter/in am Amtsgericht Amtsgericht Altenburg, 1 Planstelle als Richter/in am Amtsgericht Amtsgericht Rudolstadt, 1 Planstelle als Richter/in am Amtsgericht Amtsgericht Sondershausen, 1 Planstelle als Richter/in am Amtsgericht Landgericht Meiningen, 1 Planstelle als Richter/in am Landgericht Landgericht Mühlhausen, 2 Planstellen als Richter/in am Landgericht Verwaltungsgericht Meiningen, 1 Planstelle als Richter/in am Verwaltungsgericht Verwaltungsgericht Gera, 1 Planstelle als Richter/in am Verwaltungsgericht Staatsanwaltschaft Mühlhausen, 1 Planstelle als Staatsanwalt /Staatsanwältin Staatsanwaltschaft Meiningen, 1 Planstelle als Staatsanwalt/Staatsanwältin Staatsanwaltschaft Erfurt, 2 Planstellen als Staatsanwalt/Staatsanwältin Staatsanwaltschaft Gera,2 Planstellen als Staatsanwalt/Staatsanwältin Frage 24: In wieweit wird der Personalbestand der Gerichte und Staatsanwaltschaften an der Umsetzung des Konzepts zur Personalentwicklung des Thüringer Landesdienstes bis zum Jahr 2025 (PEK 2025), der für den Geschäftsbereich des Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz 424 einzusparende Stellen festlegt, beteiligt (bitte getrennt nach Gericht beziehungsweise Staatsanwaltschaft und Lau fbahngruppe darstellen)? Antwort: Der Stellenabbau im Rahmen des Personalentwicklungskonzepts für den Thüringer Landesdienst bis 2025 setzt auf ein vorangegangenes Stellenabbaukonzept auf. Dieses 2010 durch die damalige Thüringer Landesregierung erstellte Konzept wurde unter der Bedingung einer sich ändernden Finanzausstattung der Länder aufgrund des Wegfalls von Sonderfinanzzuweisungen bis 2020 und somit mit Blick auf eine tragfähige und zukunftsfähige Stellenausstattung in Thüringen erstellt. Zur Ermittlung des „Stellenüberhangs" wurde ein Vergleich mit westlichen Flächenländern geführt und erstmals eine Quote für die prognostizierte Entwicklung der Einwohnerzahlen in Thüringen zugrunde gelegt. Seite 24 von 274 Seither werden die Stellenabbauziele fortgeschrieben und an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst. Für den Einzelplan 05 sei hierfür beispielsweise die vorübergehende Stellenmehrung zur Bildung einer Einstellungsreserve bei Richtern und Staatsanwälten erwähnt. Im Haushaltsplan 2018/2019 auf S. 116 findet sich die Zielgröße für den Stellenabbau im Einzelplan 05, die sowohl die Gerichte und Staatsanwaltschaften als auch den Justizvollzug betreffen sowie deren jährliche Realisierungsvorgabe. Im zwischenzeitlich beschlossenen Haushaltsplan 2020 ist die Stellenabbauverpflichtung in gleicher Höhe veranschlagt. Die Realisierungszeitpunkte hingegen wurden angepasst . (S. 99). Über den Wegfall der betroffenen Stellen entscheidet der Landesgesetzgeber im Rahmen der Aufstellung des,jeweils nächsten Landeshaushalts. Die Anzahl der jährlichen Abbauverpflichtungen für den Einzelplan 05 sind im Haushaltsplan 2018/2019 global veranschlagt (S. 116). Eine Zuordnung des bis 2025ff verbleibendenden Stellenabbaus auf Laufbahngruppen bzw. Dienststellen ist daher nicht möglich. Bisher war ein Stellenabbau bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ganz überwiegend dann realisierbar, wenn Altersteilzeiten, insbesondere Altersteilzeiten im Blockmodell, mit einer an die Arbeitsphase anschließenden Freistellungsphase endeten . Die betreffenden Kolleginnen und Kollegen waren im Zeitraum ihrer Altersteilzeit mit einem Anteil von 83% weiter auf einer haushalterischen Stelle zu führen. Da ihr zuletzt wahrgenommener Aufgabenbereich zwischenzeitlich zumeist umverteilt wurde oder durch den Einsatz von lT-Technik effektiver gestaltet werden konnte , führte der Wegfall der Stellen zum Zeitpunkt des Ruhestandseintritts bzw. bei Übergang in die Rente zu keiner personellen Lücke. Im Haushaltsplan 2018/2019 sind Stellenabbauverpflichtungen für die Jahresscheiben 2018 und 2019 im Ministerium (vgl. S. 19 Tabelle „Veränderungen"), den Gerichten und Staatsanwaltschaften (vgl. S. 49, Tabelle „Veränderungen"), dem Finanzgericht (vgl. S. 94 Tabelle „Veränderungen") und im Justizvollzug (vgl. S. 63, Tabelle „Veränderungen") realisiert.. Zur Abbauverpflichtung der Jahressscheiben 2019 und 2020 (Wegfallzeitpunkt 2020 bzw. 2021) wurde im Haushaltsplan für das Jahr 2020 ein Aussetzen und Verschieben des Stellenabbaus festgeschrieben. Frage 25: Welche Kosten sind in welchen Kostenstellen durch Abordnungen entstanden und wie sind die Planungen zu Abordnungen generell? Antwort: Im Rahmen der Abordnung von Bediensteten können Kosten für Trennungsgeld entstehen. In besonders gelagerten Einzelfällen können durch eine Abordnung Umzugskosten entstehen. Trennungsgeldberechtigt sind unter den in der Thüringer Trennungsgeldverordnung bestimmten Voraussetzungen Beamte und Richter im Landesdienst und die nach Seite 25 von 274 Thüringen abgeordneten Bediensteten. Für Tarifbeschäftigte gelten die Regelungen der Trennungsgeldverordnung entsprechend. Trennungsgeld umfasst: Trennungsreisegeld, Trennungstagegeld, Unterkunftskosten , Reisebeihilfe, Entschädigung bei täglicher Rückkehr zum Wohnort, Trennungsgeld in Sonderfällen, Auslandstrennungsgeld, Trennungsgeld bei Aus- und Fortbildung . Für abordnungsbedingte Umzugskosten sind die Regelungen des Thüringer Umzugskostengesetzes einschlägig. Die Frage 25 wird im Hinblick auf personalwirtschaftlich veranlasste Maßnahmen beantwortet. Die Abordnungskosten, die im Rahmen von Aus- und Fortbildungsreisen der Anwärter und Bediensteten entstehen, bleiben im Folgenden unberücksichtigt . Die durch personalwirtschaftlich veranlasste Abordnungen entstandenen Trennungsgeldkosten , ggf. Umzugskosten, bei Gerichten und Staatsanwaltschaften werden kapitelbezogen in den Titeln 453 01 „Trennungsgeld abgeordneter, versetzter oder eingestellter Bediensteter, Umzugskostenvergütung" der Kapitel 0504 (ordentliche Gerichte und Staatsanwaltschaften) und 0507 bis 0510 (Fachgerichtsbarkeiten ) veranschlagt und gebucht. Aus den Titeln 453 01 werden neben den abordnungsbedingten Trennungsgeldern und Umzugskosten auch gleichartige Ansprüche erstattet, die im Zusammenhang mit einer Einstellung oder einer Versetzung entstehen. Das abordnungsbedingte Trennungsgeld und etwaige abordnungsbedingte Umzugskosten sind daher nur eine Teilmenge im Mittelabfluss der Titel 453 01. Zur Höhe des jährlichen Mittelabflusses ausschließlich für abordnungsbedingtes Trennungsgeld bzw. abordnungsbedingte Umzugskosten liegen keine Erhebungen vor. Die Daten müssten einzelfallbezogen nachträglich ermittelt werden. Der Aufwand ist unverhältnismäßig, da hierzu alle Personalakten von im Berichtszeitraum abgeordneten Bediensteten gesichtet und entsprechend auswertet werden müssten. Um dem parlamentarischen Informations- und Auskunftsrecht dennoch nachzukommen , wird die Fragestellung dahingehend beantwortet, dass zu den (Gesamt )Mittelabflüssen in den Titeln 453 01 „Trennungsgeld abgeordneter, versetzter oder eingestellter Bediensteter, Umzugskostenvergütung" berichtet wird. Nachstehend werden daher die jährlichen Mittelabflüsse (Beträge in EUR) in den Titeln 453 01 „Trennungsgeld abgeordneter, versetzter oder eingestellter Bediensteter , Umzugskostenvergütung" der Kapitel 0504, 0507, 0508, 0509 und 0510 im gesamten Berichtszeitraum dargestellt: Jahr 0504-453 01 0507-453 01 0508-453 01 0509-453 01 051 0-453 01 2008 58.276 803 3.386 13.820 0 2009 40.248 3.057 211 11.894 0 2010 39.448 2.729 -48 9.020 470 2011 39.406 1.733 0 10.535 516 2012 30.022 1.717 1.478 7.006 0 2013 27.975 2.698 1.835 14.316 0 2014 31.727 3.550 528 4.797 0 Seite 26 von 274 2015 32.172 99 4.487 6.259 0 2016 41.726 481 1.789 5.177 0 2017 46.967 1.758 877 3.191 0 2018 41.626 4.800 107 503 0 Die Abordnung ist die vorübergehende Übertragung einer Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle desselben oder eines anderen Dienstherrn. Sie wird ausgesprochen , wenn es hierzu ein dienstliches Bedürfnis gibt. Das Instrumentarium der Abordnung wird eingesetzt wenn dies personalwirtschaftlich geboten ist. Oft besteht zum Zeitpunkt des Abordnungsvorhabens ein unvorhergesehener signifikanter Personalbedarf an einer Dienststelle. Insbesondere dann, wenn der höhere Geschäftsanfall absehbar nur zeitweilig anfällt, kommen zur Bewältigung des hieraus erwachsenen personellen Mehrbedarfs Abordnungsmaßnahmen in Betracht. Bei rückläufigem Geschäftsanfall, der mit einem rückläufigen Personalbedarf einhergeht , kann durch die Beendigung der Abordnung gut auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert werden. Es sind aber auch Konstellationen denkbar, bei denen mit der Abordnung die Personalentwicklung der Bediensteten im Vordergrund steht. Bei Richtern und Staatsanwälten erfolgen diese Maßnahmen im Rahmen einer Erprobung an einem Thüringer oberen Landesgericht bzw. bei der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft. Um Führungskräfte im nichtrichterlichen Dienst zu entwickeln, wird zudem dem gehobenen Dienst die Möglichkeit zur Abordnung an das TMMJV eingeräumt. Auch zukünftig werden Abordnungsmaßnahmen bei Gerichten und Staatsanwaltschaften gerade bei notwendigen Personalbedarfen eine tragende Rolle bei der Personalbewirtschaftung spielen. Sie sind unter den sich künftig stellenden Bedingungen zu entscheiden. An Bedeutung gewinnen werden Maßnahmen, die dem Fortentwicklungsbestreben förderlich sind. Hierzu zählen Abordnungen an andere Dienststellen anderer Ressorts der Thüringer Landesverwaltung, an den Thüringer Verfassungsgerichtshof oder an Bundesgerichte oder Bundesbehörden. Grundsätzlich wird versucht, mit der beabsichtigten Maßnahme dienstliche und persönliche Interessen in Einklang zu bringen, so dass einerseits auf Zwangsmaßnahmen verzichtet oder etwaiges Fortentwicklungsbestreben gefördert werden kann. Ergänzend wird auch auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. Frage 26: Wie viele Konkurrenten verfahren hat es im Anfragezeitraum gegeben, wie lange dauerten die Verfahren und wie sind diese ausgegangen? Antwort: Hinsichtlich des richterlichen Bereichs liegen keine statistischen Erhebungen im Sinne der Fragestellung vor. Die Daten müssten daher nachträglich ermittelt werden . Der Aufwand ist jedoch unverhältnismäßig, da es hierzu einer Auswertung aller Bestandsakten bedürfte. Seite 27 von 274 Im Hinblick auf den nichtrichterlichen Dienst wird mitgeteilt, dass im Geschäftsbereich des Thüringer Oberverwaltungsgerichts im Berichtszeitraum in allen Laufbahnen keine Konkurrentenstreitverfahren geführt wurden. Gleiches gilt für den Geschäftsbereich des Thüringer Finanzgerichts, des Thüringer Landessozialgerichts und des Thüringer Landesarbeitsgerichts. Im Geschäftsbereich des Thüringer Oberlandesgerichts hat es im Abfragezeitraum lediglich im gehobenen Justizdienst Konkurrentenstreitverfahren bzw. Eilanträge gemäß § 123 VwGO gegeben. Von den insgesamt sechs Verfahren haben zwei Verfahren im Jahr 2008 zwei bzw. sechs Monate gedauert; beide wurden eingestellt . Zwei Verfahren im Jahr 2009 dauerten drei bzw. fünf Monate. Ein Verfahren wurde eingestellt. In dem anderen Verfahren wurde der Antrag im Eilverfahren nach § 123 VwGO abgelehnt. Ein im Jahr 2010 anhängiges Verfahren dauerte fünf Monate und wurde in Bezug auf zwei Beigeladene eingestellt. Im Übrigen wurde untersagt , die Stelle zu besetzen, bis eine erneute Auswahlentscheidung abgeschlossen war. Ein Verfahren im Jahr 2017 dauerte 16 Monate und wurde eingestellt, nachdem der Antrag zurückgenommen worden war. Frage 27: Wie beurteilt die Landesregierung die Entwicklung im Bereich der Konkurrentenklagen , konkret unter Betrachtung der Fa//zahlen, der Verfahrensdauer, spezifischer Häufungen, der Spertwirkung sowie möglicher Vermeidungsstrategien? Antwort: Unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte in naher Vergangenheit ist die zahlenmäßige Entwicklung nicht zu beanstanden. Die Verfahrensdauer ist stets einzelfallbezogen und von unterschiedlichen Ursachen abhängig. Spezifische Häufungen sind nicht ersichtlich. Soweit eine Besetzungssperre durch ein Konkurrentenstreitverfahren vorliegt, erfolgt bei Funktionsstellen in der Regel eine Vakanzvertretung durch den vorgesehenen - gegebenenfalls den weiteren - Vertreter. Sind obergerichtliche Richterstellen betroffen, kommen sowohl Erprobungsabordnungen und in engen Grenzen personalwirtschaftliche Abordnungen als auch Abordnungen des ausgewählten Bewerbers selbst in Betracht. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, 10.5.16 - 2 VR 2.15; 21.12.2016-2 VR 1.16; 12.12.2017-2 VR2/16), der sich das Thüringer Oberverwaltungsgericht angeschlossen hat, ermöglicht in g leichgelagerten Fällen, vorläufig den Dienstposten mit dem ausgewählten Bewerber zu besetzen. Auch wenn die Rechtsprechung nur zu Beamtendienstposten ergangen ist, ist sie auf richterliche Funktionsämter übertragbar, solange Statusamt und Beförderungsfunktionsamt soweit vergleichbar sind, dass aus der Leistung im Beförderungsamt auf die Leistung im Statusamt unter Ausblendung des im Beförderungsamt erlangten Erfahrungsvorsprungs geschlossen werden kann (vgl. hierzu zuletzt: VGH Mannheim , 01 .02.2019 —4 5 2770/1 8, juris). Das wird zumindest für Abordnungen an Obergerichte anzunehmen sein. Seite 28 von 274 Hintergrund hierfür bildet der Umstand, dass die Rechtsprechung die mögliche Besetzung mit dem ausgewählten Bewerber davon abhängig macht, dass er bei einer erneuten Auswahlentscheidung zwischen den Bewerbern auf Grundlage des rechtsbeständigen Ausgangs des Konkurrentenstreitverfahrens unter Ausblendung des Erfahrungsvorsprungs beurteilt wird, damit aufgrund der vorläufigen Ubertragung des Beförderungsfunktionsamtes ihm kein Vorteil gegenüber den Mitbewerbern erwachsen kann. Praktisch bedeutet das, dass die Einzelmerkmale zu identifizieren wären, welche einen Erfahrungsvorsprung auf dem Beförderungsdienstposten begründen können. Auf der Grundlage wären zwei Beurteilungen mit und ohne Ausblendung in der Wertigkeit des aktuellen Statusamtes zu erstellen. Nach Beendigung des Beförderungsverfahrens wäre die Beurteilung mit Ausblendung aus der Personalakte zu enifernen, da die Ausblendung nur zwischen den Beteiligten des Beförderungsverfahrens gelten soll. b) Belastungssituation der Gerichte Frage 28: Wie viele Eingänge verzeichneten Thüringer Gerichte im Anfragezeitraum (bitte tabellarisch nach Hauptverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und in Zivilsachen nach Mietsachen, Kaufsachen, Verkehrsunfallsachen, Bausachen , Wohnungseigentumssachen, sonstige Zivilsachen [soweit aus einem Sachgebiet mehr als 500 Verfahren eingegangen sind, bitte gesondert mitteilen ], in Familiensachen nach Ehesachen, Kindschaftssachen, Abstammungssachen, Adoptionssachen, Ehe wohnungs- und Haushaltssachen, Gewaltschutzsachen, Versorgungsausgleichssachen, Unterhaltssachen, Güterrechtssachen, sonstige Famiiensachen und Lebenspartnerschaftssachen, in Rehabiitationssachen, in Strafsachen nach Sachgebiet und Jugendstrafsachen, in Bußgeldsachen, in Arbeitsgerichtssachen, in Finanz gerichtssachen nach Sachgebieten, in Sozialgerichtssachen nach Gegenstand des Verfahrens, in Veiwaltungsgerichtssachen nach Sachgebieten [in Asylsachen auch nach Herkunftsländern untergliedern] unterteilen)? Antwort: Zur Beantwortung der Frage 28 a) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen ZP- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 a) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Verfahren über Arrest oder einstweilige Verfügung werden im Rahmen der statistischen Erhebung nicht als Merkmal beim Eingang erfasst, sondern erst bei der Erledigung des Verfahrens in der Instanz. Die Zahl der Verfahren ist in der Gesamtzahl der Neuzugänge enthalten und nicht gesondert verfügbar. Seite 29 von 274 Die Sachgebiete werden bereits bei Eingang des Verfahrens als sogenannte Kopfangaben der Verfahrenserhebungen in Zivilsachen erfasst. Eine Unterteilung der Neuzugänge nach Kopfangaben ist allerdings nur möglich soweit in den einzelnen Berichtsjahren bereits eine elektronische Übermittlung der Verfahrenserhebungen von den Zivilgerichten an das Thüringer Landesamt für Statistik erfolgte. Soweit in einzelnen Berichtsjahren und für einzelne Standorte eine Übermittlung von Papierzählkarten erfolgte, liegen keine sachgebietsbezogenen Auswertungen der Neuzugänge vor. Zur Beantwortung der Frage 28 b) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen F-Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 b) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Die Neuzugänge hinsichtlich der nachgefragten einzelnen Verfahrensarten liegen nicht gesondert vor. Dies liegt einerseits an der statistischen Systematik , die eine Unterteilung in Sachgebiete und Verfahrensgegenstände vorsieht, und andererseits an der Übermittlung der Verfahrenserhebungen im Berichtszeitraum in Form von Papierzählkarten, die eine vollständige Auswertung erst mit Erledigung ermöglichen. Am 1. September 2009 trat das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in Kraft. Durch das Gesetz wurde der Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte erweitert und die prozessualen Bestimmungen wesentlich verändert. Infolgedessen wurde die Familiengerichtsstatistik so grundlegend verändert, dass ab 2009 eine Vergleichbarkeit mit den Jahren vor 2009 nur noch bedingt möglich ist. Infolge des unterjährigen lnkrafttretens des FamFG stehen für das Kalenderjahr 2009 keine validen Daten im Sinne der Fragestellung zur Verfügung. Zur Beantwortung der Frage 28 c) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der Reha-Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 c) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 28 d) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StP/OWi- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 d) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Soweit für einzelne Berichtsjahre keine Auswertungen für einzelne Sachgebiete vorlagen, wurde jeweils die Gesamtzahl der Neuzugänge standortbezogen zusammengestellt. Spruchkörper für Jugendstrafsachen wurden gesondert berücksichtigt. Zur Beantwortung der Frage 28 e) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StP/OWi- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 d) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 28 f) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen ArbG- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 f) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Die Verfahren zur Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz werden in der statistischen Auswertung im Rahmen der Neuzugänge nur mit den Urteils- oder Beschlussverfahren gemeinsam ausgewiesen. Seite 30 von 274 Zur Beantwortung der Frage 28 g) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen FG- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 g) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 28 h) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen SG- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 h) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 28 i) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen VwG- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 i) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Die statistische Erhebung sieht keine differenzierte Erhebung nach Staatsangehörigkeiten vor. Eine differenzierte Auswertung für einzelne Staatsangehörigkeiten ist daher im Rahmen der amtlichen Statistik nicht möglich. Hilfsweise wurden die Präsidenten der Thüringer Verwaltungsgerichte gebeten, verfügbare Daten aus dem Geschäftsautomationsprogramm der Verwaltungsgerichte zusammenzustellen. Die daraus resultierenden Daten sind in der Anlage zusammengestellt . Frage 29: Wie viele Verfahren wurden im oben genannten Zeitraum erledigt (bitte tabellarisch nach Hauptverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und in Zivilsachen, wie unter Frage 28 und zusätzlich nach Abgabe innerhalb des Gerichts, Abgabe an ein anderes Gericht, rechtskräftiges und aufgehobenes Urteil [nach Rechtsmittel], Beschluss [davon Vergleiche], Erledigung, Erledigung in sonstiger Weise [bitte erläutern], in Famiiensachen nach den Gegenständen der erledigten Verfahren [Ehesachen , Kindschaftssachen, Abstammungssachen, Adoptionssachen, Ehe wohnungs - und Haushaltssachen, Gewaltschutzsachen, Versorgungsausgleichssachen , Unterhaltssachen, Güterrechtssachen, sonstige Famiiensachen und Lebenspartnerschaftssachen ] und nach Art der Endentscheidung [bitte Vergleiche gesondert ausweisen], in Rehabiitationssachen nach Art der Erledigung, in Strafsachen nach Sachgebiet, Anzahl der Beschuldigten, Verurteilung, davon Strafbefehle und Entscheidungen im beschleunigten Verfahren, Freispruch und Einstellungen, in Bußgeldsachen nach Beschuldigten, Verurteilung, Einstellung und Freispruch , t in Arbeitsgerichtssachen nach Urteil, Vergleich oder sonstige Erledigung, in Finanz gerichtssachen nach Sachgebieten und Art der Erledigung, in Sozialgerichtssachen nach Gegenstand des Verfahrens und Art der Erledigung , in Verwaltungs gerichtssachen nach Sachgebieten [in Asylsachen auch nach Herkunftsländern und Art der Erledigung untergliedern] unterteilen)? Seite 31 von 274 Antwort: Zur Beantwortung der Frage 29 a) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen ZP- Statistik verfügbaren Daten in der Anlage zu Frage 28 a) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 29 b) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen F-Statistik verfügbaren Daten in der Anlage zu Frage 28 b) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Am 1. September 2009 trat das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) in Kraft. Durch das Gesetz wurde der Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte erweitert und die prozessualen Bestimmungen wesentlich verändert. Infolgedessen wurde die Familiengerichtsstatistik so grundlegend verändert, dass ab 2009 eine Vergleichbarkeit mit den Jahren vor 2009 nur noch bedingt möglich ist. Infolge des unterjährigen lnkrafttretens des FamFG stehen für das Kalenderjahr 2009 keine validen Daten im Sinne der Fragestellung zur Verfügung. Zür Beantwortung der Frage 29 c) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der Reha-Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 28 c) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung derFragen 29 d) und e) wurden die aus den Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StP/OWi -Statistik verfügbaren Daten in der Anlage zu den Fragen 28 d) und e) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 29 f) wurden die aus den Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitliche ArbG -Statistik vorliegenden Daten in der-Anlage zu Frage 29 f) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 29 g) wurden die aus den Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitliche FG -Statistik vorliegenden Daten in der Anlage zu Frage 29 g) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 29 h) wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen SG- Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 29 h) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Zur Beantwortung der Frage 29 i) wurden die aus den Auswertungstabellen des Thüringer Landesamtes für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitliche VwG -Statistik vorliegenden Daten in der Anlage zu Frage 29 i) im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Die statistische Erhebung sieht keine differenzierte Erhebung nach Staatsangehörigkeiten vor. Eine differenzierte Auswertung für einzelne Staatsangehörigkeiten ist daher im Rahmen der amtlichen Statistik nicht möglich. Hilfsweise wurden die Präsidenten der Thüringer Verwaltungsgerichte gebeten, verfügbare Daten aus dem Geschäftsautomationsprogramm Seite 32 von 274 der Verwaltungsgerichte zusammenzustellen. Die daraus resultierenden Daten sind in der Anlage zusammengestellt. Frage 30: Wie hat sich die durchschnittliche Verfahrensdauer (erster Eingang bei Gericht bis zur Entscheidung in der Instanz und gegebenenfalls Zahl der Haupt verhandlungstage ) an den Gerichten seit dem Jahr 2014 entwickelt (bitte auch für jeden Spruchkörper mitteilen und interne Abgaben gesondert ausweisen)? Antwort: In der Anlage zu Frage 30 wurden die durchschnittlichen Verfahrensdauern bei den Gerichten im nachgefragten Zeitraum standortbezogen nach den unterschiedlichen Spruchkörperarten dargestellt. Besondere Daten zu internen Abgaben im Zusammenhang mit der Verfahrensdauer stehen nicht zur Verfügung. Frage 31: Wie hoch war der Jahresendbestand nicht abgeschlossener Verfahren bei Thüringer Gerichten im Zeitraum von 2008 bis 2018? Antwort: Auf die Zusammenstellung in der Anlage zu Frage 31 wird Bezug genommen. Frage 32: Wie viele der unter Frage 29 genannten Verfahren waren zum 31. Dezember 2018 älter (Eingang erste Instanz bis heute) als zwei Jahre, fünf Jahre und zehn Jahre (bitte auch nach Gericht unterteilen)? Antwort: Die im Rahmen der Fragestellung in Bezug genommenen Verfahren der Frage 29 waren per 31.12.2018 nicht älter als 2,5 und 10 Jahre. Alle in den Jahren 2008 bis 2018 erledigten Verfahren waren am 31.12.2018 bereits erledigt. Auf die umfassende Beantwortung der Frage 29 wird Bezug genommen. Die Frage wird dahingehend ausgelegt, dass die verfügbaren Daten der zum 31.12.2018 unerledigt anhängigen Verfahren übermittelt werden. Die einschlägigen bundeseinheitlichen Geschäftsanfallsstatistiken spiegeln lediglich die durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten der erledigten Verfahren wider. Dies resultiert aus der Tatsache, dass es sich um Erledigungsstatistiken handelt. Keine Information besteht hingegen hinsichtlich der noch anhängigen unerledigten Verfahren. Aus diesem Grund wurde seitens des TMMJV eine Mitteilungspflicht an die gerichtliche und staatsanwaltschaftliche Praxis eingerichtet, die alle Altbestände älter als 3 Jahre umfasst. Dabei werden nur Verfahren der richterlichen Dezernate berücksichtigt. Verfahren aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind ausgenommen. Die Seite 33 von 274 daraus verfügbaren Ergebnisse zum Stichtag 31.12.2018 sind in der Anlage zu Frage 32 zusammengestellt. Frage 33: Wie hat sich die durchschnittliche Fa//zahl je Richterin oder Richter in Thüringen und nach Kenntnis der Landesregierung im Bundesdurchschnitt im Anfragezeitraum entwickelt? Antwort: Es wird auf die Anlage zu Frage 33 verwiesen, in der im Sinne der Fragestellung die Eingangszahlen je Richter in den Jahren 2008 und 2016 im Vergleich dargestellt werden. Neuere Daten liegen derzeit noch nicht vor, weil sich das Prozedere des Datenaustausches, der Datenzusammenstellung und der Bekanntmachung der Landesjustizverwaltungen in Überarbeitung befinden und in Kürze ändern werden. Frage 34: In wie vielen Fällen wurden zur Absicherung von Vorführungen ab dem Jahr 2014 a) Wachtmeisterinnen und Wachtmeister gerichtsbezirksübergreifend herangezogen, bei den Justizvo//zugsanstalten um Hilfe ersucht und die Polizei um Unterstützung gebeten (bitte auch das Gericht der Vorführung und die Anzahl der unterstützenden Kräfte nach a, b und c unterteilt mitteilen)? Frage 35: In wie vielen Fällen führten nicht abzusichernde Vorführungen ab dem Jahr 2014 zu einer Verzögerung des Verfahrens? Antwort auf die Fragen 34 und 35: Aufgrund der Sachnähe werden die Fragen 34 und 35 gemeinsam beantwortet. Im Geschäftsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Fachgerichtsbarkeiten erfolgt keine auf Plausibilität geprüfte, nach statistischen Methoden erhobene und somit keine valide Datenerfassung im abgefragten Sinn; eine bundesweite statistische Erhebung besteht nicht. Die vorliegenden Daten (Anlage zu Frage 34) beruhen auf teilweise anhand von Vorführplänen oder Schätzwerten ermittelten Angaben, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Eine händische nachträgliche Erfassung für den abgefragten Zeitraum war im Hinblick auf den zu erwartenden erheblichen Aufwand unvertretbar. Eine Aussage im Sinne der Frage 35 kann aus den dargelegten Gründen ebenfalls nicht getroffen werden. Für den Geschäftsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird ergänzend auf die Anlage zu Frage 34 Bezug genommen. Im Geschäftsbereich des Thüringer Landesarbeitsgerichtes sind nur die nicht in Justizzentren untergebrachten Arbeitsgerichte Nordhausen und Suhl betroffen. Seite 34 von 274 Zu Gerichtsbezirk übergreifender Heranziehung von Wachtmeisterinnen und Wachtmeistern gab es im Bereich des Arbeitsgerichtes Nordhausen im Berichtszeitraum keinen Anwendungsfall. Beim Arbeitsgericht Suhl kam es zu einem (gerichts- )übergreifenden Einsatz des Wachtmeisters beim Amtsgericht in Suhl. Das Arbeitsgericht Nordhausen benennt 1 Fall im Jahr 2017, bei welchem die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben eine Vorführung durchgeführt hat. Für das Arbeitsgericht Suhl ist Fehlanzeige zu erstatten. Das Arbeitsgericht Suhl meldet 1 Fall im Jahr 2018, bei dem 2 Polizeibeamte im Rahmen sitzungspolizeilicher Maßnahmen zur Unterstützung herangezogen worden sind. Für das Arbeitsgericht Nordhausen ist Fehlanzeige zu erstatten. Im Geschäftsbereich des Landessozialgerichts wurde im Jahr 2018 einmal die Polizei um Unterstützung gebeten. Erhebungen im erfragten Sinn erfolgen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht. Im Thüringer Finanzgericht finden keine Vorführungen statt. Frage 36: In wie vielen Fällen wurde ab dem Jahr 2008 von welchem Gericht der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus aufrechterhalten ? Antwort: Insoweit liegen statistische Erkenntnisse nur hinsichtlich entsprechender Entscheidungen des Thüringer. Oberlandesgerichts im Rahmen der besonderen Haftprüfung bzw. Prüfung der einstweiligen Unterbringung nach den §§ 121 f. ggf. i. V. mit § 126a Abs. 2 Satz 2 StPO vor: Jahr Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft (positive_Haft- und_Unterbringungsfortdauerentscheid ungen) 2008 5 2009 21 2010 29 2011 32 2012 24 2013 35 2014 39 2015 38 2016 55 2017 50 2018 58 Seite 35 von 274 Frage 37: In wie vielen Fällen und an welchem Gericht wurde im Anfragezeitraum nach sechs Monaten Untersuchungshaft, während der kein Urteil ergangen war, der Vollzug des Haftbefehls ausgesetzt, der Haftbefehl aufgehoben oder durch das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet? Antwort: Zur Anzahl der Entscheidungen über die Aussetzung des Vollzuges eines Haftbefehls liegen keine statistischen Erkenntnisse vor. Zur Anzahl der aufgehobenen Haftbefehle liegen statistische Erkenntnisse nur hinsichtlich der Entscheidungen des Thüringer Oberlandesgerichts im Rahmen der besonderen Haftprüfung nach den §§ 121 f. Stpo vor. Zusätzlich wurden einzelne weitere Fälle im Rahmen von Haftbeschwerdeverfahren bekannt, die in je einem Fall in den Jahren 2014, 2017 und 2018 Aufhebungsentscheidungen des Landgerichts Gera, sonst solche des Thüringer Oberlandesgerichts betreffen: Aufhebung von Haftbefehlen im Rahmen Jahr der besonderen Haftprüfung nach den §§ 121 f. Stpo Haftbeschwerdeverfahren (Mindestanzahl) 2008 1 - 2009 1 - 2010. 2 - 2011 0 - 2012 0 - 2013 0 - 2014 2 5 2015 0 2 2016 3 3 2017 6 5 2018 2 3 Zur Anzahl der Anordnungen der Fortdauer der Untersuchungshaft durch das Thüringer Oberlandesgericht im Rahmen der besonderen Haftprüfung wird auf die Antwort zu Frage 36 verwiesen. Frage 38: In wie vielen Fällen wurden ab dem Jahr 2008 Haftbefehle welcher Gerichte wegen Verfahrensverzögerun gen aufgehoben oder ausgesetzt? Seite 36 von 274 Antwort: Insoweit liegen statistische Erkenntnisse nur hinsichtlich entsprechender Entscheidungen des Thüringer Oberlandesgerichts im Rahmen der besonderen Haftprüfung nach den §§ 121 f. Stpo vor. Zusätzlich wurden einzelne weitere Fälle im Rahmen von Haftbeschwerdeverfahren bekannt, die in einem Fall im Jahr 2017 eine Aufhebungsentscheidung des Landgerichts Gera, sonst Aufhebungsentscheidungen des Thüringer Oberlandesgerichts betreffen. Aufhebung von Haftbefehlen wegen Verfahrensverzägerungen im Rahmen Jahr der besonderen Haftprüfung nach den §§ 121 f. Stpo Haftbeschwerdeverfah ren (Mindestanzahl) 2008 0 - 2009 1 - 2010 2 - 2011 0 - 2012 0 - 2013 0 - 2014 2 4 2015 0 2 2016 3 3 2017 5 5 2018 1 2 Frage 39: Welche organisatorischen, verwaltungsmäßigen und personalwirtschaftlichen Maßnahmen hat die Landesregierung getroffen, um eine zügige Abarbeitung von Verfahren zu gewährleisten und die Belastung der Mitarbeiter zu reduzieren (bitte auch aufschlüsseln nach der Gerichtsbarkeit der ordentlichen Gerichte; der Gerichte der allgemeinen Veiwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz gerichte, der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit , der Arbeitsgerichtsbarkeit, der Richterdienstgerichte, der Disziplinargerichte , der Berufsgerichte für Heilberufe, Rechtsanwälte und Notare, der Staatsanwaltschaft, dem Gerichtsvollziehe,wesen, dem Justizvollzug, den Bewährungshelfern , der Gerichtshllfe und der Führungsaufsicht)? Antwort: Im Berichtsraum wurde eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um mittelbar oder unmittelbar eine zügige Abarbeitung von Verfahren zu gewährleisten und die Belastung der Mitarbeiter zu reduzieren. Diese sind unter den Antworten zu A. bis C. ausgeführt. Seite 37 von 274 Weiterhin finden sich unter den Buchstaben D. bis F. Ausführungen, aus welchen Gründen in den weiter abgefragten Bereichen keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen worden sind. Personalwirtschaftliche Maßnahmen Im höheren Justizdienst wurden seit dem Jahr 2015 über 120 neue Richter und Staatsanwälte eingestellt, die die Gerichte und Staatsanwaltschaften verstärkt sowie altersbedingt eingetretene sowie sonstige Vakanzen ausgeglichen haben. Eine Entlastung der Mitarbeiter konnte insbesondere durch die Ausbringung 18 zusätzlicher R - 1 Stellen im Rahmen der Einstellungsreserve erreicht werden, die zur Neueinstellung von jungen Nachwuchsjuristen genutzt worden sind. Die neu eingestellten Richter wurden vornehmlich im Bereich der Staatsanwaltschaft, der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit eingesetzt und haben nicht nur zu einem Aufwuchs im jeweils bestehenden Personalkörper geführt, sondern zugleich eine Verjüngung bewirkt. So wurden beispielsweise zur Unterstützung im Bereich der Asylverfahren in den Verwaltungsgerichten erster Instanz zusätzlich Richter auf Probe - mehrheitlich für einen befristeten Zeitraum - zugewiesen. Eine personelle Verstärkung erfolgte zudem insbesondere im Bereich der Staatsanwaltschaften und resultierte insoweit aus einem gestiegenen Personalbedarf. Für die Zeiträume vor 2015, in denen wegen der geringen Zahl von ruhestandsbedingten Vakanzen zum Teil nur wenige bis sehr wenige Ersatzeinstellungen von Proberichtern vorgenommen werden konnten, erfolgten Abordnungen von Richtern sowie Versetzungen, zumeist in der jeweiligen Gerichtsbarkeit. Im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit , die durch die Einführung der „Hartz-IV-Gesetze" ab dem Jahr 2005 schrittweise mit einem beträchtlichen Personalmehrbedarf konfrontiert war, wurden zudem Lebenszeitbeamte als Richter kraft Auftrags den Sozialgerichten erster Instanz zur Dienstleistung zugewiesen. Im Übrigen erfolgten auch hier Neueinstellungen von Proberichtern. Im gehobenen und mittleren Dienst erfolgte die Reduktion der Belastung der Mitarbeiter in allen Geschäftsbereichen kurzfristig durch Abordnungen und langfristig durch Versetzungen sowie die Zuweisung von Personal nach der Ausbildung sowie die zusätzliche Einstellung befristet Beschäftigter. Befristete Einstellungen wurden insbesondere zur Unterstützung der Geschäftsstellen bei längerfristigen krankheitsbedingten oder sonstigen Ausfällen sowie zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs für alle Geschäftsbereiche vorgenommen. Im Bereich des gehobenen Justizdienstes wurden im Doppelhaushalt 2018/2019 4 zusätzliche Planstellen geschaffen, welche im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie der Staatsanwaltschaft eine Entlastung der Mitarbeiter bewirkt haben. Organisatorische und verwaltungsmäßige Maßnahmen 1. Zuständigkeitskonzentrationen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit In Anlehnung an die bisherige Regelung des Bundes wurde hinsichtlich des zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Rechtsdienstleistungsgesetzes von der Möglichkeit, die Zuständigkeit auf nachgeordnete Behörden zu übertragen, Gebrauch gemacht. Aufgrund der geringen Anzahl der bisherigen und zu erwartenden Anträge erfolgte eine Konzentration auf ein zentrales Landgericht, um auch eine einheitliche Verwaltungspraxis erzielen zu können. Zuständig für die Durchführung des Rechtsdienst- Ieistungsgesetzes ist seit 30. Juli 2008 der Präsident des Landgerichts Erfurt (Thü- Seite 38 von 274 ringer Rechtsdienstleistungszuständigkeitsverordnung vom 2. Juli 2008 -GVBI. S. 258-, geändert durch Verordnung vom 26. April 2013 -GVBI. S. 142-). Daneben ist die Zuständigkeit zur Verfolgung und Ahndung der in § 20 Rechtsdienstleistungsgesetz geregelten Ordnungswidrigkeiten seit 30. Juli 2008 auf die örtlich zuständigen Staatsanwaltschaften übertragen (Thüringer Verordnung über die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 20 des Rechtsdienstleistungsgesetzes vom 15. Juli 2008 -GVBI. S. 293-, geändert durch Verordnung vom 1. November 2013 -GVBI. S. 325-). Die Zuständigkeit für unternehmensrechtliche Verfahren nach § 375 Nr. 1 und 3 bis 16 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurde konzentriert und ist seit 30. Juni 2012 dem Amtsgericht Jena übertragen (Erste Verordnung zur Änderung der Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 8. Juni 2012 -GVBI. S. 236-). Mit dem am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung hat der Gesetzgeber unter anderem die Führung der bislang bei jedem Amtsgericht lokal geführten Schuldnerverzeichnisse zentralisiert und einem in jedem Bundesland einzurichtenden Zentralen Vollstreckungsgericht zugewiesen. Im Rahmen der Umsetzung dieses Gesetzes wurden die Aufgaben des zentralen Vollstreckungsgerichts nach § 802k Abs. 1 und § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung dem Amtsgericht Meiningen mit Wirkung vom 1. Januar 2013 zugewiesen (Erste Verordnung zur Änderung der Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 8. Juni 2012 - GVBI. S. 236-). Die Gerichtsvollzieher hinterlegen die Vermögensauskunft elektronisch beim Zentralen Vollstreckungsgericht und wurden hierfür an dieses elektronisch angebunden. Durch die vorgenannten Zuständigkeitskonzentrationen können Verfahren durch vorhandenes Spezialwissen nunmehr effizienter bearbeitet werden. Umsetzung der Verknüpfung der Nachlassgerichte mit dem Zentralen Testamentsregister (ordentliche Gerichtsbarkeit) Das bei der Bundesnotarkammer seit dem 1. Januar 2012 eingerichtete Zentrale Testamentsregister dient der Modernisierung des Benachrichtigungswesens in Nachlasssachen. Seitdem werden die von den Notaren und Nachlassgerichten übermittelten Verwahrangaben zu Testamenten, Erbverträgen und sonstigen erbfolgerelevanten Urkunden zentral registriert. Bei den Standesämtern bereits vorhandene Verwahrangaben wurden in das Register überführt. Die Nachlassgerichte wurden an dieses Benachrichtigungssystem elektronisch angebunden. Ihnen werden über die Verwahrangaben hinaus weitere Informationen zur Verfügung gestellt, die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sind. Hierdurch reduzieren sich für die Nachlassgerichte die zeit- und arbeitsaufwändigen Anfragen an die Standesämter, was für die mit diesen Angelegenheit befassten Mitarbeitern arbeitserleichternd wirkt. Einführung elektronisches Register (ordentliche Gerichtsbarkeit) Seit 28. September 2012 wird das bei den Amtsgerichten zu führende Vereinsregister , wie bereits das Handels-, das Partnerschafts- und das Genossenschaftsregister, in maschineller Form geführt (Erste Verordnung zur Änderung der Thüringer Verordnung über die maschinelle Führung der Register in Handels-, Genossenschaftsund Partnerschaftsregistersachen vom 27. Juli 2012 -GVBI. S. 402-). Hierdurch Seite 39 von 274 werden die Mitarbeiter nachdrücklich entlastet, da die Arbeitsvorgänge nunmehr elektronisch abrufbar sind. Einführung elektronisches Verzeichnis Dolmetscher/Ubersetzer (ordentliche Gerichtsbarkeit ) Seit dem 1. Dezember 2009 führen die Präsidenten der Landgerichte für Thüringen ein gemeinsames elektronisches Verzeichnis der von ihnen allgemein beeidigten Dolmetscher und ermächtigten Ubersetzer (Art. 1 des Thüringer Gesetzes zur Regelung der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Ermächtigung von Übersetzern sowie zur Änderung weiterer Justizvorschriften vom 16. Dezember 2008 - GVBI. S. 587-). Die Einführung des gemeinschaftlichen Verzeichnisses aller Landgerichte für ganz Thüringen führt zu einer größeren Übersichtlichkeit und vermeidet Mehrfachregistrierungen. Damit wurde auch der Tatsache Rechnung getragen, dass in Folge der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt vermehrt Übersetzer und Dolmetscher aus anderen Ländern in Thüringen und hier in mehreren Landgerichtsbezirken tätig sein werden. Langwierige Suchen nach einem passenden Dolmetscher erübrigen sich nunmehr. Gerichtsstandorte (ordentliche Gerichtsbarkeit) Die Struktur der Amtsgerichte ist primär am Ziel der Einräumigkeit ausgerichtet, um eine Straffung und Erhöhung der Effizienz zu erreichen. In Umsetzung dieses Konzepts wurde die mit dem Ziel der räumlichen Zusammenlegung am Sitz des Amtsgerichts eingerichtete Zweigstelle des Amtsgerichts Mühlhausen in Bad Langensalza mit Wirkung vom 1. Dezember 2016 aufgelöst (Thüringer Verordnung zur Auflösung der Zweigstelle des Amtsgerichts Mühlhausen in Bad Langensalza vom 12. Oktober 2016 -GVBI. S. 515-). Hierdurch entstehen u.a. Effizienzgewinne, wodurch die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter reduziert wird. Einführung Justizauktion im Internet (Gerichtsvollzieherwesen) Seit dem 22. Oktober 2010 können die Gerichtsvollzieher über die Versteigerungsplattform Justiz-Auktion Versteigerungen im Internet nach § 814 Abs. 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung durchführen (Thüringer Verordnung zur Regelung von Versteigerungen im Internet vom 22. September 2010 -GVBI. S. 323-). Durch dieses Instrumentarium bedarf es nunmehr nicht unbedingt einer aufwändigen öffentlichen Versteigerung vor Ort. Gerichtsstandorte (Arbeitsgerichtsbarkeit) Die im Jahr 2010 eingesetzte regierungsinterne Haushaltsstrukturkommission hat sich u.a. mit dem Prüfauftrag „Struktur der Arbeitsgerichte in der Thüringer Arbeitsgerichtsbarkeit ' befasst und kam zu dem Ergebnis, dass Thüringen für ein Flächenland eine vergleichsweise hohe Dichte an Arbeitsgerichten bei einem seit Jahren sinkenden Geschäftsanfall aufweist. Um eine effiziente Geschäftsführung zu ermöglichen und das bisher erreichte hohe Leistungs- und Qualitätsniveau zukünftig halten zu können, hat die Haushaltsstrukturkommission die Schließung der Arbeitsgerichte Eisenach und Jena beschlossen. In Umsetzung dieses Beschlusses wurden die Arbeitsgerichte Eisenach und Jena mit Wirkung vom 1. Januar 2014 aufgelöst (Art. 5 Thüringer Haushaltsbegleitgesetz 2012 vom 21. Dezember 2011 -GVBI. S. 531-). Gleichzeitig wurde für das Arbeitsgericht Suhl neben dem bereits bestehenden Gerichtstag in Sonneberg ein Gerichtstag in Eisenach bei dem dortigen Amts- Seite 40 von 274 gericht eingerichtet (Thüringer Verordnung über die Abhaltung von Gerichtstagen des Arbeitsgerichts Suhl vom 20. November 2013 -GVBI. S. 333-). Aufgabenübertragung vom gehobenen Justizdienst auf den mittleren Justizdienst (ordentliche Gerichtsbarkeit) Auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 Nr. 6 Rechtspflegergesetz wurden zum 1. Januar 2009 durch die Thüringer Verordnung zur Aufhebung von Richtervorbehalten vom 20. Oktober 2008 (GVBI. S. 426), geändert durch Verordnung vom 17. Juli 2013 (GVBI. S. 285) die in § 17 Nr. 1 Rechtspflegergesetz bestimmten Richtervorbehalte aufgehoben. Die bisher zwischen Richter und Rechtspfleger zersplitterte Sachbearbeitung in Handelsregistersachen obliegt damit nunmehr allein dem Rechtspfleger. Die ganzheitliche Bearbeitung dient - auch im Interesse der Justizmitarbeiter - der Vereinfachung und Beschleunigung der Geschäftsabläufe. Gesundheitsmanagement Im Übrigen wurde beginnend im Jahr 2012 bei den Gerichten und den Staatsanwaltschaften das so genannte Gesundheitsmanagement Justiz (GMJ) eingeführt. Vorrangiges Ziel des GMJ ist der Erhalt und die Verbesserung der Gesundheit der Bediensteten. Arbeitszufriedenheit, Motivation und Leistungsvermögen der Bediensteten sollen erhalten, gefördert und gestärkt, das Wohlbefinden am Arbeitsplatz soll verbessert und krankheitsbedingte Fehlzeiten sollen reduziert werden. Strukturell bedingte gesundheitliche Belastungen am Arbeitsplatz sollen sichtbar gemacht, vermeidbare Belastungen abgebaut und unvermeidbare Belastungen gemildert bzw. durch aktive Gegenmaßnahmen kompensiert werden. Das GMJ verfolgt einen ganzheitlichen, umfassenden Ansatz. Neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz und dem betrieblichen Eingliederungsmanagement sind Handlungsfelder des GMJ die Führung und Behördenkultur, die psychische Gesundheit, die Gesundheitsbildung , das Arbeitsumfeld, die Arbeitsorganisation und gesundheitsförderliche Maßnahmen. C. Richterdienstgerichte Die Richterdienstgerichte richten sich nach §§ 69 if. ThürRiStAG (§§ 50 if. ThürRiG a. F.). Sie sind das Dienstgericht für Richter und der Dienstgerichtshof für Richter. Das Dienstgericht wurde bei dem Landgericht Meiningen, der Dienstgerichtshof bei dem Oberlandesgericht errichtet, vgl. § 69 Abs. 1 und 2 ThürRiStAG. Für die Besetzung der Dienstgerichte gelten Sondervorschriften. Die Dienstgerichte verhandeln und entscheiden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, einem ständigen Beisitzer und einem nichtständigen Beisitzer. Der Vorsitzende gehört der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der nichtständige Beisitzer dem Gerichtszeig des betroffenen Richters an, § 75 Abs. 1 ThürRiStAG. Die Mitglieder werden für eine Amtszeit von fünf Jahren von dem Präsidium des Gerichts, bei dem das Dienstgericht errichtet ist, bestellt, § 74 Abs. 2 ThürRiStAG. In Disziplinarverfahren gegen Staatsanwälte und gegen Mitglieder des Rechnungshofs, die die richterliche Unabhängigkeit besitzen, tritt an die Stelle des nichtselbständigen Beisitzers des Dienstgerichts ein auf Lebenszeit ernannter Staatsanwalt oder ein Mitglied des Rechnungshofs , das die richterliche Unabhängigkeit besitzt, § 78 Abs. 1 Satz 1 ThürRiSt AG. Seite 41 von 274 Der Verfahrensanfall beim Richterdienstgericht am Landgericht Meiningen ist seit Jahren gering und bewegt sich durchschnittlich im Bereich von einem Verfahren pro Jahr. Der Verfahrensanfall bei dem Richterdienstgerichtshof ist sehr gering. Der letzte Eingang eines Verfahrens wurde 2015 registriert. Dementsprechend bedurfte es in der Vergangenheit auch keiner besonderen organisatorischen, verwaltungsmäßigen und personalwirtschaftlichen Maßnahmen zur Sicherstellung einer zügigen Bearbeitung dieser Verfahren. Der Vorsitzende des Richterdienstgerichts bzw. der des Richterdienstgerichtshofs fördert jeweils die Verfahren sachgerecht. Eine Geschäftsstelle ist u. a. für die weitere Bearbeitung der Verfahren zuständig. Mit Blick auf die geringe Verfahrenszahl waren in der Vergangenheit weitere organisatorische , verwaltungsmäßige oder personalwirtschaftliche Maßnahmen im nichtrichterlichen Dienst nicht erforderlich. Disziplinarqerichte für Notare Als Disziplinargerichte für Notare sind im ersten Rechtszug das Oberlandesgericht und im zweiten Rechtszug der Bundesgerichtshof zuständig, § 99 BNotO. Der Vorsitzende, der mindestens Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht sein muss, seine Stellvertreter sowie die richterlichen Beisitzer und ihre Stellvertreter werden von dem Präsidium des Oberlandesgerichts aus der Zahl der ständigen Mitglieder des Oberlandesgerichts auf die Dauer von fünf Jahren bestellt, § 102 Satz 1 BNotO. Die Beisitzer aus den Reihen der Notare werden von der Landesjustizverwaltung ernannt, § 103 Abs. 1 Satz 1 BNotO. Bei dem Disziplinargericht für Notare wurden seit Jahren keine Verfahren registriert. Zuständig für Aufgaben, die in der BNotO dem Thüringer Oberlandesgericht als Disziplinargericht zugewiesen sind, ist der 1. Senat für Notarsachen. Hier ist eine Geschäftsstelle für die weitere Bearbeitung dieser Verfahren zuständig. Aufgrund der geringen Verfahrenseingänge bedurfte es in der Vergangenheit keiner besonderen organisatorischen, verwaltungsmäßigen und personalwirtschaftlichen Maßnahmen zur Sicherstellung einer zügigen Bearbeitung dieser Verfahren. Darüber hinaus entscheidet das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug über öffentlich -rechtliche Streitigkeiten nach der BNotO, einer auf Grund der BNotO erlassenen Rechtsverordnung oder einer Satzung einer nach der BNotO errichteten Notarkammern , einschließlich der Bundesnotarkammer, soweit nicht die Streitigkeiten disziplinargerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (verwaltungsgerichtliche Notarsachen), vgl. § 111 Abs. 1 BNotO. Hier richten sich die organisatorischen, verwaltungsmäßigen und personalwirtschaftlichen Maßnahmen nach den allgemeinen Maßnahmen für das Thüringer Oberlandesgericht. Anwaltsgerichte Für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer wurde ein Anwaltsgericht errichtet, vgl. § 92 Abs. 1 Satz 1 BRAO. Es hat den Sitz an demselben Ort wie die Rechtsanwaltskammer , § 92 Abs. 1 BRAO. Zu Mitgliedern des Anwaltsgerichts können nur Rechtsanwälte ernannt werden. Sie müssen der Rechtsanwaltskammer angehören, für deren Bezirk das Anwaltsgericht gebildet ist. Die Mitglieder des Anwaltsgerichts werden von der Landesjustizverwaltung ernannt, § 94 Abs. 1 und 2 BRAO. Die Mitglieder des Anwaltsgerichts sind ehrenamtllche Richter. Sie haben in ihrer Eigen- Seite 42 von 274 schaft als ehrenamtliche Richter des Anwaltsgerichts während der Dauer ihres Amtes die Stellung eines Berufsrichters, § 95 Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO. Bei dem Anwaltsgericht wird eine Geschäftsstelle eingerichtet. Die erforderlichen Bürokräfte, die Räume und die Mittel für den sonstigen sächlichen Bedarf stellt die Rechtsanwaltskammer zur Verfügung. Die Dienstaufsicht über die Geschäftsstelle führt grundsätzlich der Vorsitzende des Anwaltsgerichts, § 98 BRAO. Der Verfahrensanfall beim Anwaltsgericht ist gering. Anhängig waren beispielhaft im Jahr 20163 Verfahren (alle abgeschlossen), im Jahr 2017 11 Verfahren (davon noch 2 anhängig) und im Jahr 2018 6 Verfahren (davon noch 4 anhängig). Besonderer organisatorischer, verwaltungsmäßiger und personalwirtschaftlicher Maßnahmen zur Sicherstellung einer zügigen Bearbeitung dieser Verfahren bedarf es aufgrund des geringen Verfahrensanfalls auch hier nicht. Das Gericht wurde durch die Rechtsanwaltskammer Thüringen aktuell neu mit PC-, Kopier- und Scannertechnik ausgerüstet. Die Schaffung der Voraussetzungen für den elektronischen Empfang und Versand elektronischer Nachrichten mittels beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) befindet sich in Vorbereitung. Der Anwaltsgerichtshof wurde bei dem Oberlandesgericht errichtet, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 BRAO. Die Mitglieder des Anwaltsgerichtshofes, die Berufsrichter sind, werden von der Landesjustizverwaltung aus der Zahl der ständigen Mitglieder des Oberlandesgerichts für die Dauer von fünf Jahren bestellt, § 102 Abs. 1 BRAO. Diejenigen Mitglieder des Anwaltsgerichtshofes, die Rechtsanwälte sind, werden von der Landesjustizverwaltung für die Dauer von fünf Jahren ernannt, § 103 Abs. BRAO. Auch der Verfahrensanfall beim Anwaltsgerichtshof ist gering. Im Jahr 2017 wurden 5 Verfahrenseingänge und im Jahr 2018 2 Verfahrenseingänge registriert. Eine Geschäftsstelle ist für die weitere Bearbeitung dieser Verfahren zuständig. Besonderer organisatorischer, verwaltungsmäßiger und personalwirtschaftlicher Maßnahmen zur Sicherstellung einer zügigen Bearbeitung dieser Verfahren bedurfte es auch hier nicht. F. Justizvollzuci Strukturelle oder organisatorische Maßnahmen zur zügigeren Abarbeitung von Verfahren wurden im Bereich des Justizvollzuges in der Vergangenheit mangels Notwendigkeit nicht ergriffen. Frage 40: Wie beurteilt die Landesregierung die Belastungssituation der Thüringer Justiz aktuell und in einer Prognose für die kommenden zehn Jahre? Antwort: Nach dem letzten Stand der Personalbedarfsberechnung gibt es einen personellen Mehrbedarf im Bereich der Staatsanwälte, der Rechtspfleger und des mittleren und Schreibdienstes bei den Staatsanwaltschaften. Darüber hinaus besteht ein Mehrbedarf im Bereich der Richter des Finanzgerichts. In allen übrigen Bereichen besteht eine weitgehend auskömmliche Besetzung. Im Bereich der Verwaltungsgerichtsbar- Seite 43 von 274 keit ist allerdings aufgrund hoher Verfahrensbestände aus der Vergangenheit (Asylverfahren ) noch ein erhöhter Bedarf festzustellen. Darüber hinaus ergibt sich im gesamten Bereich der Informationstechnik ein wachsender Bedarf aufgrund der laufenden Umsetzung der eJustice-Gesetze. Prognosen auf einen Zeitraum von zehn Jahren sind auf Basis der Personalbedarfsberechnung nicht möglich (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 14). Diesem Mehrbedarf wird durch die Umsetzung des Pakts für den Rechtsstaat nachgekommen (siehe hierzu auch Antwort zu Frage 10). Für die Größe einer Belastung gibt es im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften keine Messzahl. Deshalb können Belastungen und Beschwer durch Veränderungen im Geschäftsanfall für die Zukunft nicht seriös vorhergesehen werden. Als belastend wahrgenommen werden jedoch komplizierte Tatbestände bzw. umfangreiche Verfahren. Diese erfordern eine zunehmend vertiefte und hierdurch eine länger andauernde Befassung mit den Sachverhalten. Eine Zunahme der Belastung könnte sich auch aus der Struktur des bestehenden Personalkörpers ergeben. Insbesondere Jer hohe Altersdurchschnitt und die hiermit einhergehenden körperlichen Einschränkungen verbunden mit einer Zunahme krankheitsbedingter Ausfälle werden hierbei eine Rolle spielen. Interne Untersuchungen zur Thematik gibt es nicht. Jedoch ist der Personalbestand in der Justiz ein Spiegel der Gesellschaft, so dass allgemeingültige Studien hierzu auch auf den Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften übertragbar sein dürften . Eine Zunahme der Belastung bei den Bediensteten zeigt sich vorübergehend beim Übergang von der reinen Papierakte auf ein elektronisches Medium. Die Gerichte und Staatsanwaltschaften müssen unter der Maßgabe der e-Justice-Gesetze bis 2025 den elektronischen Rechtsverkehr umsetzen und die elektronische (Gerichts )Akte einführen. Die in den Gerichten und Staatsanwaltschaften eingesetzten Fachanwendungen müssen in die komplexe lT-Infrastruktur einer elektronischen Gerichtsakte eingebunden werden. Das mit der Bearbeitung betraute Personal muss entsprechend geschult werden. Dieser Umbruch ist im laufenden Geschäftsbetrieb zu bewältigen und erfordert justizspezifischen Sachverstand. c) Belastungssituation der Staatsanwaltschaften Frage 41: Wie viele Ermittlungsverfahren wurden von den Staatsanwaltschaften im An fragezeitraum eingeleitet (bitte auch nach Tatgruppen, Tatverdächtigen, Jugendlichen, Heranwachsenden, nichtdeutschen Tatverdächtigen, Zuwanderern und nach Ermittlungen gegen Unbekannt aufschlüsseln; die Fallzahlen der Schwerpunktabtellun gen bitte gesondert ausweisen)? Antwort: Zur Beantwortung der Frage wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StA-Statistik Seite 44 von 274 bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 41 im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Tatverdächtige, Heranwachsende, nichtdeutsche Tatverdächtige und Zuwanderer werden im Rahmen der statistischen Erhebung nicht als Merkmal beim Eingang erfasst. Die diesbezügliche Zahl der Ermittlungsverfahren ist in der Gesamtzahl der Neuzugänge enthalten und nicht gesondert verfügbar. Zur Darstellung der Anzahl der Ermittlungsverfahren gegen Jugendliche wurden die Neuzugänge bei den Jugendstaatsanwälten aufgeführt. Die Schwerpunktabteilungen wurden jeweils besonders gekennzeichnet. Bei der Generalstaatsanwaltschaft werden bei den Neuzugängen keine einzelnen Merkmale statistisch erfasst. Frage 42: Wie viele Ermittlungsverfahren wurden vor Erhebung der Anklage im Anfragezeitraum eingestellt (bitte auch nach Schwerpunkten, Rechtsgrundlagen, Straftatengruppen , Tatverdächtigen, nichtdeutschen Tatverdächtigen, Zuwanderem und nach Ermittlungen gegen Unbekannt aufschlüsseln; die Fallzahlen der Schwerpunktabteilungen bitte gesondert ausweisen)? Antwort: Zur Beantwortung der Frage wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StA-Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 42 im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Tatverdächtige, nichtdeutsche Tatverdächtige, Zuwanderer und Ermittlungen gegen Unbekannt werden im Rahmen der statistischen Erhebung nicht als Merkmal bei den eingestellten Verfahren erfasst. Die diesbezügliche Zahl der Ermittlungsverfahren ist in der Gesamtzahl der eingestellten Verfahren enthalten und nicht gesondert verfügbar. Die Schwerpunktabteilungen wurden jeweils besonders gekennzeichnet. Bei der Generalstaatsanwaltschaft werden bei den eingestellten Verfahren keine einzelnen Merkmale statistisch erfasst. Frage 43: Wie haben sich Eingangs- und Erledigungszahlen im Durchschnitt je Staatsanwalt im Anfragezeitraum und nach Kenntnis der Landesregierung im Bundesdurchschnitt entwickelt (die Fallzahlen der Schwerpunktabteilungen bitte gesondert ausweisen)? Antwort: In der Anlage zu Frage 43 wurden im Sinne der Fragestellung die Eingangs- und Erledigungszahlen je Staatsanwalt in den Jahren 2008 und 2016 im Vergleich dargestellt . Neuere Daten liegen derzeit noch nicht vor, weil sich das Prozedere des Datenaustausches , der Datenzusammenstellung und der Bekanntmachung der Landesjustizverwaltungen in Überarbeitung befinden und in Kürze ändern werden. Gesonderte Zahlen der Schwerpunktabteilungen liegen nicht vor. Seite 45 von 274 Frage 44: Wie hat sich die Bearbeitungsdauer von Ermittlungsverfahren im Anfragezeitraum entwickelt (bitte auch auftellen nach Erwachsenen- und Jugendstrafrecht, der durchschnittlichen Dauer und den fünf ältesten Ermittlungsverfahren unter Angabe, wann diese fünf Verfahren angelegt wurden)? Antwort: In der Anlage zu Frage 44 wurde die durchschnittliche Dauer der Ermittlungsverfahren bei den Staatsanwaltschaften und der Generalstaatsanwaltschaft im nachgefragten Zeitraum standortbezogen sowie zusätzlich unter Unterscheidung nach Erwachsenen - und Jugendstrafrecht dargestellt. Die fünf ältesten Ermittlungsverfahren sind: 740 Js 35027/10 (anhängig seit 19.10.2010) Staatsanwaltschaft Gera 731 Js 42300/11 (anhängig seit 28.12.2011) Staatsanwaltschaft Gera 506 Js 28712/11 (anhängig seit 13.10.2011) Staatsanwaltschaft Erfurt 510 Js 41976/11 (anhängig seit 09.02.2011) Staatsanwaltschaft Mühlhausen 510 Js 52789/11 (anhängig seit 16.08.2011) Staatsanwaltschaft Mühlhausen . Frage 45: Wie hoch war der Jahresendbestand im Geschäftsbereich der Staatsanwaltschaften im Anfragezeitraum (bitte auch nach Erwachsenen- und Jugendstrafrecht aufschlüsseln ; die Fallzahlen der Schwerpunktabteilun gen bitte gesondert ausweisen)? Antwort: Zur Beantwortung der Frage wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StA-Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 45 im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Frage 46: Wie viele der unter Frage 45 genannten Verfahren waren zum 31. Dezember 2018 älter als sechs Monate, ein Jahr, zweiJahre, fünf Jahre (bitte auch nach Erwachsenen- und Jugendstrafrecht aufschlüsseln und den Bestand der Schwerpunktstaatsanwaltschaften gesondert aufführen)? Ant*ort: Die Anzahl der zum 31. Dezember 2018 anhängigen Verfahren ergibt sich aus der nachstehenden tabellarischen Übersicht: Seite 46 von 274 Staatsanwaltschaft älter als Erfurt Gera Meiningen Mühihausen sechs Monate Js 1420 1051 834 434 darunter Jugendstraf- 176 256 145 46 recht UJs 299 291 270 91 darunter Jugendstraf- 10 29 2 5 recht ein Jahr Js 705 982 495 310 darunter Jugendstraf- 84 165 96 29 recht UJs 250 218 133 50 darunter Jugendstraf- 11 25 3 2 recht zwei Jahre Js 339 405 210 247 darunter Jugendstraf- 29 38 42 4 recht UJs 105 75 82 76 darunter Jugendstraf- 6 5 9 2 recht fünf Jahre Js 10 17 8 27 darunter Jugendstraf- 1 0 2 0 recht UJs 4 9 8 5 darunter Jugendstraf- 1 0 1 0 recht * Unter UJs werden Verfahren gegen - noch - unbekannte Tater erfasst. Frage 47: Welche Erlasse oder Anweisungen gibt es durch das Thüringer Ministerium für Migration , Justiz und Verbraucherschutz, die Generalstaatsanwaitschaft beziehungsweise die jeweilige Staatsanwaltschaft zur Einstellungspraxis? Antwort: Die einschlägigen Bestimmungen ergeben sich aus der nachfolgenden tabellarischen Übersicht: Seite 47 von 274 Behörde Datum Gegenstand Thüringer Ministerium für 04.05.1995 Anwendung der §§ 154b und 456a StPO Migration, Justiz und Verbraucherschutz 29.07.2008 Einstellung von Jugendstrafverfahren nach den §§ 45 und 47 des Jugendge- ________________________ richtsgesetzes (JGG), Diversion Thüringer Generalstaatsanwaltschaft 19.02.1998 Hinweise für die Anwendung des § 31a BtmG bei dem Eigengebrauch von Can- 20.12.2016 nabisprodukten 04.07.2018 01.11.2005 Hinweise auf die Einstellung von Ermittlungsverfahren aus Gründen der Opportunität - außer Verkehrssachen - gemäß 21.08.2017 §§ 153, 153a StPO 30.12.2004 Anwendungsbereich des § 154d StPO 13.11.2006 Einstellung von Ermittlungsverfahren in Verkehrssachen aus Gründen der Op- __________ portunität 29.07.2008 Einstellung von Jugendstrafverfahren nach den §§ 45, 47 Jugendgerichtsgesetz (JGG) - Diversion 23.09.2008 Anwendung der §§ 154b und 456a StPO Staatanwaltschaft 08.09.2014 Einstellung nach §§ 153, 153a StPO bei Erfurt strafbarer Inanspruchnahme von Wohn- _______________________ geld Staatanwaltschaft 27.03.2017 Ermittlungsverfügung wegen Taten, die Gera zum Nachteil von Polizeibeamten in Ausübung des Dienstes begangen wer- __________ den 17.08.2006 Einstellung von Ordnungswidrigkeiten - Auslagenerstattung des Betroffenen 27.09.2018 Umsetzung der Neuregelungen zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in der staatsanwaltlichen Praxis der Staatsanwaltschaft Gera Staatanwaltschaft o. D. Einstellung aus Opportunitätsgesichts- Mühlhausen punkten bei Straftaten zum Nachteil von Polizeibeamten u. a. Frage 48: In wie vielen Fällen wurde seit dem Jahr 2008 von § 145 Abs. 1 GVG Gebrauch gemacht (bitte nach Jahren und Staatsanwaltschaft aufschlüsseln)? Seite 48 von 274 Antwort: Die Anzahl der seit 2008 nach § 145 Abs. 1 GVG erfolgten Zuweisungen anhängiger Verfahren an eine andere Staatsanwaltschaft ergibt sich aus der nachstehenden tabellarischen Übersicht: Jahr (empfangende) Staatsanwaltschaft Erfurt Gera Meinungen Muhlhausen 2008 9 6 0 3 2009 4 4 1 3 2010 3 1 5 8 2011 4 2 4 2 2012 9 5 4 16 2013 14 11 1 8 2014 5 16 3 2 2015 5 11 3 3 2016 3 4 4 3 2017 6 7 1 2 2018 2 4 3 2 2019 2 0 2 1 Frage 49: Wie entwickeln sich die Anforderungen an die 'Bearbeiter von Ermittlungsverfahren, beispielsweise durch gehäuftes Auftreten von Gruppentaten, besonderer Gewaltaffinität oder der Notwendigkeit der Hinzuziehung Dritter zur Ermittlung (Dolmetscher, Sachverständige, Bundes-, ausländische oder internationale Behörden et cetera) seit dem Jahr 2008? Antwort: Die Praxis berichtet, dass sich die Anforderungen wie folgt erhöht haben: a) teilweise erheblicher Anstieg der Anzahl der Taten unter Nutzung des Internets mit internationalen Tätergruppierungen, z. B. in den Phänomenfeldern Vermögensdelikte insbesondere Betrug Betäubungsmitteldelikte Waffenhandel Staatsschutzdelikte Hasspostings sowie damit verbundenen Rechtshilfesachen der Anzahl der Gruppentaten (Gewaltkriminalität) der Anzahl der Begutachtungen. von Beschuldigten vor dem Hintergrund möglicher Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) Seite 49 von 274 o von Betäubungsmitteln aufgrund einer immer größeren „Stoffvielfalt ' der Fälle der Konfliktverteidigung des Umfangs gesetzlicher Regelungen (z. B. im Sexualstrafrecht, Vermögensabschöpfung, Ausbau von Beschuldigten- und Opferrechten ) der Aufgaben im Bereich statistischer Erfassungen (z. B. Telekommunikationsüberwachung , Verkehrsdatenerhebung, Vermögensabschöpfung , Reichsbürger, Staatsschutz), die zudem regelmäßig modifiziert werden außerordentlich im Bereich der Verbreitung pornografischer Schriften aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung (Sicherstellung zahlreicher Datenträger mit exorbitant großen Datenmengen, umfangreiche Auswertungen von Datenträgern, Auslandsbezug, Erfordernis technischen Verständnisses ) moderat im Bereich der Jugendkriminalität, vor allem aufgrund der häufig anzutreffenden Sprachbarrieren (Auseinandersetzungen zwischen verschiedensprachigen Ausländern) Schwierigkeiten bei der Identitäts- und Altersfeststellung moderat im Bereich der Jugendschutzsachen aufgrund vermehrter Probleme bei der lnformationsbeschaffung (Verweigerung der Informationsherausgabe durch die Jugendämter unter Berufung auf Datenschutz) spürbar im Bereich der Wirtschafts- und Korruptionskriminalität, im Wesentlichen aufgrund der rasanten Digitalisierungsentwicklung aller Lebensbereiche (umfangreiche Auswertungen von Computern, Tablets, Smartphones, Sicherung von E-Mail-Accounts und Daten aus der Cloud oder auf im Ausland stehenden Servern) allgemein aufgrund fortschreitender Respekt- und Distanzlosigkeit bis hin zu gesteigerter Gewaltaffinität (z. B. Reichsbürger) auch gegenüber Strafverfolg u ngsbehörden zunehmender Beteiligung von Sachverständigen und Dolmetschern vermehrter Beschreitung des Rechtshilfeweges aufgrund grenzüberschreitender Tatbegehung. Frage 50: Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um die Thüringer Staatsanwaltschaften auf diese Entwicklung einzustellen? Antwort: Es wurden folgende Maßnahmen getroffen: Personalzuführungen Ausweitung der Sonderdezernate Aus- und Fortbildungen, Erfahrungsaustausche auf Bundes- und Landesebene , regelmäßige Durchführung des Thüringer Staatsanwaltstags seit 2008 Eröffnung und Erweiterung des Zugangs zu Seite 50 von 274 juristischen Datenbanken bundesweitem Online-Handeisregister Online-Grundbuch für Thüringen. Frage 51: Durch welche Maßnahmen wurden insbesondere die Schwerpunktstaatsanwaltschaften gestärkt und wie ist diese Stärkung hinsichtlich der verbesserten Bekämpfung von Korruptionsdelikten, Organisierter Kriminalität, Abrechnungsmanipulation oder Wirtschaftsstrafsachen und lT-Kriminalität belegt? Antwort: Der Staatsanwaltschaft Erfurt, bei der Korruptionsstrafsachen schwerpunktmäßig angesiedelt sind, wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 19 Proberichter zur Dienstleistung zugewiesen. Die Zuweisungen erfolgten u. a. zum Ausgleich ruhestandsbedingter oder sonstiger Vakanzen, aber auch zur personellen Verstärkung nebst gleichzeitiger Verjüngung des bestehenden Personalkörpers . Zudem ist es im Jahr 2018 gelungen, eine Versetzungsbewerberin aus einem anderen Bundesland zu gewinnen, die zuvor bei einer anderen Staatsanwaltschaft im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts eingesetzt war. Im gleichen Jahr erfolgte zudem die Zuversetzung einer bereits im Freistaat Thüringen tätigen Staatsanwältin, die zuvor im Bereich lT-Kriminalität tätig war. Die Vorkenntnisse und Erfahrungen solcher besonders spezialisierter Beamtinnen stellt sich für die Staatsanwaltschaft Erfurt als besonders gewinnbringend dar. Aktuell wird ein Einstellungsverfahren einer Assessorin aus dem Bereich der Finanzverwaltung betrieben, die über mehrjährige Erfahrungen in der Verfolgung steuer- und sonstiger wirtschaftsstrafrechtlicher Verfahren verfügt. Auch insoweit wird eine nachhaltige fachliche und personelle Verstärkung der Staatsanwaltschaft Erfurt angestrebt. Der Staatsanwaltschaft Gera, bei der sich die Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität befindet und die bereits im Jahr 2010 um einen Dezernenten aufgestockt wurde, wurden seit dem Jahr 2017 u. a. drei bereits als Staatsanwalt/Staatsanwältin eingearbeitete Proberichter zugewiesen, die über einschlägige Erfahrungen im Bereich der Bearbeitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren verfügen. Auch konnte der Standort Gera durch die Gewinnung eines Versetzungsbewerbers aus dem Freistaat Sachsen im Jahr 2018 nachhaltig gestärkt werden. Daneben wurde eine Vielzahl weiterer Proberichter der Staatsanwaltschaft Gera zur Dienstleistung zugewiesen. Letztlich dient auch die anstehende Abordnung eines Staatsanwalts zur Generalbundesanwaltschaft im Herbst 2019 nicht nur dessen persönlicher und beruflicher Weiterentwicklung, sondern auch der nachhaltigen Stärkung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Gera. Bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen, bei der sich die Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen befindet, wurde die Ermittlungsgruppe für 1 nternetkriminalität aus der Abteilung „Wirtschaftskriminalität" ausgegliedert. Es wurde hierfür eine eigenständige Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Kriminalität im Bereich der 1 nformationstechnologie (IT-Schwerpunktabteilung) eingerichtet. Im Doppelhaushalt 2016/2017 wurde hierfür eine weitere Abteilungsleiterstelle (Oberstaatsan- Seite 51 von 274 walt/Oberstaatsanwältin als Abteilungsleiter/in) zur Verfügung gestellt und nach Durchführung eines Auswahlverfahrens mit Wirkung zum 1. Februar 2017 besetzt. Somit konnte die Staatsanwaltschaft Mühlhausen eine Stellenmehrung verzeichnen. Darüber hinaus wurden im Doppelhaushalt 2013/2014 zwei Stellen für Wirtschaftsreferenten und zwei zusätzliche Stellen für den nachgeordneten Bereich ausgebracht , was zu einer Stärkung der Wirtschaftsprüfgruppe führte. Bei der IT- Schwerpunktabteilung werden zunehmend mehr Fortbildungsveranstaltungen für Dezernentinnen und Dezernenten der Staatsanwaltschaft Mühlhausen durchgeführt. Im Jahr 2015 wurden der Staatsanwaltschaft Mühlhausen vier Assessoren zugewiesen , wovon zwei Proberichter keinen Personalabgang ausgeglichen haben. Im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2018 wurden der Staatsanwaltschaft Mühlhausen weitere zehn Assessoren zugewiesen, von denen einige bereits aufgrund eines vorangegangenen Dienstleistungsauftrages und/oder Spezialisierung während des Studiums und/oder Referendariats Vorkenntnisse im Bereich des Steuer- und/oder Wirtschaftsstrafrechts erworben haben. Assessoren mit beruflichen oder sonstigen Vorerfahrungen im Bereich der Finanz- bzw. Steuerverwaltung werden, soweit dies personalwirtschaftlich und aus sozialen Gründen vertretbar ist, bevorzugt der Staatsanwaltschaft Mühlhausen zur Dienstleistung zugewiesen. So wird aktuell ein entsprechendes Einstellungsverfahren eines angehenden Proberichters betrieben, der bislang im Bereich der Finanzverwaltung tätig war und über einschlägige Vorkenntnisse und Vorerfahrungen im Bereich des Steuer- und Wirtschaftsrechts verfügt. Hierdurch wird eine weitere Stärkung der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Mühlhausen erreicht. Bei der Schwerpunktabteilung für Wirtschaftsstrafsachen wurde zudem das Projekt des elektronischen Aktendoppels und der elektronischen Handakte eingeführt. Bei der Staatsanwaltschaft Meiningen, die thüringenweit für die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren, denen der Vorwurf der Abrechnungsmanipulation bei Leistungserbringern im Gesundheitswesen zugrunde liegt, zuständig ist, findet jährlich ein Erfahrungsaustausch mit Vertretern der Krankenkassen statt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 50 verwiesen. Frage 52: Wie viele Umweltdelikte mit wie vielen Tatverdächtigen wurden im Anfragezeitraum mit welchem Ergebnis verfolgt (bitte für jeden Tatbestand einzeln und mit der Rechtsgrundlage der Abschlussverfügung mitteilen)? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Frage, insbesondere zum Ermittlungsabschluss, werden nicht erhoben. Zur Verfügung gestellt wird die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Nach dieser wurden im Anfragezeitraum insgesamt 2.158 Straftaten gegen die Umwelt (29. Abschnitt des StGB) wie folgt registriert: Seite 52 von 274 Jahr erfasste Falle ermittelte Tatverdachtige 2008 262 225 2009 225 173 2010 188 137 2011 222 173 2012 190 148 2013 202 173 2014 199 145 2015 168 132 2016 181 125 2017 158 101 2018 163 101 Jahr erfasste Falle ermittelte Tatverdachtige 2008 72 73 2009- 63 53 2010 54 32 2011 68 41 2012 51 38 2013 52 . 39 2014 50 28 2015 48 23 2016 57 38 2017 45 27 2018 50 24 Jahr h erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2008 2009 34 24 2010 24 16 2011 28 22 2012 22 18 2013 24 21 2014 31 22 2015 25 20 Seite 53 von 274 Jahr erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2016 31 18 2017 21 11 2018 21 8 Jahr a r erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2008 5 3 2009 0 0 2010 5 4 2011 3 5 2012 5 5 2013 8 4 2014 4 3 2015 2 4 2016 3 2 2017 3 3 2018 4 2 Jahr erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2008 117 97 2009 110 81 2010 90 73 2011 115 100 2012 98 74 2013 102 96 2014 99 79 2015 78 71 2016 75 56 2017 81 49 2018 81 63 erfasste ermittelte Jahr Fälle Tatverdächtige 2008 15 16 2009 14 17 Seite 54 von 274 Jahr erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2010 10 12 2011 5 4 2012 11 12 2013 11 12 2014 8 11 2015 8 9 2016 8 11 2017 5 6 2018 1 1 Jahr erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2008 3 4 2009 0 0 2010 4 3 2011 2 1 2012 1 0 2013 1 0 2014 0 0 2015 1 1 2016 0 0 2017 0 0 2018 3 3 Jahr erfasste Fälle ermittelte Tatverdächtige 2008 0 0 2009 1 1 2010 0 0 2011 0 0 2012 2 2 2013 0 0 2014 0 0 2015 2 3 2016 0 0 2017 0 0 Seite 55 von 274 Jahr erfasste 1 ermittelte Fälle 1 Tatverdächtige 2018 1 1 Frage 53: Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um eine bessere Bekämpfung von Umweltstraftaten zu gewährleisten und welche Tendenz hinsichtlich dieser Maßnahmen ist belegt? Antwort: Von wesentlicher Bedeutung für eine effektive Bekämpfung der Umweltkriminalität ist die Überwachung und konsequente Ahndung von Verstößen durch die Umweltbehörden (Bußgelder) sowie eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Umweltstraftaten durch die Strafverfolgungsbehörden. Bei den Vollzugsbehörden für den Bereich Umwelt, insbesondere Natur- und Artenschutzrecht, Abfall-/Kreislaufwirtschaftsrecht , Wasserrecht, Bodenschutzrecht, lmmissionsschutzrecht, ist die Aufdeckung und Verfolgung von Umweltkriminalität keine gesondert ausgewiesene Aufgabe. Im Rahmen der Umweltüberwachung durch die zuständigen Behörden (unteren Naturschutzbehörden, unteren Wasserbehörden, unteren Bodenschutzbehörden , unteren 1 mmissionsschutzbehörden und unteren Abfallbehörden) festgestellte Verstöße werden, sofern es sich um Straftaten handelt, entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien für die 6. Wahlperiode des Thüringer Landtags sieht die Prüfung der Einführung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Umweltkriminalität vor, Im Ergebnis der mittlerweile abgeschlossenen Prüfung durch das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucher-schutz wurde festgestellt , dass im Hinblick auf die verhältnismäßig geringen Fallzahlen im Freistaat und die bereits flächendeckend eingerichteten Sonderdezernate für Umweltstrafsachen bei den einzelnen Staatsanwaltschaften, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, derzeit kein zwingendes Bedürfnis für eine Umstrukturierung bei den Thüringer Staatsanwaltschaften oder Gerichten besteht. Bei der Polizei werden Straftaten gegen die Umwelt je nach Schwere der Tat und erforderlicher Sachkunde im Landeskriminalamt Thüringen oder in den Landespolizeiinspektionen bearbeitet. Im Landeskriminalamt Thüringen ist seit dem Jahr 2002 die Ermittlungsgruppe "Umweltkriminalität" eingerichtet, die sich ausschließlich mit der Bearbeitung von Straftaten nach dem 29. Abschnitt des Strafgesetzbuchs sowie mit Straftaten gegen die Umwelt befassen, die sich aus den nebengesetzlichen Bestimmungen ergeben. Die Bearbeitung von Umweltstraftaten erfordert aufgrund der komplexen und sich ständig ändernden Rechtsmaterie ein breit gefächertes Spezialwissen sowie die ständige Anpassung an die aktuellen Entwicklungen. Die mit der Bearbeitung beauftragten Beamten nehmen daher regelmäßig an sachbezogenen Fortbildungsveranstaltungen teil. Darüber hinaus werden bestehende Weisungen lageangepasst fortgeschrieben und gegebenenfalls konzeptionelle Lösungen angestrebt. So erstellte das Landeskriminalamt Thüringen im Rahmen der Sicherheitskooperation der Freistaaten Sachsen und Thüringen sowie der Länder Brandenburg und Sachsen- Anhalt in den Jahren 2011 bis 2012 das "Polizeiliche Rahmenkonzept zur Bekämpfung der illegalen Abfallentsorgung der Länder der Sicherheitskooperation". Neben Seite 56 von 274 der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren beteiligen sich die Beamten des Landeskriminalamts Thüringen in dem Zusammenhang aktiv an der Umsetzung dieses Konzeptes. Beispielsweise werden regelmäßig unter Beteiligung der Autobahnpolizei -inspektion (API) und der zuständigen Verwaltungsbehörde Kontrollen nationaler und internationaler Abfalltransporte im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführt. Um die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Strafverfolgungsbehörden und den Umweltbehörden zu intensivieren und zu institutionalisieren, wird derzeit unter Federführung des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und Beteiligung des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales, des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie und des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz ein Gemeinsamer Runderlass "Zusammenarbeit zwischen den für Umwelt- und Tierschutz zuständigen Verwaltungsbehörden und den Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung gegen die Umwelt und das Tierwohl gerichteter Straftaten" erarbeitet. Angesichts der geringen Fallzahlen sind signifikante Entwicklungen nicht ersichtlich. Zwar ist seit dem Jahr 2009 tendenziell ein Rückgang der festgestellten Straftaten gegen die Umwelt zu verzeichnen. Dies lässt jedoch nicht darauf schließen, dass tatsächlich weniger Straftaten begangen wurden. Auch geben die Fallzahlen keinen Aufschluss über den Umfang und die Qualität der bearbeiteten Verfahren. Zudem wurden folgende Maßnahmen durchgeführt: Einrichtung einer Koordinationsstelle Umwelt bei der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft Bearbeitung von Umweltstrafsachen in Spezialdezernaten Informations- und Koordinierungsgespräche mit Verantwortlichen der Umweltämter Erfahrungsaustausche, Schulungen. d) Weitere Verfahren Frage 54: Wie viele Verfahren wurden im Anfragezeitraum nach außergerichtlicher Konfliktbeilegung erledigt (bitte auch nach Spruchkörper und durchschnittlicher Verfahrensdauer unterteilen)? Antwort: Die erledigten Fälle nach außergerichtlicher Konfliktbeilegung werden statistisch bei den Thüringer Gerichten nicht erhoben, sondern lediglich die gerichtlichen Verfahren , in denen die Beteiligten für einen gütlichen Einigungsversuch vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verwiesen wurden . Frage 55: Welchen Wert misst die Thüringer Landesregierung den verschiedenen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbellegung generell bei? Seite 57 von 274 Antwort: Die zur Verfügung stehenden Wege zur Lösung von Konflikten sind so unterschiedlich wie die Konflikte selbst. Die verschiedenen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung haben ihre eigenständige Berechtigung und sind eine Bereicherung der Auswahlmöglichkeiten im Interesse der Thüringer Bürgerinnen und Bürger. Frage 56: Ist die Thüringer Landesregierung mit der Entwicklung im Bereich der außergerichtlichen Konfliktbellegung und der Umsetzung der seit dem Jahr 2014 eingeleiteten Maßnahmen zufrieden (bitte die jeweilige Maßnahme und das Ergebnis insgesamt bewerten)? Antwort: Die Landesregierung ist der Überzeugung, dass die außergerichtliche Konfliktbeilegung in geeigneten Fällen hinsichtlich ihrer dauerhaften Befriedigungswirkung weit über ein gerichtliches Urteil oder einen Vergleich hinausgehen kann. Der Konflikt zwischen zwei Parteien, die vor einem Gericht über Recht und Unrecht streiten, wird nicht automatisch mit dem Richterspruch gelöst. Mitunter schwelt der Ausgangskonflikt zwischen den beiden Parteien weiter. Streitig ausgetragene Gerichtsverfahren werden von den Betroffenen oftmals als sehr belastend empfunden. Den Bürgerinnen und Bürgern steht bereits heute eine Vielzahl von anderen außergerichtlichen Konfliktlösungsmöglichkeiten in Thüringen zur Verfügung. Es fehlt jedoch oftmals an der Bekanntheit für den Rechtssuchenden. Bereits am 19. Januar 2011 wurde ein „Thüringer Beirat für alternative Konfliktlösungen " durch das Justizministerium ins Leben gerufen. Der Kreis der Beiratsmitglieder hat sich seither beständig vergrößert und wurde am 21. Mai 2014 in eine Kooperation überführt. Derzeit wirken 12 Kooperationspartner mit. Im Fokus der Landesregierung steht das Interesse der rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürgern in Thüringen an einer nachhaltigen Konfliktlösung. Die von der Landesregierung über das Engagement des Justizministeriums unterstützte Kooperation verfolgt das Ziel der Verbreitung und der weiteren Bekanntmachung der Möglichkeiten der alternativen Konfliktlösung. Ein Schwerpunkt liegt im Bereich einer gemeinsam organisierten Öffentlichkeitsarbeit. Die Kooperationspartner treffen sich in regelmäßigen Abständen (bedarfsabhängig, aber mehrfach innerhalb eines Jahres). Die Existenz des Schlichtungsbeirats als Anlaufstelle für die Thematik, die Nachfrage nach den Informationen und insbesondere der gute Zuspruch der jährlichen Veranstaltungen , die hohen Zugriffszahlen auf die Homepage des Schlichtungsbeirats (Thüringen Schlichtet) sind Bestätigung und Ansporn für die weitere Tätigkeit. Die Entscheidung über die Annahme des alternativen Angebots verbleibt allein bei den Bürgerinnen und Bürgern. Jeder Konflikt, der tatsächlich nachhaltig gelöst wurde , ist ein Gewinn für die Betroffenen und mittelbar auch für die Gesellschaft. Aus Sicht der Landesregierung werden auf dem Weg der konsensualen Konfliktlösung im besten Falle Streitigkeiten so nachhaltig gelöst, dass weitere Streitigkeiten in der Zukunft vermieden werden. Die Thüringer Landesregierung nimmt damit ihre ge- Seite 58 von 274 samtgesellschaftliche Verantwortung für die Entwicklung einer besseren Streitkultur und zur Befriedung der Gesellschaft durch ihr unterstützendes und nicht bevormundendes Engagement wahr. Frage 57: Wie hat sich die Anzahl der Gnadensachen entwickelt? Antwort: Die Anzahl der jährlich bei den Staatsanwaltschaften eingeleiteten Gnadenverfahren ist seit 2008 tendenziell rückläufig und stellt sich im Einzelnen wie folgt dar: Jahr StA Erfurt StA Gera StA . Meinungen StA Muhihausen gesamt 2008 85 61 50 27 223 2009 50 87 46 35 218 2010 48 63 36 32 179 2011 38 49 32 32 151 2012 57 47 40 23 167 2013 29 50 21 24 124 2014 43 40 13 30 126 2015 35 50 25 30 140 2016 42 43 20 17 122 2017 29 34 17 19 99 2018 28 33 21 23 105 Frage 58: Wie viele ungeklärte Delikte und Straftaten wurden auf Bezüge zu rechtsextremen Motiven durch Thüringer Justizbehörden überprüft (bitte detailliert nach Überprüfungsmaßnahmen und -ergebnis mitteilen)? Antwort: Jedes eingehende Ermittlungsverfahren wird durch die Thüringer Justizbehörden auf Bezüge zu rechtsextremen Motiven überprüft und entsprechend in die bundesweite Erhebung über Verfahren wegen rechtsextremistischer/fremdenfeindlicher Straftaten aufgenommen. Frage 59: In welcher Höhe wird der personelle Mehrbedarf in Richterschaft, Staatsanwaltschaft und nichtrichterlichem Dienst zur Umsetzung der seit dem Jahr 2014 in Kraft getretenen gesetzlichen Änderungen, beispielsweise durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung oder durch das 3. Opferrechtsreformgesetz , jeweils bemessen? Seite 59 von 274 Antwort: Die Grundlagen zur Bemessung des Personalbedarfs bei Gerichten und Staatsanwaltschaften werden länderübergreifend von der Kommission für Fragen der Personalbedarfsberechnung , einer Unterarbeitsgruppe der Justizministerkonferenz, festgelegt . Diese Festlegungen werden in Thüringen grundsätzlich übernommen. Die Kommission für Fragen der Personalbedarfsberechnung trifft dabei ihre Festlegungen auf der Grundlage von turnusmäßigen Erhebungen von Bearbeitungszeiten in der Praxis. Die letzten Erhebungen beruhen bei den ordentlichen Gerichten und Staatsanwaltschaften auf dem Projekt PEBBY-Fortschreibung 2014 (Erhebungszeitraum 1. Halbjahr 2014) und bei den Fachgerichtsbarkeiten auf dem Projekt PEBBY-Fach Fortschreibung 2016 (Erhebungszeitraum 1. Halbjahr 2016). Die im Rahmen dieser Projekte repräsentativ erhobenen Bearbeitungszeiten beinhalten auch alle bis zu den genannten Zeitpunkten eingetretenen gesetzlichen Änderungen , ohne dass für jede einzelne Gesetzesänderung Mehr- oder Minderaufwände genannt werden können. Darüber hinaus hat die Kommission für Fragen der Personalbedarfsberechnung seit dem Jahr 2014 bei den folgenden Gesetzesänderungen einen gestiegenen Bearbeitungsaufwand festgestellt: Durch Artikel 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die internati onale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) vom 16. Juli 2015 (BGBI. 1 S. 1197) (in Kraft getreten am 23. Juli 2015): Die eingehenden europäischen Strafvollstreckungsersuchen (§§ 87 if. IRG) werden im staatsanwaltschaftlichen Dienst im Produkt „AR-Verfahren" (Basiszahl 72 Minuten ) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MS 015 AR-Verfahren" (Basiszahl 67 Minuten) bewertet. Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen vom 30. Mai 2016 (BGBI. IS. 1254), in Kraft getreten am 1. Juni 2016: Mit dem Gesetz wurden einige neue Straftatbestände zur Sanktionierung von Korruption im Gesundheitswesen eingeführt. Diese werden bei den Staatsanwaltschaften als sonstige Wirtschaftsstrafsachen erfasst. Auftretende Verfahren erhöhen im staatsanwaltschaftlichen Dienst den Personalbedarf im Produkt „SS 021 oder 022 - Wirtschaftsstrafsachen" (Basiszahl 589 Minuten bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft , im Übrigen 150 Minuten), im gehobenen Dienst im Produkt „GS 010 - Mitwirkung des Rechtspflegers im Ermittlungsverfahren" (Basiszahl 1 Minute) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MS 010 - Strafsachen" den Personalbedarf. Durch das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen (BGBI. 1 S. 386) vom 1. März 2017: Mit dem Gesetz erfolgten Änderungen von § 238 StGB. Die daraus entstehenden Verfahren erhöhen im staatsanwaltschaftlichen Dienst im Produkt „SS 150— Sonstige allgemeine Strafsachen gegen Staatsanwälte" (Basiszahl 99 Minuten), im gehobenen Dienst im Produkt „GS 010 - Mitwirkung des Rechtspflegers im Ermittlungsverfahren " (Basiszahl 1 Minute) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MS 010 - Strafsachen" den Personalbedarf. Seite 60 von 274 Durch das Zweiundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften (BGBI. 1 S. 1226) vom 23. Mai 2017: Mit dem Gesetz erfolgten Änderungen im Hinblick auf §§ 113 bis 115, 125, 1 25a, 323c StGB. Es wurde ein neuer Straftatbestand geschaffen in Bezug auf den „tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte" (§ 114 StGB) und in Bezug auf die Behinderung von Arbeiten von Rettungskräften (§ 323c Abs. 2 StGB). Die daraus entstehenden Verfahren erhöhen im staatsanwaltschaftlichen Dienst im Produkt „SS 150— Sonstige allgemeine Strafsachen gegen Staatsanwälte" (Basiszahl 99 Minuten), im gehobenen Dienst im Produkt „GS 010 - Mitwirkung des Rechtspflegers im Ermittlungsverfahren " (Basiszahl 1 Minute) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MS 0 10 — Strafsachen" den Personalbedarf. Durch das Sechsundfünfzigstes Strafrechtsänderungsgesetz - Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr (BGBI. 1 S. 3532) vom 30. September 2017: Mit dem Gesetz wurde ein neuer Straftatbestand geschaffen in Bezug auf „verbotene Kraftfahrzeugrennen" (§ 315d StGB). Die daraus entstehenden Verfahren erhöhen im staatsanwaltschaftlichen Dienst im Produkt „SS 050 - Verkehrsstrafsachen mit fahrlässiger Tötung sowie gemeingefährliche Straftaten nach den §§ 315 bis 315d StGB, ausgenommen Vergehen nach § 315c Abs. 1 Nr. la StGB, und sonstige Verkehrsstrafsachen" (Basiszahl 50 Minuten), im gehobenen Dienst im Produkt „GS 010 - Mitwirkung des Rechtspflegers im Ermittlungsverfahren" (Basiszahl 1 Minute ) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MS 010— Strafsachen" den Personalbedarf. Durch das Gesetz zur Einführung eines familiengerichtlichen Vorbehaltes für freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern vom 17. Juli 2017 (BGBI. 1 S. 2424) wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 in § 1631b Absatz 2 BGB ein familiengerichtlicher Genehmigungsvorbehalt eingeführt. Hieraus hervorgehende Verfahren erhöhen bei den Amtsgerichten im richterlichen Dienst im Produkt „RA 100 - Übrige F-Verfahren und übrige Anträge in Familiensachen " (Basiszahl 147 Minuten), im Rechtspflegerdienst im Produkt „GA 080 Kostenfestsetzung , Verfahrenskostenhilfe und sonstige Rechtspflegertätigkeiten in Familiensachen " (Basiszahl 30 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MA 030 - Familiensachen" (Basiszahl 289 Minuten) den Personalbedarf. Durch das Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes , der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Gerichtskostengesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBI. 1 S. 2222) wurde mit Wirkung vom 15. Oktober 2016 die Beschleunigungsbeschwerde nach § 155c FamFG beim Oberlandesgericht eingeführt. Hieraus hervorgehende Verfahren erhöhen beim Oberlandesgericht im richterlichen Dienst im Produkt „RO 031 - Sonstige Beschwerden und sonstige Anträge in Familiensachen" (Basiszahl 207 Minuten), im Rechtspflegerdienst im Produkt „GO 010 Prozess- und Verfahrenskostenhilfe und sonstige Seite 61 von 274 Rechtspflegertätigkeiten in Zivilsachen einschl. Verfahren nach dem FamFG und in Strafsachen" (Basiszahl 3 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MO 022 - Sonstige Beschwerden und sonstige Anträge in Familiensachen" (Basiszahl 158 Minuten) den Personalbedarf. Durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 sowie zur Änderung sonstiger zivilprozessualer, grundbuchrechtlicher und vermögensrechtlicher Vorschriften und zur Änderung der Justizbeitreibungsordnung (EuKoPfVODG) vom 21. November2016, BGBI. 12016, wurden mit Wirkung vom 18. Januar2017 in § 956 ZPO neue Rechtsmittel beim Oberlandes- und Landgericht und in § 954 Absatz 2 ZPO ein neuer Rechtsbehelf beim Amtsgericht eingeführt. Die daraushervorgehenden Beschwerdeverfahren erhöhen den Personalbedarf. beim Oberlandesgericht im richterlichen Dienst im Produkt „RO 049 - Beschwerden und sonstige Anträge in Zivilsachen" (Basiszahl 371 Minuten), im Rechtspflegerdienst im Produkt „GO 010 - Prozess- und Verfahrenskostenhilfe und sonstige Rechtspflegertätigkeiten in Zivilsachen einschl. Verfahren nach dem FamFG und in Strafsachen" (Basiszahl 3 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MO 011 - Beschwerden und sonstige Anträge in Zivilsachen" (Basiszahl 188 Minuten); beim Landgericht im richterlichen Dienst im Produkt „RL 100 - Sonstige Beschwerden und Zwangsvollstreckungsbeschwerden" (Basiszahl 178 Minuten ), im Rechtspflegerdienst im Produkt „CL 021 - Kostenfestsetzung und sonstige Rechtspflegertätigkeiten in Zivilsachen (ohne auskunftsrechtliche Anordnungen nach § 101 Abs. 9 UrhG)" (Basiszahl 34 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „ML 030 - Sonstige Beschwerden und Zwangsvollstreckungsbeschwerden" (Basiszahl 108 Minuten) Anträge auf Einschränkung oder Beendigung der Vollstreckung des Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung nach Artikel 34 der VO (EU) Nummer 655/2014 (§ 954 Absatz 2 ZPO) bei den Amtsgerichten werden im richterlichen Dienst dem Produkt „RA 410 - Zwangsvollstreckungssachen" (Basiszahl 10 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst dem Produkt „MA 117 - Mobiliarvollstreckung" (Basiszahl 37 Minuten) zugeordnet und erhöhen insoweit den Personalbedarf. Durch das Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzung von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17. Juli 2017 (BGBI. 1 S. 2426) wurde mit Wirkung vom 22. Juli 2017 für den bisher nur für ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen der Unterbringung geltenden Richtervorbehalt (§ 1906 Absatz 3 BGB a.F.) in § 1906a BGB der Richtervorbehalt für ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus neu eingeführt. Die daraus bei den Amtsgerichten hervorgehenden Cenehmigungsverfahren des Betreuungsgerichts betreffend eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1 906a Absatz 1, 2 BGB einschließlich der Verlängerungsverfahren nach § 329 FamFG, eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach den jeweiligen Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker einschließlich der Verlängerungsverfahren nach § 329 FamFG und Seite 62 von 274 Verbringungsverfahren nach § 1906a Absatz 4 BGB werden im richterlichen Dienst dem Produkt „RA 360 - Unterbringung und unterbringungsähnhiche Maßnahmen (Unterbringungssachen" (Basiszahl 104 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst dem Produkt „MA 071 - Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen (Unterbringungssachen)" (Basiszahl 129 Minuten) zugeordnet und erhöhen insoweit den Personalbedarf. Seit dem 25. Mai 2018 ist für Streitigkeiten über Rechte gemäß Artikel 78 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 hinsichtlich der Verarbeitung nach § 30 AO geschützter Daten zwischen einer betroffenen öffentlichen Stelle gemäß § 6 Absatz 1 bis ic und Absatz 2 AO oder ihres Rechtsträgers, einer betroffenen nichtöffentlichen Stelle gemäß § 6 Absatz Id und le AO oder einer betroffenen Person und der zuständigen Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes der Rechtsweg zu den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach § 32i Absatz 1 AO eröffnet. Weitere Verfahrensmöglichkeiten ergeben sich aus § 31i Abs. 2 und 3 AO. Hieraus hervorgehende Verfahren erhöhen bei dem Finanzgericht im richterlichen Dienst im Produkt „Produkt RFG 110 „AO/FGO-Sachen, Haftung für Steuern, sonstige Verfahren " (Basiszahl 870 Minuten), im gehobenen Dienst im Produkt „GFG 010 Rechtspflegertätigkeiten " (Basiszahl 68 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst im Produkt „MFG 010 - Rechtspflegetätigkeiten" (Basiszahl 378 Minuten) den Personalbedarf . Hinsichtlich der genannten Gesetzesänderungen lässt sich nicht darstellen, welche Auswirkungen diese in Thüringen auf den Personalbedarf haben, da in allen Fällen die Verfahrenszahlen nicht gesondert, sondern in Sammelpositionen mit anderen Verfahren, statistisch erhoben werden. Neben den genannten Punkten hat sich die Kommission für Fragen der Personalbedarfsberechnung mit den folgenden Änderungen intensiv befasst: Mit Wirkung vom 1. Juli 2017 trat das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBI. 1 S. 872) in Kraft. Im Rahmen von Voruntersuchungen in mehreren Ländern wurde eine Mehrung des Aufwandes mit personalwirtschaftlicher Relevanz festgestellt. Diese Aufwandsmehrung ergibt sich zum einen aus ansteigenden Fallzahlen, zum anderen aus einer Mehrung des Aufwandes für die im Rahmen der Vermögensabschöpfung anfallenden Tätigkeiten. Die Aufwandsmehrung betrifft den Bereich der Staatsanwälte, der Amtsanwälte und Rechtspfleger an der Staatsanwaltschaft, und zwar sowohl in Ermittlungs- als auch Vollstreckungssachen, den Bereich der Richter am Amtsgericht und Ermittlungsrichter sowie der Rechtspfleger am Amtsgericht, die mit der Vollstreckung von Jugendsachen befasst sind, sowie den Bereich der Strafrichter am Landgericht erster und zweiter Instanz. Jeweils korrespondierend ist auch der Servicebereich betroffen. Aufgrund dieser Feststellung hat sich die Kommission entschlossen in mehreren Ländern eine Nacherhebung von Bearbeitungszeiten bei jeweils 9 Amts- und Landgerichten sowie 9 Staatsanwaltschaften im 2. Halbjahr 2019 durchzuführen. Derzeit wird geprüft, ob in Thüringen eine vorläufige Festlegung zum erwartbaren Personalmehrbedarf getroffen wird, bis die Ergebnisse der Nacherhebung vorliegen. Diese Überlegungen sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Seite 63 von 274 Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 24. Juli 2018 (2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/1 6) entschieden, dass der für 5-Punkt- und 7-Punkt-Fixierungen geltende Richtervorbehalt aus Art. 104 Absatz 2 GG unmittelbar anzuwenden ist, es sei denn, es handelt sich um eine lediglich kurzfristige Maßnahme, die absehbar die Dauer von einer halben Stunde unterschreitet. Die daraus hervorgehenden Verfahren oder die nach den jeweiligen Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker bei den Betreuungsgerichten eingehenden Fixierungsverfahren einschließlich der Verlängerungsverfahren nach § 329 FamFG werden vorläufig im richterlichen Dienst im Produkt „RA 360 - Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen (Unterbringungssachen " (Basiszahl 104 Minuten) und im mittleren und Schreibdienst dem Produkt „MA 071 - Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen (Unterbringungssachen)" (Basiszahl 129 Minuten) beim Personalbedarf berücksichtigt . Noch keine Festlegungen sind zu der Problematik des erweiterten Rufbereitschaftsdienstes / Bereitschaftsdienstes aufgrund der Rechtsprechung zu Fixierungen getroffen worden, da es noch an Erfahrungen zur Menge und zum Aufwand für entsprechende richterliche Entscheidungen fehlt. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass aus den dargestellten Veränderungen keine unmittelbaren Schlüsse auf den Personalbedarf der Gerichte landesweit gezogen werden können. Dieser hängt von weiteren Faktoren ab, insbesondere der Geschäftsentwicklung insgesamt. Frage 60: In welcher Höhe wurde Personal, insbesondere bei der Richterschaft, Staatsanwaltschaft , bei den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern zur Umsetzung der Änderungen aufgestockt? Antwort: Die Arbeitsbelastung an den Gerichten und Staatsanwaltschaften wird nach dem Personalbedarfsberechnungssystem (PEBBY) gemessen. Bei PEBBY handelt es sich um ein mathematisch-analytisches Berechnungsverfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs in Vollzeitäquivalenten für jede Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften . Maßgebliche Berechnungsfaktoren sind unter anderem die Anzahl der Verfahrenseingänge, die Jahresarbeitszeit, das tatsächlich eingesetzte Personal sowie die ermittelte Basiszahl. Demzufolge erfolgt eine ganzheitliche Betrachtung der jeweiligen Arbeitsbelastung und des benötigten Personalbedarfs. Hierauf gründend werden personalwirtschaftli che Entscheidungen getroffen. Aus diesem Grund kann die Fragestellung, die auf einzelne Aufgabenzuwächse, - umverteilungen und -veränderungen abstellt, nicht beantwortet werden, da nur gesamtbetrachtend Personalzuweisungen erfolgen. Allgemein lässt sich jedoch sagen, dass notwendig werdende Personalmehrbedarfe, die durch Aufgabenmehrungen entstanden sind und sich im Gesamtbedarf niederschlagen , derzeit durch die Zuweisung weiterer Proberichter im höheren Justizdienst ausgeglichen werden. Seite 64 von 274 Im Bereich des gehobenen und mittleren Dienstes wurden im Doppelhaushalt 2018/2019 zudem einmalig jeweils 4 Planstellen je Laufbahngruppe im Eingangsamt aufgrund eines allgemein erhöhten Geschäftsanfalls geschaffen. Hierdurch besteht ein gewisser Spielraum zum Ausgleich entstandener Aufgaben- und Personalmehrungen . Frage 61: Wenn keine personelle Aufstockung erfolgt ist, durch welche Maßnahmen wurde die Umsetzung der Änderungen sichergestellt (bitte detailliert nach Dienststelle und Maßnahmen mitteilen)? Antwort: Unabhängig von der Frage personeller Aufstockungen werden bei Gesetzesänderungen je nach Bedarf möglichst zeitnah entsprechende Fortbildungen angeboten. Der hierfür notwendige Bedarf und inhaltliche Schwerpunkte werden mit den jeweiligen Obergerichten, bzw. der Generalstaatsanwaltschaft abgestimmt. Beispielsweise hat im angegebenen Zeitraum das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung zu einem erheblichen und kurzfristigen Fortbildungsbedarf geführt, der durch mehrere Veranstaltungen abgedeckt werden konnte. Eine Aufstellung der durchgeführten Tagungen ist als Anlage zu Frage 61 beigefügt. Durch diese Fortbildungen konnte sichergestellt werden, dass alle Staatsanwälte sowie alle betroffenen Richter mindestens an einer zweitägigen Fortbildung teilgenommen haben. Zudem findet in diesem Jahr ein weiteres Grundseminar für neu eingestellte Staatsanwälte sowie eine Vertiefungstagung statt. Auch an der Deutschen Richterakademie wird in diesem Jahr eine entsprechende fünftägige Tagung durchgeführt. Frage 62: Wie hat sich die Zahl der erledigten Ermittlungsverfahren mit eingeleiteten Maßnahmen der Vermögensabschöpfung seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung entwickelt (bitte auch nach einziehender Stelle unterteilen)? Antwort: Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung trat am 1. Juli 2017 in Kraft. Zur Beantwortung der Frage wurden daher die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StA-Statistik bereitgestellten Daten ab dem Jahr 2017 in der Anlage zu Frage 62 im Sinne der Fragestellung zusammengestellt. Frage 63: Wie viele Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen wurden, unter Berücksichtigung der sichergestellten oder eingezogenen Gegenstände, zu welchem Wert seit dem Jahr 2010 vollstreckt (bitte auch nach einziehender Behörde unterteilen)? Seite 65 von 274 Antwort: Zur Beantwortung der Frage wurden die vom Thüringer Landesamt für Statistik im Rahmen der Aufbereitung und Auswertung der bundeseinheitlichen StA-Statistik bereitgestellten Daten in der Anlage zu Frage 63 im Sinne der Fragestellung zusammengestellt . Die Daten werden erst seit Januar 2017 statistisch erfasst. Frage 64: Wie viele Anträge auf Anordnung von Maßnahmen der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung wurden im Anfragezeitraum gestellt? Antwort: Bei den Staatsanwaltschaften werden Anträge auf Anordnung von Maßnahmen der strafrechtlichen Gewinnabschöpfung bislang statistisch nicht erhoben. Die Zahl der Verfahren mit Maßnahmen der Gewinnabschöpfung wird bezüglich der Strafgerichte im Rahmen der bundeseinheitlichen StP/OWi-Statistik erfasst. Die verfügbaren Daten für Thüringen wurden in der Anlage zur Frage 29 d) im Gegenstandsabschnitt N. standortbezogen zusammengestellt. Frage 65: In wie vielen Fällen beteiligte sich Thüringen am Etwerb rechtswidrig er/an gter Datensätze von Bankkunden und ausländischen Steuerbehörden (sogenannter "Ankauf von Steuer-CDs') oder unterstützte solche Vorhaben seit dem Jahr 2014? Antwort: Thüringen beteiligte sich seit 2014 in fünf Fällen am Erwerb sog. Steuer-CDs. Inwieweit die auf diesen CDs enthaltenen Datensätze rechtswidrig erlangt wurden, ist nicht bekannt (zur eingeschränkten bzw. fehlenden Relevanz rechtswidrig erlangter Steuer-CDs vgl. Beschluss des BVerfG vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09). Frage 66: Wie haben sich die Anzahl, die Arbeit und die personelle Ausstattung der Jugendstationen in Thüringen seit dem Jahr 2014 entwickelt (bitte nach Station, Arbeitsanfall , Stellen plan und Stellenbesetzung differenzieren)? Antwort: Einen Stellenplan zu der Jugendstation Gera und der Jugendstation Jena! Saale- Holzland-Kreis gibt es nicht. Beide Jugendstationen werden so betrieben, dass jeweils zwei Staatsanwälte von jeweils zwei Bediensteten des mittleren Dienstes unterstützt werden. In den Jahren 2014 bis 2018 gestaltete sich der Arbeitsanfall wie folgt: Anzahl der Verfahren Jugendstation 2014 2015 2016 2017 2018 Gera 2.979 3.527 3.076 2.749 2.284 Seite 66 von 274 Jena 2.666 1 2.881 1 2.644 1 3.001 1 3.243 Frage 67: Wie bewertet die Landesregierung die Arbeit der Jugendstationen allgemein? Antwort: Die Jugendstation Gera wurde im Jahr 2000 als Pilotprojekt gestartet. Aufgrund des Eintritts der erwarteten positiven Wirkungen wurde sie nach Ablauf der Pilotphase in den ordentlichen Dienstbetrieb überführt. Bis heute hat sie sich bewährt. Das angestrebte Ziel einer effektiveren Bekämpfung der Jugendkriminalität unter Beachtung des Erziehungsgedankens zwecks schnellerer Reaktion auf begangene Straftaten wurde in den in der Jugendstation Gera bearbeiteten Verfahren im Vergleich zu den im übrigen Bereich der Staatsanwaltschaft Gera in weiteren Jugenddezernaten bearbeiteten Verfahren erreicht, weswegen es naheliegend war, in Jena eine weitere Jugendstation zu eröffnen und nunmehr seit mehreren Jahren vergleichbar erfolgreich zu betreiben. Mit den Jugendstationen wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, nämlich auf deliktisches Verhalten von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden zeitnah und erzieherisch zu reagieren sowie strafbarem Handeln präventiv entgegenzuwirken. Damit soll negativen Erscheinungen eines nicht in einer Jugendstation betriebenen Jugendstrafverfahrens, dessen Sanktionsmechanismen für den Jugendlichen oder Heranwachsenden häufig erst Monate, wenn nicht Jahre nach der Tat zu spüren sind, begegnet werden. Die im Jahr 2000 errichtete Jugendstation in Gera sieht ihrem 20-jährigen Bestehen entgegen und kann dabei auf eine beispielhafte Erfolgsgeschichte zurückblicken. Den Mitarbeitern der Jugendstation Gera gelang es kontinuierlich , den Anteil der tatverdächtigen Jugendlichen und Heranwachsenden in ihrem Zuständigkeitsbereich zurückzudrängen. Die Dauer der Verfahren ist beispielhaft , die über die Jahre gewachsene Zusammenarbeit der Institutionen vorbildlich und Grundlage der erfolgreichen Arbeit. Gleiches gilt es nunmehr auch für die Jugendstation Jena/Saale-Holziand-Kreis festzustellen, die aktuell aufgrund der positiven Erfahrungen um zusätzlich zwei Jugendgerichtshilfemitarbeiter verstärkt werden soll. Die Jugendstation Gera hat sich an ihrem Standort zu einer in dem Bewusstsein der Bevölkerung der Stadt Gera fest verankerten und zwischenzeitlich generationenübergreifend in Anspruch genommenen Institution entwickelt. Zunehmend gilt dies auch für die Jugendstation Jena/Saale-Holzland-Kreis. II. Chancengleichheit und Arbeitsplatzattraktivität Frage 68: Wie beurteilt die Landesregierung die Effektivität der Chancengleichheit in der Thüringer Justiz? Seite 67 von 274 Antwort: Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz berücksichtigt die in § 2 Thüringer Gleichstellungsgesetz (ThürGleichStG) definierten Ziele, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst zu fördern und zu sichern. Insbesondere wird den in den §§ 6 bis 8 ThürGleichStG normierten Anforderungen umfassend Rechnung getragen. Bei der Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst, insbesondere im Rahmen der Neubesetzung von Beförderungsstellen , ist - wie auch in § 2 Abs. 2 ThürGleichStG bestimmt - indes der verfassungs rechtliche Vorrang von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung (Artikel 33 Abs. 2 Grundgesetz) zu berücksichtigen. Im Rahmen der Neueinstellung von Proberichtern liegt beispielsweise keine deutliche Unterrepräsentanz von Frauen oder Männern vor, bei Beförderungsämtern im Bereich der Justiz sind allerdings oftmals Frauen unterrepräsentiert. Diesbezüglich sei allerdings angemerkt, dass sich der Anteil von Frauen tatsächlich erst dann signifikant erhöhen kann, wenn der aktuelle Stelleninhaber altersbedingt aus dem Landesdienst ausscheidet. Wegen der Altersstruktur in der Justiz werden viele Beförderungsstellen erst in den nächsten Jahren neu besetzt werden. In der aktuellen Legislatur sind zahlreiche Frauen aus den Beförderungsverfahren als bestgeeignete Bewerber hervorgegangen. Darüber hinaus ist das Spitzenamt der Leitung des Landesarbeitsgerichts mit einer Frau besetzt worden. Zusätzlich sind in dieser Legislatur fünf Richterinnen aus der Thüringer Justiz auf Vorschlag des Thüringer Justizministers zu Bundesrichterinnen ernannt worden. Frage 69: Wie bewertet die Landesregierung die Attraktivität einer Beschäftigung in der Thüringer Justiz in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, insbesondere vor dem Hintergrund vorzuhaltender Bereitschaftsdienste, und welche Verbesserungsmöglichkeiten werden gesehen? Antwort: Eine Beschäftigung in der Thüringer Justiz wird nach wie vor als äußerst attraktiv empfunden, gerade vor dem Hintergrund der guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Als besonders attraktiv werden hierbei die Berufe des Richters sowie des Staatsanwalts wahrgenommen. Eine hohe Attraktivität des Richterberufs ergibt sich bereits allgemein aus der verfassungsmäßigen Stellung des Richters. Als Vertreter der dritten Staatsgewalt und zur Erfüllung des verfassungsmäßigen Gebots der Gewährleistung des Richtervorbehalts (Art. 104 Grundgesetz) ist der Richter nicht nur in Bezug auf seine Tätigkeit an sich unabhängig (Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz); auch in zeitlicher Hinsicht, in welcher Dauer, Art und Weise sowie an welchem Ort er seine Tätigkeit ausübt, entscheidet er in richterlicher Unabhängigkeit selbst (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl., § 22 Rnr. 36). Seite 68 von 274 Bereits im Allgemeinen ist der Richter in der Bestimmung des Ortes seiner Tätigkeit wie auch hinsichtlich des Zeitpunktes seiner Entscheidungsfindungstätigkeit frei und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz). Er steht allein in der Pflicht, die ihm übertragenen Aufgaben zu erledigen. Da der Richter über Ort, Zeit sowie Art und Weise der Entscheidungsfindung (wie auch von Verhandlungsterminen ) befindet, kann er im Verhinderungsfall, beispielsweise weil das Kind erkrankt ist, den Dienst zu Hayse erbringen oder Verhandlungen auf einen anderen Tag verlegen . Daraus resultiert eine generell hohe Flexibilität besonderes in zeitlicher Hinsicht, die dem Beruf des Richters immanent ist und die Attraktivität besonders mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steigert. Für die zu leistende richterliche Rufbereitschaft sind die Anforderungen an die richterliche Erreichbarkeit besonders seit den Entscheidungen des BVerfGE vom 24.07.2018 (2 BvR 309/15 und 2 BvR 502/1 6) bundesweit einheitlich. Allerdings bleibt der Grundsatz, dass der Richter seinen Aufenthaltsort selbst bestimmt, unberührt , so dass er nur verpflichtet ist, seine Erreichbarkeit sicherzustellen, nicht aber den Rufbereitschaftsdienst im Büro zu verbringen. Speziell bezogen auf den Standort Thüringen ist für die Vereinbarkeit von Familie und Richterberuf im Rahmen der Rufbereitschaft beispielsweise die durch Zuständigkeitskonzentrationen für die Bereitschaftsdienste gewährleisteten längeren Intervalle , in denen ein Gericht bzw. dessen Richter zur Leistung des Bereitschaftsdienstes heranzuziehen sind, anzuführen. Durch die gemeinsame Erbringung der Rufbereitschaftsdienste der Amtsgerichte Erfurt und Sömmerda ist zum Beispiel jeder Richter der beteiligten Gerichte im Durchschnitt zweimal im Jahr zur Leistung des Rufbereitschaftsdienstes verpflichtet. Entsprechende Regelungen sind in § 9 Abs. 2 ThürGerZustG enthalten. Zudem haben die Aufwände für die richterliche Rufbereitschaft und den richterlichen Bereitschaftsdienst in der Personalbedarfsberechnung Pebby unter Berücksichtigung der konkreten Bedarfe in Thüringen ihren Niederschlag gefunden. Nicht zuletzt aufgrund der Entscheidungen des BVerfGE vom 24.07.2018 (2 BvR 309/1 5, 2 BvR 502/1 6) gehen die Bemühungen innerhalb der Thüringer Justiz dahin , ähnlich wie in anderen Bundesländern auch, Möglichkeiten zu einer gleichmäßigeren Belastung der mit Bereitschaftsdiensten belasteten Amtsgerichte zu prüfen, um eine den besonderen Bedürfnissen Thüringens angepasstere Lösung zu erarbeiten . Ein sicherer Job auf Lebenszeit, eine verantwortungsvolle Aufgabe und hohes Prestige - diese Faktoren machen den Beruf des Staatsanwalts auch weiterhin äußerst attraktiv. Mit der Möglichkeit zur Teilzeittätigkeit sowie wechselnden und bereits im Vorfeld abgestimmten Bereitschaftsdiensten ist auch insoweit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben. Seite 69 von 274 Frage 70: Wie werden in der Personalbedarfsberechnung Vakanzen durch beispielsweise Teilzeit, Elternzeiten, Bildungsurlaub oder Erkrankungen berücksichtigt? Antwort: In Thüringen wird der Personalbedarf durch das länderübergreifend entwickelte System zur Personalbedarfsberechnung (kurz PEBBY) berechnet. Der Bedarf und der Personaleinsatz werden dabei in Arbeitskraftanteilen (AKA) und nicht in Kopfzahlen ermittelt, so dass eine Berücksichtigung von Teilzeitbeschäftigung bereits hierdurch in der Berechnung erfolgt. Der Personalbedarf errechnet sich nach folgender Formel: Personalbedarf = Menge x Basiszahl Jahresarbeitszeit Das Ergebnis wird auf zwei Dezimalstellen gerundet. Dem ermittelten Personalbedarf wird der Personaleinsatz nach den bundeseinheitlichen Personalübersichten (PÜ) gegenüber gestellt. Aus der Differenz ergibt sich dann eine mögliche Über- oder Unterdeckung. Die Ermittlung des Bedarfs (durch PEBBY) und' des Personaleinsatzes (durch die PÜ) sind aufeinander abgestimmt. Innerhalb dieses Berechnungssystems werden Ausfallzeiten wie folgt berücksichtigt: Die Ausfallzeiten von Personen durch: Elternzeit mit einer Gesamtdauer von mindestens drei Monaten, soweit nicht eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ausgeübt wird, eine Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell, eine Freistellungsphase einer Sabbatzeit, eine Beurlaubung mit einer Gesamtdauer von mindestens drei Monaten, die nicht Erholungsurlaub ist, oder eine Pflegezeit oder in einer sonstigen Freistellung nach § 3 PflegeZG mit einer Gesamtdauer von mindestens drei Monaten, soweit die Freistellung vollständig ist werden dadurch berücksichtigt, dass diese Personen beim Personaleinsatz nicht mitgezählt werden. Im Übrigen werden Ausfallzeiten durch die Jahresarbeitszeit berücksichtigt. Sie wird jährlich laufbahnbezogen auf der Grundlage der gültigen Wochenarbeitszeit in Stunden abzüglich von Fehlzeiten bestimmt, die auf folgenden Gründen beruhen: Erholungsurlaub und AzV-Tage, landesweit geltende Feiertage, Krankheit, Kur, Dienstbefreiung, Beurlaubung, von einer Gesamtdauer von weniger als drei Monaten, Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz, Eltern- und Pflegezeit, von einer Gesamtdauer von weniger als drei Monaten . Die Jahresarbeitszeit ist damit als „Netto-Arbeitszeit" ausgestaltet. Seite 70 von 274 Frage 71: Wie werden in der Thüringer Justiz Erledigungsverluste durch Dienstunterbrechungen , beispielsweise durch Mutterschutz, Elternzeit, Umsetzungen oder sonstigen Personalwechsel, erfasst und verhindert (bitte nach Vakanzgrund und Dienststellen aufschlüsseln)? Antwort: Dienstunterbrechungen im Sinne. der Fragestellung werden im Rahmen von bundeseinheitlich abgestimmten statistischen Erhebungen mittelbar oder unmittelbar erfasst. Die Erfassung findet infolgedessen bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften einheitlich statt. Die nachfolgenden Ausführungen gelten daher für alle Standorte gleichermaßen. Dies erfolgt einerseits über die Personalübersichten, die sich in den Personalbestand zu festen Stichtagen und die Personalverwendung innerhalb eines festgelegten Berichtszeitraums unterteilen. Als Personalbestand werden die Kopfzahlen und die Arbeitskraftanteile der Bediensteten am jeweiligen Erhebungsstichtag gezählt. Nicht erfasst werden die Kopfzahlen und Arbeitskraftanteile der Bediensteten, die sich am Erhebungsstichtag: in Elternzeit mit einer Gesamtdauer von mindestens drei Monaten, soweit nicht eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ausgeübt wird, in der Freistellungsphase einer Altersteilzeit im Blockmodell, in der Freistellungsphase einer Sabbatzeit, in einer Beurlaubung mit einer Gesamtdauer von mindestens drei Monaten, die nicht Erholungsurlaub ist, oder in Pflegezeit oder in einer sonstigen Freistellung nach § 3 PflegeZG mit einer Gesamtdauer von mindestens drei Monaten befinden, soweit die Freistellung vollständig ist. Als Personalverwendung sind die im zurückliegenden Quartal (Kalendervierteljahr) tatsächlich eingesetzten Arbeitskraftanteile der Bediensteten zu erfassen. Die Zahl der durchschnittlich tätig gewesenen Bediensteten wird dahingehend ermittelt, dass nach Ablauf des Quartals (Kalendervierteljahr) die Personalverwendung für das zurückliegende Quartal festgestellt wird. Bedienstete, die in dem Quartal mehr als 20 Arbeitstage nicht in der Dienststelle anwesend waren, sind dabei nicht zu berücksichtigen . Zeiten der stufenweisen Wiedereingliederung von Beamten sind wie krankheitsbedingte Ausfallzeiten zu behandeln. Erholungsurlaub, die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und Zeitausgleich für Mehrarbeit sind wie Anwesenheitszeiten zu behandeln. Bei der Zählung der Fehltage wird bei Teilzeitkräften unabhängig vom individuellen Arbeitszeitmodell auf eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von fünf Tagen abgestellt. Andererseits wird eine Abwesenheitsstatistik bei allen Gerichten und Staatsanwaltschaften geführt. Die Abwesenheit in Tagen wird laufbahn- und standortbezogen erfasst. Eine Unterscheidung findet hinsichtlich der Einzelmerkmale Kur, Beurlaubung , Elternzeit, Krankheit, Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz, Dienstbefreiung und Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen statt. Seite 71 von 274 Um den Justizgewährungsanspruchs im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel bestmöglich zu erfüllen, müssen die Personalsituation und etwaige Personalausfälle kontinuierlich beobachtet, erfasst und bewertet werden. Durch die regelmäßige Gegenüberstellung der Personalzahlen aus den Personalübersichten und dem ermittelten Personalbedarf werden Mangelsituationen oder Personalüberhänge sichtbar. Der Ausfall von Personal aus den unterschiedlichsten Gründen (Geburten, Krankheiten und Todesfällen) gehört zur Lebenswirklichkeit und ist kaum vollständig planbar oder zu verhindern. Durch das vorbenannte Prozedere wird die Personalsituation sichtbar. Kurzfristige personalwirtschaftliche Ausgleichma ßnahmen (z. B. Abordnungen etc.) können so standortbezogen geprüft und kurz- und mittelfristig durchgeführt werden. Im längerfristigen und übergreifenden Zusammenhang wirken sich die Ergebnisse der Abwesenheitsstatistik aus. Die Erfassung der Abwesenheitstage im Rahmen der Abwesenheitsstatistik dient der Ermittlung der laufbahnbezogenen Jahresarbeitszeit . D.h. sich verändernde durchschnittliche Abwesenheitszeiten führen zu einer Veränderung der Jahresarbeitszeit. Kommt es beispielsweise vermehrt zu Abwesenheitszeiten wegen Elternzeit wirkt sich dies auf die Jahresarbeitszeit aus. Die Jahresarbeitszeit wiederum fließt in die Berechnung des notwendigen Personals im Rahmen der Personalbedarfsberechnung ein. Sinkt beispielsweise die Jahresarbeitszeit in einer Laufbahngruppe erhöht dies zwangsläufig den notwendigen Personalbedarf . Frage 72: Inwieweit wird in der Thüringer Justiz zur Verhinderung von Erledigungsverlusten von zeitversetzten Nachbesetzun gen Gebrauch gemacht (bitte nach Vakanzgrund, zur Verfügung stehenden Mitteln der Personalbewirtschaftung und Dienststellen aufschlüsseln)? Antwort: Im richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst werden Ruhestandseintritte oder sonstige dauerhafte Ausfälle grundsätzlich in allen Fällen zeitnah bzw. zeitgleich ausgeglichen. Scheidet ein Richter oder Staatsanwalt aus, der sich in einem Amt befand, welches dem richterlichen oder staatsanwaltlichen Eingangsamt (Besoldungsgruppe R 1) zuzuordnen ist, erfolgt die Nachbesetzung in der fast überwiegenden Zahl der Fälle mittels Zuweisung eines Proberichters. Hierbei wird entweder auf einen bereits im Freistaat Thüringen tätigen Proberichter zurückgegriffen, der bislang bei einem anderen Gericht / einer anderen Behörde beschäftigt ist und dessen Dienstleistungsauftrag geändert wird oder es wird eine Neueinstellung vorgenommen und der Proberichter wird in Erstverwendung dem betreffenden Gericht bzw. der Behörde zugewiesen. Handelt es sich bei dem ruhestandsbedingten oder sonstigem dauerhaften Ausfall um eine Person, die eine Beförderungsstelle innehatte (Besoldungsgruppe R 2 und höher), bedarf es der Durchführung eines Auswahlverfahrens nach dem Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz). Je nachdem, inwieweit die Beförderung auf den bisherigen Personalkörper der Stammdienststelle Auswirkungen hat, wird unter Berücksichtigung personaiwirtschaftlicher Gesichtspunkte auch insoweit Personalersatz in Form der Zuweisung eines Proberichters gestellt. Seite 72 von 274 In einigen wenigen Fällen werden auch Versetzungen von bereits in Thüringen tätigen Lebenszeitrichtern oder - Staatsanwälten, die eine örtliche Veränderung anstreben , zum Ausgleich von Vakanzen vorgenommen. Mitunter kann auch auf Versetzungsbewerber aus anderen Bundesländern zurückgegriffen werden. Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz strebt stets einen möglichst zeitgleichen bis zeitnahen Personalausgleich im Bereich des höheren Justizdienstes an. Gewisse Verzögerungen im Einstellungs- und Auswahlprozess können naturgemäß immer eintreten. So können zeitliche Verzögerungen beispielsweise daraus resultieren, dass der für den Standort ausgewählte Bewerber erst ab einem bestimmten (späteren) Zeitpunkt verfügbar ist, da er oder sie sich noch in einem anderen Beschäftigungsverhältnis befindet oder andere gewichtige Gründe einen vorzeitigen Eintritt in die Thüringer Justiz unmöglich machen. Soweit sonstige Ausfälle (z.B. Elternzeit, Mutterschutz, Beschäftigungsverbote während der Schwangerschaft, längerfristige krankheitsbedingte Ausfälle) zu verzeichnen sind, wird im Einzelfall und unter Berücksichtigung personalwirtschaftlicher Gesichtspunkte entschieden, ob zusätzliches Personal (vorübergehend) gestellt wird. Die beschriebene Verfahrensweise, wird - mit Ausnahme der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit , in denen die weitere Geschäftsentwicklung vorerst abzuwarten bleibt - in allen Dienststellen entsprechend angewandt, so dass eine weitere Aufschlüsselung nicht notwendig erscheint. Im Bereich des nichtrichterlichen Dienstes erfolgt die Nachbesetzung der Ruhestandseintritte in der Regel durch Anwärter, die den Vorbereitungsdienst als Thüringer Beamte beendet haben. Zum Ausgleich von außerplanmäßigen Abgängen werden Versetzungswünsche aus anderen Bundesländern geprüft und im Einvernehmen mit dem abgebenden Bundesland zugelassen. Für Vakanzen im Bereich des mittleren Justizdienstes der Gerichte und Staatsanwaltschaften wird zum Ausgleich zusätzlicher Vakanzen durch Elternzeiten bzw. vorzeitige Renten- und Ruhestandseintritte auch auf das tarif- und arbeitsrechtlich vorgesehene Mittel der befristeten Einstellungen von Tarifbeschäftigten zurückgegriffen . Frage 73: Bei welchen Gerichten und Staatsanwaltschaften wird für welche Dienste in welcher Form und seit wann Rufbereitschaft vorgehalten? Vorbemerkung zu den Fragen 73 und 74: Die Bereitstellung von zuständigen Richtern an dienstfreien Tagen bzw. aUßerhalb der üblichen Geschäftszeiten für unaufschiebbare Geschäfte ist Teil der Justizgewährungsaufgabe der Präsidien der Gerichte und beruht auf dem verfassungsmäßigen Gebot der Gewährleistung des Richtervorbehalts gem. Art. 104 GG (Kisse I/Mayer, GVG, § 21e, Rnr. 136 sowie § 22c Rnr.1). Während für die Fachgerichtsbarkeiten - deren Rechtsgebiete klar umgrenzt sind - der vorstehende Grundsatz der Bereitstellung eines zuständigen Richters lediglich insoweit besteht, als ein Bedürfnis feststellbar ist (wie beispielsweise in der Verwal- Seite 73 von 274 tungsgerichtsbarkeit anlässlich einer angekündigten politischen Versammlung oder in der Arbeitsgerichtsbarkeit während oder nach angekündigten Arbeitskampfmaßnahmen ), ist für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Verpflichtung zur Einrichtung eines Eildienstes angesichts der Vielfalt und des Umfangs der ihnen zugewiesenen Rechtsgebiete und Aufgaben (beispielhaft §§ 125, 126, 162 StPO für die Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls, unaufschiebbare Entscheidung über Vorbereitungs- bzw. Sicherungshaft im Sinne des § 62 AufenthG oder § 9 ThürPsychKG i.V.m. § 331 FamFG für einstweilige Anordnungen zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, Entscheidungen bei vorläufig Festgenommenen aufgrund Auslieferungsersuchens, § 22 IRG) regelmäßig geboten. Dementsprechend enthält § 22c GVG eine ausdrückliche Rechtsgrundlage zur gleichmäßigeren Belastung der Amtsgerichte mit Bereitschaftsdiensten. Da es bei einzelnen richterlichen Entscheidungen auch der notwendigen Umsetzung durch den mittleren Dienst bedarf - beispielsweise für den Erlass oder die Verkündung eines Haftbefehls gem. § 168 StPO -‚ kann ein Rufbereitschaftsdienst zur Gewährleistung des Richtervorbehalts auch für den mittleren Dienst eingerichtet werden. Ein solcher wird durch den Dienstherrn festgelegt, während die Präsidien der Amtsgerichte die Rufbereitschaftspläne in Ausübung der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) selbst beschließen. Für die Staatsanwaltschaft, welche als Exekutivorgan zwar eine dem Gericht gleichgeordnete , von ihm jedoch funktional und organisatorisch getrennte Behörde ist, werden die Rufbereitschaftspläne von den jeweiligen Behördenleitungen festgelegt. Antwort: In der Anlage 1 zu Frage 73 ist tabellarisch für die ordentliche Gerichtsbarkeit die nach richterlichem, gehobenem und mittlerem sowie Schreibdienst einschließlich Wachtmeisterei untergliederte Übersicht ebenso angegeben wie die jeweilige Differenzierung nach Gerichtsstandort einschließlich Staatsanwaltschaften für die Jahre 2008 bis 2018. Für die Arbeitsqerichtsbarkeit werden Rufbereitschaften für Richter und Geschäftsstellenmitarbeiter in unterschiedlicher Form sowie überwiegend anlassbezogen vorgehalten . Im Übrigen wird auf Anlage II zu Frage 73 Bezug genommen. Für die Sozialqerichtsbarkeit werden lediglich bedarfsorientierte Bereitschaftsdienste eingerichtet. In der Verwaltunqsgerichtsbarkeit besteht zur Erledigung der obliegenden Aufgaben im richterlichen wie im nichtrichterlichen Dienst Einvernehmen, dass in Einzelfällen Rufbereitschaft zu leisten ist. Eine statistische Erhebung erfolgt nicht, so dass Angaben hierzu für die Verwaltungsgerichte nicht getätigt werden können. In der Finanzqerichtsbarkeit ist eine Rufbereitschaft nicht eingerichtet Seite 74 von 274 Frage 74: Wie oft leisten Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in Thüringen durchschnittlich Rufbereitschaft? Antwort: In der beigefügten Anlage zu Frage 74 ist tabellarisch für die ordentliche Gerichtsbarkeit und die Staatsanwaltschaften der durchschnittliche Rufbereitschaftsdienst. für die Jahre 2008 bis 2018 aufgeführt. Erläuternd ist anzumerken, dass entsprechend der Thüringer Verordnung über gerichtliche Zuständigkeiten in der ordentlichen Gerichtsbarkeit vom 17.11.2011 (ThürGerZustVO) einige Amtsgerichte die Bereitschaftsdienste gemeinsam leisten, um die Belastung der Rufbereitschaftsdienste gleichmäßiger zu verteilen (§ 22c Abs. 1 GVG i.V.m. § 9 Abs. 2 ThürGerZustVO). Im Weiteren ist anzumerken, dass die Rufbereitschaft - wie in der Anlage 1 zu Frage 73 dargestellt - in teils unterschiedlichem Umfang geleistet wird, so dass sich je Gericht verschiedene Durchschnittswerte ergeben. Eine Erfassung durch die Arbeitsgerichte, wie oft Richter durchschnittlich Rufbereitschaft leisten, erfolgt grundsätzlich nicht. Für die Sozialgerichtsbarkeit liegen keine Durchschnittszahlen vor. Ebenso wenig liegen mangels statistischer Erhebung durchschnittliche Rufbereitschaftszahlen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vor. Für die Finanzgerichtsbarkeit liegen mangels Rufbereitschaftsdiensten keine Durchschnittswerte vor. Frage 75: Wo gibt es für kurzfristige Vertretungen des Bereitschaftsdienstes organisierte Kinderbetreuung ? Antwort: Im Geschäftsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Fachgerichte einschließlich der Staatsanwaltschaften ist eine organisierte Kinderbetreuung im erfrag ten Sinn nicht vorhanden. Ein Bedürfnis hierfür hat sich bislang nicht gezeigt und wurde auch von den Personalvertretungen nicht angemeldet. Frage 76: Wie oft wurde von Beschäftigten in der Thüringer Justiz seit dem Jahr 2015 Bildungsfreistellungsurlaub in Anspruch genommen (bitte auch nach Laufbahn unterteilen )? Antwort: Im Zeitraum vom 01 .01.2015 bis 31.12.2018 wurde von Justizbeschäftigten wie folgt Bildungsfreistellungsurlaub in Anspruch genommen: Seite 75 von 274 Büro- und Kanzleidienst: eine Beamtin Wachtmeisterdienst: eine Beamtin gehobener Dienst: eine Beamtin und eine Angestellte höherer Dienst: zehn Richter/innen Frage 77: Wie beurteilt die Landesregierung die Teilnahme von Beschäftigten in der Thüringer Justiz an Fortbildungsveranstaltungen in Qualität und Quantität (bitte auch nach Laufbahn unterteilen)? Antwort: In der Thüringer Justiz besteht in allen Laufbahnen und Tätigkeitsbereichen ein starkes Fortbildungsinteresse. Wie aus der Anlage zu Frage 77 ersichtlich, wurden beispielsweise im Jahre 2018 über 5500 Bedienstete zu über 800 Fortbildungen entsandt. Die Datenlage verdeutlicht auch das stetige Ansteigen der Teilnehmerzahlen an Fortbildungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Mehrzahl der Fortbildungsveranstaltungen um ein- bis zweitägige Tagungen handelt. Darüber hinaus sind Tagungen an der Deutschen Richterakademie und die Tagungen im Rahmen des überregionalen Fortbildungsverbundes für Rechtspfleger/innen überwiegend auf eine vier- bis fünftägige Dauer ausgelegt. Im Hinblick auf die geltenden Aufbewahrungsbestimmungen ist die Auswertung der Daten auf die letzten fünf Jahre beschränkt. In qualitativer Hinsicht werden grundsätzlich alle durchgeführten Tagungen evaluiert . Die große Mehrzahl der Tagungen wird von den Tagungsteilnehmern mit „gut" bis „sehr gut bewertet. Eine sehr große Mehrheit der Teilnehmer hat die Fortbildung jeweils als gewinnbringend bezeichnet. Bei den Bewertungen treten die Tagungen der Deutschen Richterakademie, einer gemeinsamen Bildungseinrichtung des Bundes und der Länder, positiv hervor. Diese Tagungen genießen auch im internationalen Vergleich ein überdurchschnittlich gutes Ansehen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein reichhaltiges und vielfältiges Fortbildungsangebot besteht, das qualitativ allen Anforderungen mehr als gerecht wird und von den Bediensteten im Geschäftsbereich sehr gut angenommen wird. Frage 78: Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung der tellzeitarbeitenden Bediensteten in der Thüringer Justiz im Abfragezeitraum (bitte auch nach Dienststellen und Geschlecht unterteilen)? Antwort: Valides Datenmaterial lag für die Beantwortung der Fragestellung nicht vor, insbesondere konnte die Anzahl der teilzeitbeschäftigen Mitarbeiter nicht den Personalübersichten entnommen werden, da diese Statistik teilabgeordnete Mitarbeiter doppelt erfasst (sowohl bei der Stammdienststelle als auch bei der aufzunehmenden Behörde). Daher ist eine dienststellenscharfe Bewertung nicht möglich. Seite 76 von 274 Im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie der Staatsanwaltschaft waren zum Stichtag 31.12.2018 18,7 Prozent der Bediensteten (491 Personen) in Teilzeit tätig, hiervon 482 weibliche Beschäftigte. Zum Stichtag 01.01.2010 lag der Anteil der Teilzeitbeschäftigten noch bei 15 Prozent (380 Personen), hiervon waren 375 Bedienstete weiblich. Damit ist festzustellen, dass sich die Anzahl der teilzeitarbeitenden Mitarbeiter nur leicht erhöht hat. Bei den Sozialgerichten ist gesamtbetrachtend festzustellen, dass die Anzahl der in Teilzeit tätigen Männer auf konstant niedrigem Niveau geblieben ist, während sich die Anzahl der in Teilzeit tätigen Frauen bei den Sozialgerichten Altenburg, Gotha, Nordhausen sowie beim Landessozialgericht im Berichtszeitraum gestiegen ist. Ein Rückgang der teilzeittätigen Frauen ist beim Sozialgericht Meiningen festzustellen. Beim Finanzgericht Gotha befand sich zum Stichtag 31.12.2018 ein Mitarbeiter in Teilzeit, im Jahr 2008 waren keine Teilzeitbeschäftigungen zu verzeichnen. Im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit beschränkte sich die Teilzeitbeschäftigung auf einen vergleichbar geringen Prozentsatz von fünf bis zehn Prozent. Aufgrund des vorhandenen Altersdurchschnitts der Bediensteten war die Anzahl entsprechender Beschäftigungen viele Jahre weitgehend gleichbleibend auf niedrigem Niveau. Der Anteil an teilzeitbeschäftigten Mitarbeitern - überwiegend Frauen - stieg erst im Jahr 2018 an. Bei den Thüringer Arbeitsgerichten sowie dem Landesarbeitsgericht ist die Anzahl teilzeitbeschäftigter Mitarbeiter an allen Dienststellen gleich geblieben, dies gilt sowohl für männliche als auch für weibliche Beschäftigte. Gesamtbetrachtend ist festzustellen, dass Teilzeittätigkeit im Berichtszeitraum leicht zugenommen hat. Nach wie vor sind überwiegend Frauen teilzeitbeschäftigt. Teilzeitarbeit wird durch das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz nach wie vor unterstützt und wird von vielen Bediensteten genutzt, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen bzw. zu stärken. Frage 79: Durch welche Maßnahmen wird sichergestellt, dass teilzeitarbeitende Bedienstete, die nicht an einer Zeiterfassung teilnehmen, tatsächlich Teilzeit arbeiten? Antwort: Auch in Teilzeit arbeitende Bedienstete im nichtrichterlichen Dienst nehmen an der Zeiterfassung teil. Die Bediensteten erfassen die in Wohnraum-/Telearbeit geleistete Arbeit in einem Arbeitszeiterfassungsbogen und geben diesen einmal monatlich über den zuständigen Vorgesetzten an die Zeiterfassungsstelle, die die geleisteten Arbeitszeiten in die Zeiterfassung manuell eingibt. Während der Wohnraum- /Telearbeit muss die telefonische Erreichbarkeit gewährleistet sein. Eine Kontrolle, ob während der Wohnraum-/Telearbeit tatsächlich gearbeitet wird, erfolgt wie letztlich im normalen Bürobetrieb über die Prüfung der Qualität und Quantität der Arbeitsergebnisse durch die Vorgesetzten. Seite 77 von 274 Im Gegensatz zum Beamten bzw. Angestellten, der weisungs- und an Dienstzeiten gebunden ist, ist der Richter als Vertreter der dritten Staatsgewalt nicht Bediensteter und zur Erfüllung des verfassungsmäßigen Gebots der Gewährleistung des Richtervorbehalts (Art. 104 GG) nicht nur in Bezug auf seine Tätigkeit an sich unabhängig; auch in zeitlicher Hinsicht, in welcher Dauer, Art und Weise sowie an welchem Ort er seine Tätigkeit ausübt, entscheidet er in richterlicher Unabhängigkeit selbst (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl., § 22 Rnr. 36). Der vorgenannte Grundsatz gilt auch für die Verteilung der richterlichen Geschäfte, über welche die Präsidien der Gerichte in richterlicher Unabhängigkeit selbst befinden (§ 21g GVG). Aufgabe des Präsidiums - und nicht der Exekutive - ist es, alle dem Gericht obliegenden Aufgaben auf die Spruchkörper unter Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit, der Leistungsfähigkeit und der persönlichen Umstände der Richter zu verteilen Hierbei hat das Präsidium zugleich die Aufgabe, in Teilzeit tätigen Richtern (§ 48a DRiG i.V.m. § 12 ThürRiStAG) allein entsprechend ihrer anteiligen Arbeitskraft Spruchkörpertätigkeit zuzuweisen und dies im Geschäftsverteilungsplan auszuweisen (vgl. Kissel/Mayer, a.a.O, § 21e Rnr. 79, 138). Bei einer Änderung des Umfangs der zugewiesenen Tätigkeit, beispielsweise durch Veränderung des Geschäftsanfalls, ist es Aufgabe des Präsidiums zu reagieren und den Bedarf an den Umfang der Teilzeittätigkeit anzupassen. Frage 80: Wie bewertet die Landesregierung die Entwicklung von Heimarbeitsplätzen in der Thüringer Justiz? Antwort: Bei verständiger Auslegung der Frage ist davon auszugehen, dass mit dem Begriff "Heimarbeit die Telearbeit in einem Wohnraum gemeint ist. In diesem Sinne ist in der weiteren Antwort der Begriff "Heimarbeit" zu verstehen. Im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2018 hat sich die Anzahl der Heimarbeitsplätze beinahe versiebenfacht. Diese Entwicklung ist als äußerst positiv zu bewerten . Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz sieht sich als familienfreundlicher Arbeitgeber und ist darauf bedacht, den durch die gesetzlichen und haushalterischen Grenzen vorgegebenen Gestaltungsspielraum für die Schaffung von attraktiven Arbeitsbedingungen mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Pflege adäquat zu gestalten. Wichtige in diesem Zusammenhang angewandte Instrumentarien sind eine flexible Arbeitszeitgestaltung sowie die Möglichkeiten von Telearbeit und mobilem Arbeiten. Auch zukünftig wird sich die Thüringer Justiz als familienfreundlicher Arbeitgeber verstehen und bestrebt sein, die Attraktivität weiter zu stärken. Dies ist nicht nur zwecks Suche und Gewinnung von qualifiziertem Personal unerlässlich, sondern auch zur Schaffung von Arbeitsqualität und —zufriedenheit sowie zur langfristigen Bindung von Justizbediensteten. Aus diesem Grund wird unter anderem eine weitere Erhöhung der Heim- bzw. Telearbeitsplätze angestrebt. Seite 78 von 274 Frage 81: Welche Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten werden juristischen Berufseinsteigern im Thüringer Landesdienst geboten? Antwort: Da sich die Fragestellung auf juristische Berufseinsteiger bezieht, wird davon ausgegangen , dass der Fragesteller auf die beruflichen Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten im höheren Justizdienst abzielt. In diesem Sinne wird die Fragestellung beantwortet. Assessoren, die erfolgreich das Erste und Zweite juristische Staatsexamen absolviert haben, können sich, sofern sie die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, um eine Einstellung als Proberichter im Freistaat Thüringen bewerben. Proberichter durchlaufen während ihrer Probezeit verschiedene Stationen - in der Regel zwei - bei Gericht oder bei der Staatsanwaltschaft. Am Ende der Probezeit steht die Ernennung des Proberichters zum Richter auf Lebenszeit oder zum Staatsanwalt in das richterliche oder staatsanwaltliche Eingangsamt (Besoldungsgruppe R 1) an. Die Ernennung wird vollzogen, soweit der Proberichter die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ernennung auf Lebenszeit erfüllt. Während der Probezeit als auch nach Lebenszeiternennung besteht die Möglichkeit zur Fortbildung. Sowohl innerhalb als auch außerhalb von Thüringen werden zahlreiche und vielfältige Weiterbildungen angeboten, darunter insbesondere von der Deutschen Richterakademie mit Standorten in Wustrau und Trier. Speziell für Proberichter besteht im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit zudem die Gelegenheit , an so genannten Proberichtertreffen beim Thüringer Oberlandesgericht teilzunehmen , die einmal im Monat stattfinden und speziell für junge Berufseinsteiger konzipiert sind. Auch in den anderen Gerichtsbarkeiten sowie im Bereich der Staatsanwaltschaft bestehen vergleichbare Angebote für Nachwuchsjuristen. Richter oder Staatsanwälte können sich auf ausgeschriebene Beförderungsämter bewerben, die im Justiz-Ministerialblatt regelmäßig veröffentlicht werden. Die Auswahl unter mehreren Bewerbern erfolgt nach dem Grundsatz der Bestenauslese (Artikel 33 Abs. 2 GG). Aufstiegsmöglichkeiten bestehen entsprechend den in der Anlage 3 zur Thüringer Besoldungsordnung aufgeführten Beförderungsämtern. Ferner steht jungen Nachwuchsjuristen in Thüringen auch der Weg zum Notarberuf offen. Die Bewerber/innen sollten zumindest ein vollbefriedigendes und ein befriedigendes Staatsexamen nachweisen können und müssen sich zudem auch nach ihrer Persönlichkeit für das Amt eines Notars eignen. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen besteht im Rahmen des Bedarfs die Möglichkeit , als Notarassessor in den Vorbereitungsdienst des Freistaates Thüringen aufgenommen zu werden. Die Ableistung dieses Vorbereitungsdienstes als Notarassessor ist Voraussetzung für die spätere Ernennung zum Notar. Es werden jedoch stets nur so viele Notarassessoren eingestellt, wie entsprechend der Altersstruktur der amtierenden Notare und der Anzahl der zur Versorgung der Bevölkerung notwendigen Notarstellen später voraussichtlich als Notare bestellt werden können. Demgemäß erfolgt nur bei entsprechendem Bedarf eine Ausschreibung von Seite 79 von 274 Notarassessorenstellen durch das für Justiz zuständige Thüringer Ministerium. Diese Ausschreibung als Grundlage des Bewerbungsverfahrens wird jeweils in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) veröffentlicht. Die Auswahl und Einstellung der Bewerber für den Assessorendienst erfolgt in Abstimmung mit der Notarkammer Thüringen durch das für Justiz zuständige Ministerium in Thüringen. Während des Vorbereitungsdienstes gewinnt der Notarassessor praktische Erfahrungen durch die Ausbildung bei verschiedenen Notaren, die Übernahme von Notarvertretungen und Notariatsverwaltungen sowie Teilnahme an zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen. Der thüringische Notarassessor steht in einem öffentlich -rechtlichen Dienstverhältnis zum Freistaat Thüringen und erhält Bezüge, die denen eines Richters auf Probe angeglichen sind. Nach Ablauf der 3-jährigen Regelzeit kann sich der Notarassessor auf freiwerdende Notarstellen bewerben, die vom für Justiz zuständigen Thüringer Ministerium ausgeschrieben werden. Diese. Ausschreibung wird im Justiz-Ministerialblatt für Thüringen veröffentlicht. Frage 82: Wie viele Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte haben im Anfragezeitraum Erprobungen absolviert (bitte auch Geschlecht und Feststellungsentscheidung mitteilen)? Antwort: Auf Lebenszeit ernannte Richter und Staatsanwälte können an einem oberen Landesgericht bzw. bei der Generalstaatsanwaltschaft erprobt werden. Die Erprobung stellt ein Instrumentarium der Personalentwicklung dar. In diesem Sinne wird die Frage nachfolgend beantwortet. Die Gesamtanzahl der erfolgten Erprobungen im Berichtszeitraum sowie eine Unterteilung nach Geschlecht3 ist der anliegenden Übersicht zu entnehmen. Anzahl aufnehmende OST M W OLG 24 27 GSTA 12 10 LAG - 3 OVG - - LSG 10 11 FinG 1 - Gesamtergebnis 47 51 Für die Zeit der Erprobung werden die jeweiligen Richter und Staatsanwälte von ihrer Stammdienststelle zu einem oberen Landesgericht, in der Regel ist dies das soweit sich dieses aus der Geburtsurkunde ergibt Seite 80 von 274 Obergericht der Gerichtsbarkeit, in der der Richter ernannt ist, oder zur Generalstaatsanwaltschaft abgeordnet. Zum Ende der Abordnung wird eine Anlassbeurteilung erstellt. Diese hat sich an den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift über die Dienstliche Beurteilung von Richtern und Staatsanwälten zu orientieren. Das Ergebnis der Erprobung wird ausschließlich in der Beurteilung des Erprobten durch Vergabe jeweiliger Gesamt- und Einzelprädikate festgestellt und gewürdigt. Eine Erfassung der Ergebnisse der Erprobung erfolgt nicht. Frage 83: In wieweit wird bei Versetzungen während der Erprobungen die Vereinbarkeit von privaten Betreuungsverpflichtun gen und Beruf berücksichtigt? Antwort: Unter einer Versetzung ist die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer anderen Dienststelle bei demselben oder einem anderen Dienstherrn zu verstehen. Da einem Proberichter kein Amt übertragen wird, kann dieser während der Probezeit nicht versetzt werden. Frage 84: Welche Maßnahmen gewährleisten die Gesunderhaltung am Arbeitsplatz, zum Beispiel die Ausstattung des Arbeitsumfeldes mit Steh-Sitz-Tischen, ergonomisch anpassbare Möbel, arbeitsmedizinische Untersuchungen, Angebot eines betrieblichen Ein gliederungsmnagements et cetera (bitte nach Dienststellen unterteilen und mit konkreten Zahlen unterlegen)? Antwort: Alle Arbeitsplätze in den Gerichten und dem TMMJV sind mit höhenverstellbaren ergonomischen Schreibtischstühlen ausgestattet. Bis Ende 202i sollen alle Arbeitsplätze mit elektrisch höhenverstellbaren Schreibtischen ausgestattet sein. Arbeitsmedizinische Vorsorge erfolgt bzw. erfolgte im Rahmen der bis 2017 im EPI 0812 Titel 53802 und seit 2018 im Einzelplan 0503 Titel 53810 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement wird vorgenommen. In vielen Gerichten (u.a. in den Justizzentren von Erfurt, Gera, Jena, Mühlhausen, dem Sozialgericht Altenburg und teilweise den Sozialgerichten in Meiningen und Nordhausen) wurden Tageslichtlampen angeschafft. Die Beschaffung erfolgte nicht nach einem zentralen Rollout-Plan, sondern dezentral, teilweise nach Arbeitsplatzbegehungen . Zur Ausstattung der Justiz mit höhenverstellbaren Schreibtischen wird auf die Anlage 1 zu Frage 84, zum betrieblichen Eingliederungsmanagement auf die Anlage 2 zu Frage 84 verwiesen. Seite 81 von 274 Ergänzend ist anzuführen, dass auch das Gesundheitsmanagement Justiz der Gesunderhaltung am Arbeitsplatz dient, vgl. Ausführungen in der Antwort auf Frage 39: Frage 85: Erhalten Berufseinsteiger verbindliche Zusagen beispielsweise zu Anzahl der Rotationen , Planbarkeit der verschiedenen Einsatzstationen, Dauer der Erprobung, Einsatz im bereits angeeigneten Fachgebiet? Antwort: Proberichter durchlaufen nach ihrer Ernennung im Freistaat Thüringen regelmäßig mehrere Verwendungen bei Gericht und/oder bei einer Staatsanwaltschaft. Die Probezeit dient der Feststellung der Eignung für das richterliche oder staatsanwaltliche Eingangsamt(R 1). Da im Zeitpunkt der Einstellung nicht absehbar ist, wie sich die unterschiedlichen Bedarfe an den Gerichten und Staatsanwaltschaften entwickeln werden bzw. welche unvorhersehbaren Ereignisse personalwirtschaftliche Maßnahmen notwendig machen, können keine verbindlichen Zusagen zur Anzahl der unterschiedlichen Verwendungen und deren Einsatzorte gemacht werden. In der weit überwiegenden Anzahl von Fällen lernen die Proberichter während ihrer Probezeit indes zumeist zwei unterschiedliche Stationen kennen. Eine darüber hinausgehende weitere Rotation findet nur in wenigen und entsprechend begründeten Fällen statt. Da im Freistaat Thüringen derzeit über 90 Proberichter tätig sind, besteht eine gewisse personelle Flexibilität hinsichtlich Einsatzgebiet und -ort. Da über den konkreten Einsatz der Proberichter die Präsidien der Gerichte bzw. die Behördenleitung bei den Staatsanwaltschaften entscheiden, können ferner auch keine Zusagen im Hinblick auf eine bestimmte Fachrichtung gemacht werden. Die Lebenszeiternennung erfolgt bei erfolgreichem Verlauf der Probezeit derzeit regelmäßig im vierten Jahr des Proberichterjahres. Einer verbindlichen Zusage bedarf es insoweit nicht, da es eine diesbezügliche Verwaltungspraxis gibt. III. Umstellung der Thüringer Justiz auf den elektronischen Rechtsverkehr Frage 86: Wie gestaltet sich die Umstellung auf elektronisch gestaltete Arbeitsprozesse in der Thüringer Justiz qualitativ und zeitlich (bitte auch nach Dienststellen und einzuführenden Fachverfahren aufschlüsseln und die Umsetzungen der Ein führungsphasen darstellen)? Antwort: In der Thüringer Justiz sind bereits elektronisch gestaltete Arbeitsprozesse durch den Einsatz von Fachverfahren für die jeweiligen Aufgabenbereiche etabliert. Aktuell sind keine Fachverfahren in der Thüringer Justiz im Sinne der Frage einzuführen. Seite 82 von 274 Frage 87: In welcher Höhe wurden bisher Geldmittel zur Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr bereitgestellt und abgerufen? Antwort: Die Kosten sind im lT-Haushalt, Einzelplan 16, Kapitel 1605 veranschlagt. Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (BGBI. 1 2013, S. 3786 ff) datiert vom 10.10.2013 und trat hinsichtlich der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs zum 01.01.2018 in Kraft. Haushalterisch wurde die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs für die Thüringer Justiz ab 2016 eingeplant. In den Jahren 2008 bis 2015 wurden dementsprechend weder Mittel für den elektronischen Rechtsverkehr eingeplant noch aufgewandt . Seit 2016 sind Mittel für den elektronischen Rechtsverkehr in den Einzelplänen 05 und ab 2017 zusätzlich im Einzelplan 16 eingestellt. Diese umfassen jedoch den elektronischen Rechtsverkehr ebenso wie die elektronische Akte. Eine dezidierte Spezifizierung der lT-Kosten nach Ausgaben ausschließlich für die Umstellung auf den elektronischen Rechtsverkehr ist nicht möglich, zumal Ausgaben oft beiden Zwecken dienen. Folgende Mittel wurden insgesamt für elektronischen Rechtsverkehr und elektronische Akte eingeplant und aufgewandt: EP 05 Haushaltsjahr KapitellTitel/ATG Ansatz in € Ist in € 2016 050442703 1.192.400 576.526 2017 050442703 1.192.400 1.003.882 2018 0503 ATG 70 7.140.000 3.028.536 2019 0503 ATG 70 2.936.400 EP 16 Haushaltsjahr KapitellATG Ansatz in € Ist in € 2016 1605 ATG 70 1.797.000 1.717.378 2017 1605 ATG 70 2.067.700 751.542 2018 1605 ATG 70 3.959.400 2.412.391 2019 1605 ATG 70 4.829.000 Frage 88: Wie bewertet die Landesregierung die Akzeptanz der Bediensteten für laufende und bevorstehende Projekte des elektronischen Rechtsverkehrs? Antwort: Aktuell läuft der elektronische Rechtsverkehr in Form des zusätzlichen elektronischen Eingangskanals wie vom Bundesgesetzgeber vorgeschrieben. In der Praxis der Gerichte und Staatsanwaltschaften wurde dafür ein neues lT-Verfahren eingeführt , welches bis zum Jahr 2026 auch die Funktionen der elektronischen Akte abdecken soll. Seite 83 von 274 Die Akzeptanz für dieses Verfahren gestaltete sich im Verlauf der Unterstützungsmaßnahmen gut. Insbesondere wurden die Bediensteten auf verschiedenen Wegen informiert, wurden Schulungen durchgeführt und Handreichungen zur Verfügung gestellt sowie die Service-Hotline erweitert. Der elektronische Posteingang dient aktuell am ehesten den beruflichen Einreichern (insbesondere Rechtsanwälten), indem für diese der Aufwand von Ausdrucken und Postversand entfällt. Da noch keine elektronische Aktenführung eingeführt wurde, bedeutet der elektronische Eingangsweg für Poststelle und Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften Mehraufwand durch Ausdrucken und Anpassung von Arbeitsabläufen neben den anderen weiter bestehenden Eingangswegen. Insbesondere das Nebeneinander von Papier und digitalen Medien (Medienbruch) führt derzeit noch zu Mehraufwand. Für Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger ist Mehraufwand im Rahmen der Prüfung der Eingänge auf Signatur und Wirksamkeit entstanden. Gleichwohl konnten sich die Bediensteten auf die neuen Anforderungen einstellen, so dass auch eine merkliche Entspannung eintritt. Der noch einzuführende elektronische Postausgang kann hingegen eine Erleichterung neben dem zuvor gestiegenen Aufwand bringen. Dann wird der Aufwand des Nachdrucks von Mehrfertigungen wieder entfallen. Erst mit Einführung der elektronischen Aktenführung können letztlich die Abläufe optimiert werden. Diese Gesichtspunkte werden laufend im Lichte von Akzeptanz- und Schulungsmanagement aufgenommen , bewertet und bearbeitet. Frage 89: Wie bewertet die Landesregierung den Medienaustausch zwischen den Akteuren in der Justiz (bitte unterteilen in Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte, Rechtsanwälte und andere Beistände, Sachverständige et cetera)? Antwort: Das derzeit noch meistgenutzte Trägermedium für den Informationsaustausch ist das Papier. Bei der Übersendung von Datenträgern wie CD-R, DVD-R, USB-Sticks, Speicherkarten und dergleichen muss der Absender immer damit rechnen, dass der Empfänger sie mangels erforderlicher Hardware oder aufgrund geltender IT- Sicherheitsbestimmungen nicht einlesen kann. Der Gesetzgeber sieht elektronischen Rechtsverkehr über Datenleitungen auf bestimmten Kanälen in konkret bestimmten Formaten vor, sodass keine körperlichen Medien mehr ausgetauscht werden müssen. Diese Kanäle nutzen die OnlineServiceComputerinterface (OSCI)- verschlüsselte EGVP-Infrastruktur der Justiz. Dabei benutzen Staatsanwaltschaften und Gerichte sogenannte Elektronische Gerichts- und Verwaltungsposffächer (EGVP), die Polizei ebenso wie andere Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts besondere elektronische Behördenpostfächer (beBPo), Rechtsanwälte besondere elektronische Anwaltspostfächer (beA) und Notare besondere elektronische Notarpostfächer (beN). Diese Postfächer unterscheiden sich vor allem darin, wer den zugehörigen Verzeichnisdienst betreibt und wer die Posifachinhaber sicher identifiziert, damit alle Teilnehmer am Rechtsverkehr sicher sein können, dass derjenige , der als Inhaber des Postfachs angegeben ist, auch wirklich der Inhaber ist. Für andere als die genannten Posifächer gibt es derzeit ein solches ldentifizierungsverfahren nicht, sodass andere Beistände, Sachverständige und Bürger ihre Identität als Postfachinhaber noch nicht hinreichend beweisen können. Sie können aber De-Mail nutzen. Die Infrastruktur für den elektronischen Rechtsverkehr ist in Seite 84 von 274 ihrer derzeitigen Ausprägung für Bürger schwer zugänglich. Postfächer lassen sich allenfalls durch versierte Benutzer einrichten und korrekt bedienen. Im Ergebnis ist die derzeitige Umsetzung nicht praxistauglich und wird von Bürgern daher auch eher zurückhaltend genutzt. Eine der Ursachen dafür sind die zu strengen Vorgaben des Gesetzgebers. Dieser hat die Anforderungen an die Authentizität für elektronische Nachrichten im Vergleich zur daneben zulässigen Übermittlung in Papierform sehr hoch gesetzt. Allerdings werden die Vorteile der elektronischen Kommunikation nur voll nutzbar sein, wenn Medienbrüche vermieden werden, insbesondere also alle Beteiligten elektronisch kommunizieren. Die elektronischen Kommunikationskanäle sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Die andere betrifft die Formate, denn elektronische Datenübertragung bringt nur dann etwas, wenn der Empfänger die Daten lesen und weiterverarbeiten kann. Hier fehlt es an verbindlichen einheitlichen, bundesweiten Standards. Für Einzeldokumente sind .die Formate PDF und TIFF vorgegeben, auch gibt es normierte XML-Strukturdatensätze für Metadaten zu den Dokumenten. Praktisch lassen sich also nur Texte und (Stand-)Bilder in einer Weise übertragen, dass der Empfänger sie auch sicher öffnen kann. Weitergehende Chancen der Digitalisierung, den Begriff der Akte neu zu denken und z. B. auch Videos, Audiodateien, Tabellenkalkulation und dergleichen zu Akteninhalten (und nicht bloß Beweismitteln) zu machen, bleiben bisher ungenutzt. Initiativen, daran etwas zu ändern, müssten auf Bundes- oder noch besser auf Europaebene erfolgen, um entsprechende Standards vorzugeben. Frage 90: Wie beziffert und bewertet die Landesregierung Effizienzgewinne und -verluste durch die Umstellung auf elektronisch geführte Arbeitsprozesse in der Justiz? Antwort: Als elektronisch geführte Arbeitsprozesse werden Fachverfahren, elektronische Register , der elektronische Rechtsverkehr sowie die elektronische Aktenführung im Sinne der Frage definiert. Zunächst bringen alle elektronisch geführten Arbeitsprozesse Mehraufwand für die Bediensteten mit sich. Insbesondere sind an dieser Stelle Umstellungsaufwände und geänderte Anforderungen an die Datenpflege zu erwähnen . Es kommen jedoch merkliche Gewinne für Anwender duröh leichtere Durchsuchbarkeit, Nutzbarkeit von Vorlagen, Kopierbarkeit von Texten usw. hinzu. Derartige Effizienzgewinne werden bei elektronischen Fachverfahren bzw. bei elektronischer Aktenführung eher zu verzeichnen sein. Ab Einführung der elektronischen Aktenführung wird der Zu- und Abtrag elektronisch erfolgen und somit zu Effizienzgewinnen führen. Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs sind bis dahin keine Effizienzgewinne zu verzeichnen bzw. unterliegen derzeit noch den Effizienzverlusten (siehe Antwort zu Frage 88). Im Ergebnis erscheint es verfrüht, Bewertungen über die Entwicklung der Effizienz elektronisch geführter Arbeitsprozesse zu treffen. Frage 91: Wie verteilt sich das mit der Umsetzung auf elektronisch geführte Arbeitsprozesse betraute Personal auf Fachunternehmen, Fachbedienstete und sonstige Justizangehörige (bitte nach Dienststellen aufteilen)? Seite 85 von 274 Antwort: Zur Beantwortung dieser Frage sind die Verteilungen aus dem im Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz ansässigen Projektbüro, dem IT- Team des Ministeriums und der eAkten-Sachbearbeitung des Ministeriums zu berücksichtigen . Es wird angenommen, dass alle in diesen Organisationseinheiten tätigen Bediensteten als Fachbedienstete zu betrachten sind, Im Weiteren wird davon ausgegangen, dass alle lT-gestützten Arbeitsprozesse als elektronisch geführte Arbeitsprozesse zu bewerten sind und daher alle durch Fachunternehmen und Fachbedienstete geleisteten Tätigkeiten für die lT-Landschaft des Ministeriums zu betrachten sind. Insofern eraibt sich folaende Verteilun UnuriT 0 nicht lT % 0 nur lT 0 Firma Für den Geschäftsbereich wird die Frage wie folgt beantwortet: Unter Fachunternehmen werden sämtliche justizfremde Personen subsumiert. In Thüringen sind Fachverfahren im Einsatz, welche in diversen (Länder-) Entwicklungsverbünden entwickelt, gepflegt und unterstützt werden. Für die Thüringer Justiz sind diverse Fachunternehmen tätig. Hierbei handelt es sich um juristische Personen , welche auf vertraglicher Grundlage, justizspezifische Fachanwendungen entwickeln, pflegen und supporten. Darüber hinaus ist das Thüringer Landesrechenzentrum als Fachunternehmen für die Thüringer Justiz tätig. Das konkret betraute Personal der jeweiligen Fachunternehmen ist nicht bekannt. Unter Fachbediensteten wird ausschließlich mit lT-Aufgaben betrautes Personal der Justiz subsumiert, deren Stammdienstelle das Thüringer Oberlandesgericht ist oder welche zu 100% dorthin abgeordnet sind. Eine Differenzierung zwischen Daueraufgaben und befristeten Aufgaben wird nicht vorgenommen. Aktuell sind 73 Fachbedienstete in der Thüringer Justiz tätig (Stand 31.05.2019). Unter sonstigen Justizangehörigen wird das Personal der Justiz subsumiert, welche nur zu einem Anteil mit lT-Aufgaben betraut ist, deren Stammdienstelle nicht das Thüringer Oberlandesgericht ist und welche eine Teilabordnung an das Thüringer Oberlandesgericht haben. Die Teilabordnungen decken hierbei ein Spektrum von 0,05 bis 0,8 Arbeitskraftanteilen ab. Es sind aktuell 52 sonstige Justizangehörige in der Thüringer Justiz tätig (Stand 31.05.2019). Seite 86 von 274 Frage 92: Wann steht allen Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten die e-Akte am Arbeitsplatz, im Sitzungssaal, beim Ortstermin und am häuslichen Arbeitsplatz zur Verfügung? Antwort: Das eAktensystem ermöglicht sowohl eine online- als auch eine offline-Bearbeitung elektronischer Akten. Alle Entscheider werden im Verlaufe des Projektes mit mobilen Clients ausgestattet (z.B. Notebook), mit welchem sie ortsunabhängig am Arbeitsplatz , im Sitzungssaal, beim Ortstermin oder am häuslichen Arbeitsplatz mit elektronischen Akten spätestens ab 01. Januar 2026 arbeiten können. Frage 93: Wie ist der Stand der technischen Ausrüstung zum Einsatz von Videokonferenzen gemäß § 128a Zivllprozessordnung (ZPO) und inwieweit wird von diesen rechtlichen und technischen Möglichkeiten in der Thüringer Justiz Gebrauch gemacht (bitte nach Dienststellen aufschlüsseln)? Antwort: Die Justizzentren(*) in Gera, Erfurt, Jena, Meiningen und Mühlhausen sind mit jeweils zwei Raum-Videokonferenzsystemen vom Typ Polycom HDX 7000 ausgestattet . Das Landgericht Erfurt besitzt zwei Raum-Videokonferenzsysteme vom Typ Polycom EduCart 500. Alle Systeme bestehen aus einer Konferenz-Unit (Rechnersystem) und einem bzw. zwei 42 Zoll Monitoren. Die Systeme sind mobil innerhalb der aufgeführten Dienststellen in verschiedenen Räumlichkeiten nutzbar. Darüber hinausgehende Ausstattungen an anderen Dienststellen der Thüringer Gerichtsbarkeiten gibt es aktuell nicht. Für den Betrieb dieser Videokonferenzsysteme gibt es im Justizzentrum Jena eine zentrale Management- bzw. Registrierungskomponente vom Typ Polycom CMA 4000 und eine Konferenzbrücke vom Typ Polycom RMX 1500. Die Managementkomponente (Server) dient der Registrierung und Verwaltung der Videokonferenzsysteme . Die Konferenzbrücke, ebenfalls ein eigenes Serversystem, bietet den Nutzern der Konferenzsysteme in den Justizzentren virtuelle Konferenzräume für selbst bzw. fremd initiierte Videokonferenzen. Es sind sowohl Punkt zu Punkt- als auch Mehrpunkt-Konferenzen realisierbar. Für die Anbindung dieser Infrastruktur an das Internet sind entsprechende Firewalls verantwortlich. Sie gewährleisten die gesamte ein- und ausgehende Datenkommunikation zwischen dem Corporate Network (CN, Landesdatennetz) und dem Internet. Die Erreichbarkeit der Thüringer Justiz über ihre öffentliche Internetadresse (öffentliche IP-Adresse) ist somit gegeben. Die Nutzung bzw. Frequentierung der Videokonferenztechnik an den genannten Standorten erfolgt in unterschiedlicher Ausprägung. In den meisten Nutzungsfällen handelt es sich um Videokonferenzen aufgrund in- bzw. ausländischer Amts- bzw. - Rechtshilfeersuchen in Straf- und Zivilsachen. Weitere, seltene Anwendungsfälle gibt es in Strafverfahren bei der Vernehmung von Polizeikräften, deren Identität geheim bleiben soll (sogenannte „verdeckte Ermittler'). Auch die Vernehmungen von Verfahrensb.eteiligten per Videokonferenz aus einem anderen Raum in einen Sitzungssaal (z.B. Kinder in Missbrauchsfällen) werden des Öfteren praktiziert. Seite 87 von 274 (*)Dienststellen der Justizzentren Justizzentrum Gera Landgericht Gera Amtsgericht Gera Verwaltungsgericht Gera Arbeitsgericht Gera Staatsanwaltschaft Gera Justizzentrum Erfurt Amtsgericht Erfurt Thüringer Landessozialgericht Thüringer Landesarbeitsgericht Arbeitsgericht Erfurt Staatsanwaltschaft Erfurt Justizzentrum Jena Thüringer Oberlandesgericht Amtsgericht Jena Thüringer Generalstaatsanwaltschaft Justizzentrum Meiningen Landgericht Meiningen Amtsgericht Meiningen Verwaltungsgericht Meiningen Sozialgericht Meiningen Staatsanwaltschaft Meiningen Justizzentrum Mühlhausen Landgericht Mühlhausen Staatsanwaltschaft Mühlhausen IV. Ausbildung Frage 94: Wie viele Studenten haben im Freistaat im Anfragezeitraum den Studiengang Rechtswissenschaften mit dem ersten Staatsexamen abgeschlossen (bitte auftellen in Prüfungsdurchgänge und Abschlussnoten)? Antwort: Die Zahl der Studierenden, die in den Jahren 2008 bis 2018 im Freistaat Thüringen den Studiengang Rechtswissenschaft mit dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen haben, ist der als Anlage zu Frage 94 beigefügten Übersicht zu entnehmen. Frage 95: Wie viele Referendare wurden in Thüringen in den juristischen Vorbereitungsdienst im Anfragezeitraum eingestellt (bitte aufteilen nach Einstellungsdurchgängen)? Seite 88 von 274 Antwort: Die Zahl der in den Jahren 2008 bis 2018 in Thüringen eingestellten Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare ist der als Anlage zu Frage 95 beigefügten Übersicht zu entnehmen. Frage 96: Wie viele Referendare haben im Anfragezeitraum den juristischen Vorbereitungsdienst mit dem Zweiten Staatsexamen abgeschlossen (bitte auftellen nach Prüfungsdurchgang und A bschlussnote) ? Antwort: Die Zahl der Referendare/Referendarinnen, die in den Jahren 2008 bis 2018 im Freistaat Thüringen den Vorbereitungsdienst mit dem 2. Staatsexamen abgeschlossen haben, ist der als Anlage zu Frage 96 beigefügten Übersicht zu entnehmen; Frage 97: In wie vielen Fällen wurde die Ausübung einer entgeltlichen Nebentätigkeit gemäß § 42 Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung (ThürJAPO) beantragt und genehmigt (bitte auch nach Ausblldungsstationen auftellen)? Antwort: Der Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts, der gemäß § 42 Abs. 4 ThürJAPO für die Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen zuständig ist, hat hierzu Folgendes mitgeteilt: Beim Thüringer Oberlandesgericht werden grundsätzlich lediglich diejenigen Anträge von Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren zur Genehmigung von Nebentätigkeiten erfasst, die bewilligt wurden, sodass zur Gesamtzahl der o.a. Anträge sowie zur Zahl der Ablehnungen keine Angaben gemacht werden können. Auch die erbetene Aufteilung nach Ausbildungsstationen kann nicht erfolgen, da diese nicht erfasst wurden. Die Daten für das Jahr 2008 können nicht mehr ermittelt werden, da sie bereits gelöscht wurden. Im Jahr 2016 wurden keine Erhebungen über Nebentätigkeitsgenehmigungen durchgeführt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Zahl der in den Jahren 2008 bis 2018 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen wie folgt dar: Jahr Zahl der Nebentätigkeitsgenehmigungen 2008 nicht bekannt (Daten bereits gelöscht) 2009 16 2010 24 2011 26 2012 18 2013 26 2014 28 Seite 89 von 274 2015 63 2016 nicht bekannt (keine Erhebung erfolgt) 2017 29 2018 36 Frage 98: In wie vielen Fällen wurde eine Stationsvergütung gewährt? Antwort: Zur Vermeidung von Missverständnissen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass unter Stationsvergütungen zusätzliche Vergütungen zu verstehen sind, die Ausbildungsstellen Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren - insbesondere während der Anwalts- und/oder Wahlstation - freiwillig und ohne Rechtsgrund, d.h. ohne dass es sich hierbei um eine über den Ausbildungszweck hinausgehende Nebentätigkeit handelt, anbieten. Davon zu unterscheiden sind zusätzliche Vergütungen, die den Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren für über den üblichen Ausbildungsumfang hinaus, im Wege einer - vom Thüringer Oberlandesgericht genehmigten - Nebentätigkeit übernommene zusätzliche Tätigkeiten gewährt werden. Seit dem Einstellungstermin Mai 2016 ist es den Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren untersagt, zusätzliche Stationsvergütungen anzunehmen. Dies liegt auch darin begründet, dass in solchen Fällen neben dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis keine weitere abgrenzbare Beschäftigung oder Tätigkeit gegeben ist, daher der Freistaat Thüringen alleiniger Arbeitgeber der Rechtsreferendare bleibt und demzufolge ausschließlich das Land verpflichtet ist, Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Ob und ggf. in wie vielen Fällen in den Jahren 2008 bis April 2016 Stationsvergütungen gewährt wurden, ist nicht bekannt, zumal insoweit keine Erhebungen durchgeführt wurden. Die Zahlung von Stationsvergütungen beruhte vielmehr auf Vereinbarungen der Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare mit den jeweiligen Ausbildungsstellen. Die personalaktenführenden Behörden erhielten keine Kenntnis von den vereinbarten zusätzlichen Vergütungen. Frage 99: In wie vielen Fällen wurden welche Formen von Nachtellsaus gleichen gewährt (bitte auftellen nach Staatsexamen, Prüfungsdurchgang und Abschlussnote)? Antwort: Die mit der Frage erbetenen Angaben sind der als Anlage zu Frage 99 beigefügten Übersicht zu entnehmen. Frage 100: Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zum sogenannten Computerexamen und wie bewertet sie die Anwendbarkeit in Thüringen? Seite 90 von 274 Antwort: Die Landesregierung befürwortet ein sog. „Computerexamen', das sie im Einklang mit der Einführung der elektronischen Akte und des elektronischen Rechtsverkehrs in den Gerichten und Staatsanwaltschaften im Rahmen der folgenden Maßgaben als geboten erachtet. Die juristischen Staatsexamina sind inhaltlich und organisatorisch auf die juristische Berufspraxis ausgerichtet. So dient die erste Staatsprüfung im Sinne des § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) der Feststellung, ob der Kandidat über die notwendigen Kenntnisse verfügt und die wissenschaftlichen Arbeitsmethoden beherrscht , um den Anforderungen des juristischen Vorbereitungsdienstes zu entsprechen . Die zweite Staatsprüfung dient unter anderem der Feststellung, ob der Rechtsreferendar fähig ist, einen Vorgang in beschränkter Zeit und mit begrenzten Hilfsmitteln zu erfassen und für seine rechtliche Lösung in den üblichen Formen der Rechtspraxis einen überzeugend begründeten Vorschlag zu machen. Diese in § 1 Abs. 2 sowie § 47 der Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung (ThürJAPO) niedergelegten Ziele der Prüfung verhalten sich mit den darin enthaltenen Hinweisen auf die Wissenschaftlichkeit der Arbeitsmethoden, die Begrenzung der zuzulassenden Hilfsmittel und die üblichen Formen der Rechtspraxis auch zu den für die Prüfungen in Betracht kommenden Hilfsmitteln. Es sind danach solche Hilfsmittel zulässiger Weise einsetzbar und zuzulassen, die im Bereich rechtswissenschaftlichen Arbeitens, aber auch in der Rechtspraxis, üblich und dienlich sind. Dem entsprechend wird ein Einsatz von Computern als elektronisches Hilfsmittel zunächst in der zweiten Staatsprüfung angezeigt sein, wenn auch in der Rechtspraxis ein Übergang auf papierlose, elektronische Aktenbearbeitungssysteme erfolgt ist und Rechtsreferendare in einer solchen Umgebung ausgebildet werden können. Ziel eines Einsatzes von Computern als Hilfsmittel zur Erstellung insbesondere der Aufsichtsarbeiten kann nur sein, die Prüfungsleistung als Teil eines elektronischen, papierlosen Prüfungsverfahrens, das ohne weitere Medienbrüche gestaltet ist, abzuverlangen . In einem solchen Prüfungsverfahren sollte bereits die Prüfungsaufgabe in elektronischer Form abrufbar sein, das Prüfungsergebnis sollte in Form eines elektronischen Dokuments auf gleichem Weg an die Prüfer verteilt und von diesen zurück an das Prüfungsamt übermittelt werden. Eine derartige Gestaltung der Prüfung dürfte dann möglich - und aus Rechtsgründen auch unumgänglich - sein, wenn sich elektronische Aktenbearbeitung und elektronischer Rechtsverkehr in Thüringen etabliert haben werden. Allerdings genügt es für ein sog. „Computerexamen', d.h. die Bearbeitung juristischer Aufgabenstellung mit elektronischen Mitteln, nicht, die sich aus einem in Papierform ausgeteilten Aufgabentext ergebende Prüfungsleistung mit einem Computer in Form einer Datei zu erstellen, die dann ausgedruckt an die Korrektoren postalisch übersandt und von diesen auf dem gleichen Weg an das Prüfungsamt zurückgeschickt wird. Ein „Computerexamen" muss, um den vorstehend beschriebenen Anforderungen der papierlosen Praxis zu genügen, mehr sein als der Ersatz von Papier und Stift durch einen Computer. Die Länder bereiten den Einsatz von Computern in den juristischen Prüfungen seit 2015 in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, in der auch das Thüringer Justizprüfungsamt vertreten ist, und in der insbesondere die technischen Einzelheiten abgestimmt werden, vor. Hierbei ist besonders zu berücksichtigen, dass nach § 5d Abs. 1 2 DRiG bei den juristischen Prüfungen die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen zu gewährleisten ist. Die Länder sind zudem der Auffassung, dass Seite 91 von 274 das Abverlangen einer auf elektronischem Weg verfassten Prüfungsleistung einer besonderen Rechtsgrundlage bedarf. Ein dahingehender Regelungsvorschlag zur Ergänzung des Deutschen Richtergesetzes wird derzeit mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz abgestimmt. Frage 101: Wie stellt sich die Arbeitsbelastung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte durch die Beteiligung an der juristischen Ausbildung dar? In wieweit wird AuiWandsausgleich gewährt? Antwort: Hinsichtlich der Arbeitsbelastung der Richter sowie der Staatsanwälte durch die Beteiligung an der Ausbildung von Rechtsreferendaren ist wie folgt zu unterscheiden : Soweit diese als Arbeitsgemeinschaftsleiter (AG-Leiter) im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes tätig sind, erfolgt dies im Rahmen einer Nebentätigkeit, die vergütet wird. Die Lehrvergütung beträgt je Unterrichtsstunde mit einer Dauer von 45 Minuten 25,00 Euro. Für die Korrektur einer Aufsichtsarbeit wird eine Vergütung in Höhe von 10,00 Euro gezahlt. Zum zeitlichen Umfang der Arbeitsgemeinschaften ist Folgendes zu bemerken: In den ersten drei Pflichtstationen (Zivilstation, Verwaltungsstation, Strafrechtsstation ) und in den ersten fünf Monaten der Rechtsanwaltsstation sind sachlich zugeordnete Arbeitsgemeinschaften abzuhalten. Diese Regelarbeitsgemeinschaften sollen während mindestens sechs Unterrichtsstunden von je 45 Minuten an einem Tag pro Woche stattfinden. Zu Beginn der Ausbildung in den Pflichtstationen finden Einführungsarbeitsgemeinschaften statt, und zwar in Zivil- und Verwaltungssachen je zehn Arbeitstage, im Übrigen je fünf Arbeitstage. Diese Arbeitsgemeinschaften sollen während mindestens fünf Unterrichtsstunden von je 45 Minuten pro Tag stattfinden . Während der dreimonatigen Wahlstation wird eine Arbeitsgemeinschaft zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung eingerichtet. Darüber hinaus werden für den Klausurenkurs zur Vorbereitung auf die zweite juristische Staatsprüfung, für zusätzliche Aus- und Fortbildungsangebote für Rechtsreferendare (z. B. Europarechtslehrgang, lntensivkurs zur Wiederholung strafrevisionsrechtlicher Fragen) sowie für den Ergänzungsvorbereitungsdienst (betrifft und Rechtsreferendare, die beim ersten Versuch die zweite juristische Staatsprüfung nicht bestanden haben) weitere AG-Leiter benötigt. Hinsichtlich der Arbeitsbelastung ist zu beachten, dass nicht selten mehrere Personen die Leitung derselben Arbeitsgemeinschaft zeitversetzt übernehmen und jeweils in gegenseitiger Absprache einzelne Unterrichtsbeiträge gestalten bzw. im Rahmen des Klausurenkurses einen Teil der Aufsichtsarbeiten aus den verschiedenen Rechtsgebieten (Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht) korrigieren. Seite 92 von 274 Die Arbeitsgemeinschaften während der Rechtsanwaltsstation werden im Regelfall von einem Richter geleitet, der jeweils mehrere Rechtsanwälte als sog. Kooperationspartner hinzuzieht. Bei Letzteren handelt es sich um Fachanwälte, die auf ein bestimmtes Fachgebiet (z.B. Sozialrecht, Familienrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht ) spezialisiert sind. Die Arbeitsbelastung im Rahmen der Einzelausbildung ist abhängig von der Motivation und den juristischen Fähigkeiten des Rechtsreferendars. Ein Aufwandsausgleich wird insoweit nicht gewährt. Allerdings wird der Aufwand für die Stationsausbildung in unterschiedlichem Umfang in der Personalbedarfsberechnung berücksichtigt . Beispielsweise wird hierfür am Landgericht Erfurt ein Personalbedarf zwischen 0,6 und 1 Person pro Jahr ausgewiesen. Zum zeitlichen Umfang der Einzelausbildung ist auf Folgendes hinzuweisen: Üblicherweise werden zwei bestimmte Wochentage vereinbart, an denen zu erledigende bzw. bereits bearbeitete Aufgaben meistens im Dienstzimmer des jeweiligen Einzelausbilders erörtert werden und der Referendar an den Sitzungen teilnimmt. Außerdem müssen von den Auszubildenden verfasste Entwürfe (insbesondere von Urteilen, Beschlüssen, Anklagen, Einstellungsverfügungen etc.) korrigiert, bewertet und besprochen werden. Schließlich sind Aktenvorträge an Auszubildende auszugeben , mit diesen zu erörtern und zu bewerten. Während die Beiträge leistungsstarker Rechtsreferendare mitunter ganz oder zumindest größtenteils in richterliche Entscheidungen bzw. staatsanwaltschaftliche Verfügungen übernommen werden können, ist die Betreuung leistungsschwacher Kandidaten - insbesondere derjenigen, die sich im Ergänzungsvorbereitungsdienst befinden - wegen der Wissenslücken regelmäßig mit einem deutlich höheren Zeitaufwand verbunden. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass diejenigen Rechtsreferendare , die während der Strafrechtsstation der Staatsanwaltschaft zur Ausbildung zugewiesen sind, nach entsprechender Einarbeitungszeit selbständig den Sitzungsdienst beim Amtsgericht (Zuständigkeit des Strafrichters) wahrnehmen, was eine Entlastung der Amtsanwälte zur Folge hat. Bei der Arbeitsbelastung sowohl der AG-Leiterinnen und AG-Leiter als auch der Einzelausbilderinnen und Einzelausbilder darf schließlich nicht außer Acht bleiben, dass nach Ablauf der Ausbildungsstationen über die von den Rechtsreferendarinnen /den Rechtsreferendaren erbrachten Leistungen jeweils ein Zeugnis zu erstellen ist. Frage 102: Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur hauptamtlichen Beschäftigung von Referendarausbildem? Antwort: Der Einsatz hauptamtlicher AG-Leiter im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes des Freistaats Thüringen wäre nur bei einer hohen Anzahl von Rechtsrefe- Seite 93 von 274 rendaren in allen vier Landgerichtsbezirken (Erfurt, Gera, Meiningen und Mühlhausen ) und nur für den Fall, dass nahezu täglich Arbeitsgemeinschaften in mehreren Ausbildungsstationen abgehalten werden müssten, angezeigt und vertretbar. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass hauptamtliche AG-Leiter, die im Regelfall auf ein Rechtsgebiet (Zivilrecht, Strafrecht oder Öffentliches Recht) spezialisiert sind, jeweils in allen vier o.a. Landgerichtsbezirken Arbeitsgemeinschaften abhalten müssten und zu diesem Zweck zahlreiche Dienstreisen anfallen würden. Unter diesen Voraussetzungen dürfte es auch nicht ohne Weiteres möglich sein, eine ordnungsgemäße Vertretung für hauptamtliche AG-Leiter sicherzustellen, was jedoch nicht nur während deren urlaubsbedingter Abwesenheit, sondern insbesondere bei unvorhersehbaren krankheitsbedingten Ausfällen unerlässlich wäre. Angesichts der relativ geringen Zahl der in Thüringen auszubildenden Rechtsreferendare wird die Leitung der Arbeitsgemeinschaften daher ausschließlich nebenamtlich und überwiegend von vor Ort befindlichen Justizbediensteten wahrgenommen, die erforderlichenfalls auch in Vertretungsfällen zum Einsatz kommen können. Frage 103: Welche Reform vorhaben bearbeitet die Landesregierung zu den Themen der juristischen Ausbildung, Prüfungspraxis und Nachwuchsgewinnung? Antwort: Die Weiterentwicklung sowie die künftigen Ziele der juristischen Ausbildung und Prüfung sind Gegenstand mehrerer länderübergreifender Arbeitsgruppen. Ein auf diesem Weg sicherzustellendes gemeinsames Vorgehen der Länder und des Bundes ist unabdingbar, weil der Regelungsbereich der Juristenausbildung gern. Art. 74 Nr. 1 GG in der Regelungskompetenz des Bundes steht, der durch die Regelungen in den §§ 5 ff. des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) hiervon Gebrauch gemacht hat, dabei den Ländern aber weit reichende eigene Ausgestaltungsmöglichkeiten eingeräumt hat. In der Folge steht insoweit auch den Ländern in diesem Bereich eine eigene Gesetzgebungskompetenz zu (Art. 72 Abs. 1 GG). Gleichwohl ist nach der bundesrechtlichen Vorgabe in § 5d Abs. 1 S. 2 DRiG bei den juristischen Prüfungen aus Gründen der Gleichwertigkeit der Abschlüsse die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund hat sich der Ausschuss der Justizministerkonferenz zur Koordinierung der Juristenausbildung (K0A) in Arbeitsgruppen mit folgenden Themenfeldern zukünftigen Reformbedarfs befasst, die auch Thüringen zu Änderungen in der Juristenausbildung führen werden: Begrenzung und Harmonisierung des Pflicht- und Prüfungsstoffs Bewertung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung Weiterentwicklung und künftiges Leitbild der juristischen Ausbildung (,‚Jurist der Zukunft') Einführung einer elektronischen Klausur (elektronische Prüfung) Ausgehend von der Erkenntnis, dass sich bezüglich des Pflicht- und Prüfungsstoffs alle Regelungen der Länder in dem vom Deutschen Richtergesetz vorgegebenen Seite 94 von 274 Rahmen bewegen und in vielen Bereichen eine weitgehend bundeseinheitliche Vorgehensweise besteht, wurden Bereiche identifiziert, in denen die Chancengleichheit und Gleichwertigkeit der Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen jedenfalls berührt sind und eine weitere Harmonisierung wünschenswert erscheint. Hierzu hat der KoA eine zwischen den Ländern konsentierte Zusammenstellung des Pflicht- und Prüfungsstoffs erarbeitet, an der sich die landesrechtlichen Juristenausbildungsgesetze und Prüfungsordnungen orientieren sollen. Grundanliegen ist neben einer Harmonisierung eine quantitative Begrenzung des Pflichtstoffs, die Stärkung des exemplarischen Lernens sowie die Förderung des Erwerbs systematischer und methodischer Kompetenzen. Eine dahingehende Anpassung des Thüringer J uristenausbildungsgesetzes sowie der Thüringer Juristenausbildungs- und -prüfungsordnung (Thür- JAPO) wird erfolgen, sobald die zukünftige Ausgestaltung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung feststeht. Zur zukünftigen Ausgestaltung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung, einem weiteren Feld der aktuellen Reformdiskussion, ist eine abschließende Entscheidungslage zum Herbst 2019 zu erwarten. Der KoA hat hierzu festgestellt, dass zwar einige der mit der Einführung des Schwerpunktbereichsstudiums und der universitären Schwerpunktbereichsprüfung verbundenen Gesetzesziele erreicht worden seien. Allerdings sei die mit der Reform bezweckte Profilbildung der Universitäten nicht in dem Maße erfolgt, wie vom Gesetzgeber seinerzeit erhofft, da die Universitäten zwar eine große Zahl vielfältiger Schwerpunktbereiche geschaffen haben, aber eine Konzentration auf bestimmte Angebote unter Verzicht auf andere Bereiche oftmals nicht realisiert wurde. Der Zielerreichung seien zudem deutliche Fehlentwicklungen gegenüberzustellen, die in mehrfacher Hinsicht festzustellen seien. Diese beträfen in erster Linie die Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen und der Leistungsbewertung, die zu gewährleisten gesetzlich geboten ist (§ 5d Abs. 1 Satz 2 DRiG). Defizite in diesem Bereich erfordern daher nach Einschätzung des KoA zwingend eine Korrektur. Hinzu kommt, dass die Schwerpunktbereichsausbildung nach der Überzeugung des KoA auch erheblich zu Lasten der Ausbildung in den Pflichtfächern geht. Der KoA schlägt daher eine Vereinheitlichung der universitären Schwerpunktbereichsprüfung dahingehend vor, dass zwei oder drei Prüfungsleistungen, davon mindestens eine schriftliche, zu erbringen sind. Der Studienumfang im Schwerpunktbereich soll auf zehn bis 14 Semesterwochenstunden begrenzt werden. Vom Vorschlag einer Reduzierung des Einflusses der Prüfung auf das Gesamtergebnis der Prüfung, d.h. einer Reduzierung des Anteils der Note der universitären Schwerpunktbereichsprüfung an der Gesamtnote von 30 auf 20 vom Hundert, wurde Abstand genommen. Die abschließende Entscheidung über diese Vorschläge obliegt der Justizministerkonferenz im Herbst 2019. Nach deren Abschluss werden das Thüringer J uristenausbildungsgesetz (ThürJAG) und die ThürJAPO entsprechend anzupassen sein. Die Arbeitsgruppe des KoA „Jurist der Zukunft" befasst sich ergebnisoffen mit den „Zukunftsthemen" der Juristenausbildung. U ntersuchungsgegenstände sind die Attraktivität der volljuristischen Ausbildung, die Qualifikation der künftigen Juristinnen und Juristen und die Digitalisierung des Rechts und der Juristenausbildung. Aus diesen Bereichen soll ein Leitbild zukünftiger Juristenausbildung abgeleitet werden. Im Einzelnen sollen die Qualität von Lehre und Ausbildung und die Möglichkeiten, diese zu verbessern, um etwaige Abwanderungen in vermeintlich attraktivere Studi- Seite 95 von 274 engänge oder Ausbildungen zu vermeiden, beleuchtet werden. Hergestellt werden soll eine Verzahnung mit dem Schulbereich (Stichworte: „Schulfach Recht', „Rechtskunde", „Schülerpraktika") und der praktischen Studienzeit. In den Blick genommen werden soll auch die „Konkurrenz" durch die Bachelor- und Masterstudiengänge . Vor allem sollen die zukünftigen Berufsbilder der Juristen betrachtet werden. Mit Blick auf die Kompetenzen künftiger Juristen sollen die ggf. zusätzlichen, ggf. veränderten Anforderungen an die Juristenausbildung in der Zukunft abgeleitet werden . Aus den Ergebnissen dieser Untersuchungen wird ein derzeit noch nicht zu beschreibender Änderungsbedarf des rechtlichen Rahmens der Juristenausbildung folgen, zu dem sich Einzelheiten eventuell ab der Jahresmitte 2020 abzeichnen werden. Bezüglich der Einführung einer elektronischen Klausurbearbeitung wird auf die Beantwortung der Frage 100 verwiesen. Die elektronische Klausur wird - auch in qualitativer Sicht - die wesentlichste Änderung in der Prüfungspraxis mit sich bringen. Darüber hinaus richtet das Justizprüfungsamt seit längerer Zeit seine Aufmerksamkeit verstärkt auf die Zusammensetzung der Prüfungskommissionen der mündlichen Prüfungen, um die geschlechterbezogene Differenziertheit ebenso weiter zu verbessern, wie die Präsenz unterschiedlicher Berufsbilder aus Rechtspflege und Verwaltung. Die Thüringer Landesregierung misst der Attraktivität der Juristenausbildung in Thüringen einen hohen Stellenwert zur Nachwuchsgewinnung bei. Um diese zu steigern , wurde die monatliche Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare zum 1. Januar 2019 um 200 € auf nunmehr 1300 € erhöht. Thüringer Rechtsreferendaren wird während ihres Vorbereitungsdienstes der Zugang zur juristischen Datenbank Juris und zukünftig auch Beck-Online kostenfrei ermöglicht. Darüber hinaus wird zu wesentlichen Inhalten der Ausbildung ein E-Learning-System (ELAN-REF) zur Verfügung gestellt. Die Möglichkeit der Ableistung des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf, die durch einige Länder eröffnet wurde, um die Attraktivität des Vorbereitungsdienstes zu steigern, wird geprüft. Frage 104: Hat die Juristenausbildung seit dem Jahr 2014 inhaltliche Änderungen erfahren und wenn ja, welche? Antwort: Die universitäre Juristenausbildung (Studium der Rechtswissenschaften mit Abschluss Erste Prüfung) an der FSU Jena hat seit dem Jahr 2014 keine wesentlichen Änderungen erfahren; personelle Wechsel hatten keine Auswirkungen auf das Lehrangebot. Durch die Änderung der Zwischenprüfungsordnung (20. November 2015) hat sich bei der universitären Zwischenprüfung eine Änderung ergeben, die darin besteht, dass für das erfolgreiche Ablegen der Zwischenprüfung nun nur noch zwei statt drei zivilrechtliche Klausuren bestanden werden müssen. Im Rahmen der staatlichen Pflichtfachprüfung haben sich keine Änderungen ergeben . Seite 96 von 274 Seit Mai 2014 steht den Rechtsreferendaren des Freistaats Thüringen ein elektronisches Lernprogramm (ELAN-REF) zur Verfügung. Die Online-Lernsoftware umfasst die Module Zivilrecht und Strafrecht sowie seit Beginn des Jahres 2019 das neu entwickelte Modul Verwaltungsprozess. Jeder Rechtsreferendar erhält kurz vor seiner Einstellung vom Justizprüfungsamt seine persönlichen Zugangsdaten per E- Mau. Da die Erfahrungen mit dem NSU auch die Justiz zur intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema zwingen, wird seit dem Jahr 2014 eine Fortbildungsveranstaltung für Rechtsreferendare zum Thema Rechtsextremismus durchgeführt, um im Rahmen der Juristenausbildung den Bereich rechtsextrem motivierter Straftaten und Tatmotive angemessen zu berücksichtigen Schließlich haben die Rechtsreferendare seit dem Jahr 2015 die Möglichkeit, ca. zwei Monate vor dem schriftlichen Teil der zweiten juristischen Staatsprüfung einen lntensivkurs zur Wiederholung strafrevisionsrechtlicher Fragen zu besuchen. Frage 105: Welche Einstellungsanforderungen hält die Landesregierung in der Thüringer Justiz für unerlässlich, aber auch realistisch, um dem enormen Einstellungsbedarf der kommenden Jahre gerecht zu werden? Antwort: In den nächsten Jahren rechnet die Landesregierung mit einem Einstellungsbedarf von maximal 40 Richterinnen und Richtern auf Probe pro Jahr (siehe Antwort zu Frage 108). Die Einstellung erfolgt dabei nach dem Grundsatz der Bestenauslese, Art. 33 Abs. 2 GG, wobei in die Eignungseinschätzung sowohl die Ergebnisse beider Examina als auch das Ergebnis des mit dem Bewerber durchgeführten strukturierten Interviews einfließen. Die Landesregierung sieht sich nicht in der Lage, für die kommenden Jahre abstrakte Notengrenzen für die Einstellung von Richtern auf Probe vorab festzusetzen. Sie geht jedoch davon aus, dass es auch in den nächsten Jahren realistisch sein wird, von Bewerbern mindestens Examensergebnisse im Bereich des gehobenen Durchschnitts zu verlangen. Frage 106: Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um den erforderlichen Personalbestand ohne Qualitätseinbußen in den kommenden 15 Jahren vorhalten zu können? Antwort: Zur Sicherung des Personalbestands auch in den kommenden 15 Jahren hat die Landesregierung.in den letzten Jahren bereits verschiedene, der Personalgewinnung dienende Maßnahmen getroffen, die gute Erfolge zeigen und fortgeführt werden sollen. Insbesondere werden die Stellen für Richter auf Probe öffentlich ausgeschrieben . Auch die lnternetseite des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dessen Facebook-Auftritt werden genutzt, um potentielle Bewerberinnen und Bewerber auf die Thüringer Justiz als berufliche Perspektive aufmerksam zu machen. Daneben werden bereits in der Ausbildung junge Juristen auf die Berufsperspektiven in der Thüringer Justiz aufmerksam gemacht. Gezielt Seite 97 von 274 werden auch Personen angesprochen, die in Thüringen ausgebildet wurden, aber nicht in den hiesigen Justizdienst eingetreten sind. Zudem wurden bereits in den letzten Jahren Planstellen geschaffen, um zusätzliche Bewerber einstellen zu können . Hierdurch wird die Zahl der in künftigen Jahren einzustellenden Juristen entzerrt (siehe auch Antwort zu Frage 108). Frage 107: Wie hat sich das Verhältnis der Referendareinstellungen zu den Planstellen an Gerichten , Staatsanwaltschaften und sonstigen Behörden seit dem Jahr 2008 entwickelt ? Antwort: Das Verhältnis der Referendareinstellungen zu Planstellen in den Jahren 2008 bis 2018 ist der als Anlage zu Frage 107 beigefügten Übersicht zu entnehmen. Die Zahl der Planstellen wurde den Haushaltsplänen der Jahre 2008/2009 bis 2018/2019 entnommen. Hierin enthalten sind die Planstellen für verbeamtete Kräfte der ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften, der Arbeits-, der Verwaltungs-, der Sozial- und der Finanzgerichtsbarkeit, die Planstellen des TMMJV, des Justizprüfungsamtes , der Beauftragten für die Migration sowie die Planstellen des Justizvollzugs (Spalten G und H). Da die Rechtsreferendare in der Regel als Richter auf Probe in den Thüringer Justizdienst eintreten, sind in Ergänzung der Anfrage in den Spalten 1 und J ausschließlich die Planstellen für Richter und Staatsanwälte sowie das Verhältnis Referendare zu diesen Planstellen aufgeführt. Frage 108: Wie bewertet die Landesregierung eine Feststellung des Deutschen Richterbundes in der Publikation "Die personelle Zukunftsfähigkeit der Justiz in der Bundesrepublik Deutschland" (Stand: April 2017), die angesichts der in den neuen Ländern verhältnismäßig niedrigen Quote von Prädikatsexamen im Zweiten Staatsexamen die Nach wuchssituation in den neuen Bundesländern als "katastrophal" bezeichnet? Antwort: Die in der Frage enthaltene Bewertung wird von der Landesregierung in dieser Form nicht geteilt. Durch das neue Thüringer Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Richter und Staatsanwälte im Landesdienst (ThürRiStAG) und die darin enthaltenen Ruhestandsregelungen konnte erreicht werden, dass die Anzahl der in den kommenden Jahren planmäßig zu ersetzenden Abgänge über einen längeren Zeitraum gestreckt wurde. Zudem wurden im Vorgriff auf zu erwartende Ruhestandseintritte bereits zusätzliche Planstellen geschaffen. Aufgrund dessen rechnet die Landesregierung mit maximal 40 einzustellenden Richtern auf Probe pro Jahr in den kommenden 10 Jahren (siehe auch Antworten zu Fragen 105 und 106). Überdies weisen die Statistiken der Prüfungsergebnisse der letzten Jahre für den Freistaat Thüringen im zweiten Staatsexamen Prädikatsquoten auf, die im Vergleich der Länder nicht als „niedrig" anzusehen sein dürften. Nach den durch das Bundesamt für Justiz regelmäßig veröffentlichten Ausbildungsstatistiken bewegen sich Thüringer Exa- Seite 98 von 274 mensnoten mit jährlichen Schwankungen um das Mittelfeld des Länderdurchschnitts . V. Gerichtsvollzieherwesen Frage 109: Wie hat sich der Personalbestand bei den Thüringer Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern entwickelt? Antwort: Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen, die auch den Personalbestand der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher enthält. Frage 110: Wie viele Eingänge verzeichneten Thüringer Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher im Anfragezeitraum? Antwort: Für den gesamten Anfragezeitraum liegen nur die eingegangenen Gerichtsvollzieheraufträge vor, die nach der länderübergreifend abgestimmten Statistik (GV 12) erhoben werden. Die gewünschte Zahl an Auftragseingängen ergibt sich aus der Anlage zu Frage 110. Die in der Übersicht dargestellten Zahlen enthalten folgende Aufträge: Zustellungsaufträge, Protestaufträge, Zwangsvollstreckungs- und sonstige Aufträge (einschließlich Aufträge zur Abgabe der Vermögensauskunft (vor 2013: Abgabe der eidesstattlichen Versicherung )) sowie Vollstreckungsaufträge der Justizbehörden. Frage 111: Wie hoch war der Jahresendbestand nicht abgeschlossener Verfahren bei Thüringer Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern im Anfragezeitraum? Antwort: In den länderübergreifend abgestimmten Statistiken im Bereich der Gerichtsvollzieher werden keine Jahresendbestände über die noch anhängigen Verfahren erfasst. Insoweit liegen hierzu keine Zahlen vor. Frage 112: Wie hat sich die durchschnittliche Fallzahl je Gerichtsvollzieherin und Gerichtsvollzieher seit dem Jahr 2008 und nach Kenntnis der Landesregierung im Bundesdurchschnitt entwickelt? Seite 99 von 274 Antwort: Ein länderübergreifender Zahlenaustausch über Fallzahlen je Gerichtsvollzieher besteht nicht. Allerdings werden jährlich Zahlen zum Personaleinsatz und zu den Auftragseingängen in der Deutschen Gerichtsvollzieher Zeitung veröffentlicht, welche die Landesjustizverwaltungen übermitteln. An Hand dieser Zahlen kann die durchschnittliche Belastung je Gerichtsvollzieher im Bundesdurchschnitt und in Thüringen errechnet werden. Danach haben sich die Auftragseingänge je Gerichtsvollzieher wie folgt entwickelt: Aufträge je Gerichtsvollzieher Jahr Thüringen Bundesdurchschnitt 2008 2.511 2.950 2009 2.459 2.955 2010 2.593 3.011 2011 2.571 3.052 2012 2.710 3.040 201 3* 2.264 2.742 2014 2.474 2.931 2015 2.543 3.026 2016 2.382 2.889 2017 1 2.196 2.390 2018 12.034 nicht bekannt *Der Bundesdurchschnitt wurde ohne die Zahlen aus Niedersachsen ermittelt. Quelle: Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung (DGVZ) Ausgaben Nr. 9/2009, 9/2010, 9/2011,1/2013, 1/2014, 3/2015,12/2015, 12/2016,10-11/2017 Frage 113: Wie viele Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher werden in den kommenden zehn Jahren in den Ruhestand eintreten? Antwort: Die Zahl der Ruhestandseintritte von Gerichtsvollziehern ist der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. .a) - > > oE oE Jahr des Austritts a)a, (13 2019 1 0 2020 0 0 2021 1 0 0 Seite 100 von 274 2022 0 0 2023 2 0 2024 1 1 2025 0 1 2026 1 1 2027 3 0 2028 3 0 2029 0 4 2030 0 2 2031 2 3 2032 2 1 2033 4 4 Frage 114: Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung hinsichtlich der Reformierung der Gerichtsvollzieherausbildung? Antwort: Derzeitige Rechtsgrundlage für das Gerichtsvollzieherwesen ist § 154 GVG. Danach werden die Dienst- und Geschäftsverhältnisse der Gerichtsvollzieher durch die jeweilige zuständige Gerichtsverwaltung bestimmt. In Thüringen ist dies die Thüringer Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in der ordentlichen Gerichtsbarkeit sowie die Thüringer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Gerichtsvollzieher. Thüringen hat die Ausbildung der Gerichtsvollzieher externalisiert. Diese findet aufgrund einer dahingehenden Verwaltungsvereinbarung gemeinsam mit Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt an der Justizakademie in Pegnitz (Bayern) statt. Die Anwärter für die Gerichtsvollzieherausbildung werden üblicherweise aus dem Kreis der Beamten des mittleren allgemeinen Justizdienstes gewonnen. Um eventuellen Bewerberengpässen besser begegnen zu können, sieht die Ausbildungs - und Prüfungsordnung die Möglichkeit der Einstellung von externen Bewerbern mit einer justiznahen Ausbildung (z. B. Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfen usw.) vor. Für diese externen Bewerber ist vor der eigentlichen Gerichtsvollzieherausbildung an der Justizakademie in Pegnitz ein vorbereitender sechsmonatiger Lehrgang vorgesehen. Die fachtheoretische Ausbildung an der Justizakademie Pegnitz und die sich anschließenden praktischen Ausbildungsabschnitte an den Ausbildungsgerichten in Thüringen haben sich bestens bewährt. Die Thüringer Absolventen sind erfahrungsgemäß nach Abschluss der Ausbildung hoch qualifiziert und hervorragend auf die Praxis des Gerichtsvollziehers vorbereitet. Diese gemeinsame Gerichtsvollzieherausbildung wird, insbesondere durch einen länderübergreifenden Beirat, regelmäßig evaluiert und bedarfsangepasst verbessert . Hierbei wird zeitnah auf neue Anforderungen reagiert (Stichwort: Reichsbürger ). Für eine grundlegende Reform besteht daher nach dem Dafürhalten der Landesregierung kein Anlass. Seite 101 von 274 Baden-Württemberg geht den Weg, die Ausbildung der Gerichtsvollzieher aus dem Ausbildungsbereich des mittleren Dienstes zu lösen und hat einen spezifischen Fachhochschulstudiengang im Rahmen eines dreijährigen Fachhochschulstudiums an der Hochschule für Rechtspflege in Schwetzingen eingerichtet. Damit wurden Vorschläge aufgenommen, die seit mehreren Jahren mit der Forderung nach einer sog. Externalisierung der Gerichtsvollzieherausbildung verbunden sind und die auch vom Gerichtsvollzieherverband vorgetragen wurden. Diese Umstellung wird von Thüringen aus mit Interesse beobachtet. Der gemeinsame Beirat für die Ausbildung und Prüfung der Gerichtsvollzieher der beteiligten Länder Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sieht allerdings derzeit keine Veranlassung zu einer Änderung der bewährten Ausbildungsstrukturen . Vielmehr sieht der Gerichtsvollzieherbeirat erhebliche Risiken bei der Umstellung auf ein Fachhochschulstudium. Diese liegen insbesondere im Verlust am Praxisbezug des Gerichtsvollzieherdienstes und dem Wegfall von Aufstiegschancen für die Mitarbeiter des mittleren Justizdienstes. Darüber hinaus bestehen durch die fehlende Verwendbarkeit extern ausgebildeter Gerichtsvollzieher in anderen Bereichen der Justizverwaltung in den Fällen eines Scheiterns des Fachhochschulabsolventen in der Praxis oder im Falle einer die Außendiensffähigkeit ausschließenden Erkrankung , erhebliche Verwendungseinschränkungen. Eine Verwendung derartiger FH- Absolventen in dem lnnendienst der Justizverwaltung dürfte im Hinblick auf die sehr speziellen Studieninhalte kaum möglich sein. Frage 115: Wie hat sich die Einkommenssituation der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher in Thüringen und nach Kenntnis der Landesregierung im Bundesvergleich entwickelt? Antwort: Gerichtsvollzieher erhalten neben den Bezügen als Beamter des mittleren Justizdienstes gemäß Thüringer Besoldungsgesetz (ThürBesG) eine Vollstreckungsvergütung und eine Bürokostenentschädigung. Die Entwicklung der Besoldung und der Vollstreckungsvergütung werden in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Berücksichtigt wurden bei der Besoldung jeweils eine mittlere Erfahrungsstufe (Stufe 6) der Besoldungsgruppe A 8 (Gerichtsvollzieher ) bzw. der Besoldungsgruppe A 9 (Hauptgerichtsvollzieher) inklusive der allgemeinen Stellenzulage, jedoch ohne Verheirateten- oder Kinderzuschlag. Die Vollstreckungsvergütung dient als Anspornvergütung für die gegenüber der Laufbahn des mittleren Dienstes herausgehobenen Tätigkeiten der Gerichtsvollzieher bei der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen. Die Gerichtsvollzieher dürfen demnach einen Teil der von ihnen vereinnahmten Gebühren (aktuell 15 %) als Vergütung behalten. Da die Vollstreckungsvergütung vom tatsächlichen Einsatz des Gerichtsvollziehers abhängig ist, können hierfür nur jährliche Durchschnittswerte mitgeteilt werden. Bis Ende 2018 war die Vollstreckungsvergütung durch einen jährlichen Höchstbetrag von 2.392,85 Euro (59,82 Euro für einen einzelnen Auftrag) gedeckelt. Bei Überschreitung dieses Betrages verblieben dem Gerichtsvollzieher 40 % des darüber hinausgehenden Mehrbetrages. Durch eine zum 1. Januar 2019 Seite 102 von 274 in Kraft getretene Neuregelung der Thüringer Vollstreckungsvergütungsverordnung ist der jährliche Höchstbetrag entfallen und die Begrenzung für einen einzelnen Auftrag wurde auf 150 Euro angehoben. Die Daten wurden aus der Übersicht über die Diensteinnahmen der Vollstreckungsbeamten ermittelt, indem die aus der Landeskasse gewährten Gebührenanteile durch den durchschnittlichen Personaleinsatz dividiert wurden. Die nach der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädig ungsverordnung jährlich festgesetzte Bürokostenentschädigung wird zur Abgeltung des durch die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Aufwands gewährt. Sie wird in Form einer Pauschale gezahlt. Sofern die Unterhaltung eines eigenen Büros im Einzelfall geringere ‚Kosten verursacht, würde die insoweit darüber hinaus gezahlte Pauschale weiteres Einkommen darstellen. Angaben hierzu liegen nicht vor. Jahr Besoldungsgruppe A8 Monatlich Netto, in Besoldungsgruppe A9 Monatlich Netto, in Vollstreckungsvergütung Jährlich, in€ 2008 2.229,65 2.428,55 3.507,76 2009 2.334,95 2.531,68 3.381,36 2010 2.362,96 2.562,06 3.448,30 2011 2.362,96 2.562,06 3.420,84 2012 2.460,97 2.666,90 3.490,86 2013 2.460,97 2.666,90 3.305,28 2014 2.521,27 2.732,24 ‚ 3.875,16 2015 2.590,61 2.807,38 4.216,39 2016 2.639,83 2.860,72 4.224,50 2017 2.784,24 2.984,58 4.291,28 2018 2.849,67 3.054,72 4.201,90 Die Darstellung der Entwicklung der Einkommenssituation im Bundesvergleich kann in Ermangelung entsprechender Daten nicht kontinuierlich und nicht für alle Besoldungsgruppen erfolgen. Allerdings haben die Länder zu bestimmten Stichtagen die Einkommenssituation einiger ausgewählter Musterfälle (sogenannter justizspezifischer „Eckbeamten) tabellarisch verglichen. Aufgrund unterschiedlicher Fragestellungen wurden dabei jedoch nicht immer identische Daten verglichen. Die vorhandenen Aufstellungen vermitteln jedoch einen Eindruck über die Entwicklung der Einkommenssituation im Gerichtsvollzieherbereich. Berücksichtigt wurde ausschließlich die Besoldung (ggf. mit jährlichen Einmalzahlungen), nicht jedoch die Vollstreckungsvergütung und Bürokostenentschädig ung. Seite 103 von 274 Stand: 1. August2010 Bundesland bzw. Bund Besoldungsgruppe A8 Anfangsgehalt Jahreseinkommen in Euro Hamburg 27.438,54 Bayern 26.757,26 Saarland 26.328,36 Rheinland-Pfalz 26.254,68 Baden-Württemberg 26.220,72 Sachsen 26.174,84 Bund 26.072,40 Hessen 25.997,89 Thüringen 25.937,28 Nordrhein-Westfalen 25.833,25 Schleswig-Holstein 25.809,48 Mecklenburg-Vorpommern 25.797,48 Bremen 25.739,64 Niedersachen 25.343,28 Sachsen-Anhalt 25.269,48 Brandenburg 24.564,00 Berlin 23.965,60 Bundesland bzw. Bund Besoldungsgruppe A9 Anfangsgehalt Jahreseinkommen in Euro Hamburg 29.470,71 Bayern 29.078,57 Sachsen 28.634,52 Baden-Württemberg 28.603,80 Saarland 28.446,24 Rheinland-Pfalz 28.405,20 Thüringen 28.279,20 Hessen 28.194,46 Bund 28.178,76 Mecklenburg-Vorpommern 28.164,82 Schleswig-Holstein 28.094,28 Bremen 25.797,48 Nordrhein-Westfalen 27.863,93 Sachsen-Anhalt 27.434,28 Niedersachsen 27.210,36 Brandenburg 26.817,72 Berlin 26.127,76 Stand: 31. Dezember2013 Bundesland bzw. Bund Besoldungsgruppe A8 Anfangsgehalt Jahreseinkommen in Euro Hamburg 28.686,84 Seite 104 von 274 Bayern 28.527,20 Bund 28.511,16 Baden-Württemberg 28.012,44 Hessen 27.846,61 Thüringen 27.692,88 Mecklenburg-Vorpommern 27.691,40 Nordrhein-Westfalen 27.644,60 Bremen 27.485,40 Schleswig-Holstein 27.465,60 Saarland 27.445,56 Sachsen-Anhalt 27.099,12 Niedersachsen 27.090,48 Sachsen 26.776,41 Rheinland-Pfalz 26.751,60 Brandenburg 26.490,00 Berlin 25.394,08 Bundesland bzw. Bund Besoldungsgruppe A9 Anfangsgehalt Jahreseinkommen in Euro Bayern 31.097,86 Bund 30.917,52 Hamburg 30.644,04 Hessen 30.246,43 Mecklenburg-Vorpommern 30.184,63 Thüringen 30.174,36 Schleswig-Holstein 29.882,04 Nordrhein-Westfalen 29.797,86 Bremen 29.781,08 Baden-Württemberg 29.341,68 Sachsen-Anhalt 29.336,04 Sachsen 29.189,84 Niedersachsen 29.098,56 Brandenburg 28.877,88 Rheinland-Pfalz 28.703,28 Saarland 28.333,44 Berlin 27.691,12 Stand: 1. Juli 2017 Bundesland bzw. Bund Besoldungsgruppe A9 Endgehalt Jahreseinkommen in Euro Bund 42.100,20 Bayern 42.418,38 Baden-Württemberg 41.140,56 Sachsen 40.918,92 Thüringen 40.604,76 Nordrhein-Westfalen 40.579,08 Seite 105 von 274 Brandenburg 40.436,72 Schleswig-Holstein 40.399,08 Bremen 40.364,48 Mecklenburg-Vorpommern 40.314,51 Hamburg 40.069,44 Hessen 40.054,64 Niedersachsen 39,835,44 Saarland 39.514,68 Rheinland-Pfalz 39.498,48 Sachsen-Anhalt 39.119,76 Berlin 37.494,76 Frage 116: Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern hat die Landesregierung umgesetzt? Antwort: Gerichtsvollzieher organisieren ihren Geschäftsbetrieb selbst (§ 29 Gerichtsvollzieherordnung ) und erhalten zum Ausgleich für die entstehenden Bürokosten eine Entschädigung , deren Höhe jährlich durch das für Justiz zuständige Ministerium neu festgesetzt wird (§ 45 Abs. 3 des Thüringer Besoldungsgesetzes). Damit bestimmen die Gerichtsvollzieher ihre Arbeitsbedingung durch die Gestaltung des Geschäftsbetriebes im hohen Maße eigenverantwortlich. Dies setzt voraus, dass die Gerichtsvollzieher hierfür eine kostendeckende Entschädigung erhalten. Die Angemessenheit der Entschädigung wird derzeit durch eine Erhebung der Bürokosten der Gerichtsvollzieher im Jahr 2018 überprüft, deren Ergebnisse allerdings noch nicht vorliegen . Die Entschädigung der Gerichtsvollzieher für ihre Bürokosten ist nach § 2 Abs. 2 der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordung (ThürGVEntsch- VO) vom 23. Dezember 1998 (GVBI. 1999 S. 41) jährlich neu zu berechnen und festzusetzen. Dem ist im Anfragezeitraum durch folgende Verordnungen nachgekommen worden: Zehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 15. Dezember 2008 (GVBI. S. 603), Elfte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 18. August 2009 (GVBI. S. 751), Zwölfte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädi -gungsverordnung vom 10. September 2010 (GVBI. S. 322), Dreizehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 25. August 2011 (GVBI. S. 258), Vierzehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 2. Oktober 2012 (GVBI. S. 418), Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 10. Oktober 2013 (GVBI. S. 317), Sechzehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 1. Dezember 2014 (GVBI. S. 721), Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 9. September 2015 (GVBI. S. 146), Seite 106 von 274 Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 24. Oktober 2016 (GVBI. S. 521), Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 16. Januar 2018 (GVBI. S. 31), Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Thüringer Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung vom 24. August 2018 (GVBI. S. 404). Darüber hinaus wurden in der laufenden Legislatur Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der Gerichtsvollzieher beschlossen und wie folgt umgesetzt: Seit Dezember 2017 werden beim Amtsgericht Erfurt mobile Noffallsender (GPS) mit Standortortung getestet. Nach Abschluss der Pilotierung und erfolgter Ausschreibung sollen noch im Laufe des Jahres 2019 alle Gerichtsvollzieher , die dies wünschen, mit mobilen Alarmgeräten ausgestattet werden . Im Jahr 2018 wurden mit der Ausstattung der Gerichtsvollzieher mit Schutzwesten der Schutzklasse SK 1 begonnen. Dadurch werden alle Gerichtsvollzieher mit Schutzwesten ausgestattet, die dies befürworten. Seit September 2018 werden die Kosten für Schutzimpfungen gegen Hepatitis B im Bereich der Gerichtsvollzieher übernommen. Im März 2018 wurde mit dem Amt für Verfassungsschutz abgestimmt, dass Gerichtsvollzieher Auskünfte über die Zugehörigkeit von Schuldnern zur Reichsbürgerszene erhalten können. Im April 2019 wurde im Rahmen des Arbeitsschutzes im Geschäftsbereich des Thüringer Oberlandesgerichts ein Konzept zur Gefährdungsbeurteilung im Bereich der Gerichtsvollzieher erstellt. Im Bereich der Arbeitsorganisation wurden Verbesserungen in folgenden Bereichen eingeführt: Durch die Thüringer Verordnung zur Regelung von Versteigerungen im Internet -ThürintVerstVO- vom 22. September 2010 (GVBI. S. 323) wurde die Möglichkeit zur lnternetversteigerung über die Plattform Justiz-Auktion geschaffen . Zum 1. Januar 2018 wurden die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr im Bereich der Gerichtsvollzieher (§ 753 Abs. 4 ZPO) umgesetzt. Im Übrigen werden laufend die Vorschriften im Bereich der Gerichtsvollzieher an Veränderungen der Rechtslage und der obergerichtlichen Rechtsprechung angepasst . VI. ModernisierungsmaßnahmenlMinisterien Frage 117: Welche Maßnahmen hat die Landesregierung unternommen, um die Justiz einer grundsätzlichen Revision und Neuausrichtung zu unterziehen? Welche Prüfmaßnahmen wurden unternommen? Wie viel Personal, Geld und Zeit wurden in welchen Schritten für welche Maßnahmen eingesetzt? Seite 107 von 274 Antwort: Justiz, als Synonym für Rechtspflege, definiert sich im Bereich der Gerichte mit dem Schutz und der Durchsetzung von Rechten sowie der Abwehr und Ahndung von Unrecht. Im Bereich des Justizvollzugs erfolgt der Vollzug gerichtlich verhängter Freiheitsstrafe. Grundlage der täglichen Arbeit in der Justiz stellt die Anwendung von Bundes- und Landesgesetzen dar. Diese Aussage hat einen dauerhaften Bestand, sodass Überlegungen nach einer Neuausrichtung der Justiz entbehrlich sind. Ungeachtet dessen verschließt sich die Justiz nicht einer Modernisierung in bestimmten Teilbereichen. Da es hier vor allem um gerichtsorganisatorische Prozesse geht, wird grundsätzlich auf die Antwort zu Frage 39 verwiesen. Beispielhaft sei an dieser Stelle angeführt, dass im Jahr 2012 die Justizzahlstelle aus dem Bereich der Thüringer Landesfinanzdirektion herausgelöst wurde und in den Geschäftsbereich des Thüringer Oberlandesgerichts eingegliedert wurde. Damit wurde den vielfältigen fachlichen Bezügen der Aufgaben der Justizzahlstelle zum Justizressort Rechnung getragen. Die Maßnahmen wurden mit dem planmäßig zur Verfügung stehenden Personal umgesetzt. Soweit erforderlich wurden die im jeweiligen Haushaltsjahr vorhandenen Haushaltsmittel entsprechend verwendet. Eine gesonderte (auch zeitliche) Erfassung ist nicht erfolgt. Frage 118: Welche Maßnahmen zur Justizmodernisierung hat die Landesregierung seit dem Jahr 2014 an gestoßen? Antwort: Die Frage wird im Lichte des Fragenkomplexes VI „Modernisierungsmaßnahmen /Ministerien' für das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: Zunächst wird auf die ausführlichen Antworten zu den Fragen 10, 39, 86 if. und 117 verwiesen. Schwerpunktmäßig werden hier genannt die Verabschiedung des Thüringer Richter- und Staatsanwältegesetzes, insbesondere die Einführung moderner Beteiligungsrechte sowie zeitgemäßer Gremien und die Aufgabe des sog. Letztentscheidungsrechts des Justizministers bei Beförderungen. Darüber hinaus wurde der elektronische Rechtsverkehr an allen Gerichten im Freistaat pünktlich eröffnet und die Einführung der elektronischen Akte konsequent vorangetrieben. Frage 119: Wie hat sich die Anzahl der im für Justiz zuständigen Ministerium bearbeiteten Landesgesetze seit dem Jahr 2014 entwickelt (bitte nach Jahresscheiben unterteilen)? Antwort: Nach Nummer 3 Abschnitt 05 Nr. 3 des Beschlusses der Thüringer Landesregierung über die Zuständigkeit der einzelnen Ministerien nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen vom 31. März 2015 ist dem für Justiz zuständigen Ministerium die Aufgabe der Bearbeitung der Landesgesetzgebung zugewie- Seite 108 von 274 sen. Zur Bearbeitung der Landesgesetzgebung gehört zum einen die Erstellung von Gesetz- und Verordnungsentwürfen in eigener Ressortzuständigkeit. Die Anzahl dieser Bearbeitungen wird statistisch nicht erfasst. Zum anderen werden im für Justiz zuständigen Ministerium gemäß §§ 24, 26 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen (ThürGGO) alle Gesetz- und Verordnungsentwürfe der Landesregierung rechtlich und gesetzestechnisch auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht überprüft. In den Jahren 2014 bis 2018 wurden folgende Prüfungen durchgeführt: Jahr Gesetze Verordnungen 2014 10 85 2015 36 51 2016 33 59 2017 38 35 2018 32 46 Allerdings bilden die Zahlen den tatsächlichen Arbeitsaufwand nur teilweise ab. Zum einen liegt die Anzahl der tatsächlich geprüften Einzelgesetze und -verordnungen wesentlich höher, weil mit Mantelgesetzen und Mantelverordnungen mehrere Gesetze oder Verordnungen erlassen oder geändert werden. Es wurden sowohl kurze Regelungstexte als auch sehr umfangreiche Mantelgesetze geprüft. Als Beispiel für sehr umfangreiche Mantelgesetze ist das Thüringer Verwaltungsreformgesetz vom 18. Dezember 2018 (GVBI. S. 731) zu nennen, in dem mit 128 Artikeln eine Vielzahl von verschiedenen Gesetzen und Verordnungen des Landes erlassen oder geändert wurde, welches in der Statistik aber nur einfach gezählt wird. Darüber hinaus gibt es sowohl hinsichtlich des Umfanges als auch der Komplexität des Regelungsinhalts erhebliche Schwankungen. Der Textumfang variiert sehr stark und reicht von sehr übersichtlichen Regelungstexten (beispielsweise Thüringer Gesetz zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch vom 21. September 2018, GVBI. S. 386) bis hin zu sehr umfangreichen Regelungsinhalten (beispielsweise Thüringer Gesetz zur freiwilligen Neugliederung kreisangehöriger Gemeinden im Jahr 2019 vom 18. Dezember 2018, GVBI. S. 795). Auch diese Merkmale werden nicht gesondert statistisch erfasst. Frage 120: Welche Anstrengungen hat die Landesregierung zur Bereinigung des Landesrechts unternommen? Welche Rechtsvorschriften sind beziehungsweise werden wann entfallen? Antwort: Für die Beantwortung der Frage ist eine Definition des Begriffs „Rechtsbereinigung' erforderlich. Die Rechtsbereinigung ist ein Begriff der Gesetzgebungslehre. Nach einem engen formellen Verständnis meint Rechtsbereinigung die Sichtung des ständig anwachsenden Gesetz- und Verordnungsblattes, im Zuge derer ungültige Vorschriften herausgefiltert und die verbliebenen, noch gültigen Vorschriften in einer bestimmten Systematik in einer amtlichen Sammlung geordnet werden. Der formelle Rechtsbereinigungsbegriff liegt der Legaldefinition in § 1 des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts zu Grunde, wonach das Bundesrecht festzustellen Seite 109 von 274 und nach Sachgebieten geordnet in einem besonderen Teil des Bundesgesetzblattes zu veröffentlichen ist. Materielle Rechtsbereinigung meint demgegenüber eine inhaltliche Untersuchung ganzer Vorschriften oder einzelner Bestimmungen dahingehend, ob diese in der gegebenen Form noch benötigt werden oder zu ändern sind. Rechtsbereinigende Änderungen erfolgen, indem Lücken geschlossen, inhaltliche Widersprüche beseitigt , sprachliche Klarstellungen vorgenommen und in Einzelfällen auch ganze Vorschriften aufgehoben werden. Für Rechtsbereinigungen in materieller Hinsicht ist stets ein Handeln des Normgebers erforderlich, dem dabei eine Reihe verschiedener normgeberischer Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Neben klassischen Rechtsbereinigungsgesetzen, findet materielle Rechtsbereinigung ganz überwiegend im Rahmen der Neufassung oder der Änderung des materiellen Rechts statt. Werden einzelne Bestimmungen oder ganze Rechtsvorschriften - egal aus welchen Gründen - geändert oder neu gefasst, sind diese stets auch darauf zu überprüfen, ob sie noch benötigt werden und sich in der geltenden Fassung bewährt haben. Ergebnis dieser Überprüfung können die Aufhebung oder Änderung einzelner Bestimmungen, die Zusammenfassung einzelner Bestimmungen - auch aus verschiedenen Vorschriften -‚ die Überführung des materiellen Regelungsgehalts einer Vorschrift in eine andere Vorschrift, die Neufassung einer gesamten Vorschrift unter Verzicht auf überflüssige Bestimmungen oder Einzelreglungen oder in Einzelfällen die Aufhebung einer Rechtsvorschrift sein. Die Vielzahl der normgeberischen Möglichkeiten zeigt, dass Rechtsbereinigung nicht nur durch Aufhebung ganzer Rechtsvorschriften, sondern vielfach auch durch Anpassung bestehender Normen stattfindet. Umgekehrt stellt nicht jede Aufhebung einer Vorschrift eine Rechtsbereinigung im materiellen Sinn dar - etwa wenn der Regelungsgehalt einer Vorschrift aus systematischen Gründen in eine andere Vorschrift überführt wird und die alte Vorschrift gleichzeitig aufgehoben wird. Durch das Gesetz über die Grundsätze von Funktional- und Verwaltungsreformen (ThürGFVG), die Gemeinsame Geschäftsordnung für die Landesregierung sowie für die Ministerien und die Staatskanzlei des Freistaats Thüringen (ThürGGO) und die Verwaltungsvorschrift des TMIK zum Thüringer Gültigkeitsverzeichnis für Verwaltungsvorschriften (VVThürGV-VV) hat die Landesregierung die notwendigen rechtlichen Grundlagen für die Bereinigung des Landesrechts geschaffen. Nach § 23 Abs. 3 ThürGGO haben Gesetzentwürfe der Deregulierung, der Verfahrensbeschleunigung , der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit zu genügen. Dies gilt auch entsprechend gern. § 26 Abs. 1 ThürGGO für Rechtsverordnungen. Im Zuge der gemäß §§ 24, 26 ThürGGO vom TMMJV durchzuführenden rechtlichen und rechtsförmlichen Prüfung wird die Erforderlichkeit einer materiellen Rechtsbereinigung bei jedem Rechtssetzungsvorhaben „von Amts wegen' geprüft. Die Prüfung erstreckt sich dabei nicht nur auf Notwendigkeit, Regelungsdichte, Verständlichkeit sowie Wirksamkeit und Durchführbarkeit des konkreten Entwurfs. Vielmehr werden auch sämtliche von den Änderungen mittelbar betroffenen Vorschriften und Bestimmungen untersucht. Die zuständigen Fachressorts werden bei der Mitteilung des Ergeb- Seite 110 von 274 nisses der Prüfung regelmäßig darauf hingewiesen, wenn und soweit sich aus Sicht des für Justiz zuständigen Ministeriums weiterer Anpassungs- oder Bereinigungsbedarf bezüglich weiterer Thüringer Gesetze und Verordnungen ergibt. Gemäß § 17 ThürGFVG sollen die Stellen der Landesverwaltung, die Rechtsvorschriften bzw. innerorganisatorische Regelungen erlassen, im Rahmen eigener Verantwortung auf einen Abbau von Normen und Standards hinwirken (Deregulierung). Verfahrensregeln sollen auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränkt werden und die Landesbehörden haben ihre Rechtsvorschriften und innerorganisatorischen Regelungen auf ihre Notwendigkeit sowie auf ihren jeweiligen bürokratischen Aufwand zu überprüfen (vgl. Absätze 1 bis 3). Nach Ziffer 5.3 i.V.m. Ziffer 6.2 VVThürGV-VV sind Verwaltungsvorschriften vor ihrem Erlass der Deregulierungsstelle zur Prüfung und Bestätigung unter dem Gesichtspunkt der Deregulierung einzureichen. Des Weiteren sind gern. Ziffer 7 VVThürGV-VV Verwaltungsvorschriften zu befristen. Die Befristungsdauer beträgt grundsätzlich fünf Kalenderjahre. Eine Verlängerung ist möglich, ebenso im Einzelfall Ausnahmen von der Befristung. Zuständig ist in diesen Fällen ebenfalls die Deregulierungsstelle . Das Thüringer Gültigkeitsverzeichnis als Anlage zur VVThürGV-VV trägt zur Effizienz und Transparenz sowie zur Deregulierung von Vorschriften im Freistaat Thüringen bei. Es wird jährlich aktualisiert und in bereinigter Form aufgebaut. Es enthält nur solche Verwaltungsvorschriften, die einer umfassenden Erforderlichkeitsprüfung unterzogen wurden (siehe Ziffer 1 VVThürGV-VV). Da Rechtsbereinigung permanent stattfindet und die verschiedenen Möglichkeiten der Rechtsbereinigung statistisch nicht erfasst werden, kann Satz 2 der Frage nicht beantwortet werden. Frage 121: Durch welche Maßnahmen wurden personal- und budgetrechtliche sowie haushaltswirtschafliche Handlungsspielräume von Gerichten und Staatsanwaltschaften gestärkt (bitte auch nach Maßnahmen aufschlüsseln)? Antwort: Mit der Aufstellung zum Doppelhaushalt 201 8/2019 wurde eine Flexibilisierung der Stellenbewirtschaftung begründet und durch den Haushaltsgesetzgeber gebilligt. Hierzu sind erstmalig ergänzende Erläuterungen an den Stellenplänen der Kapitel der ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften, der Gerichte der Arbeits-, der Verwaltungs- und der Sozialgerichtsbarkeit sowie beim Finanzgericht angebracht, mit denen - gleich in welcher Gerichtsbarkeit ein Proberichter eingesetzt ist - eine gemeinsame und damit kapitelübergreifende Bewirtschaftung von Planstellen der BesGr. Ri erlaubt wird. Die in Gerichtsbarkeiten mit rückläufigen Bedarfen freien oder im Jahresverlauf frei werdenden Planstellen der BesGr. Ri können so insbesondere bei einem unvorhergesehenen , signifikant steigenden Geschäftsanfall, der eine personelle Verstärkung notwendig macht, zügig (wieder)besetzt werden. Beispielhaft sei hier der zuletzt im Zusammenhang mit den Flüchtlingszahlen in den Asylkammern der Verwaltungsgerichtsbarkeit signifikant gestiegene Personalbedarf aufgrund hoher Neuzugänge an Verfahren zu nennen. Bisher konnten Stellen bei Seite 111 von 274 einem unabweisbaren und unvorhergesehenen Bedarf in einem Verwaltungsverfahren nach den Regelungen der Landeshaushaltsordnung durch das TFM von einem Kapitel in ein anderes umgesetzt werden. Mit den Haushaltsvermerken an den Stellenplänen ist die gemeinsame Stellenbewirtschaftung legitimiert, ein Verwaltungsverfahren zur Umsetzung der Stellen entbehrlich geworden. Zudem erleichtert die Ausbringung eines weiteren Bewirtschaftungsvermerks zur Stellenführung von Beamten der BesGr. A13 bis A15 auf Planstellen der BesGr. Ri an den Stellenplänen der Gerichtsbarkeiten und Staatsanwaltschaften im Haushaltsplan die Gewinnung von besonders befähigten Beamten für eine richterliche Tätigkeit im Richterverhältnis kraft Auftrags. Seit Beginn der Legislatur sind 128 Richter neu in den Thüringer Justizdienst aufgenommen worden. Es wurden 114 als Richter auf Probe ernannt. Daneben konnten im Wege einer die Versetzung vorbereitenden Abordnung weitere 14 Richter anderer Länder oder Beamte anderer Geschäftsbereiche in Thüringen für den höheren Justizdienst gewonnen werden. In der ca. 3-jährigen - bei Richtern kraft Auftrags ca. 2-jährigen - Probezeit im richterlichen oder staatsanwaitschaftlichen Dienst ist es aufgrund der Vielzahl an Berufsanfängern möglich und vor allem personalwirtschaftlich sinnvoll, den Berufsanfängern eine Erprobung in unterschiedlichen Verwendungen zu ermöglichen. Hierdurch können persönliche Stärken gefördert und die Proberichter besser auf die modernen und vielseitigen beruflichen Herausforderungen in der Thüringer Justiz vorbereitet werden. Vielseitigkeit und Flexibilität sind als berufstypische Qualifikationen für Thüringen unverzichtbar geworden. Langfristig wird sich die Förderung dieser Fähigkeiten bei der Besetzung von Ämtern an Gerichten und Staatsanwaltschaften im Rahmen der Bestenauslese positiv auswirken. im Bereich des richterlichen Dienstes wurden einzelnen Gerichten zeitliche Uberkapazitäten zugestanden, um Bestände abzubauen. Dies war insbesondere in der Sozialgerichtsbarkeit erforderlich. An einem Sozialgerichtsstandort war nicht nur eine erhebliche Fallzahlsteigerung aufgrund der Reform der Hartz-IV-Gesetzgebung zu beobachten. Zudem kam es zu einer Flut an Kostenerinnerung in sozialgerichtlichen Verfahren, die trotz größter personalwirtschaftlicher Anstrengungen zu einer Anhäufung von Beständen an Verfahren an diesem Sozialgericht geführt hatte. Zur Abarbeitung von Beständen wurde zeitlich befristet eine über dem Personalbedarf liegende richterliche Ausstattung zugestanden. Auch einzelnen Verwaltungsgerichten wird - nach zwischenzeitlich signifikant rückläufigem Geschäftsanfall in den Asylkammern - eine richterliche Überkapazität zum Abbau von Beständen zugestanden. Den oberen Landesgerichten und der Thüringer Generalstaatsanwaitschaft ist durch die Übertragung von Zuständigkeiten in Personalangelegenheiten für ihren Geschäftsbereich eine weitgehende Eigenverantwortung gegeben. Dies ist in der Verwaltungsvorschrift „Zuständigkeiten in Personalangelegenheiten der Beamten und Richter im Geschäftsbereich des TMMJV" geregelt, die am 1. Januar 2015 aktualisiert in Kraft getreten ist. So sind bspw. die Befugnisse zur Ernennung und Entlassung der Beamten im mittleren und gehobenen Dienst und zur Kürzung von Anwärterbezügen nach § 54 Abs. 1 Thüringer Besoldungsgesetz übertragen. Überdies sind die oberen Landesgerichte und die Generalstaatsanwaitschaft zur Versagung Seite 112 von 274 oder Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen aller Richter und Beamten ihrer Gerichtsbarkeit befugt. Die oberen Landesgerichte und die Generalstaatsanwaltschaft nehmen im Rahmen der im Haushaltsplan ausgebrachten (Plan)Stellen und Haushaltsmittel in eigener Zuständigkeit die Einstellung von Bediensteten wahr. Sie sind für das Beurteilungswesen und die Auswahl- und Beförderungsverfahren zuständig. Dem Thüringer Oberlandesgericht obliegt zudem die Auswahl und Einstellung der Bewerber in die justizspezifischen Ausbildungsgänge einheitlich für alle Gerichtsbarkeiten in Thüringen. In ihrer Entscheidungskompetenz frei sind die oberen Landesgerichte und die Generalstaatsanwaltschaft insbesondere bei der Nachbesetzung von durch länger andauernde Elternzeit entstehenden Vakanzen, sofern sich die Ersatzeinstellung hierfür nicht kostensteigernd auf das Personalkostenbudget auswirkt. Haushaltswirtschaftliche Spielräume sind vor allem durch das jeweilige Thüringer Haushaltsgesetz und die ThürLHO vorgegeben. Sie werden entsprechend den gesetzlichen Vorgaben genutzt. Im Übrigen hat die Zentralisierung der lT-Ausgaben im EP 16 zu einer größeren Flexibilität geführt. Gleiches gilt für die Verlagerung der Versorgungsausgaben in den EP 17, wodurch die Personalkostenbudgets der Ressorts entlastet wurden. Im EPO5 war bis dahin häufig eine Unterdeckung der Versorgungskosten und damit auch des gesamten Personalkostenbudgets zu verzeichnen gewesen, der zumindest teilweise durch entsprechende personalwirtschaftliche Maßnahmen im sonstigen Bereich entgegenzuwirken war. Frage 122: Wie hat sich das lnvestitionsvolumen in Gebäuden (ohne Vollzugsanstalten) entwickelt (bitte auch nach abgeflossenen Beträgen und Immobilien sowie nach kleinen Baumaßnahmen, großen Baumaßnahmen und Neubauten unterteilen)? Antwort: Es wird auf die Ausführungen in der Anlage zu Frage 122 verwiesen. Haushaltsmittel, die die Behörden laufend für kleinere Bauunterhaltungsmaßnahmen ausgeben (Titel 519 02, z.B. Malerarbeiten), sind nicht Bestandteil der Anlage, da diesen Mitteln kein investiver Charakter beigemessen wird. Es wird darauf hingewiesen , dass im Gegensatz dazu Mittel für Bauunterhaltungsmaßnahmen, die durch die Bauverwaltung bewirtschaftet werden, in den Zahlen der Anlage enthalten sind. Dabei handelt es sich um Sachkosten, die im Titel 51901 gebucht werden. Auch diese haben keinen investiven Charakter. Im Rahmen der Maßnahmen der Alternativen Finanzierung - Immobilien-Leasing- Objekte (lLO) wurde in zwei Justizstandorte investiert: Amtsgericht Arnstadt, Zweigstelle Ilmenau (AG Nl) sowie Justizzentrum (JZ) Meiningen. Das AG A/l ist Teil des ILO Behördenzentrum (BZ) llmenau. Hier ist das AG eines von insgesamt vier untergebrachten Behörden (AG All, Polizeiinspektion, Finanzamt , Labor des Landesamtes für Verbraucherschutz) mit gemeinsamen Außenanla- Seite 113 von 274 gen sowie einer Tiefgarage. Im Rahmen der Maßnahme wurde ein Altbau für das AG saniert, andere Bereiche des BZ Ilmenau wurden ebenfalls saniert oder neu gebaut. Die Beauftragung der jeweils erforderlichen Sanierungs- und Neubaumaßnahmen erfolgte im Rahmen des ILO als Gesamtpaket mit der Folge, dass Einzelkosten für einzelne Behörden nicht ausgewiesen werden können. Die Gesamtinvestitionskosten (GIK) für das BZ limenau betrugen ca. 16,6 Mio. Euro. Die Abfinanzierung der GIK erfolgt im Zeitraum von 2001 bis 2021. Das JZ Meiningen ist Teil des ILO Behördenzentrum (BZ) Meiningen, zu dem auch die Polizeiinspektion (P1) Meiningen gehört. Im Rahmen der Maßnahme wurde sowohl für die Pl als auch für das JZ ein Altbau saniert und Gebäude oder Gebäudeteile neu gebaut sowie Außenanlagen hergerichtet. Für das JZ wurde darüber hinaus eine Tiefgarage gebaut. Die Beauftragung der jeweils erforderlichen Sanierungs - und Neubaumaßnahmen erfolgte auch hier im Rahmen des ILO als Gesamtpaket mit der Folge, dass Einzelkosten für einzelne Behörden nicht ausgewiesen werden können. Die GIK für das BZ Meiningen betrugen ca. 41,9 Mio. Euro. Die Abfinanzierung der GIK erfolgt im Zeitraum von 2000 bis 2020. Frage 123: Welche Pläne verfolgt die Landesregierung hinsichtlich des historischen Landgerichts Weimar und der ehemaligen Justizvollzugsanstalt? Welche Maßnahmen wurden im Anfragezeitraum vorgenommen und welche Anstrengungen sind zur Umsetzung dieser Pläne unternommen worden? Antwort: Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien vereinbart, dass das ehemalige Landgericht in Weimar für eine Nutzung durch Justizbehörden saniert wird. Die Umsetzung dieser Vereinbarung wurde in einer Realisierungsstudie näher betrachtet . Im Ergebnis dieser soll unter Einbeziehung der ehemaligen Jugendarrestanstalt ein Justizzentrum geschaffen werden, in welches der Thüringer Verfassungsgerichtshof , das Thüringer Oberverwaltungsgericht, das Verwaltungsgericht, das Amtsgericht und die Sozialen Dienste integriert werden. Mit Erstellung der Haushaltsunterlage Bau soll die Grundlage für eine Veranschlagung in zukünftigen Haushaltsjahren erfolgen. Frage 124: In welcher Höhe wurden Mittel eingesetzt, die zur Umsetzung der Ressortneuordnung notwendig waren?. Antwort: Um die Kolleginnen und Kollegen der BIMF, der beiden für die Migration zuständigen Referate des damaligen TIM sowie die Bediensteten aus dem Bereich des Verbraucherschutzes des TMSFG aufnehmen zu können, entstanden Kosten von etwa 64.300 Euro. Im Einzelnen mussten für folgende Maßnahmen Ausgaben getätigt werden: Seite 114 von 274 Maßnahme Ausgaben in € Bemerkung Umbau Räume 7.447 lT 8.500 Renovierung 0 Sonderreinigung 0 Entsorgung 0 Beschilderung 650 Möblierung 33.700 von JVA geliefert sonst. Investitionen in tech. Ausstattung 1.900 Geschäftsbedarf / Büromaterial 4.400 Umzugskosten 7.711 Gesamt 64.308 Frage 125: Wie hat sich der Energieverbrauch der Justizgebäude im Anfragezeitraum entwickelt (bitte auch nach Gebäude und Energieträger unterteilen)? Antwort: Es wird auf die Ausführungen in der Anlage zu Frage 125 verwiesen. Frage 126: In welcher Höhe wurde in Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Senkung des Energieverbrauchs von Gerichtsgebäuden und Justizvollzugsanstalten investiert (bitte auch nach Beträgen und Immobilien unterteilen)? Antwort: Justizvollzugsanstalt Investition in EUR Beschreibung der Maßnahme und des Ergebnisses JSA Arnstadt keine separate Ermittlung Energiekonzept im Rahmen des der Kosten für die energe- Neubaus der JSA bis 2014 umgetischen Maßnahmen im setzt Rahmen der Gesamtbau- (u. a. Wärmeversorgung über Biomaßnahme masse, deutliche Unterschreitung der Höchstwerte der mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten der wärmeübertragenden Umfassungsfläche , energieeffiziente Beleuch- ____________________ tung) JVA Goldlauter 979.500,00 € Nachhaltige Energieversorgung: Umstellung der Wärmeversorgung von Erdgas/Heizöl auf Holzhackschnitzel Ergebnis: Verbrauchskosteneinspa- ___________________ rung, Schonung fossiler Ressour- Seite 115 von 274 cen, Reduzierung CO2-Ausstoß um jährlich ca. 550 Tonnen JVA Goldlauter 257.500,00€ Energiesparmaßnahmen: 16 Einzelmaßnahmen , u. a. Erneuerung Gebäudeautomation, Ausbau GLT- Zentrale, Dämmung von Rohrleitungen , Optimierung Wäscherei (RLT, Warmwasser), Einbau Verbrauchszähler und Optimierung Energieverbrauchserfassung Ergebnis: Verbrauchseinsparung, Qualitätssteigerung, Verbesserung Bedienuna Darüber hinaus wurden aus dem Landeshaushaltsplan/Einzelplan 18 Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Senkung des Energieverbrauchs im Rahmen der Komplexsanierungen für das Amtsgericht Mühlhausen (Kapitel 1805, Titel 712 21 - Sanierung und Erweiterung des Dienstgebäudes) und für das Amtsgerichts Rudolstadt (Kapitel 1805 Titel 712 25— Sanierung Dienstgebäude) durchgeführt . Die Erneuerungen der Technischen Gebäudeausstattung für die Amtsgerichte wurde unter Beachtung der Richtlinie für die Durchführung von Bauaufgaben des Freistaats Thüringen (RLBau), Abschnitt K21 - Klimaschutz, Ressourcenschutz und Energieeinsparung - durchgeführt. Frage 127: Welche sonstigen Maßnahmen wurden zur Erhöhung der Energieeffizienz, zur Senkung des Energieverbrauchs, zur Senkung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid und zur ressourcen- und materialschonenden Mitte/bewirtschaftung im Allgemeinen mit welchem konkreten Ergebnis eingeleitet (bitte auch nach Beträgen und Immobilien unterteilen)? Antwort: Justizvollzugsanstalt Investition in EUR Beschreibung der Maßnahme und des Ergebnisses JSA Arnstadt durch Pächter Verpachtung der Dächer von 12 Gebäuden der JSA Arnstadt für Photovoltaik Ergebnis: größte PV-Anlage in einer Landesliegenschaft (700 kW), Schonung fossiler Ressourcen, Solare Stromerzeugung von 600 MWh/a, Reduzierung CO2-Ausstoß JVA Goldlauter durch Pächter Verpachtung der Dächer der Häuser 2,12, und 15 für Photovoltaik Ergebnis: Sanierung der Dächer, Schonung Seite 116 von 274 fossiler Ressourcen, Spitzenleistung 162 kW, Solare Stromerzeugung von 150 MWh/a, Reduzierung CO2-Ausstoß JVA Untermaßfeld 710.000,00€ = In- Energieeinspar-Contracting (2007- vestitionskosten 2016) durch den Contrac- jährliche durchschnittliche Einsparung tor = vermiedene (seit 2008) Investitionskosten Erdgas: 560 MWh des Landes Elektroenergie: 86 MWh Wasser: 6.000 m3 Im TMMJV und dem Geschäftsbereich wurden insbesondere folgende weitere Maßnahmen ergriffen, um die in der Fragestellung enthaltenen Ziele zu verfolgen: Beschaffung von Dienstkraftfahrzeugen mit niedrigem 002 Ausstoß und geringem Kraftstoffverbrauch umwelt- und ressourcenschonende Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnik Es handelt sich dabei jeweils um wiederkehrende Beschaffungsmaßnahmen. Soweit Umweltaspekte höhere Kosten zur Folge haben, werden bei den Angeboten der Firmen diese jedoch nicht gesondert ausgewiesen, sodass eine gesonderte Angabe nicht erfolgen kann. Frage 128: Wie waren und sind die Referate in 'der Zuständigkeit des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz beziehungsweise seiner Vorgänger personell besetzt (bitte unterteilen in mittleren Dienst, gehobenen Dienst und höheren Dienst beziehungsweise vergleichbare Tarifbeschäftigte und jeweils in Arbeitskraftanteile ) und wie haben sich die Aufgabenbereiche für die einzelnen Referate im Anfragezeitraum verändert? Antwort: Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Anlage zu Frage 128 verwiesen. Die Änderungen in den Aufgaben wurden kenntlich gemacht (durch Streichungen bzw. neu aufgenommene Aufgaben wurden in roter Schrift eingefügt). Bei den Angaben ist zu berücksichtigen, dass andere Organisationseinheiten als Referate, z.B. BIMF und Geschäftsstellen (Jumiko, lntMinK) nicht erfasst worden sind. Bei der Angabe der personellen Besetzung wurden keine Arbeitskraftanteile ausgewiesen . Da diese im Geschäftsverteilungsplan nicht ausgebracht sind, hätte deren Ermittlung einen nicht vertretbaren Verwaltungsaufwand bedeutet, der in dem für die Beantwortung der Großen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitrahmen und mit den vorhandenen personellen Ressourcen nicht leistbar war. Hierfür hätte es einer Seite 117 von 274 Durchsicht der jeweiligen Personalakten bedurft. Da das parlamentarische Informations - und Auskunftsrecht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit der Beibringung der erbetenen Informationen steht, wurde daher von der Ermittlung abgesehen. Um dem Informations- und Auskunftsrecht indes dennoch zu entsprechen, wurde der Personaleinsatz als Kopfzahl angegeben und eine Anmerkung „anteilig" aufgenommen , soweit Bedienstete in mehreren Referaten eingesetzt oder im Rahmen einer Teilabordnung tätig waren. Frage 129: Hat es Aufgabenverlagerungen vom oder zum Ministerium gegeben? Wenn ja, welche und wohin? Antwort: Es gab folgende Aufgabenverlagerungen: Durch die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Neufassung der Thüringer Gnadenordnung des für Justiz zuständigen Ministeriums in Thüringen vom 16. Oktober 2008 (JMBI. Nr. 5 S. 58), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 1. Februar 2018 (JMBI. Nr. 2 S. 68), wurde das Recht zur Bewilligung gnadenweiser Strafaussetzung bei Geldstrafen und Geldbußen nunmehr ohne Beschränkung auf eine bestimmte Anzahl von Tagessätzen oder einen bestimmten Gesamtgeldbetrag vollständig auf die Leitenden Oberstaatsanwälte als Gnadenbehörden weiterübertragen . Mit Nr. 3.4 der Verwaltungsvorschrift „Einsatz von lnformationstechnik (IT) im Gerichtsvollzieherdienst " vom 6. Oktober 2010 (JMBI. S. 59) wurde die Zulassung von Gerichtsvollzieher-Software vom Thüringer Justizministerium auf das Thüringer Oberlandesgericht übertragen. Anfang 2010 wurde die bislang von der TSK wahrgenommene Aufgabe „Mandatsträgerschaft im Europäischen Ausschuss der Regionen" per Kabinettbeschluss von der TSK auf das für Justiz zuständige Ministerium für 5 Jahre übertragen. Ende 2014 sind folgende neue Aufgaben hinzugekommen: Aufgaben der Ausländer-, Integrations- und Flüchtlingspolitik aus dem damaligen TIM Grundsatzangelegenheiten des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes und der Verbraucherpolitik aus dem damaligen TMSFG Grundsatzangelegenheiten des Gentechnikrechts aus dem damaligen TMSFG, Anfang 2019 ging die Aufgabe auf das TMUEN über. Ferner wechselte Ende 2014 die Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge vom damaligen TMSFG (dort unter der Bezeichnung Ausländerbeauftragte) in das TMMJV. Durch die am 30. Juni 2017 in Kraft getretene Erste Verordnung zur Änderung der Thüringer Verordnung zur Übertragung der Zuständigkeiten für die Stundung, den Erlass, die Erstattung oder Anrechnung von Gerichtskosten oder von anderen Ansprüchen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis 9 der Justizbeitreibungsordnung wurden die Be- Seite 118 von 274 fugnisse für Entscheidungen nach § 117 Abs. 1 bis 4 ThürLHO (Erlass, Vergleich, Stundung und Niederschlagung von Forderungen) auf den Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichtes übertragen, soweit der Justizzahlstelle die Einziehung der Forderungen obliegt. Frage 130: Wie viele Rechtshilfeersuchen wurden bearbeitet? Antwort: Gemäß Nummer 3 Abschnitt 05 Nr. 16 des Beschlusses der Thüringer Landesregierung über die Zuständigkeit der einzelnen Ministerien nach Artikel 76 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen vom 31. März 2015 ist das TMMJV zuständig für Angelegenheiten des Rechts- und Amtshilfeverkehrs mit dem Ausland im Aufgabenbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit einschließlich der Staatsanwaltschaften , der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit, der Sozialgerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit. Unter dem Begriff der Rechtshilfe ist jede gerichtliche bzw. behördliche Handlung zu verstehen, die auf der Grundlage eines entsprechenden Antrags (Ersuchen) zur Einleitung, Durchführung oder Förderung eines inländischen Verfahrens im Ausland oder eines ausländischen Verfahrens im Inland durchgeführt wird. Die Gewährung von Rechtshilfe ist nur zulässig, innerhalb der Europäischen Union aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union - beispielsweise der EG-Zustellungsverordnung, der EG- Beweisaufnahmeverordnung und des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen - sowie außerhalb der Europäischen Union aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen - beispielsweise des Haager Zustellungsübereinkommens und des Haager Beweisaufnahmeübereinkommens - oder mangels Vereinbarungen im sogenannten vertragslosen Rechtshilfeverkehr aufgrund gegenseitigen Entgegenkommens. Zahlenmaterial liegt hier lediglich für den in einer gemeinsamen Statistik geführten, vertraglichen und vertraglosen Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handeissachen sowie in Arbeitsgerichtssachen mit Nicht-EU-Staaten vor. Der Zivilrechtshilfeverkehr mit Staaten der Europäischen Union sowie die Rechtshilfeersuchen in Strafsachen werden statistisch nicht erfasst und können mit vertretbarem Aufwand auch nicht ermittelt werden. In der nachfolgenden Tabelle sind als bearbeitete Ersuchen im Bereich der Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen sowie in Arbeitsgerichtssachen aufgeführt 1 . „ausgehende Ersuchen", also Ersuchen, die eine Thüringer Justizbehörde an eine Deutsche Auslandsvertretung oder an eine ausländische Stelle gerichtet hat und 2. „eingehende Ersuchen", also Ersuchen, die eine ausländische Stelle oder Vertretung an eine Thüringer Justizbehörde gerichtet hat. Seite 119 von 274 Jahresstatistik Ausgehende Ersuchen Eingehende Ersuchen 2009 349 473 2010 380 424 2011 330 344 2012 327 365 2013 354 314 2014 297 274 2015 318 356 2016 244 373 2017 269 363 2018 257 373 VII. Justizvollzug a) Belegungssituation Frage 131: Wie stellt sich das Verhältnis der Anzahl von Inhaftierten zur Anzahl der vorhandenen Haftplätze dar? Antwort: Nachfolgend ist das Verhältnis der Anzahl von Inhaftierten zur Anzahl der vorhandenen Haftplätze zum Stichtag 31.03. des jeweiligen Jahres abgebildet. Seite 120 von 274 Jahr festgesetzte Belegungsfähigkeit gemäß § 106 ThürJVoIIzGB (or Inkrafttreten ThürJVoIIzGB uurL I'16 S1VuII., § 77 Abs. 1 TtürUVoIIzG, § 99 Abs. 1 ThürJStVoIIzG) Anzahl der Inhaftierten prozentualer Anteil 2008 2039 2034 99,75% 2009 2130 1943 91,22% 2010 2130 1846 86,67% 2011 2038 1837 90,14% 2012 1980 1821 91,97% 2013 1950 1843 94,51% 2014 1950 1765 90,51% 2015 2067 1724 83,41% 2616 2029 1670 82,31% 2017 2001 1615 80 71% 2018 1809 1564 86,46% Quelle: Thüringer Justizvollzug Frage 132: Wie stellen sich die Normbelegung/Maximalbelegung/Notbelegung nach dem Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch im Vergleich zur tatsächlichen Ist-Belegung in den einzelnen Einrichtungen dar? Wie viele Gefangene sind in anderen Bundesländern untergebracht? Antwort: Das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch (ThürJVoIlzGB) regelt in § 106 die Festsetzung der Belegungsfähigkeit. Diese dient der Sicherstellung vollzuglicher Rahmenbedingungen , unter denen das Vollzugsziel erreicht werden kann, da die personellen und sachlichen Mittel der Anstalt nach der Belegungsfähigkeit bemessen werden . Weiter sieht das ThürJVoIlzGB vor, dass die Hafträume nicht mehr über die Sollbelegung hinaus belegt werden dürfen, somit wird auch keine Notbelegung ausgewiesen . Ausnahmen sind nur vorübergehend und in engen Grenzen wie etwa bei Belegungsspitzen oder Notsituationen möglich und bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Der Übersicht kann die Belegungssituation im Thüringer Justizvollzug zum Stichtag 31. März 2019 entnommen werden. Seite 121 von 274 JVAIJSA festgesetzte Belegungsfähigkeit gemäß § 106 Abs. 1 ThürJVolizB zugestimmte Mehrbelegung gemäß § 106 Abs. 3 ThurJVollzÖB Ist-Belegung JVA Goldlauter 286 286 240 JVA Hohenleuben 350 409 292 JVA Tonna 544 544 498 JVA Üntermaßfeld 357 357 336 JSA Amstadt 272 300 189 Gösamt 1809 1896 1555 Quelle: Thüringer Justizvoflzug Weibliche Gefangene aus Thüringen sind infolge einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 20. November 2008 in der JVA Chemnitz (Sachsen) inhaftiert. Die Aufnahme von weiblichen Gefangenen aus Thüringen unterliegt dabei nicht einer festgelegten Anzahl an Haftplätzen. Somit stehen Thüringen die gesamten Haftplatzkapazitäten der JVA Chemnitz zur Verfügung. Diese beziffern sich im Jahr 2019 auf 296 Plätze in der Norm- und zusätzlich 92 Plätze in der Notbelegung. Zum Stichtag 31. März 2019 waren 69 weibliche Gefangene aus Thüringen in der JVA Chemnitz inhaftiert. Darüber hinaus wird auf Frage 274 verwiesen. Frage 133: Wie viele Gefangene aus anderen Bundesländern sind in Thüringer Justizvollzugsanstalten untergebracht? Antwort: Die weiblichen Gefangenen aus Thüringen werden aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Freistaat Sachsen in der JVA Chemnitz untergebracht. Im Gegenzug werden vereinbarungsgemäß vorrangig männliche sächsische Austauschgefangene in die JVA Hohenleuben aufgenommen. In begründeten Fällen werden einzelne Strafgefangene in Abweichung vom Vollstreckungsplan auch in der JVA Tonna bzw. der JVA Untermaßfeld untergebracht (z.B. zur Absolvierung einer beruflichen oder schulischen Ausbildungsmaßnahme der männlichen Gefangenen). Die Ab- und Verrechnung der jeweils untergebrachten Gefangenen erfolgt mittels Vergleichs der angefallenen Hafttage je Gefangenem in den entsprechenden Abrechnungszeiträumen (Hafttageausgleich). Es werden daher lediglich die Hafttage zu Abrechnungszwecken erfasst. Eine statistische Erhebung der Anzahl der Gefangenen erfolgt nicht, zumal sowohl weibliche Gefangene aus Thüringen als auch männliche Austauschgefangene mehr als einmal im Abrechnungszeitraum inhaftiert sein können. Seite 122 von 274 Die Abrechnungszeiträume für den Hafttageausgleich sind jeweils vom 01.01. bis 30.04., 01.05. bis 31.08. und 01.09. bis 31.12. eines Jahres. Eine ggfs. erforderliche haushaltsmäßige Abrechnung und Erstattung des Tages-Haftkostensatzes, wenn kein Hafttageausgleich erreicht werden kann, erfolgt im letzten Trimester eines Jahres für den vorangegangen Abrechnungszeitraum vom 01.09. bis 31.08. und somit jahresübergreifend. Die Anzahl der angefallenen Hafttage von Gefangenen aus anderen Bundesländern in Thüringer Justizvollzugseinrichtungen für den Berichtszeitraum ist der beigefügten Anlage zu Frage 133 zu entnehmen. Frage 134: Welche Belegung ist nach welchen Kriterien gemäß Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch in den einzelnen Einrichtungen zulässig? Antwort: Gemäß § 18 Abs. 1 ThürJVollzGB werden Gefangene während der Einschlusszeiten allein in ihren Hafträumen untergebracht. Mit ihrer Zustimmung können sie gemäß § 18 Abs. 2 ThürJVollzGB gemeinsam untergebracht werden, wenn schädliche Einflüsse nicht zu befürchten sind. Bei einer Gefahr für Leben oder Gesundheit oder bei Hilfsbedürftigkeit ist die Zustimmung der gefährdeten oder hilfsbedürftigen Gefangenen zur gemeinsamen Unterbringung entbehrlich. Allerdings gestatten die Übergangsvorschriften für bestehende Anstalten, mit deren Errichtung vor dem 03.10.1990 begonnen wurde (§ 143 Abs. 2 ThürJVollzGB), dass abweichend von § 18 während der Einschlusszeit bis zu sechs Gefangene gemeinsam untergebracht werden dürfen, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als zwei Personen ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 zulässig. Frage 135: Welche Ursachen können für (signifikante) Änderungen in der Belegungssituation der einzelnen Einrichtungen jeweils benannt werden? Inwiefern spielen hier Veränderungen in der Entscheidungspraxis der Gerichte eine Rolle? Antwort: Signifikante Änderungen in der Belegungssituation einzelner Justizvollzugseinrichtungen konnten im Anfragezeitraum allenfalls temporär verzeichnet werden. Soweit sich solche Änderungen verstetigen, wird hierauf durch Anpassungen des Volistreckungsplanes reagiert, um eine annähernd gleichmäßige Auslastung der Anstalten zu gewährleisten. Generelle Ursachen für solche Änderungen liegen beispielsweise im Rückgang der Zahl von Jugendstrafgefangenen in den letzten Jahren. Vorübergehende Ursachen können etwa in den Abläufen der Strafvollstreckungsbehörden liegen. Inwiefern sich die Entscheidungspraxis der Gerichte ausgewirkt hat, lässt sich für den Anfragezeitraum mangels statistischer Daten verlässlich nicht sagen. Seite 123 von 274 Frage 136: Wie stellt sich die Nutzungs- und Belegungssituation in den Räumlichkeiten (zum Beispiel Hafträume, Gemeinschaftsräume) in den einzelnen Einrichtungen dar und inwiefern entspricht diese Situation den Vorgaben des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs und anderer geltender Regelungen? Antwort: Anzahl Hafträume Anzahl Gemeinschaftsräume (Freizeiträume, Teeküchen, Sporträume) Anzahl sonstige Räume (Arresträume, Schlichträume etc.) JSA Arnstadt 276 57 12 Goldlauter 230 25 10 Hohenleuben 93 30 6 Tonna 584 49 18 Untermaßfeld 225 34 6 Die Vorgabe einer Einzelunterbringung während der Einschlusszeiten gern. § 18 ThürJVollzGB wird bereits in der JVA Tonna und der JSA Arnstadt umgesetzt. Die JVA Goldlauter und die JVA Untermaßfeld erfordern eine Ertüchtigung und Modernisierung , damit in ihnen die Vorgabe des Gesetzgebers umgesetzt werden kann. Die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben verfügt fast ausschließlich über Gemeinschaftshafträume , in denen bis zu sechs Gefangene inhaftiert sind. Mit dem entsprechend dem derzeitigen Staatsvertrag zwischen Sachsen und Thüringen über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau vom 15. April 2014 vereinbarten Neubau und der Inbetriebnahme der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt mit dem Freistaat Sachsen in Zwickau-Marienthal soll die JVA Hohenleuben geschlossen werden. Der aktuelle Zustand ist durch die Ubergangsvorschrift des § 143 Abs. 2 ThürJVollz GB bis zum 31.12.2024 gedeckt. Weder das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch noch andere gesetzliche Regelungen treffen Festlegungen dahin gehend, wie viele Gemeinschaftsräume in einer Justizvollzugsanstalt vorzuhalten sind. § 65 ThürJVollzGB besagt lediglich, dass die Anstalt zur Ausgestaltung der Freizeit insbesondere Angebote zur sportlichen und kulturellen Betätigung und Bildungsangebote vorzuhalten hat. Dem Sport kommt bei der Gestaltung des Vollzugs besondere Bedeutung zu. Die Jugendstrafanstalt Arnstadt und die JVA Tonna sowie - entsprechend dem derzeitigen Staatsvertrag zwischen Sachsen und Thüringen über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau vom 15. April 2014 - künftig die gemeinsame Justizvollzugsanstalt mit dem Freistaat Sachsen in Zwickau-Marienthal erfüllen diese Voraussetzungen vollumfänglich. Für die Anstalten Goldlauter und Untermaßfeld müssen perspektivisch im Rahmen von Sanierungs- bzw. Erweiterungsmaßnahmen die Voraussetzungen für sportliche Angebote, insbesondere in Form von Sportplätzen und Sporthallen, verbessert werden. Gemeinschaftsräume stehen in allen Thüringer Justizvollzugsanstalten zur Verfügung . Seite 124 von 274 Frage 137: Wie stellt sich das Verhältnis von Haftplätzen im offenen und geschlossenen Vollzug dar und wie ist dieses vor dem Hintergrund der Vorgaben des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs zu bewerten? Antwort: Das Verhältnis von Haftplätzen im offenen und im geschlossenen Vollzug ergibt sich aus der Anlage zu Frage 137. Das Verhältnis ist grundsätzlich als angemessen zu bezeichnen; eine Ausweitung des offenen Vollzuges wird angestrebt. Frage 138: Wie bewertet die Landesregierung die derzeitige Belegungssituation und deren Entwicklung im Anfragezeitraum und welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus? Antwort: Die Zahl der Inhaftierten ist seit 2014 rückläufig (siehe Antwort zu Frage 131). Gegenwärtig besteht in den Thüringer Justizvollzugsanstalten kein Belegungsdruck; es stehen grundsätzlich ausreichend Haftplätze zur Verfügung. Im Vergleich zu 2008 hat sich die Belegungssituation deutlich entspannt. Allerdings verfügen die Altanstalten Untermaßfeld und Hohenleuben noch über eine Vielzahl nicht moderner, mehrfach belegter Hafträume. Im Betrachtungszeitraum wurde eine Vielzahl von baulichen Maßnahmen umgesetzt, so u.a. der Neubau der Jugendstrafanstalt Arnstadt. Der Schwerpunkt im Thüringer Justizvollzug liegt in der Schaffung einer modernen Unterbringung der Gefangenen, insbesondere der Einzelunterbringung. So wurden im Betrachtungszeitraum die Jugendstrafanstalt lchtershausen und die Jugendarrestanstalt Weimar geschlossen und durch einen modernen Neubau - der JSA Arnstadt und JAA Arnstadt - ersetzt. Die Altanstalt in Gera wurde geschlossen. Auf der Grundlage des derzeitigen Staatsvertrages zwischen Sachsen und Thüringen über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau vom 15. April 2014 wird auch der gemeinsame Neubau der Justizvollzugsanstalt der Freistaaten Thüringen und Sachsen in Zwickau durch einen modernen und auf eine Einzelunterbringung ausgerichteten Strafvollzug gekennzeichnet sein. Im Zuge der Inbetriebnahme der neuen Justizvollzugsanstalt Zwickau soll in Thüringen die Justizvollzugsanstalt Hohenleuben geschlossen. Durch weitere Sanierungsmaßnahmen in den bestehenden Anstalten, zur Schaffung von Einzelhafträumen , wird sich die Belegungsfähigkeit weiter reduzieren. Unter Berücksichtigung einer 10-prozentigen Belegungsreserve werden nach aktuellem Stand in Zukunft ausreichend Haftplätze zur Verfügung stehen. Frage 139: Wie hat sich die Zahl der Kriminalitätsdelikte im Anfragezeitraum entwickelt? Seite 125 von 274 Antwort: Unter Bezugnahme auf die vorhergehende Zwischenüberschrift „Justizvollzug" wird die Frage dahingehend verstanden, dass nur die Delikte erfragt sind, die in einer Justizvollzugsanstalt begangen wurden. Ausweislich der PKS (polizeiliche Kriminalstatistik ) wurden in den Jahren 2009 bis 2018 mit der Tatörtlichkeit „Justizvollzugsanstalt " folgende Straftaten registriert: Straftaten mit Tatärtlichkeit Justizvol Izugsanstalt Jahr erfasste Fälle aufgeklarte Falle Aufklärungsquote ermittelte Tatverdachtige 2009 223 204 91,5% 190 2010 237 223 94,1% 215 2011 204 193 94,6% 184 2012 265 252 95,1% 246 2013 374 341 91,2% 254 2014 288 260 90,3% 225 2015 286 269 94,1% 269 2016 339 303 89,4% 280 2017 378 336 88,9% 291 2018 332 311 93,7% 277 Entsprechende Aussagen zu dem Jahr 2008 sind aufgrund einer Systemumstellung der PKS nicht möglich. Frage 140: Welche Veränderungen im Vollstreckungsplan gab es im Anfragezeitraum und wie wurden die einzelnen Änderungen begründet? Antwort: Die Thüringer Verordnung über den Vollstreckungsplan vom 16. Juni 2010 hat die in der Anlage zu Frage 140 ersichtlichen Änderungen erfahren. Die Gründe für diese Änderungen sind vielfältig und jeweils aktuellen Entwicklungen geschuldet. Maßgebliche Gründe für Veränderungen im Vollstreckungsplan waren bislang der Rückgang der Zahl der Inhaftierten, was konsequenterweise auch Auswirkungen auf die Belegungssituation in den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen hatte (siehe Antwort zu Frage 131). Zudem wurde seither eine Einrichtung (JVA Gera) geschlossen und die JSA lchtershausen durch neue Einrichtungen (JSA Arnstadt sowie Thüringer Jugendarrestanstalt ) ersetzt. Seite 126 von 274 Frage 141: Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Belegungssituation in den einzelnen Einrichtungen und den Vorgaben des für Thüringen geltenden Vollstreckungsplans? Antwort: Gemäß § 114 Abs. 1 ThürJVollzGB regelt die Aufsichtsbehörde die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten in einem Vollstreckungsplan. Ziel des Vollstreckungsplanes ist es, die Gefangenen nach verbindlichen Kriterien den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen unter Berücksichtigung der jeweils dort zur Verfügung stehenden Haftplätze zuzuweisen. Frage 142: Welche Überlegungen liegen dem derzeitigen Vollstreckungsplan zugrunde? Antwort: Die Thüringer Verordnung über den Vollstreckungsplan vom 16. Juni 2010 (geändert durch Verordnungen vom 15. Dezember 2015 sowie vom 28. November 2016), folgt dem Prinzip des Erst- und Regelvollzuges. Dem liegt zum einen die Überlegung zugrunde, eine negative Beeinflussung erstmals inhaftierter Straftäter durch bereits hafterfahrene Gefangene zu verhindern. Zum anderen soll erreicht werden, dass die Behandlungs- und Betreuungsangebote noch besser auf die Erfordernisse der jeweiligen Gefangenengruppen abgestimmt werden können. Diese Regelung hat sich, auch nach Einschätzung aller Justizvollzugsanstalten , unter vollzuglichen Gesichtspunkten bewährt, so dass hieran auch künftig festgehalten werden soll. Frage 143: Inwiefern beeinflusst der Zustand der Justizvollzugsanstalten beziehungsweise deren Belegungssituation die Durchführung von Vollzugskonzepten und in wieweit ist dies mit den Vorgaben des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs vereinbar? Antwort: Die Justizvollzugsanstalten im Freistaat Thüringen erarbeiten ihre Vollzugskonzepte , in denen sie die Mittel und Wege zur Umsetzung und Durchführung ihrer gesetzlich festgelegten Aufgaben darstellen, unter Berücksichtigung der jeweiligen Belegungssituation und des baulichen Zustands der Anstalt. Es wird auf die Antwort zur Frage 136 verwiesen. Frage 144: Inwiefern sieht die Landesregierung Änderungsbedarf hinsichtlich des Volistreckungsplans und der Vollzugskonzepte? Antwort: Der Vollstreckungsplan unterliegt regelmäßiger und ständiger Überprüfung und Diskussion . Soweit und sobald sich Änderungsbedarfe ergaben bzw. ergeben, erfolgte bzw. erfolgt eine Anpassung. Seite 127 von 274 Durch die Landesregierung wurde am 10. April 2018 das Thüringer Justizvollzugskonzept in der 140. Kabinettssitzung beschlossen. Auf dieser Grundlage erarbeiten die Anstalten ihre eigenen Vollzugskonzepte. c) Bauliche Situation und Sicherheit Frage 145: Wie stellt sich der bauliche Zustand der einzelnen Justizvollzugsanstalten dar und inwieweit entspricht dies den Vorgaben (zum Beispiel Größe der Hafträume, bauliche Vorkehrungen für Gefangene mit Behinderungen, zum Beispiel hinsichtlich Barrie re fre ih e it) ? Antwort: Hierzu wird auf das Thüringer Justizvollzugskonzept in der DS 6/5877 verwiesen. So steht die Landesregierung für einen modernen Strafvollzug und damit für eine angemessene Unterbringung der Gefangenen mit Betreuung und Arbeitsmöglichkeiten , die dem Resozialisierungsgedanken gerecht werden. Dieser Anspruch korrespondiert mit den rechtlichen Verpflichtungen aus dem ThürJVollzGB zur Wiedereingliederung, §§ 7 if. ThürJVollzGB, zu Beschäftigungs-, Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, §§ 27 if. ThürJVollzGB, zur Therapie, §§ 24 if. ThürJVollzGB, zu Sport- und Freizeitangeboten, § 65 ThürJVollzGB, und zu dem gesetzlichen Anspruch auf Einzelunterbringung während der Ruhezeiten , § 18ThürJVollzGB. Diesen Anforderungen werden die JVA Tonna, die JSA Arnstadt und - entsprechend dem derzeitigen Staatsvertrag zwischen Sachsen und Thüringen über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau vom 15. April 2014 - künftig die gemeinsame Justizvollzugsanstalt Zwickau-Marienthal uneingeschränkt gerecht. Auch die Barrierefreiheit für den Besuchs- und Verwaltungsbereich sowie in bestimmten Bereichen für Gefangene ist in der JVA Tonna, der JSA Arnstadt sowie künftig in der gemeinsamen JVA Zwickau-Marienthal gewährleistet. Die übrigen Anstalten weisen folgende Besonderheiten auf: JVA Goldlauter: Der Gebäudebestand der JVA Goldlauter ist bedingt durch die Bauzeit überwiegend in den Jahren 1986 bis 1990 insbesondere im Hinblick auf heutige bauliche, energetische und haustechnische Standards modernisierungsbedürftig. Im Jahr 2014 wurde daher ein an das Anstaltsgelände angrenzendes Grundstück erworben, um die bebaubare Fläche der JVA Goldlauter zu erweitern. Die hierzu notwendigen großen Baumaßnahmen bestehen zunächst aus der Erweiterung um einen Werkhof sowie Neugestaltung der Pforte, Besucherbereich, Verwaltung und Seite 128 von 274 Zentrale sowie der Sanierung des Hafthauses 1 und der Erneuerung der Sicherheitstechnik und Umstellung dieser von analog auf digital. Bauliche Vorkehrungen für die Unterbringung von Gefangenen mit Behinderungen sind nicht vorhanden. JVA Hohenleuben Aufgrund ihrer baulich-strukturellen Defizite wird die JVA Hohenleuben den Anforderungen an einen modernen, auf eine umfassende Behandlung und Resozialisierung der Gefangenen ausgerichteten Vollzug nicht umfassend gerecht. Die JVA Hohenleuben befindet sich in innerstädtischer Zentrumslage und ist umgeben von Wohngebäuden, weswegen räumliche Erweiterungsmöglichkeiten fehlen. Vor dem Hintergrund des entsprechend dem derzeitigen Staatsvertrag zwischen Sachsen und Thüringen über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau vom 15. April 2014 geplanten JVA-Neubaus in Zwickau und der damit zusammenhängenden künftigen Schließung der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben, sind alle Bauinvestitionen auf das notwendige Maß zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes gerichtet. Bis zu ihrer Schließung sind Maßnahmen durchzuführen, die zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben, der Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit und Sicherheit sowie der Ertüchtigung des Brandschutzes unabdingbar sind. Diese Baumaßnahmen werden im Rahmen des Bau unterhalts oder im Rahmen von kleinen Baumaßnahmen bestritten. Größere Baumaßnahmen und Investitionen sind in Hohenleuben nicht mehr geplant. Mit Inbetriebnahme der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt der Freistaaten Thüringen und Sachsen in Zwickau soll die JVA Hohenleuben geschlossen werden. Bauliche Vorkehrungen für die Unterbringung von Gefangenen mit Behinderungen sind nicht vorhanden. Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld Für die JVA Untermaßfeld wird seit über 190 Jahren ein ehemaliges Schlossgebäude nebst weiteren Bauten auf dem Gelände genutzt. Die JVA Untermaßfeld ist durch eine alte Bausubstanz sowie denkmalgeschützte Strafvollzugsarchitektur gekennzeichnet . Insbesondere die räumlichen Gegebenheiten für Sport- und Freizeitmaßnahmen sowie zur Umsetzung des Grundsatzes der Einzelunterbringung sind verbesserungsbedürftig. Derzeit sind viele Gefangene in Gemeinschaftshafträumen mit bis zu drei bzw. fünf Mitgefangenen untergebracht. Bereits in den vergangenen Jahren wurde eine Vielzahl von baulichen Maßnahmen realisiert. Auch aktuell sind weitere erforderliche Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen beziehungsweise zu planen. Bauliche Vorkehrungen für die Unterbringung von Gefangenen mit Behinderungen bestehen nicht. Trotz der vorgenannten und in den kommenden Jahren noch geplanten Sanierungsmaßnahmen entspricht die Anstalt jedoch nicht den künftigen Anforderungen an einen modernen Strafvollzug. Es wird unter Zugrundelegung des zukünftig voraussichtlich benötigten Haftplatzbedarfs zu entscheiden sein, obdie Anstalt über das Jahr 2024 hinaus fortbestehen soll. Seite 129 von 274 Frage 146: Welche Sanierungen beziehungsweise Neu- und Umbau- sowie Ausrüstungsmaßnahmen wurden im Anfragezeitraum durchgeführt oder begonnen und welche geplanten Maßnahmen sollen in den nächsten drei Jahren begonnen werden? Welche Auswirkungen hatten beziehungsweise haben die Maßnahmen auf die Belegungsfähigkeit , die Zuständigkeit oder den Standort der jeweiligen Justizvollzugsanstalt? Antwort: Im Anfragezeitraum wurden im Rahmen der haushälterischen Möglichkeiten große und kleine Baumaßnahmen sowie Maßnahmen der Bauunterhaltung durchgeführt. Insbesondere Maßnahmen der Bauunterhaltung konnten zu großen Teilen in Eigenleistung realisiert werden. Im Folgenden werden die wesentlichen Maßnahmen dargestellt: Neubau JSA Arnstadt In der Jugendstrafanstalt lchtershausen mit der Zweiganstalt Weimar wurden mit Blick auf den Neubau der Jugendstrafanstalt in Arnstadt im Anfragezeitraum nur punktuell Sanierungs- und Ausrüstungsmaßnahmen, die dem Funktionserhalt dienten , durchgeführt. Im Jahr 2014 erfolgte sodann die Übernahme und Inbetriebnahme der Jugendstrafanstalt Arnstadt und Jugendarrestanstalt Arnstadt. Hierfür wurden im Anfragezeitraum insgesamt 81,7 Mio. EUR verausgabt. JVA Goldlauter In Suhl-Goldlauter wurde im Rahmen einer großen Baumaßnahme ein Hafthaus mit 95 Haftplätzen neu errichtet und ab September 2008 belegt. Die Kosten beliefen sich auf 5,9 Mio. EUR. Des Weiteren wurden folgende Maßnahmen umgesetzt: Umbau und Erweiterung der Anstaltsküche (Fertigstellung August 2009), Baukosten gesamt 923.220 € Brandschutzmaßnahmen im Hafthaus 1 (Beseitigung der brandschutztechnischen Mängel und Brandlast aus den Decken; Ausbau der Luftheizung und Einbau einer Schwerkraftheizung) mit Fertigstellung in 2011, Baukosten gesamt 728.800 Errichtung einer Holzhackschnitzelanlage zur Grundversorgung der JVA in 2011, Kosten ca. 980.000 EUR Austausch der Niederspannungsschaltanlagen, Erneuerung der Zellenrufanlage Haus 1, Erneuerung der Tür und Türsteuerung in der Zentrale und Pforte in 2016; Kosten 900.000 EUR Erneuerung der Lastenaufzüge Haus 1, Baukosten 195.000 EUR Umbau der Nassbereiche im Wohngruppenvollzug, Abschluss der Arbeiten in 2016, Gesamtkosten: 138.000 EUR In Planung befinden sich folgende Maßnahmen: Ersatzbeschaffung der Nachrichten- und Sicherheitstechnik: Seite 130 von 274 Hierfür liegt bereits ein Entwicklungskonzept aus 2017 vor, das Bestandteil des - Bauantrags ist und dem TLBV zur Kostenberechnung vorliegt. Die Kostenschätzung im Entwicklungskonzept beläuft sich auf 3,6 Mio. EUR Erweiterung um Werkhof, Pforte, Besuch, Verwaltung und Zentrale: Die Justizvollzugsanstalt Suhl-Goldlauter muss, um den Anforderungen an einen auf die Zukunft ausgerichteten Strafvollzug gerecht zu werden, modernisiert werden. Hierfür wurde bereits im Jahr 2014 ein an das Anstaltsgelände angrenzendes Grundstück erworben, um die bebaubare Fläche der JVA Goldlauter zu erweitern. Der entsprechende Bauantrag wird derzeit durch die JVA Goldlauter überarbeitet. JVA Hohenleuben Installation einer Netzersatzanlage, Gesamtkosten 366.000 EUR (Fertigstellung 2015) Für 2019 ist folgende Maßnahme geplant (Etatisierung im Haushaltsplan seit 2016): Installation von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen in den Treppenhäusern, veranschlagt mit 130.000 EUR. JVA Tonna Zuletzt erfolgte die Sanierung des Bodenaufbaus in der Anstaltsküche mit insgesamt 418.000 EUR (Fertigstellung 2016). Derzeit erfolgt planmäßig die Umsetzung der Baumaßnahme „Erneuerung sicherheitstechnischer Anlagen', die voraussichtlich bis zum 1. Quartal 2020 andauern wird und aktuell mit 6,65 Mio. EUR veranschlagt ist. JVA Untermaßfeld Sanierung der Außenmauer, Fertigstellung 2011, Baukosten: 528.000 EUR Dachsanierung Haus 13, Fertigstellung 2012, Sanierungskosten: 769.000 EUR Entwässerungsanschluss an zentr. Netz in 2016, Baukosten: 251.000 EUR Dachsanierung Haus 14, Fertigstellung 2017, Sanierungskosten: 967.000 EUR Sanierung der Anstaltsküche, Fertigstellung 2019, Die Gesamtbaukosten wurden zuletzt auf 1,48 Mio. EUR erhöht Aktuell sind folgende Baumaßnahmen für 2019 vorgesehen bzw. werden bereits umgesetzt: Erneuerung der Lastenaufzüge in Haus 3 und 10; die Gesamtbaukosten betragen 140.000 EUR und 207.000 EUR; die Umsetzung soll noch in 2019 erfolgen. Erneuerung der Personennotrufanlage; Die Maßnahme ist aktuell mit 1,6 Mio. EUR veranschlagt; die Fertigstellung erfolgt in 2019. Austausch der Niederspannungsschaltanlage: Der Bauauftrag ist erteilt; die Kosten belaufen sich auf 219.000 EUR. Erneuerung Zellenrufanlage, Tür- und Torsteuerung Pforte! Zentrale sowie Gefahrenmeldeanlage (GMA); der Kostenrahmen beläuft sich auf 1 Mio. EUR; der Planungsauftrag wurde erteilt. Verschiedene Maßnahmen im Brandschutz: Die Umsetzung erfolgt über die Bauunterhaltung, Kapitel 18 25 Titel 519 01. Seite 131 von 274 Das Entwicklungskonzept für die Umstellung der sicherheitstechnischen Anlagen von analog auf digital wurde durch das Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft zwischenzeitlich beauftragt. Erste Ergebnisse sollen voraussichtlich in der 2. Jahreshälfte 2019 vorgestellt werden. JVA Zwickau-Marienthal Entsprechend dem derzeitigen Staatsvertrag zwischen Sachsen und Thüringen über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau vom 15. April 2014 handelt es sich hierbei um ein gemeinsames Neubauvorhaben der Freistaaten Thüringen und Sachsen in Zwickau. Der Neubau begründet sich u.a. in dem dringenden Erfordernis der Schaffung moderner Haftplätze, vor allem im Hinblick auf den Rechtsanspruch auf Einzelunterbringung während der Einschlusszeit . Für das Gemeinschaftsprojekt sind die Maßnahmen zur Baufeldfreimachung und vorgezogene Leistungen für die Erschließung abgeschlossen. Seit Beginn des Jahres 2019 wurden erste Leistungen ausgeschrieben. Dazu gehört die Errichtung der Anstaltsmauer, die im Mai an ein sächsisches Bauunternehmen vergeben werden konnte. Ab Sommer 2019 werden die Bauarbeiten vor Ort beginnen , indem die im unternehmenseigenen Werk vorgefertigten Stahlbetonteile aufgestellt werden. Für Bauausführung und Planung wurden bis Ende 2018 rund 39,5 Mio. EUR aufgewendet . Hiervon flossen 28,5 Mio. EUR in die Baufeldfreimachung und vorgezogene Leistungen. Gemäß dem Staatsvertrag über die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Justizvollzugsanstalt in Zwickau tragen die Vertragspartner die Kosten entsprechend dem Verteilungsschlüssel. Die Ist-Ausgaben beliefen sich zum 31.12.2018 für Thüringen auf 19,3 Mio. Euro. Insgesamt steht für das Gemeinschaftsvorhaben beider Länder ein Budget von 174 Mio. EUR zur Verfügung. Die bauliche Fertigstellung ist für Ende 2023 und die Inbetriebnahme im 1. Quartal 2024 vorgesehen. Soweit die Realisierung dieses Vorhabens nicht oder nicht fristgemäß möglich ist, muss auch der Neubau einer eigenen Haftanstalt in Thüringen weiter geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden. Frage 147: Wie wurden beziehungsweise werden diese Maßnahmen sachlich begründet und welche Finanzmittel wurden beziehungsweise werden für diese Maßnahmen aufgewendet beziehungsweise sind veranschlagt? Antwort: Es wird auf die Beantwortung der Fragen 145 und 146 verwiesen. Weiterhin waren die in den Jahren 2008 bis 2018 durchgeführten Maßnahmen aufgrund des baulichen Zustands der Justizvollzugseinrichtungen im Allgemeinen, des Verschleißes, der Sicherheitsanforderungen des Vollzuges, der Anforderungen des Arbeits-, Brand- und Unfallschutzes, der, Einrichtung von Arbeitsplätzen sowie der Verbesserung der Vollzugs-/ Haftbedingungen für die Gefangenen notwendig. Im Bauunterhalt wurden für alle Thüringer Justizvollzugsanstalten im Anfragezeitraum insgesamt folgende Haushaltsmittel verausgabt: Seite 132 von 274 Haushaltsjahr Titel 51901 verwaltet vom TMILJ TLBV Titel 51903 verwaltet vom TMMJV 2008 233.270€ 303.849€ 2009 165.541€ 307.377€ 2010 245.872€ 648.832€ 2011 170.197€ 259.419€ 2012 104.440€ 217.877€ 2013 55.109€ 220.960€ 2014 115.371€ 262.768€ 2015 300.429€ 279.715€ 2016 121.078€ 1.489.547€ 2017 1.121.640€ 1.132.137€ 2018 424.659€ 813.208€ 3.057.606 € 5.935.689 € Frage 148: Welche Einrichtungen wurden im Anfragezeitraum aus welchen Gründen geschlossen beziehungsweise welche Schließun gen sind in den nächsten drei Jahren geplant ? Antwort: Die Jugendstrafanstalt Arnstadt wurde am 25.06.2014 formell vom Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung und Verkehr an das Thüringer Justizministerium übergeben und am 07.07.20 14 offiziell mit Gefangenen belegt. Mit dieser Inbetriebnahme der neuen Jugendstrafanstalt Arnstadt und der Jugendarrestanstalt Arnstadt wurden zeitgleich die ehemalige Jugendstrafanstalt lchtershausen und die ehemalige Jugendarrestanstalt Weimar geschlossen. Am 20. Oktober 2017 wurde die Justizvollzugsanstalt Gera, aufgrund zu geringer Auslastung und einer damit einhergehenden Unwirtschaftlichkeit der Anstalt, geschlossen . In den nächsten drei Jahren sind keine weiteren Schließungen geplant. Frage 149: Inwiefern entsprechen die Sicherheitseinrichtun gen und -konzepte in den Einrichtungen dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik und den Vorgaben des Thüringer Strafvollzugsgesetzbuchs und anderer geltender Vorschriften? Antwort: Weder das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch noch andere gesetzliche Regelungen oder Vorschriften enthalten Vorgaben darüber, wie Sicherheitseinrichtungen oder -konzeptionen ausgestaltet sein sollen. § 2 Abs. 1 Satz 2 ThürJVollzGB besagt , dass der Vollzug die Aufgabe hat, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Seite 133 von 274 Die Sicherheitskonzeption im Thüringer Justizvollzug wird - wie in den meisten Bundesländern - von der Überlegung getragen, dass Sicherheit im Vollzug nur dann entstehen kann, wenn mehrere Faktoren und Komponenten gleichzeitig beachtet werden. Die Ecksteine der Sicherheit bilden dabei im Wesentlichen: die baulich-technischen Vorkehrungen, das Regelwerk der Sicherheitsorganisation, das Bewusstsein der Bediensteten für Sicherheitsbelange. Vor diesem Hintergrund wird derzeit die Nachrichten- und Sicherheitstechnik der JVA Tonna erneuert und von analoger auf digitale Technik umgestellt. Grundlage für diese Maßnahme war ein Entwicklungskonzept, das durch ein Ingenieurbüro erstellt wurde. Für die JVA Goldlauter liegt zwischenzeitlich auch ein solches Entwicklungskonzept zur Erneuerung der Nachrichten- und Sicherheitstechnik vor, das Bestandteil des Bauantrags ist, der dem zuständigen Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr zur Kostenberechnung vorliegt. Ein weiteres Entwicklungskonzept zur Erneuerung der Sicherheitstechnik wurde für die JVA Untermaßfeld beauftragt. Frage 150: Wie wird die Einhaltung der Sicherheitskonzeption und deren Anpassung beziehungsweise Fortentwicklung abgesichert? Antwort: Die Überwachung der Einhaltung der Sicherheitskonzeption sowie deren Fortschreibung und die Überprüfung und Gewährleistung der Einsatzfähigkeit der baulich -technischen Sicherheitseinrichtungen ist primär Aufgabe der jeweiligen Justizvollzugsanstalt . U. a. zur Wahrnehmung dieser Aufgaben ist in jeder Justizvollzugsanstalt eine Verwaltungsabteilung Sicherheit eingerichtet, die in der Regel von einem Beamten des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes geleitet wird. Als zusätzliches Instrumentarium zur Überprüfung der Sicherheit wurde die „Sicherheitsgruppe Strafvollzug Thüringen" geschaffen, welche regelmäßig im Auftrag der Aufsichtsbehörde die baulich-technische Sicherheit und die Sicherheitsorganisation in den einzelnen Justizvollzugsanstalten überprüft und Empfehlungen zu ihrer Verbesserung gibt. Des Weiteren finden im Rahmen der Sicherheitspartnerschaft (Initiative Mitteldeutschland) der Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen regelmäßig Erfahrungsaustausche und Hospitationen statt. Gemeinsame Einsätze der Sicherheitsgruppen der drei Länder sind zwischenzeitlich fester Bestandteil dieser Zusammenarbeit. d) Situation der Gefangenen Frage 151: Wie viele Gefangene sind in den Justizvollzugsanstalten im Anfragezeitraum untergebracht beziehungsweise untergebracht gewesen? Seite 134 von 274 Antwort: Die Belegung der einzelnen Anstalten ist der Anlage zu Frage 151 zu entnehmen. Frage 152: Wie viele der Insassen sind in Räumen mit Einzelbelegung beziehungsweise Mehrfachbelegung untergebracht (Durchgangsgefangene bitte gesondert ausweisen)? Antwort: Die Belegungsfähigkeit nach Einzel- und Mehrfachunterbringung unterteilt nach Geschlecht sowie Justizvollzugsanstalten zum Stichtag 31. März 2019 ist in der Anlage zu Frage 152 abgebildet. Die Durchgangsgefangenen sind in den Gesamtzahlen enthalten. Frage 153: Wie hat sich die (durchschnittliche) Ve,weil- beziehungsweise Haftdauer im Anfragezeitraum verändert (bitte aufschlüsseln nach Betroffenen gruppen und Deliktsgruppen )? Antwort: Die Änderungen der (durchschnittlichen) Verweil- beziehungsweise Haftdauer im Anfragezeitraum ergeben sich aus der Anlage zu Frage 153. Frage 154: Wie stellt sich die Ausstattung der Hafträume mit Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen in den einzelnen Bereichen des Justizvollzugs und den einzelnen Einrichtungen dar? Antwort: In den Thüringer Justizvollzugseinrichtungen erfolgt eine einheitliche Ausstattung der Hafträume mit Haftraummobiliarauf Grundlage der festgelegten Ausstattungsnormen gemäß der Verwaltungsvorschrift für die Wirtschaftsverwaltung der Thüringer Justizvollzugseinrichtungen (VVWi), Anlage 2 der VV, i.d.F. vom 13.08.2015. Zur Ausstattung eines Haftraumes gehören folgende Einrichtungsgegenstände: Haftraumbett oder Doppelstockbett und Bettzeug in Normal- oder Sondergröße Haftraumschrank mit Fächerteil und Kleiderteil Wandregal Haftraumstuhl Haftraumtisch (in verschiedenen Größen, überwiegend in der Größe 80 x 80 cm) Fernsehboard Pinnwand Abfalleimer mit Deckel Seite 135 von 274 abschließbares Einzelkühlfach (im Gemeinschaftskühlschrank außerhalb des Haftraumes) Kleidersack mit Kleiderbügeln ggf. TV-Mietgeräte externer Anbieter Der Nassbereich und der Toilettenbereich ist ausgestattet mit: Toilettenbecken mit Deckel WO-Garnitur Waschbecken Konsole (Ablage) Spiegel Hakenleiste für Handtücher Zur individuellen Ausgestaltung des Haftraumes gemäß § 57 ThürJVollzGB kann der Gefangene, nach vorangegangener Genehmigung durch die Anstalt, folgende weiteren Ausstattungsgegenstände einbringen: Fernsehgerät mit bestimmten technischen Einschränkungen aus Sicherheitsgründen Radiorecorder mit CD- und/oder Kassettenteil mit bestimmten technischen Einschränkungen Kaffee-, Teemaschine Spielekonsolen Leselampe Wecker Topfpflanzen Der Telefonverkehr für die Gefangenen wird über Telefonapparate in den Flurbereichen bzw. auch auf den Hafträumen mit persönlicher PIN und Abrechnung je Nutzer für genehmigte und freigegebene Telefonnummern über den jeweiligen Betreiber durch die Justizvollzugseinrichtung ermöglicht. Frage 155: Welche persönlichen Gegenstände stehen den Gefangenen zu und inwiefern dürfen diese den persönlichen Bedarf eigenständig durch Einkäufe decken? Wie ist dies in den Justizvollzugsanstalten organisiert? Antwort: Der Erwerb und Besitz von, Gegenständen durch Gefangene (Strafgefangene, Untersuchungsgefangene und Jugendstrafgefangene) ist in den §§ 55 if. ThürJVollzGB geregelt. Nach diesen Vorschriften dürfen Gefangene grundsätzlich ihren Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten, in angemessenem Umfang Bücher oder andere Gegenstände zur Fortbildung oder Freizeitbeschäftigung sowie Nahrungs- und Genussmittel und Mittel zur Körperpflege besitzen. Hiervon ausge- Seite 136 von 274 schlossen sind Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern oder in anderer Weise die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden. Welche Gegenstände für die Gefangenen in den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen grundsätzlich genehmigungsfähig sind, legen diese in den nach § 112 ThürJVollzGB zu erlassenden Hausordnungen fest. Dabei werden die baulichen Gegebenheiten der jeweiligen Anstalt, das Gefangenenklientel sowie die durch die Anstalt angebotenen Freizeit- und sonstigen Maßnahmen berücksichtigt. Soweit die Gefangenen über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, können die Gegenstände durch Vermittlung der Anstalt aus zugelassenen Versandhauskatalogen beschafft oder im Rahmen des Einkaufes in der Anstalt nach § 63 Abs. 2 ThürJVollzGB erworben werden. Der Einkauf findet in der JVA Hohenleuben als Sichteinkauf und in den übrigen Anstalten jeweils als Bestelleinkauf in folgenden Intervallen statt: JVA Goldlauter wöchentlich für Untersuchungsgefangene zweiwöchentlich für Strafgefangene JVA Hohenleuben zweiwöchentlich (alle Haftarten) JVA Tonna zweiwöchentlich (alle Haftarten) JVA Untermaßfeld wöchentlich (alle Haftarten) JSA Arnstadt wöchentlich (alle Haftarten) Frage 156: Wie gestalten sich die Komm unikations- und Kontaktmöglichkeiten der Gefangenen (zum Beispiel mit Mithäftlingen, mit Angehörigen, mit Rechtsanwälten)? Antwort: Der 6. Abschnitt im Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch regelt die Kommunikation der Gefangenen nach innen und außen einschließlich des Besuches. Die Regelungen umfassen insbesondere das Telefonieren, den Schriftwechsel und den Paketempfang . Hinsichtlich der Besuchsregelungen wird auf die Antwort zu Frage 157 verwiesen. In der praktischen Umsetzung verfügen alle Anstalten inzwischen durch Verträge mit privaten Firmen über Haftraumtelefonie, d.h. Gefangene können einen Vertrag mit dem jeweiligen Anbieter schließen und ihre Angehörigen anrufen. In der JVA Hohenleuben haben Gefangene seit dem Jahr 2018 die Möglichkeit, auf Grundlage des § 44 ThürJVoIlzGB Kontakt zu ihren Angehörigen via Skype aufzunehmen . An dem Projekt sollen solche Strafgefangene partizipieren, für deren Angehörige ein Besuch in der Anstalt aus Gründen der räumlichen Enifernung oder unter finanziellen oder gesundheitlichen Aspekten nicht durchführbar ist. Innerhalb der Anstalten können die Gefangenen den Kontakt mit Mitgefangenen während des Aufschlusses sowie im Rahmen von Freizeit-, Behandlungs-, Arbeitsund Schulungsmaßnahmen nutzen. Weitere Möglichkeiten der Kommunikation sind Umschluss, Schriftwechsel, aber bspw. auch ein Engagement in der Gefangenenmitverantwortung oder bei der Gefangenenzeitschrift. Seite 137 von 274 Schließlich können die Gefangenen im Rahmen der Suizidprävention die Gefangenentelefonseelsorge während der Einschlusszeiten nutzen. Frage 157: Wie sind die Besuchsregelun gen ausgestaltet und in wieweit sind hier Veränderungen geplant? Wie sind die Ausnahmen von Sicherheitsvorschriften für bestimmte Personengruppen ausgestaltet und zu bewerten? Antwort: Die gesetzliche Grundlage für den Besuch der Gefangenen in den Thüringer Anstalten findet sich in §§ 34 if. ThürJVollzGB. Danach dürfen Gefangene regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt im Vollzug der Freiheitsstrafe mindestens zwei, im Vollzug der Untersuchungshaft mindestens drei, im Vollzug der Jugendstrafe und der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen mindestens vier Stunden im Monat, § 34 Abs. 1 ThürJVollzGB. Dabei werden Besuche von Angehörigen besonders unterstützt, § 34 Abs. 3 ThürJVollzGB. Besuche von Verteidigern sowie Rechtsanwälten und Notaren in einer die Gefangenen betreffenden Rechtssache sind von der Anstalt zu gestatten, § 34 Abs. 6 ThürJVollzGB. Besuche dieser Personen hat die Anstalt im Rahmen des ihr organisatorisch Zumutbaren ohne Einschränkung in Bezug auf Zeit und Häufigkeit zu gewähren . Die Thüringer Justizvollzugseinrichtungen haben unter Berücksichtigung der jeweiligen räumlichen, personellen und organisatorischen Möglichkeiten nachfolgende (Regel-) Besuchszeiten für Besuche von Angehörigen oder sonstigen, dem Gefangenen nahestehenden Personen festgelegt: JVAIJSA Besuchsdauer pro Monat (Regelbesuchszeiten) Goldlauter 2 Stunden Untermaßfeld zweimal 1 1/2 Stunden Tonna zweimal 1 1 Stunden Hohenleuben 2 Stunden Arnstadt zweimal 2 Stunden, im 14-tägigen Rhythmus Kontakte der Gefangenen zu ihren leiblichen Kindern und ihren Adoptivkindern unter 14 Jahren werden besonders gefördert. Deren Besuche werden im Umfang von bis zu zwei Stunden bei Straf- und Untersuchungsgefangenen nicht auf die Regelbesuchszeiten angerechnet. Bei jungen Gefangenen erfolgt keine Anrechnung, § 34 Abs. 2 ThürJVollzGB. Seite 138 von 274 Langzeitbesuche (mehrstündig und unbeaufsichtigt) kann die Anstaltsleitung zulassen , wenn derartige Besuche der Eingliederung der Straf- und Jugendstrafgefangenen dienen und die Gefangenen hierfür geeignet sind, § 34 Abs. 5 ThürJVollzGB. Die Ausgestaltung des gesetzlichen Rahmens erfolgt durch Besuchsregelungen der jeweiligen Anstalten. So werden beispielsweise die Besuche für Straf- und Jugendstrafgefangene in der JSA Arnstadt in der Regel an Wochenenden im Gemeinschaftsbesuchsraum für bis zu zehn Gefangene zeitgleich durchgeführt und optisch überwacht, während hier die Besuche von Untersuchungsgefangenen in der Regel an Werktagen als Einzelbesuche durchgeführt werden. Demgegenüber finden z. B. in der JVA Untermaßfeld Besuche von Strafgefangenen grundsätzlich montags bis mittwochs und einmal im Monat am Wochenende statt, wohingegen Besuche von Untersuchungsgefangenen in dieser Anstalt donnerstags und freitags und ebenfalls einmal am Besuchswochenende durchgeführt werden. Unter den Voraussetzungen des § 35 ThürJVollzGB kann der Anstaltsleiter Besuche untersagen, z. B. weil die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Besuche werden regelmäßig beaufsichtigt, § 36.Abs. 2 Satz 1 ThürJVollzGB. Aus Gründen der Sicherheit können Besuche davon abhängig gemacht werden, dass sich die Besucher mit technischen oder sonstigen Hilfsmitteln absuchen oder durchsuchen lassen, § 36 Abs. 1 Satz 1 ThürJVollzGB. Hingegen werden Besuche von Verteidigern weder beaufsichtigt noch überwacht, §§ 36 Abs. 3 u. 37 Abs. 2 ThürJVollzGB. Dieses Beaufsichtigungsverbot für Verteidigerbesuche dient der ungestörten Kommunikation zwischen Gefangenen und ihren Verteidigern; es entspricht den bundesrechtlichen Vorgaben in § 148 der Strafprozessordnung . Was die Frage nach geplanten Veränderungen bei den Besuchsregeln anbelangt, lässt sich hinsichtlich der JVA Goldlauter mitteilen, dass nach Fertigstellung des Erweiterungsbaus, in den auch ein neuer Besuchsbereich integriert werden soll, verbesserte Besuchsregelungen vorgesehen sind. Frage 158: Welche Freizeitangebote gibt es in den Justizvollzugsanstalten und wie werden diese angenommen? Antwort: In allen Thüringer Anstalten sind zwischen einem und drei Mitarbeiter*innen des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes als Freizeitkoordinatoren eingesetzt, die teilweise über Zusatzqualifikationen verfügen. In allen Anstalten werden den Gefangenen Möglichkeiten zur individuellen Freizeitgestaltung und vielfältige betreute Freizeitmaßnahmen angeboten. Eine Aufstellung der Angebote ist als Anlage zu dieser Frage beigefügt. Neben Sport werden Freizeitmaßnahmen aus vielen Bereichen angeboten, etwa von Musikprojekten bis zur Theatergruppe. Seite 139 von 274 Ferner stehen den Gefangenen im Thüringer Justizvollzug umfangreiche Bibliotheken - auch mit fremdsprachiger Literatur und digitalen Medien - zur Verfügung. Die JVA Hohenleuben verfügt aufgrund einer Kooperationsvereinbarung über einen Online -Zugang zum Leihkatalog der Stadt- und Kreisbibliothek Greiz. Alle Anstalten bieten zu Ostern und Weihnachten Feiertagsprogramme mit unterschiedlichen Aktionen an. Dazu gehören beispielsweise Tischtennis, Volleyball, Basteln, Backen, Dart-/Doppelkopf, Tischkicker-, Skatturnier, Korbwerfen, Familienbesuch mit Basteln, Weihnachtsfeiern. In den Jahren 2012-2017 fanden in allen Anstalten „Kunst- und Kulturtage" mit abwechslungsreichen Mitmachangeboten (z.B. Workshops) und Publikumsveranstaltungen (z.B. Konzerte, Theateraufführungen) statt. Seit 2018 verteilen sich die Kunst- und Kulturprojekte über das ganze Jahr. Die sportlichen Maßnahmen werden in der Regel komplett ausgelastet. Die kulturellen Angebote werden unterschiedlich stark besucht. Das Interesse an individuellen Freizeitangeboten, wie dem Kraftsport, ist am größten. Allgemein kann mitgeteilt werden, dass im Berichtszeitraum das Interesse an betreuten Freizeitmaßnahmen eher rückläufig gewesen ist bzw. nachgelassen hat. Gründe dafür können z.B. veränderte Freizeitgewohnheiten (etwa Computerspiele und sonstige Mediennutzung im Haftraum) und längere Aufschlusszeiten sein. Frage 159: Unter welchen Umständen können Freizeitangebote nicht wahrgenommen werden? In welchem zeitlichen Umfang und aus welchen Gründen sind Freizeitmaßnahmen ausgefallen? Antwort: Die Gründe, aus denen Gefangene Freizeitangebote nicht wahrnehmen können, sind vielfältig und können nicht abschließend benannt werden. In Betracht kommen beispielsweise andere Termine, wie Gerichts- oder Arzttermine oder der Empfang von Besuch. Statistiken darüber, welche Freizeitmaßnahmen aus welchen Gründen ausgefallen sind, werden in den Justizvollzugsanstalten nicht geführt, so dass dazu keine detaillierten Angaben gemacht werden können. Generell ist in diesem Kontext zwischen durch Bedienstete zu beaufsichtigenden und anderen Freizeitmaßnahmen zu unterscheiden. Freizeitangebote, die keiner Beaufsichtigung bedürfen, wie beispielsweise Tischtennis , werden auf den jeweiligen Stationen durchgeführt und fallen selten aus. Zum Ausfall kann es etwa bei einer besonderen Sicherheitslage in der Anstalt oder bei mangelndem Teilnahmeinteresse der Gefangenen kommen. Für den Ausfall zu beaufsichtigender Freizeitmaßnahmen können bspw. Urlaubs-, Krankheits- und andere Abwesenheitsfälle verantwortlich sein, wenn das verfügbare Personal zur Absicherung vollzuglicher Aufgaben mit höherer Priorität, beispielsweise Krankenhausbewachungen und Arztausführungen, benötigt wird, so dass die Beaufsichtigung von Freizeitmaßnahmen nicht gewährleistet werden kann. Seite 140 von 274 Darüber hinaus kann es bei Maßnahmen im Freien zu witterungsbedingten Ausfällen und bei Aktivitäten, die eine gewisse Teilnehmerzahl erfordern, wie Mannschaftssportarten , zu Ausfällen mangels ausreichenden Interesses kommen. Frage 160: In welcher Höhe werden die Gefangenen für die Kosten von Freizeitan geboten herangezogen ? Antwort: Die Gefangenen können die Kraftsporträume in den Thüringer Justizvollzugseinrichtungen nutzen. Die Freizeiträume sind u.a. mit Billard-, Darts-, Tischtennis- und Tischfußballspielen ausgestattet. Jede Justizvollzugseinrichtung legt abhängig von der Ausstattung und den (zeitlichen ) Möglichkeiten der Inanspruchnahme das zu zahlende Entgelt für die Nutzung der Kraftsporträume und der Billardtische fest. Derzeit werden folgende Entgelte erhoben: a) JSA Arnstadt 2,00 EUR monatlich pauschal für die Nutzung von Kraftsporteinrichtungen b) JVA Goldlauter 0,30 EUR je Stunde für die Nutzung der Kraftsporträume in Form von ausgegebenen Sportmarken, welche von den Gefangenen pauschal erworben werden können c) JVA Hohenleuben Nutzung der Kraftsporträume - im geschlossenen Vollzug monatlich 3,00 EUR Gebühr - im offenen Vollzug (aufgrund geringerer Ausstattung) monatlich 1,00 EUR d) JVA Tonna 0,25 EUR prö Stunde für die Nutzung sowohl der Kraftsporträume in den Hafthäusern als auch der Billardtische e) JVA Untermaßfeld 4,00 EUR monatlich pauschal für die Nutzung von Kraftsporteinrichtungen Seite 141 von 274 Die Nutzungsentgelte werden seitdem Haushaltsjahr 2015 im Kapitel 05 des Einzelplans 05 bei Titel 119 05 (Einnahmen aus der Nutzung von Sporträumen) durch die jeweiligen Anstalten vereinnahmt und dem Landeshaushalt zugeführt. Bis dahin erfolgte eine sog. Rotabsetzung der Einnahmen bei Titel 547 72 (Kosten für Sport, Gruppenarbeiten und sonstige Beschäftigungen der Gefangenen), um notwendige Ersatzbeschaffungen von Sport- und Freizeitgeräten der Anstalten mitzufinanzieren. Die sonstigen Maßnahmen zur Freizeitgestaltung und die weiteren Freizeitangebote werden den Gefangenen auf Grundlage des § 65 ThürJVollzGB kostenfrei zur Nutzung überlassen bzw. bereitgestellt, da diese Maßnahmen einen wesentlichen Bestandteil der Resozialisierungsmaßnahmen für die Gefangenen in den Thüringer Justizvollzugseinrichtungen darstellen. Dazu gehören z.B. auch Sportfeste und Sportturniere in den Anstalten. Frage 161: Wie stellt sich die Aufenthalts- und Unterbringungssituation für Menschen mit Behinderungen dar? Welche Möglichkeiten der Unterstützung und Assistenz gibt es? Antwort: Aufenthalts- und Unterbringungssituation Nur bestimmte Behinderungen oder deren Intensität stellen besondere Anforderungen an die Aufenthalts- und Unterbringungsbedingungen in einer Justizvollzugseinrichtung dar. Barrierefrei gebaut (z.B. Fahrstuhl) und rollstuhlgerecht ausgestattet, sind die JVA Tonna und die JSA Arnstadt. Dadurch können gehbehinderte Gefangene grundsätzlich in allen Hafthäusern untergebracht werden. Sozialkontakte zu Mitgefangenen sowie die Teilnahme am Freihof und Freizeitmaßnahmen sind damit unaufwändig möglich. Die JVA Tonna und die JSA Arnstadt verfügen aktuell über je einen rollstuhlgerechten Haftraum mit Rufknopf am Bett und Hilfsmitteln (z. B. Haltegriff, Dusche / Bad), der sich im Medizinischen Bereich mit barrierefreiem Zugang zu einem Hafthaus befindet. Grundsätzlich werden Gefangene mit Gehbehinderung und eingeschränkten motorischen Fähigkeiten daher in barrierefreien oder -armen Vollzugsabteilungen untergebracht . In den JVAen Hohenleuben, Goldlauter und Untermaßfeld gestaltet sich wegen der Überwindung von Hindernissen (z.B. Treppen) insbesondere die Teilnahme an Freiluftveranstaltungen und -maßnahmen herausfordernd. Für stärker beeinträchtigte Gefangene kommt dann eine Unterbringung abweichend vom Vollstreckungsplan in der JVA Tonna infrage. Möglichkeiten der Unterstützung und Assistenz Da die Unterbringung von Menschen, die auf Grund einer Beeinträchtigung besonderer Unterstützung und Assistenz bedürfen, äußerst selten erfolgt, werden über die vorstehend genannten baulichen Vorkehrungen hinaus keine ständigen Maßnahmen vorgehalten. Solche werden im Einzelfall dann unter Beachtung der Frage, welche Beeinträchtigungen vorliegen und welche Intensität diese aufweisen, organisiert . Dies beinhaltet angelehnt an die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (Äquivalenzprinzip) auch die Ausstattung mit Hilfsmitteln (Sehhilfen, Pro- Seite 142 von 274 thesen, Gehhilfen usw.) und Therapien, wie zum Beispiel Physiotherapie, Podologie u.a. Behinderte Menschen im Vollzug können auf ein vergleichsweise gut organisiertes Betreuungsnetz zurückgreifen. So können sie sich zu jeder Zeit an Bedienstete wenden, die entsprechende Maßnahmen sofort einleiten. Dies betrifft aber auch eine gesicherte, von eigenen finanziellen Mitteln unabhängige Versorgung der Grundbedürfnisse sowie die medizinische und therapeutische Versorgung. Da der Thüringer Justizvollzug über keine Krankenpflegeabteilung mit entsprechender personeller Ausstattung verfügt, sind der Unterbringung von pflegebedürftigen Gefangenen (über Pflegestufe 1) Grenzen gesetzt. Im Einzelfall erfolgt die Zusammenarbeit mit externen Pflegediensten. Grundsätzlich werden Inhaftierte mit Beinträchtigung von den Mitarbeitern des Medizinischen , Sozialen und Psychologischen Dienstes betreut und von Mitgefangenen im Haftalltag unterstützt. Die persönliche Assistenz richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen und umfasst insbesondere die Bereiche Körperpflege, Mobilitätsund Organisationshilfen. Frage 162: In wie vielen Fällen wurden Kinder gemäß § 21 Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch (ThürJVollzGB) in welchen Anstalten untergebracht? Antwort: In keinem Fall. Frage 163: In wieweit wurden Maßnahmen zur Vermeidung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe umgesetzt und in wie vielen Fällen wurde auf die Vollstreckung der Freiheitsstrafe verzichtet (bitte nach Jahren und Gericht angeben)? Antwort: Hinsichtlich der Zurückstellung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nach § 35 BtMG und der anschließenden Anrechnung und Strafaussetzung zurBewährung nach § 36 BtMG sowie des Absehens von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nach § 456a StPO liegen für den Berichtszeitraum folgende Fallzahlen vor: Entscheidungen der Staatsanwaltschaften nach § 35 BtMG Jahr Erfurt Gera Meiningen Mühihau- insgesamt sen 2008 2 0 9 4 15 davon anschließend 2 0 8 2 12 §36BtMG 2009 15 0 19 17. 51 davon anschließend 11 0 16 16 43 Seite 143 von 274 Entscheidungen der Staatsanwaltschaften nach § 35 BtMG Jahr Erfurt Gera Meiningen Mühlhau- insgesamt sen §36BtMG 2010 28 21 35 20 104 davon anschließend 27 14 25 11 77 §36BtMG 2011 49 25 23 9 106 davon anschließend 37 16 14 7 74 § 36 BtMG 2012 36 24 21 7 88 davon anschließend 23 16 14 5 58 §_36_BtMG 2013 34 24 26 2 86 davon anschließend 25 18 16 2 61 § 36 BtMG 2014 34 37 15 4 90 davon anschließend 21 29 13 1 64 §36BtMG 2015 15 32 12 15 74 davon anschließend 5 20 8 10 43 § 36 BtMG 2016 30 27 9 12 78 davon anschließend 12 16 9 11 48 § 36 BtMG 2017 48 36 23 6 113 davon anschließend 20 24 18 5 67 § 36 BtMG 2018 63 29 25 16 133 davon anschließend 17 14 14 2 47 §36BtMG Entscheidungen der Staatsanwaltschaften nach § 456a Abs. 1 StPO Jahr Erfurt Gera Meiningen Mühlhausen insgesamt 2008 0 0 1 0 1 2009 4 0 0 1 5 2010 8 13 1 3 25 2011 12 24 1 0 37 2012 7 27 2 2 38 Seite 144 von 274 Entscheidungen der Staatsanwaltschaften nach § 456a Abs. 1 StPO Jahr Erfurt Gera Meiningen Mühlhausen insgesamt 2013 1 24 0 1 26 2014 5 8 2 1 16 2015 5 6 0 1 12 2016 2 7 0 0 9' 2017 8 6 1 0 15 2018 5 9 4 0 18 Die sich aus der Datenbankabfrage für die Jahre 2008 bis 2010 ergebenden Werte sind nur eingeschränkt belastbar, da eine detaillierte Erfassung von Verfahrensdaten in der Fachanwendung web.sta erst mit der nach diesem Zeitraum eingeführten Version web.sta 3.0 möglich geworden ist. Frage 164: Wie haben sich Bildungs- und sozialer Hintergrund der Gefangenen im Anfragezeitraum verändert? Antwort: Die Analyse des Bildungsstandes der Gefangenen ist nur für den Zeitraum 2016 bis 2018 leistbar, da der Bildungsstand der Gefangenen erst seit 2016 im elektronischen Vollzugsplan detailliert erfasst wird. Der für die Jahre 2016 bis 2018 vorgenommenen Analyse zufolge haben die zu Beginn der Freiheits- und Jugendstrafe im Diagnoseverfahren (§ 13 ThürJVollzGB) festgestellten Bildungsdefizite bei den Straf- und Jugendstrafgefangenen insgesamt betrachtet zugenommen. So stieg insbesondere die Anzahl der Gefangenen ohne Schulabschluss von 180 im Jahr 2016 auf 224 im Jahr 2018; ohne Berufsabschluss von 381 im Jahr 2016 auf 427 im Jahr 2018; ohne berufliche Qualifikation von 246 im Jahr 2016 auf 321 im Jahr 2018. Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung bei den in der JSA Arnstadt Inhaftierten (siehe Tabelle Anlage zu Frage 164). Der soziale Hintergrund der Gefangenen im Anfragezeitraum ist durch eine Zunahme der Armutsindikatoren geprägt. Der weit überwiegende Teil der Gefangenen war vor der Inhaftierung arbeitslos und bezog Sozialleistungen. Zudem häufen sich bei den Gefangenen psychische Erkrankungen , teilweise mit Mehrfachdiagnosen, insbesondere infolge einer ausgeprägten Suchtproblematik. Etwas über die Hälfte der Gefangenen weist inzwischen Seite 145 von 274 einen stoffgebundenen Suchtmittelmissbrauch und/oder eine Abhängigkeit von Alkohol , illegalen Drogen und/oder Medikamenten auf. Verschärft hat sich die Wohnsituation. 44 Prozent der Strafgefangenen verbüßen Freiheitsstrafen von weniger als einem Jahr. Aufgrund der finanziellen Situation der Mehrzahl der Inhaftierten und der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt in den bevorzugten Städten kann die eigene Wohnung oft nicht mehr gesichert werden , mit entsprechenden Folgen für die Entlassung. Gerade im Erstvollzug sind die Chancen jedoch noch am höchsten, eine kriminelle Karriere abzuwenden. Geeigneter Wohnraum ist die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Wiedereingliederung nach der Haft. Weiterhin wurde eine Abnahme der sozialen Kontakte beobachtet. Hier wird die zunehmende Fokussierung auf digitale Medien als ein Grund angesehen. Immer seltener ist es der Fall, dass eine intakte Familie oder aber langjährige Beziehungen eine Stütze bieten; teilweise haben Angehörige selbst erhebliche soziale Defizite. Frage 165: Welche Möglichkeiten der Aus-, Fort- und Weiterbildung bestehen und wie werden diese angenommen? Wie hat sich die Anzahl der Schul- und Berufsabschlüsse im Berichtszeitraum entwickelt? Antwort: Auf den für die schulische und berufliche Bildung der Gefangenen in den Thüringer Justizvollzugseinrichtungen vorgehaltenen Bildungsplätzen werden regelmäßig insgesamt etwa 1/3 der beschäftigten Gefangenen aus-, fort- oder weitergebildet (siehe auch Antwort zu Frage 168). Das von den Anstalten vorgehaltene Bildungsangebot ist in der Anlage 1 zu Frage 165 dargelegt. In den Anlagen 2 bis 8 zu Frage 165 sind die im Berichtszeitraum 2008 bis 2018 erzielten schulischen Bildungserfolge aufgeführt. Die im Berichtszeitraum von den Gefangenen erreichten beruflichen Qualifizierungserfolge sind aufgrund unterschiedlicher Auswertungsmodi in den Anlagen 9 bis 15 zu Frage 165 für den Zeitraum 2008 bis 2014 und in den Anlagen 16 bis 22 zu Frage 165 für den Zeitraum 2015 bis 2018 dargestellt. Frage 166: Welche Unterstützung für einen Ubergang in Arbeit nach der Haftzeit gibt es während der Haft und wie viele Gefangene nehmen diese Unterstützung an? Antwort: Im Jahr 2016 haben das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz , das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie sowie alle Thüringer Justizvollzugsanstalten mit der Bundesagentur für Arbeit eine Kooperationsvereinbarung über die strukturierte und standardisierte Zusammenarbeit zur beruflichen und sozialen Eingliederung von Strafgefangenen und Haftent- Seite 146 von 274 lassenen geschlossen. Sie umfasst sowohl den Rechtskreis des SGB II als auch den des SGB III, das heißt sowohl die soziale als auch die berufliche Sicherung. Die Zusammenarbeit teilt sich in einen Koordinierungs- und Unterstützungsprozess zwischen den Kooperationspartnern sowie in einen Beratungs- und Vermittlungsprozess für die Gefangenen. Die Zuständigkeit des jeweiligen Jobcenters bzw. der Arbeitsagentur ist bereits in der Haft vom Wohnort nach der Entlassung abhängig. Die frühzeitige Zusammenarbeit wird zwischen der jeweiligen Anstalt und der Arbeitsagentur am Haftort koordiniert. Letztere erbringt auch Beratungs- und Vermittlungsleistungen in der Anstalt bspw. durch regelmäßige Sprechstunden. Ziel der Kooperation ist ein nahtloser und geregelter Übergang von der Haft in die Freiheit. Im Jugendstrafvollzug ist die wichtigste Form der Unterstützung des Übergangs in Arbeit nach der Haftzeit die Durchführung schulischer und beruflicher Bildungsmaßnahmen . Bereits seit dem Jahr 2007 können Gefangene außerdem das Übergangs- und Nachsorgeangebot im Projekt B.I.S.S. (Berufsbildung und Integration Strafgefangener und Strafentlassener) in Anspruch nehmen. Vom beruflichen Übergangs- und Nachsorgeangebot in B.I.S.S. haben Gefangene in folgender Anzahl Gebrauch gemacht: - fiiEh1ÜbgaI sundINt JSA Jahr Ichtshausen/ JVASuhI JVA Arnstadt Hohenleuben eangeI JVATonna rt1B!i JVA JVAGera Untermaßfeld 2008 119 135 55 32 79 42 2009 93 65 33 36 58 26 2010 106 61 30 30 57 27 2011 92 62 36 29 52 32 2012 100 72 32 18 61 32 2013 96 74 27 12 34 23 2014 66 81 21 13 36 18 2015 82 74 42 17 59 22 2016 72 60 26 27 55 - 2017 79 65 45 11 45 - 2018 44 44 35 9 40 -- Seit 2016 wird die Eingliederung von Strafgefangenen durch ein professionelles Übergangsmanagement (PÜMaS) weiter gestärkt. Dieses beinhaltet auch die berufliche (Wieder)Eingliederung. Bezogen auf die Teilnehmerzahlen wird auf die Ausführungen zur Frage 217 verwiesen. Frage 167: Welche Rolle spielt dabei die Ve,welldauer in der Justizvollzugsanstalt? Seite 147 von 274 Antwort: Ob die Gefangenen mit den Angeboten zur Arbeit und beruflichen Qualifizierung erreicht werden, bzw. ob sie Behandlungsangebote bzw. Maßnahmen überhaupt in Anspruch nehmen können, hängt nicht allein vom Strafmaß ab. Auch hier ist noch einmal anzumerken, dass die Mehrzahl der Gefangenen vor der Inhaftierung keiner Arbeit nachgegangen ist, sondern Sozialleistungen bezogen hat. Insoweit kommt der Motivierung zur Arbeitsaufnahme nach der Haft bei diesen Inhaftierten eine besondere Bedeutung zu. Die Vollzugsplanung beinhaltet die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen; sie setzt zu Beginn der Haftzeit ein und stellt auf die voraussichtliche Vollzugsdauer ab. Im Rahmen der darauf ausgerichteten Entlassungsvorbereitung werden für die soziale und berufliche Eingliederung nachsorgende Unterstützungsangebote durch externe Träger vorgehalten und realisiert (Projekt B.I.S.S., Projekt PÜMaS). Die Fortsetzung berufsbildender Maßnahmen, die nicht während der Haftzeit abgeschlossen werden konnten, soll dem entlassenen Teilnehmer durch Vermittlung der Bildungsträger ermöglicht werden (Projekt B. 1 .S.S.). Im Jugendstrafvollzug ist die Vollzugsdauer im Hinblick auf den Übergang in Arbeit hingegen zentral. Je länger die Haftdauer ist, umso besser können Bildungs- und Sozialisationsdefizite abgebaut und der Mitwirkungswille für die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit nach der Haft geweckt werden. Einerseits ist es Gefangenen möglich, bei längerer Haftdauer eine Berufsausbildung nicht nur zu beginnen, sondern im Vollzug auch abzuschließen, anderseits können die Gefangenen besser an einen geregelten Tagesablauf gewöhnt werden. Frage 168: Welche Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten gibt es und wie werden diese angenommen? Antwort: Die Vollzugseinrichtungen sind bemüht, unter Berücksichtigung insbesondere der bestehenden räumlichen Möglichkeiten eine möglichst bedarfsgerechte Anzahl von Plätzen für schulische und berufliche Qualifizierung, Arbeitstraining und Arbeitstherapie sowie zur Ausübung von Arbeit vorzuhalten (§ 105 Abs. 2 ThürJVoIlzGB). Die im Berichtszeitraum 2008 bis 2018 vorgehaltenen Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten sowie die durchschnittliche Anzahl der beschäftigten Gefangenen sind in der Anlage 1 (Gesamtübersicht) sowie in den Anlagen 2 bis 11 (JVA/JSA- Einzelübersichten) zu Frage 168 aufgeführt. Frage 169: Kommt es vor, dass Beschäftigungswünsche der Gefangenen abgelehnt werden? Welche Gründe können hierfür benannt werden? Antwort: Gefangene können nicht verlangen, dass ihnen eine Beschäftigung ihrer Wahl zugewiesen wird. Seite 148 von 274 Gründe für die Ablehnung eines Beschäftigungswunsches können z.B. sein: der Beschäftigungswunsch ist nicht realisierbar; im vom Gefangenen gewünschten Arbeits- oder Ausbildungsbetrieb ist kein Platz frei; der Gefangene ist für die begehrte Beschäftigung aus gesundheitlichen oder vollzuglichen Gründen (z.B. Gefahr von Konflikten mit anderen Gefangenen) nicht geeignet. Frage 170: Wie oft kam es im Berichtszeitraum zu Arbeitsausfällen? Worauf waren diese zurückzu führen und wie hoch wird die entgangene Entlohnung geschätzt? Antwort: Die betriebsbedingten Ausfallstunden wurden für den gesamten Berichtszeitraum über das für die Abrechnung der Vergütung der Gefangenen verwendete Lohnbuchhaltungsprogramm erfasst. Im Berichtszeitraum 2008 bis 2018 fielen insgesamt 713.039,13 Ausfallstunden an. Die dadurch entgangene Nettovergütung wird auf ca. 0,95 Mio. Euro geschätzt. Die Gründe für die einzelnen Ausfallstunden wurden nicht erfasst. Frage 171: Nach welchen Kriterien werden die Gefangenen den einzelnen Tätigkeiten zugewiesen und wie werden sie entlohnt? Antwort: Für die Zuweisung gelten a) vollzugliche Vorgaben und Voraussetzungen wie z.B.: der im Vollzugs- und Eingliederungsplan bezüglich der Beschäftigung festgestellte Bedarf einschließlich der Prioritätsbewertung; freie Beschäftigungsplätze; klientel-/deliktbezogene Trennung; b) persönliche Voraussetzungen wie z.B.: gesundheitliche, körperliche Eignung; Bereitschaft zur Ausübung der Tätigkeit und ein Mindestmaß an für die Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten; intellektuelle Eignung (Verständnis, Sprache). Die Arbeitsleistung der Gefangenen wird anerkannt durch a) monetäre Leistungen (Arbeitsentgelt bzw. Ausbildungsbeihilfe gem. § 66 ThürJVollzGB); Seite 149 von 274 vergütet wird: die Tätigkeit, die nach Art und Anforderungen (Tätigkeitsmerkmale) der entsprechenden , in der Strafvollzugsvergütungsordnung-Bund (vgl. § 143 Abs. 1 ThürJVollzGB) festgelegten Vergütungsstufe (1 bis V) zuzuordnen ist; die im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit tatsächlich geleistete Arbeitszeit; ein während der Arbeitszeit tatsächlich entstandener Vergütungsausfall, den der Gefangene durch die Teilnahme an im Vollzugsplan als zwingend erforderlich festgelegten Behandlungsrnaßnahmen erleidet; Gemäß den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen wurden folgende Vergütungssätze je Arbeitsstunde (Angaben in EUR) festgesetzt: 7 ütungsstufe Ja h r J VG-St 1 VG-St II VG-St III VG-St IV VG-St V 2008 a) 1,01 b) 0,56 a) 1,18 b) 0,66 a) 1,34 b) 0,75 a) 1,50 b) 0,83 a) 1,68 b) 0,93 2009 a) 1,02 b) 0,57 a) 1,20 b) 0,67 a) 1,36 b) 0,76 a) 1,52 b) 0,85 1,70 0,95 2010 1,03 c) 1,21 c) 1,38 c) 1,55 c) 1,72 2011 1,03 c) 1,21 c) 1,38 c) 1,55 c) 1,72 2012 L1,O6 c) 1,25 c) 1,42 c) 1,59 c) 1,77 2013 L1,09 c) 1,28 c) 1,46 c) 1,63 c) 1,82 2014 c) 1,12 1,12 1,31 1,31 1,49 1,49 1,67 1,67 1,87 1,87 2015 )1,15 d) 1,35 d) 1,53 d) 1,71 d) 1,91 2016 1,18 d) 1,38 d) 1,57 d) 1,76 d) 1,96 2017 1,20 d) 1,41 d) 1,61 d) 1,80 d) 2,01 2018 1,23 d)1,45 d)1,64 d)1,84 d)2,06 erwachsene Strafgefangene, Jugendstrafgefangene sowie junge Untersuchungsgefangene gern. §§ 43, 177 S.4, 200 StVollzG, § 57 ThürJStVollzG erwachsene Untersuchungsgefangene gern. §177 S.2 StVollzG Straf-, Jugendstraf-, Untersuchungsgefangene gern. §§ 43, 200 StVollzG, § 57 ThürJStVollzG, § 25 ThürUVollzG Straf-, Jugendstraf-, Untersuchungsgefangene gern. § 66 Abs. 3 ThürJ Vollz GB (ab 07.03.2014) b) nichtmonetäre Leistungen: für jeweils zwei Monate ausgeübte Beschäftigung ( 32 ThürJVollzGB) können Straf- und Jugendstrafgefangene entweder o einen Tag Freistellung von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung (Arbeitsurlaub) beantragen oder Seite 150 von 274 um einen Tag ihre Haftzeit durch Anrechnung auf den Entlassungszeitpunkt verkürzen oder, sofern die vorbezeichnete Anrechnung nicht mehr möglich sein sollte , eine Ausgleichsentschädigung verlangen; für ein halbes Jahr ausgeübter Tätigkeit können Gefangene 10 Arbeitstage unter Fortzahlung ihrer Vergütung von der Arbeitspflicht freigestellt werden (§ 31 ThürJVollzGB); c) folgende Sozialleistungen: beschäftigte Gefangene sind in der gesetzlichen Unfallversicherung kraft Gesetzes versichert (§ 2 Abs. 2 Satz 2 SGB VII); beschäftigte Gefangene sind ferner in die gesetzliche Arbeitsförderung einbezogen (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III); soweit (vom Freistaat Thüringen) Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu entrichten sind, werden von der Vergütung des Gefangenen aktuell 1,25% einbehalten (§ 66 Abs. 6 ThürJ Vollz GB). Frage 172: Wie wird das Personal ausgewählt, das die Gefangenen bei ihren Tätigkeiten an/eitet und welche Qualifizierung haben diese Personen, bevor sie ihre Tätigkeit in der Justizvollzugsanstalt aufnehmen? Antwort: Die Eigenbetriebe in den Justizvollzugseinrichtungen, in denen Gefangene arbeiten, sind im Wesentlichen mit Meistern des jeweiligen Handwerks besetzt. Im Übrigen ist im Thüringer Justizvollzug die sogenannte Einheitslaufbahn vorgegeben . Ungeachtet früherer schulischer und beruflicher Abschlüsse und Erfahrungen durchlaufen zunächst alle Bediensteten des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes eine zweijährige Ausbildung. Während andere Bundesländer für ihre Werkdienste, Verwaltungen und auch medizinischen Dienste eigene Laufbahnen vorhalten, wird dem Bediensteten des Thüringer Justizvollzuges erst im Anschluss an seine Ausbildung ein Dienstposten im Bereich Vollzug, Werkdienst oder Verwaltung zugewiesen , wobei er aufgrund der Wochenend- und Nachtdienste jedoch weiterhin in allen Bereichen eingesetzt wird. Dies ermöglicht eine hohe Flexibilität im Einsatz des Justizvollzugspersonals und bietet den Bediensteten breite Verwendungsmöglichkeiten. Frage 173: Welchen Veränderungsbedarf sieht die Landesregierung im Hinblick auf Bildungsangebote sowie Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten? Antwort: Die vorhandenen Beschäftigungskapazitäten (siehe Anlage zu der Frage 168) reichen aktuell aus, um eine unter vollzuglichen Gesichtspunkten maximal erreichbar erscheinende Beschäftigungsquote von 75% erzielen zu können. Ausgewogen ist Seite 151 von 274 auch die Balance zwischen Bildungs- und Arbeitsangeboten in jeder Justizvollzugseinrichtung . Einen höheren Behandlungsbedarf gibt es im Bereich der arbeitstherapeutischen Beschäftigung der Gefangenen sowie bei Fernstudienlehrgängen; die Bedarfsdeckung erfordert entsprechendes Fachpersonal. Aufgrund des verbesserungsbedürftigen Zustands der Arbeitsstätten in der JVA Goldlauter (bauliche und arbeitsschutzrechtliche Gegebenheiten) wurde ein an die Anstalt angrenzendes Grundstück gekauft. Auf diesem soll ein neuer Werkhof mit weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten für Gefangene errichtet werden. Das entsprechende Bauantragsverfahren befindet sich in der Prüfung. Ferner wird der künftige Umfang der Beschäftigungsangebote für Gefangene von folgenden Faktoren (teilweise entscheidend) beeinflusst: von der Umsatzbesteuerung der von den Justizvollzugseinrichtungen erbrachten Leistungen; von der Entwicklung der Gefangenenzahlen allgemein unter Berücksichtigung der Schließung der JVA Hohenleuben voraussichtlich im Jahr 2024 sowie des Ablaufs der in § 143 Abs. 2 letzter Halbsatz ThürJVollzGB bestimmten Übergangsfrist zum 31.12.2024; von der allgemeinen wirtschaftlichen Situation auf dem freien Arbeitsmarkt; von der Möglichkeit, den Großteil der beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen weiterhin über den ESF (Europäischer Sozialfonds) kofinanziert zu bekommen. Frage 174: Wie viele Beschwerden von Gefangenen zur Haftsituation gab es beziehungsweise wurden im Anfragezeitraum erfasst und zu welchen Problemen und wie beziehungsweise mit welchen Ergebnissen wurde mit diesen verfahren? Antwort: Statistisches Datenmaterial im Sinne der Anfrage liegt nicht vor. Ganz allgemein kann ausgeführt werden, dass wiederkehrende Themen der Beschwerden von Gefangenen im Berichtszeitraum u.a. folgende waren: die Nichtgewährung von Vollzugslockerungen die Versagung der Unterbringung im offenen Vollzug die Ablehnung von Verlegungsanträgen die medizinische Versorgung die Nichtzuweisung bzw. der Abzug von einer Arbeitsstelle die Versagung der Zustimmung zum Gewahrsam an Gegenständen verhängte Disziplinarmaßnahmen Seite 152 von 274 Probleme mit dem Haftraummediensystem in der Justizvollzugsanstalt Untermaßfeld u.a. Die Beschwerden der Gefangenen wurden baldmöglichst durch die Justizvollzugsanstalten bzw. das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz bearbeitet und beschieden. Soweit Anlass bestand, wurde den Beschwerden abgeholfen. Frage 175: Wie viele Petitionen an die Strafvollzugskommission beziehungsweise an den Petitionsausschuss wurden im Anfragezeitraum von Gefangenen aus welchen Justizvollzugsanstalten eingereicht? Welche Themen wurden schwerpunktmäßig als Probleme angesprochen? Antwort: Die Anzahl der an die Strafvollzugskommission bzw. an den Petitionsausschuss im Anfragezeitraum von Gefangenen eingereichten Petitionen wurde im TMMJV nicht statistisch erfasst. Zur Anzahl der Petitionen aus dem Bereich des Strafvollzugs wird auf die vom Thüringer Landtag publizierten Arbeitsberichte des Petitionsausschusses Bezug genommen . Thematische Schwerpunkte der Petitionen von Gefangenen im Berichtszeitraum waren u.a.: die Nichtgewährung von Vollzugslockerungen die Versagung der Unterbringung im offenen Vollzug die Ablehnung von Anträgen auf Ausführung die Ablehnung von Verlegungsanträgen die medizinische Versorgung der Ausfall von Freizeitmaßnahmen die Behandlung in der Sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Tonna die Anstaltsverpflegung Frage 176: Wie viele Verlegungsanträge wurden von Gefangenen im Anfragezeitraum gestellt und wie wurde mit diesen verfahren? Welche Begründungen wurden hauptsächlich für die Anträge benannt? Antwort: Zur Anzahl der von Gefangenen in den zurückliegenden Jahren gestellten Venegungsanträgen und deren Behandlung kann keine Aussage getroffen werden, da hierzu keine Statistiken geführt werden. Als Begründung für Verlegungsanträge wurden von den Gefangenen in erster Linie die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte zu Angehörigen sowie Besuchsschwierigkeiten angeführt. In Einzelfällen wurden auch die Teilnahme an bestimmten Aus- Seite 153 von 274 und Weiterbildungsmaßnahmen oder Sicherheitsgründe als Verlegungsgründe angeführt . Frage 177: Welche Möglichkeiten der Interessenvertretung haben Insassen in Justizvollzugsanstalten ? Welche Möglichkeiten der Einflussnahme auf Haftbedingungen und so weiter haben diese Interessenvertretungen? Antwort: Nach § 111 ThürJVollzGB soll den Gefangenen ermöglicht werden, Vertretungen zu wählen. Diese können in Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich ihrer Eigenart nach für eine Mitwirkung eignen, Vorschläge und Anregungen an die Anstalt herantragen. Diese sollen mit der Vertretung erörtert werden. Die näheren Einzelheiten sind in der Verwaltungsvorschrift des Thüringer Ministeriums für Migration , Justiz und Verbraucherschutz vom 24. Januar 2019 (JMBI. S. 21) geregelt. Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse, die sich für die Mitwirkung der Gefangenen an der Verantwortung im Justizvollzug eignen, sind insbesondere die Freizeitgestaltung, beispielsweise das Angebot an Rundfunk- und Fernsehprogrammen und die Durchführung von kulturellen, sportlichen, allgemeinbildenden und ähnlichen Veranstaltungen, Maßnahmen zur Förderung der Betreuung, beispielsweise die Abwicklung des Einkaufs, die Ausstattung der Hafträume und die Auswahl von Büchern für die Gefangenenbücherei, die Gestaltung des Speiseplans, Fragen der Hausordnung, die dekorative Ausgestaltung der Besuchs- und Freizeiträume und die Gestaltung der Hof- und Sportflächen. Frage 178: Wie viele Vorfälle wurden in den jeweiligen Anstalten registriert und wie viele Disziplinarmaßnahmen wurden aus welchen Gründen gegen Gefangene verhängt? Antwort: Die im Anfragezeitraum gegen Gefangene angeordneten Disziplinarmaßnahmen sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen. Für die Zweiganstalt (ZA) Weimar der JSA lchtershausen konnten für die Jahre 2008-2010 keine validen Daten erhoben werden. Seite 154 von 274 JVAIJSA 2008 2009 2010 2011 « 2012 2013 2014 2018 2016 2017 2018 Gesamt JVA Ge,a 31 46 66 43 43 56 26 30 28 0 369 JVA Goldinrrter 77 68 50 42 78 48 94 55 64 96 54 724 JVAHoherr61uben 162 159 154 146 138 121 74 86 103 80 84 1307 JVA Tonna 174 206 183 215 209 269 281 278 197 160 152 2324 .JVA ljrte,,reßfeld 329 276 206 291 320 317 301 220 297 246 322 3116 JSA Annstadt 68 157 174 159 166 161 198 262 246 250 261 1217 ZA Weinw, der JSA inhlewharrsen - - 0 0 832 910 833 896 954 972 974 931 935 832 873 9057 66 Aogast 2011 waren Jrrgendst,afgefargene auch 61 der Zw inganslat (ZA) WeL'ror den JSA 6htershaasen inhaftiert Zar,, 1. Sepinr,be, 2011 w .vdn der Oierstbe5ieb der ZA Weirsa, elrrgesletl. Ab 7. J05 2014: JSA Arnsladl. davor JSA inhtershaasen. - Ab 7. Jr4 2014: Thüringer Jugend ... estanstat in Arrstadt. davo, JAA Wei,rwr. 20.01406er 2017: Schleßong der JVA Gera. 0ae: Tlrorirrger JsStbvOlbag § 98 Absatz 1 ThürJVoIIzGB führt die Verstöße auf, die eine Disziplinarmaßnahme nach sich ziehen können. Die Gründe für die im Anfragezeitraum gegen Gefangene angeordneten Disziplinarmaßnahmen werden statistisch nicht erfasst. Frage 179: Wie gestaltete sich die Arbeit der Anstaltsbeiräte im Anfragezeitraum? Welche Kritik und Änderungsvorschläge wurden von ihnen vorgebracht und wie wurde behördenseitig darauf reagiert? Antwort: Als institutionalisierte Form der Beteiligung der Offentlichkeit an der Gestaltung des Justizvollzuges leisten die Anstaltsbeiräte wichtige Arbeit für das Gemeinwesen. Sie fördern das Verständnis und die Akzeptanz für den Justizvollzug und vermitteln Kontakte zu öffentlichen und privaten Einrichtungen. Zudem können sich Gefangene direkt an die Mitglieder des Beirats wenden, die ihnen unmittelbar als Rat gebende Gesprächspartner zur Verfügung stehen. Sie helfen bei Wiedereingliederungsmaßnahmen und unterstützen somit auch entlassene Gefangene. Entsprechend haben die Beiräte gemäß der bestehenden Verwaltungsvorschrift weitgehende Rechte und werden von der jeweiligen Anstaltsleitung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. Die Anstaltsleitungen führen regelmäßig Sitzungen mit den Beiräten durch, in welchen über aktuelle Entwicklungen, Ereignisse oder Probleme sowohl allgemeiner als auch individueller Art gesprochen wird, die Gefangene und/oder die Justizvollzugsanstalt betreffen. Zudem informieren die Justizvollzugsanstalten ihren Beirat über wesentliche Ereignisse oder Vorkommnisse. Alle Anregungen, Hinweise und mögliche Kritiken werden aufgenommen und geprüft . Die Sachverhalte werden dabei oftmals schon in den Sitzungen bzw. Konferenzen der jeweiligen Justizvollzugsanstalt entsprechend bearbeitet oder geklärt, anderenfalls erfolgt eine nachträgliche Unterrichtung. Seite 155 von 274 In den jährlichen Zusammenkünften des TMMJV mit den Anstaltsbeiräten aller Thüringer J ustizvollzugsanstalten erhalten die Beiratsmitglieder einen aktuellen, mündlichen Bericht und Überblick über die Vorhaben und Entwicklungen sowie bedeutsame Ereignisse und/oder Vorkommnisse innerhalb des Justizvollzuges sowie die Gelegenheit eigene Anliegen vorzutragen resp. zu thematisieren. Die dabei angeführten Themen erstrecken sich über alle den Strafvollzug betreffenden Gebiete, wie etwa Personal, Bau, Bildung, Seelsorge oder aktuelle Ereignisse bis hin zu Einzelfällen , welche Gefangene, die Situation der Anstalt bzw. größere Planungen betreffen . Hinweise, Nachfragen oder Anregungen werden auch hier entweder in einer unmittelbaren Aussprache behandelt oder bei Bedarf zur Bearbeitung an die entsprechend zuständigen Stellen im TMMJV zur Sachverhaltsklärung weitergeleitet. Gleichzeitig können Unterstützungen zu bestimmten Sachverhalten gegenseitig erfolgen. Insgesamt wird die Zusammenarbeit über den gesamten Zeitraum als sehr vertrauensvoll , konstruktiv und sachbezogen eingeschätzt. Ein wesentlicher Grund hierfür ist der oftmals stark ausgeprägte regionale Bezug der einzelnen Mitglieder zu ihrer jeweiligen Anstalt, der sich durch ein dezidiertes Eintreten für wesentliche Belange rund um die entsprechende Anstalt auszeichnet. Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang insbesondere die Benennung von Mitgliedern durch den Stadtrat oder den Kreistag. Begleitend dazu wurde die Amtsdauer der Beiräte mit Blick auf die kommunalen Wahlperioden von ehemals drei auf fünf Jahre erhöht. Frage 180: Wie stellen sich die gesundheitliche Situation sowie die medizinische und therapeutische Versorgung der Gefangenen dar und welche Einrichtun gen/Organisationen! Personen sind daran beteiligt? Welche rechtlichen Vorgaben werden für diese Bereiche gemacht? Antwort: Gesundheitliche Situation Die gesundheitliche Situation der Gefangenen hat sich im Berichtszeitraum dahingehend verändert, dass die Zahl der Gefangenen mit psychischen Auffälligkeiten, psychiatrischen Erkrankungen und bestehender Suchtproblematik deutlich gestiegen ist. Gefangene mit schwerwiegenden oder chronischen körperlichen Erkrankungen , die einer dauerhaften Krankenpflege bedürfen, waren im Berichtszeitraum kaum inhaftiert. Im Übrigen entspricht die gesundheitliche Situation der Gefangenen im Wesentlichen derjenigen von nicht inhaftierten Personen. Es sind nahezu alle Krankheitsbilder vertreten. Ambulante medizinische Versorgung Die Gesundheitsfürsorge der Gefangenen ist im elften Abschnitt (§§ 73-79) des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches geregelt und wird vollständig umgesetzt. Gemäß § 74 ThürJVollzGB erfolgt die medizinische Diagnose, Behandlung und Versorgung kranker und hilfsbedürftiger Gefangener in der Anstalt, erforderlichenfalls in einer hierfür besser geeigneten Anstalt oder einem Vollzugskrankenhaus, ausnahmsweise auch außerhalb des Vollzuges. Es gilt das Äquivalenzprinzip zur Seite 156 von 274 gesetzlichen Krankenversicherung. Näheres ist in der Dienstordnung für das Gesundheitswesen in den Thüringer Justizvollzugseinrichtungen (ThürDOGJv) vom 1. Februar 2019 festgelegt. Die ärztliche Versorgung erfolgt bis auf eine in der JVA Tonna seit Juli 2017 tätige hauptamtliche Anstaltsärztin ausschließlich durch externe Ärzte verschiedener Fachrichtungen auf Honorarbasis. Bei darüber hinausgehendem Bedarf werden Konsiliarärzte hinzugezogen, die in die Anstalt kommen oder in ihren Praxen mittels Ausführung der Gefangenen aufgesucht werden. Der als Anlage beigefügten Ubersicht sind das Leistungsspektrum der einzelnen Anstalten sowie die Fachrichtungen der vertraglich gebundenen Ärzte zu entnehmen . Die Ärzte werden unterstützt von Sanitätsbediensteten aus verschiedenen Gesundheitsberufen. Außerhalb der regelmäßigen Sprechzeiten erfolgt die medizinische Versorgung durch den ärztlichen Bereitschaftsdienst und in Notfällen durch Notärzte oder die Aufsuche von Noffallaufnahmen mittels Justiztransport. Stationäre medizinische Versorgung Thüringen verfügt über keine Krankenpflegeabteilung und kein eigenes Haftkrankenhaus im somatischen bzw. psychiatrischen Bereich oder zur Rehabilitationsbehandlung . Zwar gibt es Vereinbarungen mit Justizkrankenhäusern anderer Bundesländer , doch kann aus Kapazitätsgründen nicht immer darauf zurückgegriffen werden . Die somatische stationäre Behandlung erfolgt daher überwiegend in öffentlichen Krankenhäusern mit Bewachung durch Justizvollzugspersonal und soweit nötig die anschließende stationäre Krankenpflege im Krankenhaus der JVA Leipzig, in dem Thüringen zwei Belegbetten hat. Eine immer größere Herausforderung stellt die stationäre Versorgung von psychiatrisch erkrankten Gefangenen dar. Zwar verfügt Thüringen über fünf Belegbetten in der Psychiatrischen Abteilung des Krankenhauses bei der JVA Leipzig, doch können diese aus dortigen Personalgründen häufig nicht oder nicht vollständig belegt werden. Zudem besteht ein wesentlich höherer Bedarf. Schließlich steht wegen Eigenbedarfs die Kündigung dieser Belegbetten durch Sachsen im Raum. Aktuell prüft die Landesjustizverwaltung eine Ausschreibung für eine Tagesklinik in einer Justizvollzugsanstalt bzw. weitere Alternativen: Sonstige therapeutische Versorgung Psychologische Behandlungsmaßnahmen werden weitgehend mit eigenem Fachpersonal durchgeführt. Der Schwerpunkt dieser Maßnahmen liegt in der sozialtherapeutischen Abteilung. Darüber hinaus werden aber auch außerhalb der Sozialtherapie therapeutische Gruppenmaßnahmen sowie Einzeltherapien durchgeführt. Psychotherapie zur Behandlung einer diagnostizierten Erkrankung erfolgt bislang nicht. Suchtmittelabhängige und -gefährdete Gefangene werden von vollzugseigenem Fachpersonal oder der externen Suchthilfe betreut. Die Opioid-Substitution erfolgt zentral für den Thüringer Justizvollzug in der JVA Tonna. Seite 157 von 274 Frage 181: Wie hat sich die Problemlage bei infektiösen Krankheiten (zum Beispiel Tuberkulose ) in Justizvollzugsanstalten hinsichtlich der Erkrankungszahlen entwickelt? Welche Gründe sind hierfür ersichtlich? Welche Maßnahmen zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten gibt es in den Justizvollzugsanstalten? Antwort: Infektionskrankheiten sind durch Erreger (Bakterien, Pilze oder Viren) hervorgerufene Erkrankungen. Das Spektrum zeitlicher Verläufe und entsprechender Symptome ist breit gefächert. Zur Beurteilung einer Problemlage ist in der Regel entscheidend, ob und unter welchen Bedingungen eine Übertragung der Krankheit bzw. des Erregers von Mensch zu Mensch möglich ist. Eine statistische Erfassung aller aufgetretenen Infektionskrankheiten der Gefangenen erfolgt nicht. Es kann aber mitgeteilt werden, dass im gesamten Berichtszeitraum nur sehr wenige Fälle meldepflichtiger Infektionskrankheiten aufgetreten sind und auch kein Anstieg solcher Krankheiten zu verzeichnen war. Die Testungen auf das Vorliegen von TBC-Erkrankungen haben im Jahr 2009 insgesamt zwei und im Jahr 2011 insgesamt einen verifizierten Fall ergeben, in allen anderen Jahren haben sich entsprechende Verdachtsfälle nicht bestätigt. Es gab im Berichtszeitraum keinen Fall nachgewiesener offener Lungentuberkulose. Eine vollständige Erhebung zu Infektionen bzw. Erkrankungen an HIV/Aids und Hepatitis liegt nicht vor, da Testungen freiwillig oder auf individuelle ärztliche Veranlassung hin erfolgen. Von den Gefangenen, die sich seit 2010 zum Stichtag einer HIV-Testung unterzogen haben, ergibt sich folgendes Bild: Erhebungen über HIV-Infektionen und Erkrankungen an AIDS (Stichtag: jeweils 31.12.) Jahr Bestand Gefangene (gesamt) davon Gefangene mit HIV-Test davon Gefangene mit positivem Befund 2008 1872 keine Statistik keine Statistik 2009 1739 keine Statistik keine Statistik 2010 1709 372 3 2011 1668 511 2 2012 1720 531 2 2013 1699 521 2 2014 1603 536 3 2015 1573 484 3 Seite 158 von 274 2016 1493 458 3 2017 1513 453 3 2018 1463 305 3 Prävention Zum Schutz vor ansteckenden Krankheiten existieren zahlreiche präventive Maßnahmen , die Inhaftierte und Bedienstete umfassen. Allen Gefangenen werden Testungen auf Infektionskrankheiten und die vom Robert- Koch-Institut (Ständige lmpfkommission) für den Justizvollzug empfohlenen Impfungen angeboten. Dazu zählen insbesondere Impfungen gegen Hepatitis A und B. Darüber hinaus wird jeder Gefangene über Ansteckungsgefahren mündlich und schriftlich informiert und aktenkundig belehrt. Die Zusammenarbeit mit der Aids-Hilfe wurde weiter intensiviert. In jeder Anstalt wurden im letzten Jahr Ansprechpartner benannt. Die Bediensteten wurden, insbesondere auch im Bereich "harm reduction', fortgebildet. Im Jahr 2018 wurden die Hygienepläne der Anstalten, die umfassend innerbetriebliche Verfahrensweisen und Zuständigkeiten zur lnfektionshygiene regeln, grundhaft überarbeitet. In jeder Thüringer Justizvollzugsanstalt gibt es ein multiprofessionelles Hygieneteam. Darin arbeiten zertifizierte Hygienefachkräfte, Sterilisationsassistenten und Desinfektoren mit. Die Anstalten unterliegen der infektionshygienischen Überwachung durch die Gesundheitsämter. Die JVA Tonna nahm 2016 an einem einjährigen Modellprojekt der Deutschen Aids- Hilfe (Modellhafte Interventionen in Justizvollzugsanstalten der Deutschen AIDS- Hilfe: HIV- und HCV-Testung und Beratung im Vollzug sowie Drogennotfalltraining und Naloxonvergabe vor der Haftentlassung) zur Infektionsprävention teil. Seitdem können sich Gefangene im Medizinischen Dienst durch die AIDS-Hilfe auf HIV- und HCV-Infektionen monatlich kostenlos und anonym testen lassen. Frage 182: Welche Therapieangebote gibt es, welche Akteure sind daran beteiligt und wie werden diese Angebote angenommen? Antwort: Auf die Antworten zu den Fragen 180. und 181. wird verwiesen. Für die Gesundheitsversorgung der Inhaftierten gilt gemäß § 73 ThürJVollzGB das Äquivalenzprinzip zur Gesetzlichen Krankenversicherung. Dies umfasst Diagnostik, Behandlung bzw. Therapie und Prävention. Ergänzend wird berichtet, dass Männer in Haft erfahrungsgemäß Therapieangebote besser annehmen als in Freiheit. Beispielhaft sei die Hepatitis-C-lnfektion genannt. Die Betroffenen litten oftmals schon viele Jahre vor der Inhaftierung an dieser Erkrankung , bemühten sich jedoch nicht um eine Therapie oder brachen diese ab. Seite 159 von 274 Frage 183: Welche Therapiekonzepte und -angebote sowie welche (Personal-)Ausstattungs-, Belegungs- und Unterbringungssituation besteht insbesondere in den sozialtherapeutischen Abteilungen? Antwort: Der Thüringer Justizvollzug verfügt über zwei Sozialtherapeutische Abteilungen. Die Sozialtherapeutische Abteilung in der JVA Tonna ist zuständig für erwachsene männliche Strafgefangene und die Sozialtherapeutische Abteilung in der JSA Amstadt für männliche Jugendstrafgefangene. JVA Tonna: Die Sozialtherapeutische Abteilung der JVA Tonna arbeitet in Wohngruppen und nach einem multimethodalen Konzept, welches einzel-, gruppen- und milieutherapeutische sowie pädagogische Elemente beinhaltet. Diese werden orientiert an aktuellen wissenschaftlichen und therapeutischen Erkenntnissen, stetig weiterentwickelt . Die Behandlung folgt einer individuellen Therapieplanung. Kernmaßnahmen der Sozialtherapeutischen Behandlung sind die deliktorientierte Gruppentherapie und die individuelle Einzel(psycho)therapie, welche je nach lndikationsstellung von internen Fachkräften oder externen Psychologischen Psychotherapeuten (in Ausbildung) durchgeführt wird. Bei speziell ausgewählten Gefangenen kommt das computergestützte „Interaktive Skillstraining" zum Einsatz. Hinzu treten flankierende Behandlungsmaßnahmen, wie der dreitägige Kommunikationsworkshop mit psychoedukativen Elementen sowie erlebnisorientierten Übungen zur Wahrnehmung und Reflexion des eigenen (straftatrelevanten ) Kommunikations- und Beziehungsstils. Das Erlernen neuer Verhaltensweisen wird explizit im Sozialen Kompetenztraining fokussiert, aber auch in den fortlaufenden deliktorientierten Gruppentherapien und den milieutherapeutischen Maßnahmen behandelt. Weitere flankierende Therapiemaßnahmen sind Körpertherapie (Yogagruppe zur Förderung der Selbststeuerungsfähigkeit), Musiktherapie (Trommelgruppe, ebenfalls zur Förderung der Selbstregulation und Gruppenfähigkeit) milieutherapeutische Maßnahmen, wie Kochgruppe, Gartengruppe, Aquaristik, Vogelhaltung, Laufgruppe, Volleyball, etc. Hinzu kommen Maßnahmen der beruflichen Bildung (Projekt B.l.S.S.) und der Arbeitstherapie (Holz oder Ton) sowie Arbeitseinsätze. Bei diesen Maßnahmen findet die therapeutische Indikation Berücksichtigung; sie finden jedoch nicht getrennt von anderen Gefangenen statt. Personalausstattung: Die Sozialtherapeutische Abteilung wird von einem approbierten Psychologen (Psychologischer Psychotherapeut Tiefenpsychologie, tiefenpsychologischer Gruppentherapeut ) geleitet. Weiterhin stehen drei Psychologinnen (in Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten) sowie fünf Sozialarbeiter*innen (4 davon mit behandlerischer Weiterbildung: systemische Therapie, Anti-Gewalt-Training, Motivie- Seite 160 von 274 rende Gesprächsführung Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter, Sozialtherapeutisches Rollenspiel, Reasoning & Rehabiltation) zur Verfügung. Hinzu kommen 18 Einheiten pro Woche für externe Einzeltherapie. Vom Allgemeinen Vollzugsdienst sind ein Vollzugsabteilungsleiter und 17 Bedienstete eingesetzt. Zwei der Bediensteten sind zu 50 Prozent mit sozialer Arbeit betraut und verfügen über die Zusatzqualifikation Sozialtherapeutisches Rollenspiel und Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter (BPS-R). Belegung und Unterbringung: Auf sechs Stationen stehen insgesamt 80 Behandlungsplatze zur Verfügung. Durch laufende Bauarbeiten und Ausweichunterbringung sind derzeit 75 Plätze belegt. JSA Arnstadt: In der 2008 eingerichteten sozialtherapeutischen Abteilung der Jugendstrafanstalt werden folgende Therapiekonzepte umgesetzt: Therapieangebot SöthA JSA Arnstadt Maßnahme Haufiykeft, Umfang, Ort etc. Grundlage AAT alpha Anti- lx im Jahr in der ersten Jahreshälfte Aggressivitätstraining + in Wochenendblöcken, 10 Tage dabei kognitiv-behavioral begleitende Theatergruppe ca. 60 Stunden AAT und ca. 30 Std. begleitende Theatergruppe BPS Behandlungs-Programm für 1 x im Jahr, abhängig von der Teilnehmerzahl ca. 40 Sexualtäter Termine, kognitiv-behavioral einmal wöchentlich % Tag Mentalisierungsbasierte Läuft als Pilotprojekt seit 3/201 8; z.Zt. 7 Therapiegruppe MBT und vorher Teilnehmer, einmal wöchentlich 75 min. 12 Sitzungen MBT-1 (Psycho- (MBT-1 90 Min.), halboffene Gruppe mit psychoanalytisch edukationsgruppe) nach Bateman Nachrückern & Fonagy Vorgruppe zum AAT, einmal wöchentlich psychoedukativ, verhaltens-therapeutisch, Gewalttätergruppe 90 Min., September bis Januar; 6-8 eklektisch (verschiedene Methoden) Teilnehmer Psychodynamische 3 Wochenendblöcke je 2 Tage, 6-9 analytisch orientiert (IDG nach Höck, 1978), Selbsterfahrungs-Gruppe Teilnehmer Elemente der KBT (Kommunikativen Bewegungs- therapie) und Theaterpädagogik (A. Boal) „Brandstifter-Gruppe" (eigenes 60 Stunden Therapie Konzept) 1 (30 Sitzungen mit je einer Doppelstunde) therapeutisches Fußballprojekt Einzelgespräche mit dem Bezugstherapeuten Ausstattungs-, Belegungs- und Unterbringungssituation: Die Sozialtherapeutische Abteilung der JSA Arnstadt befindet sich im Erdgeschoss des Hafthauses 2.4. und verfügt über 18 Haftplätze in Einzelunterbringung. Die Haftplätze der Sozialtherapeutischen Abteilung verteilen sich auf zwei baugleiche Wohngruppen mit je 9 Haftplätzen. Jede Wohngruppe verfügt über eine Teeküche, einen Freizeitraum und einen Aufenthaltsbereich für die Gefangenen. Hinzu kommt ein Gruppenraum. Gefangene, die in der sozialtherapeutischen Abteilung untergebracht sind, haben den gleichen Zugang zu Maßnahmen der schulischen und beruflichen Bildung, zum Arbeitseinsatz sowie zu Freizeitmaßnahmen wie andere Gefan- Seite 161 von 274 gene. Die Hausordnung sieht für Gefangene der sozialtherapeutischen Abteilung keine gesonderten Regelungen vor. Die Zahl der Jugendstrafgefangenen hat sich seit 2008 deutlich verringert. Ab 2014 wurden die Plätze in der Sozialtherapeutischen Abteilung erhöht. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass der Anteil der Plätze in der Sozialtherapie im Verhältnis zur Gesamtzahl der Jugendstrafgefangenen deutlich gestiegen ist. Die nachfolgende Übersicht stellt diese Entwicklung dar: Sozialtherapeutische Abteilung in der JSA Arnstadt (bis 2014 JSA lchtershausen) Stichtag 31.03. 5 5 N ('1 - N r4 N ' C4 N N O C4 Jugendstrafgefangene 214 207 219 205 177 155 143 105 100 91 82 Plätze Sozialtherapie 13 13 13 13 13 13 13 18 18 18 18 entspricht% 1 6,071 6,281 5,941 6,341 7,341 8,391 9,091 17,11 181 19,81 22 Personalsituation: Die Sozialtherapeutische Abteilung wird von einem Psychologischen Psychotherapeuten (Approbation Verhaltenstherapie, tiefenpsychologischer Gruppentherapeut, zurzeit in Ausbildung Psychoanalyse) geleitet und (psycho)therapeutisch betreut. Mit anteiliger Arbeitskraft sind drei Sozialarbeiter eingesetzt. Der Sozialtherapeutischen Abteilung sind keine Bediensteten des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes fest zugeordnet. Die Dienstplangruppe ist für das gesamte Hafthaus und die offene Vollzugsabteilung zuständig. Es wird jedoch darauf geachtet , regelmäßig dieselben drei Bediensteten in der Sozialtherapeutischen Abteilung einzusetzen. Aktuell erarbeiten alle Anstalten darüber hinaus bereichsübergreifende Behandlungskonzepte , mit dem Ziel Behandlungsmaßnahmen noch besser zu planen, zu strukturieren, durchzuführen und auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Frage 184: Wie stellt sich die Situation von sucht- und drogenabhängigen Gefangenen dar? Nach welchen Kriterien werden Gefangene für Therapieplätze ausgewählt? Wie viele solcher Plätze stehen in Thüringen oder in anderen Bundesländern für Gefangene aus Thüringen zur Verfügung? Antwort: Situation Vor dem Hintergrund, dass es keine verlässlichen Daten zur Suchtproblematik von Gefangenen in Deutschland gibt, hat der Strafvollzugsausschuss der Bundesländer im Mai 2012 beschlossen, eine bundeseinheitliche Erhebung einzuführen. Die standardisierte Erhebung orientiert sich an dem Klassifikationssystem „Internationale Klassifikation psychischer Störungen" der WHO (ICD-10) und gibt erstmals Auskünfte über die stoffgebundene Suchtproblematik von Gefangenen zum Zeitpunkt des Haftantritts. Erstmals zum Stichtag 31.03.2016 wurde die Zahl der sub- Seite 162 von 274 stanzmissbrauchenden und -abhängigen Personen unter Angabe der jeweiligen Hauptsubstanz erhoben. In der Erhebung nicht berücksichtigt werden Tabak und Koffein. Der Fokus liegt auf der Betrachtung der Suchtproblematik in Bezug auf illegale Substanzen sowie Alkohol und Medikamente. Diese Substanzen gehen regelmäßig mit einem unmittelbaren lnterventions- bzw. Behandlungsbedarf nach Aufnahme in den Justizvollzug einher (bspw. Entgiftung, Substitution) und nehmen einen hohen Stellenwert in der fallbezogenen Vollzugs- und Eingliederungsplanung ein. Für Thüringen ergibt sich zu den Stichtagen 31 .03.2016 bis 31.03.2019 folgendes Gesamtbild: stoffgebundene Suchtproblematik (Abhängigkeit! Missbrauch) Thüringer Justizvollzug Anzahl der Gefangene mit Abhängigkeit! Missbrauch Stichtag Gefangenen bezogen auf die Hauptsubstanz davon Hauptsubstanz 31.03. insgesamt (Anzaht/ Prozent) jeweils zum Stichtag 31.03. Stichtag 31.03. - E: ' ‚ . . Abhängigkeit 484 29% 138 32 50 2 5 141 0 0 116 2016 1.688 1.016 Missbrauch 532 32% 195 10 10 1 6 127 2 2 89 Abhängigkeit 545 37% 140 28 70 0 5 173 0 0 129 2017 1.481 924 Missbrauch 379 26% 121 11 56 - 0 5 102 0 0 84 Abhängigkeit 523 34% 121 42 64 2 4 160 1 0 129 2018 1.546 771 Missbrauch 248 16% 69 1 77 2 2 51 0 1 45 Abhängigkeit 564 37% 144 21 67 4 6 167 0 0 155 2019 1.544 943 Missbrauch 379 25% 121 11 56 - 0 5 102 0 0 84 * in andere Stimulanzien fallen u. a. Speed, Crystal, Pep, Ecstasy Es gibt kaum Gefangene, die vor der Inhaftierung nicht mindestens Berührungspunkte mit illegalen Drogen hatten. Unterschiede konnten bei Jugendlichen und Erwachsenen hinsichtlich der bevorzugten Substanzen festgestellt werden. So konsumierten jugendliche Inhaftierte bezogen auf den Stichtag 31 .03.2019 vor ihrem Haftantritt in Rangfolge: 1. multiple Substanzen (sog. Polytoxikomanie), 2. Cannabinoide und 3. andere Stimulanzien (z.B. Crystal). Bei den Erwachsenen waren es in Rangfolge: 1. andere Stimulanzien, 2. multiple Substanzen und 3. Alkohol. Die Anzahl der Gefangenen mit einer polytoxen Suchtproblematik ist in den Erhebungsjahren stetig angestiegen, ebenso wie die Zahl der Abhängigen gegenüber denjenigen mit Substanzmissbrauch. Die zu den Jahren 2016 und 2017 höhere Gesamtzahl von Gefangenen mit Suchtproblematik könnte auf einen Erhebungsfehler in der Einführungsphase zurückzuführen sein, indem Gefangene mit einer Abhängigkeit und einem Missbrauch in beiden Rubriken jeweils mit der Hauptsubstanz erhoben und gezählt wurden. Die Zahlen zu Sedativa/ Hypnotika erscheinen unterrepräsentiert. Seite 163 von 274 Suchtbehandlung Der Thüringer Justizvollzug hat seit 2014 erhebliche Anstrengungen zu einer bedarfsgerechteren Versorgung von suchtmittelabhängigen und -missbrauchenden Inhaftierten unternommen. Die Grundlage bilden neben dem Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch die Verwaftungsvorschrift zur Behandlung suchtgefährdeter und suchtmittelabhängiger Inhaftierter vom 14. November 2014 und die Kooperationsvereinbarung der Landesjustizminister*innen mit der Deutschen Rentenversicherung zur Beantragung von Leistungen zur Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen vom 04. März 2015. Im Jahr 2017 führte das TMMJV ein Vergabeverfahren mit dem Ziel durch, die Suchthilfe im Justizvollzug durch Externe quantitativ und inhaltlich zu stärken. Die Anfang 2018 neu geschlossenen Verträge lösten Verträge zwischen Anstalten und Suchthilfeträgern aus der Nachwendezeit ab. Ebenfalls 2018 wurde das Konzept für die Opiat-/Opioid-Substitution fortgeschrieben (Anlage zu Frage 184). Die Substitutionstherapie findet für die Thüringer Gefangenen zentral in der JVA Tonna statt. Das Konzept enthält auch ein Übergangsmanagement . Die externe Suchthilfe bietet suchtkranken und suchtgefährdeten Gefangenen Beratung , Behandlung, Betreuung und Therapievermittlung an. Die Beratungs-, Behandlungs - und Betreuungsleistungen sind vorrangig im Gruppen- und im Übrigen im Einzelsetting zu erbringen. Dafür stehen seit 2018 pro Jahr im Einzelplan 05, Titel 0505 684 71 insgesamt 264.000 EUR (vorher 125.000 EUR) an Haushaltsmitteln bereit. Die einzelnen Anstalten haben angelehnt an die Ergebnisse der bundeseinheitlichen Datenerhebung Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch Verträge über die, folgende Anzahl von Fachleistungsstunden pro Monat geschlossen: JVA Goldlauter 55 Fachleistungsstunden JVA Untermaßfeld 80 Fachleistungsstunden JVA Tonna 100 Fachleistungsstunden JSA Arnstadt 58 Fachleistungsstunden JVA Hohenleuben 75 Fachleistungsstunden. Innerhalb des Thüringer Justizvollzuges gibt es keine von der Deutschen Rentenversicherung zertifizierte Suchtentwöhnungstherapie. In zwei Thüringer Justizvollzugsanstalten (JVA Tonna, JVA Untermaßfeld) wurden 201 5/2016 allerdings Suchttherapievorbereitungsstationen mit jeweils 15 Plätzen eingerichtet. Ziel und Auftrag der Therapievorbereitungsstationen ist es, die Gefangenen bei der Beantragung einer Suchtentwöhnungstherapie zu unterstützen, Therapiefähigkeit herzustellen und dadurch das Risiko eines Therapieabbruchs mit der Folge einer Rückkehr in Haft (betrifft § 35 BtMG) zu verringern. In der Station der JVA Tonna (BeSu), die von einer approbierten Psychologin geleitet und von einem Sozialtherapeuten Sucht betreut wird, wird teilweise suchttherapeutisch gearbeitet. Die Verbleibdauer liegt in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten, die Entlassung erfolgt dann direkt von der Station in eine weiterführende stationäre Entwöhnungsbehandlung. Seite 164 von 274 Die Plätze in der BeSu und in der Therapievorbereitungsstation in der JVA Untermaßfeld (TVS) sind durchgehend belegt. In den anderen Justizvollzugsanstalten erfolgt die Therapiebeantragung und - vorbereitung dezentral durch die externe Suchthilfe, jedoch stets gesteuert von einem beauftragten Psychologen oder Sozialarbeiter der Anstalt. In der JSA Arnstadt ist die Suchttherapie in die Behandlung der sozialtherapeutischen Abteilung sowie in die Einzelpsychotherapie integriert. Allgemein ist die Therapiebereitschaft jugendlicher Gefangener geringer als bei erwachsenen Gefangenen ausgeprägt. Ursachen sind häufig ein noch nicht vorhandener gesundheitlicher oder emotionaler Leidensdruck und fehlende schwere Lebenskrisen (z.B. Ende von Partnerschaften, Verlust der wirtschaftlichen Existenz u.ä.). Jugendliche haben häufig noch keine schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen und erholen sich vergleichsweise schnell. Insofern steht bei Jugendlichen die Motivationsarbeit im Vordergrund . Bei der Zahl der externen Therapieplätze gibt es grundsätzlich keine Begrenzungen, da die Plätze bundesweit angeboten werden bzw. beantragt werden können. Gleichwohl sind die Therapieeinrichtungen um eine Mischung bemüht, da sie sich nicht nur an Straffällige richten. In den letzten Jahren steigt die Zahl der Gefangenen , die infolge eines Abbruchs einer Maßregel nach § 64 StGB in den Justizvollzug (zurück)verlegt werden. Die nachfolgende Übersicht enthält die Entlassenen, die aufgrund einer Entscheidung nach § 88 JGG, § 57 StGB oder § 35 BtMG eine Suchtentwöhnungsbehandlung angetreten haben. h a r Anzahl der Entlassenen in eine stationäre oder ambulante Suchtentwöhnungsbehandlung pro Jahr im Rahmen einer Zurückstellung der Strafvollstreckung gern. § 35 BtMG im Rahmen einer Aussetzung des Restes der Strafe gern. § 88 JGG oder § 57 StGB 2015 70 36 2016 67 39 2017 56 46 2018 76 62 Frage 185: Wie viele Drogentests und Drogenschnelltests wurden im Thüringer Justizvollzug im Berichtszeitraum mit welchem Ergebnis zur Verfügung gestellt und eingesetzt (bitte nach Anstalten unterteilen)? Seite 165 von 274 Antwort: Die Verwendung der Drogentests und Drogenschnelltest stellt sich für den Berichtszeitraum aufgeschlüsselt auf die Thüringer Justizvollzugsanstalten wie folgt dar: JVA Bereitgestellte Tests Durchgeführte Tests Positiv Hohenleuben 5500 3125 250 Tonna 6150 4793 902 Arnstadt/lchtershausen 5260 3980 317 Goldlauter 6980 4125 676 Untermaßfeld 5700 3450 378 Gera bis 2017 3600 1890 279 Zu den bereitgestellten Drogentests und Drogenschnelltests konnte keine Aufteilung hinsichtlich Feststoffiest, Test für Urinkontrollen, Multiteststreifen, Multibechertest sowie Speichel- und Wischtest vorgenommen werden, da ein Einzelnachweis zu den verbrauchten Drogentests und Drogenschnelltests nicht geführt wird. Hinsichtlich der eingesetzten Drogentests und Drogenschnelltests muss beachtet werden, dass in der Übersicht nur die am Gefangenen eingesetzten Drogentests und Drogenschnelltests aufgeführt sind. Ein Nachweis über verwendete Feststofftests wird nicht geführt. Die Differenz zwischen den beschafften und den tatsächlich durchgeführten Drogentests entstand durch die unterschiedlichen Verfallsdaten der Tests sowie durch Testungen einzelner Proben auf verschiedene Substanzen. Frage 186: Wie oft wurden Kosten von Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelgebrauch gemäß § 87 Abs. 3 ThürJVollzGB Gefangenen auferlegt? Antwort: Seit 1 nkrafttreten des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches am 07.03.2014 wurden die Kosten von Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmitteln in insgesamt 19 Fällen gemäß § 87 Abs. 3 ThürJVollzGB Gefangenen auferlegt. Frage 187: In wie vielen Fällen wurden Maßnahmen, die im Diagnoseverfahren festgelegt wurden , nicht vollzogen (bitte nach Maßnahme, Vollzug und Nichtvollzug unterteilen)? Antwort: Das Diagnoseverfahren ist in § 13 ThürJVollzGB geregelt. Es schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugsplanung an das Aufnahmeverfahren an. Auf der Grundlage des Ergebnisses des Diagnoseverfahrens wird der Vollzugs- und Eingliederungsplan erstellt (§ 14 Abs. 1 S. 1 ThürJVollzGB). Im Diagnoseverfahren werden noch keine Maßnahmen festgelegt. Die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen werden erst im Vollzugs- und Eingliederungsplan aufgezeigt (§ 14 Abs. 1 S. 2 ThürJVollzGB). Seite 166 von 274 Frage 188: Seit wann werden in welchen Vollzugsanstalten - Behandlungsprogramme, - einzel- und gruppentherapeutische Maßnahmen, - psychiatrische Behandlungsmaßnahmen, - Maßnahmen zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch, - Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz, - schulische und berufliche Qualifikationsmaßnahmen einschließlich Alphabet!- sierungs- und Deutschkurse, - arbeitstherapeutische Maßnahmen oder Arbeitstraining, - Arbeit, - freie Beschäftigung und Selbstbeschäftigung, - Sportangebote und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit, - Ausführungen und A ußenbeschäftigungen, - Locke run gen zur Erreichung des Vollzugsziels, - Aufrechterhaltung, Förderung und Gestaltung von Außenkontakten, - Schuldnerberatung, Schuldenregulierung und Erfüllung von Unterhaltspflichten, - Ausgleich von Tatfolgen, - Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Eingliederung und Nachsorge angeboten und wie viele Gefangene haben an den entsprechenden Maßnahmen jeweils teilgenommen? Antwort: Die Aufzählung in der Frage 188 enthält diejenigen Aspekte, zu denen gern. § 15 ThürJVollzG B im Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie seinen Fortschreibungen Angaben zu machen sind. Entsprechende Maßnahmen werden in allen Anstalten vorgehalten und angeboten. Die Teilnahme an Maßnahmen im Sinne der Fragestellung wird statistisch nicht erfasst. Ergänzend wird auf die Antworten zu den Fragen 182— 184 verwiesen. Frage 189: In wie vielen Fällen wurde vom Vollzugs- und Eingliederungsplan von - Behandlungsprogrammen, - einzel- und gruppentherapeutischen Maßnahmen, - psychiatrischen Behandlungsmaßnahmen, - Maßnahmen zur Behandlung von Suchtmittelabhängigkeit und -missbrauch, - Trainingsmaßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz, - schulischen und beruflichen Qualiflkationsmaßnahmen einschließlich Alphabetisierungs - und Deutschkursen, - arbeitstherapeutischen Maßnahmen oder Arbeitstraining, - Arbeit, - freier Beschäftigung und Selbstbeschäftigung, - Sportan geboten und Maßnahmen zur strukturierten Gestaltung der Freizeit, - Ausführungen und Außenbeschäftigungen, - Locke run gen zur Erreichung des Vollzugsziels, - Aufrechterhaltung, Förderung und Gestaltung von Außenkontakten, - Schuldnerberatung, Schuldenregulierung und Erfüllung von Unterhaltspflichten, - einem Ausgleich von Tatfolgen, - Maßnahmen zur Vorbereitung von Entlassung, Eingliederung und Nachsorge Seite 167 von 274 abgewichen (bitte nach Grund des Abweichens, Jahren, Anstalt und Maßnahme unterteilen)? Antwort: Gemäß § 14 Abs. 3 ThürJVoIIzGB werden der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie die darin vorgesehenen Maßnahmen für Straf- und Jugendstrafgefangene regelmäßig fortgeschrieben. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Frage nach Abweichungen nicht auf die regelmäßig erfolgenden Fortschreibungen bezieht. Mögliche Abweichungen von den im Vollzugs- und Eingliederungsplan festgelegten Maßnahmen werden statistisch nicht erfasst. Es sind vielfältige Gründe für ein Abweichen von einem ursprünglichen Plan denkbar, insbesondere Änderungen in den der Planung zugrundeliegenden Tatsachen durch nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Umstände. Frage 190: Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zur Effektivität der Umsetzung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung? Antwort: Die Effektivität der Umsetzung von Vollzugs- und Eingliederungsplanung wird grundsätzlich positiv bewertet. Frage 191: Welche Bemühungen hat die Landesregierung unternommen, um die Vorbereitung der Eingliederung gemäß § 15 Abs. 4 ThürJVoIIzGB umzusetzen? Antwort: Im Berichtszeitraum ist eine Vielzahl neuer Kooperationen in der Justiz entstanden. So wurde in Erfurt eine Therapeutische Ambulanz als Therapie- und Nachsorgeeinrichtung des Verbandes pro familia für in Thüringen lebende Straftäter, die der Führungs - oder Bewährungsaufsicht unterstellt sind, eingerichtet. Ziel der ambulanten Behandlung und Beratung ist die Reduzierung von Rückfallrisiken bei gleichzeitiger Unterstützung zur Resozialisierung. Die Klienten sollen dabei begleitet werden, schwierige Lebenssituationen zu bewältigen sowie Verhaltens- und Alltagsprobleme zu bearbeiten. Sie erlernen alternative Handlungsmöglichkeiten, die sie zukünftig dazu befähigen, nicht erneut straffällig zu werden. Professionelle Täterarbeit ist auch immer aktiver Opferschutz. Außerdem kann das Team der Therapeutischen Ambulanz die Familien, Angehörigen und sonstigen Bezugspersonen des sozialen Umfelds in die Beratung mit einbeziehen. Seit dem Jahr 2007 arbeitet erfolgreich das Projekt „Berufsbildung und Integration Strafgefangener und Strafentlassener" (B.l.S.S.). Es zielt auf die berufliche (Re-) Integration Strafgefangener ab und umfasst bei Bedarf auch eine Betreuung in beruflicher Hinsicht nach der Entlassung (z.B. Fortsetzung von Ausbildungsabschnitten ). Das Projekt wird in der aktuellen Förderperiode gemeinsam vom Land Thüringen (46 Plätze), von der Bundesagentur für Arbeit (30 Plätze) und vom Europäischen Sozialfonds (307 Plätze) finanziert. Seite 168 von 274 Im Jahr 2016 haben das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz , das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, alle Thüringer Justizvollzugsanstalten und die Jugendstrafanstalt mit der Bundesagentur für Arbeit eine Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit zur beruflichen und sozialen Eingliederung von Strafgefangenen und Haftentlassenen geschlossen. Auf die Antwort zu Frage 166 wird insoweit verwiesen. Im Jahr 2018 haben das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales eine Vereinbarung auf der Grundlage des Melderechts für ein Verfahren getroffen, wonach die Verlängerung oder Ausstellung eines Bundespersonalausweises für Gefangene auch ohne persönliche Vorsprache, d.h. im schriftlichen Verfahren, möglich ist. Im Jahr 2017 trat eine Konzeption des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz über die standardisierte und unmittelbare Kooperation von Justizvollzug und ambulanten Sozialen Diensten in der Justiz insbesondere am Haftbeginn und im Rahmen der Eingliederungsförderung in Kraft. Im Jahr 2016 wurde ein Professionelles Übergangsmanagement für Inhaftierte und Haftentlassene in Thüringen (PÜMaS) eingeführt. Die Betreuung durch Sozialarbeiter beginnt bis zu 6 Monate vor der voraussichtlichen Entlassung und kann bis 6 Monate nach der Haft reichen. Es richtet sich an jugendliche und erwachsene Strafgefangene und Untersuchungsgefangene, die (voraussichtlich) nicht der Bewährungs - oder Führungsaufsicht unterstellt sein werden bzw. sind. Alle Kooperationen bzw. Verträge mit Externen enthalten inzwischen Regelungen für ein Übergangsmanagement (z.B. Suchthilfe, Schuldnerberatung), d.h. in der Ent- Iassungsphase soll frühzeitig eine Überleitung in weiterführende Hilfen am künftigen Wohnort des Inhaftierten geplant und veranlasst werden. Auch in vollzugsinternen Behandlungskonzepten ist das Übergangsmanagement als Standard zu berücksichtigen (z. B. Substitutionstherapie, Hepatitis-C-Therapie). Frage 192: Wie viele der entlassenen Gefangenen haben an den festgelegten Eingliederungsmaßnahmen teilgenommen? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen über die Ausführungen zu Fragen 194 und 198 hinaus nicht vor. Frage 193: Wie wird in der medizinischen und therapeutischen Versorgung auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in Haft eingegangen? Antwort: Gefangene mit Behinderungen werden grundsätzlich von den Anstaltsärzten und den Sanitätsbediensteten medizinisch betreut. Im Bedarfsfall werden externe (Fach-)Ärzte zur konsiliarischen Tätigkeit bzw. zur fachärztlichen Mitbehandlung Seite 169 von 274 oder auch Physiotherapeuten, Podologen, Logopäden, Ergotherapeuten hinzugezogen . Darüber hinaus erhalten Gefangene Hilfsmittel, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine Behinderung auszugleichen. Dazu gehören vor allem Seh- und Hörhilfen (d. h. Brillen und Hörgeräte), Körperersatzstücke (Prothesen) sowie orthopädische Hilfsmittel (z. B. Krücken, orthopädische Schuhe). Im Haftalltag wird Betroffenen regelmäßig von Mitgefangenen assistiert. Ist ein Gefangener (aufgrund seiner Behinderung) zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, kann er ein arbeitstherapeutisches Angebot erhalten. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 161 verwiesen. Frage 194: Welche sonstigen (sozialen) Betreuungs- und Unterstützungsangebote (zum Beispiel Schuldnerberatung) gibt es und wie werden diese angenommen? Ist hier für die Zukunft ein steigender Bedarf erkennbar beziehungsweise pro gnostizierbar? Antwort: Justizvollzuq Über die in § 15 ThürJVoIlzGB aufgeführten und in den Fragen 182-184, 188 und 189 aufgenommenen Maßnahmen hinaus gibt es keine sonstigen (sozialen) Betreuungs - und Unterstützungsmaßnahmen. Die Aufzählung in § 15 ThürJVollzGB ist umfassend und auf den möglichen Unterstützungs- und Betreuungsbedarf zur Erreichung des Vollzugszieles zugeschnitten. Alle Betreuungs- und Unterstützungsangebote, die aktuell von Externen angeboten werden, sind in der beigefügten Anlage zu Frage 194 aufgeführt. Die Zahl der betreuten Gefangenen zeigt, dass die Nachfrage hinsichtlich aller Angebote in den letzten Jahren weiter gestiegen ist. Dies gilt insbesondere für die Schuldner- und Suchtberatung, Beratungsgespräche mit der Ausländerbehörde sowie für die arbeitstherapeutischen Maßnahmen. Ursächlich dafür sind nach hiesiger Einschätzung die wachsende Zahl von Gefangenen mit psychischen Erkrankungen und/oder Suchtproblematik, mit multiplen und schweren sozialen Problemlagen sowie bei sinkenden Gefangenenzahlen die Zunahme des Durchlaufs an Inhaftierten (Zu- und Abgänge) pro Jahr. Dies stellt insbesondere für die soziale Betreuung und Entlassungsvorbereitung eine enorme Herausforderung dar (z.B. Sicherung bzw. Beschaffung von Wohnraum). Zum anderen wurde das vollzugliche Suchthilfeangebot qualitativ weiterentwickelt und um höherschwellige Behandlungsangebote ergänzt. Ein steigender Bedarf ist auch beim Professionellen Übergangsmanagement erkennbar . Seite 170 von 274 Justiz Durch das Thüringer Oberlandesgericht werden für den Thüringer Strafvollzug folgende Betreuungs- und Unterstützungsangebote gefördert: Schuld nerberatu ng: Seit dem Jahr 2003 wird die spezialisierte Schuldnerberatung durch den Bewährungs - und Straffälligenhilfe Thüringen e. V. in den Justizvollzugsanstalten Tonna und Goldlauter sowie der Jugendstrafanstalt lchtershausen bzw. Arnstadt gefördert. Für den Berichtszeitraum ergeben sich folgende Angaben: Jahr Anzahl der betreuten Gefangenen 2008 583 2009 511 2010 515 2011 547 2012 532 2013 555 2014 521 2015 nicht feststellbar 2016 624 2017 590 2018 1.102 AIDS-Hilfe: Seit dem Jahr 2003 wird der AIDS-Hilfe Thüringen e. V. für die Beratung in den Justizvollzugsanstalten Tonna, Goldlauter und Untermaßfeld sowie der Jugendstrafanstalt lchtershausen bzw. Arnstadt gefördert. Im Rahmen des Projekts werden Gefangene zum Umgang mit Aids, Hepatitis und Sexualität im Vollzug sowie zur allgemeinen Gesundheitsprävention beraten. Für den Berichtszeitraum ergeben sich folgende Angaben: Jahr Anzahl der betreüten Gefangenen 2015 7 2016 12 2017 18 2018 16 Für die Jahre 2008 bis 2014 liegen keine Zahlen über die Anzahl der betreuten Gefangenen vor. Besuchs- und Beratungsdienst im Vollzug: Seit dem Jahr 2008 wird der Projekt Do e. V. für einen Besuchs- und Beratungsdienst in der Jugendstrafanstalt lchtershausen bzw. Arnstadt gefördert. Das Projekt beinhaltet eine sozialpädagogische Begleitung der Gefangenen und ihrer Angehöri- Seite 171 von 274 gen vor und nach der Entlassung. Dabei werden u. a. konkrete Fragestellungen zu Wohnungs-, Geld- und Beschäftigungsangelegenheiten bearbeitet. Zudem werden ein Anti-Gewalt-Training und ein soziales Kompetenztraining angeboten. Für den Berichtszeitraum ergeben sich folgende Angaben: Jahr Anzahl der betreuten Gefangenen 2015 50 2016 56 2017 63 2018 82 Für die Jahre 2008 bis 2014 liegen keine Zahlen über die Anzahl der betreuten Gefangenen vor. Die Zahl der betreuten Gefangenen zeigt, dass die Nachfrage hinsichtlich aller Angebote in den letzten Jahren nicht unerheblich gestiegen ist. Ob sich diese Tendenz auch in der Zukunft fortsetzen wird, ist nicht sicher prognostizierbar. Frage 195: Wie sieht die Personalsituation im Bereich der medizinischen und therapeutischen Versorgung und der anderweitigen Betreuung aus? Antwort: Personalsituation im medizinischen Bereich In der JVA Tonna gibt es eine angestellte Anstaltsärztin. Im Übrigen wird die ärztliche Versorgung durch Vertragsärzte und Honorarverträge sichergestellt. Hierzu wird auf die Ausführungen unter Frage 180 und Frage 196 verwiesen. Zudem arbeiten im Bereich des medizinischen Dienstes auch Bedienstete des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes mit entsprechenden (Zusatz-)Qualifikationen. Insgesamt sind hier 23 Beamte eingesetzt. In der JVA Hohenleuben sind außerdem zwei Angestellte und in der JVA Goldlauter eine Angestellte beschäftigt. Personalsituation im therapeutischen Bereich: Im Thüringer Justizvollzug sind 24 Psychologen beschäftigt. Hinsichtlich der weiteren therapeutischen Betreuung wird auf Frage 196 verwiesen. Personalsituation im Bereich der anderweitigen Betreuung Die anderweitige Betreuung der Gefangenen erfolgt durch das Justizvollzugspersonal . Insoweit wird auf die allgemeinen Ausführungen zur Personalsituation im Jus- Seite 172 von 274 tizvollzug in Frage 230 verwiesen. Inhaltlich wird beispielhaft für die Organisation von Freizeitmaßnahmen auf die Ausführungen in Frage 158 verwiesen. Frage 196: Wie viele und welche externen Stellen sind in die medizinische und therapeutische Versorgung und andeiweitige Betreuung eingebunden? Medizinische Versorgung Hier wird auf die Antwort zu Frage 180 verwiesen. Therapeutische Versorgung Soweit hier die psychotherapeutische Versorgung gemeint ist, erbringen in der Sozialtherapeutischen Abteilung in der JVA Tonna externe Therapeuten 18 Wochenstunden Einzeltherapie auf Honorarbasis. Sonstige Betreuung Alle von Externen regelmäßig durch Vertrag, Vereinbarung oder Förderung erbrachten Angebote sind in der Übersicht zur Frage 194 aufgeführt. Hinzu kommen einzelfallbezogen weitere Netzwerkpartner, insbesondere im Rahmen der Entlassungsvorbereitung . Einrichtungen und Organisationen, die auf Grund eigener gesetzlicher Verpflichtungen in die Betreuung einbezogen werden (z.B. Jugendämter, Bewährungshilfe usw.), sind nicht aufgeführt. Frage 197: Welche Unterstützungsangebote gibt es für Angehörige der Gefangenen während deren Haftzeit? Wie werden diese von den Betroffenen angenommen? Antwort: Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens nach § 12 ThürJVollzGB werden die Gefangenen dabei unterstützt, etwa notwendige Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige , zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und der Wohnung und zur Sicherung ihrer Habe außerhalb der Anstalt zu veranlassen. Darüber hinaus können nach § 47 ThürJVolIzGB Lockerungen aus wichtigem Grund gewährt werden, bspw. bei einer lebensgefährlichen Erkrankung naher Angehöriger. Entsprechend den Standards der Sozialen Arbeit im Thüringer Justizvollzug bezieht der Soziale Dienst die Angehörigen des Gefangenen anlassbezogen und bedarfsorientiert in den Betreuungs- und Behandlungsprozess ein, wenn der Gefangene dies wünscht. Dabei nehmen die Stabilisierung oder Reaktivierung des sozialen Netzwerkes einen zentralen Stellenwert ein. Insbesondere in Hinblick auf die Prüfung von zu gewährenden Lockerungen des Vollzuges werden die Angehörigen frühzeitig eingebunden, wenn dies geboten erscheint. Der Soziale Dienst ist sodann in der Lage, sich einen umfassenden und fundierten Eindruck über das zu erwartende soziale Umfeld, die Einbindung des Gefangenen in dieses und sich daraus ergebende Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen zu verschaffen. Seite 173 von 274 Im Haftverlauf wird der Gefangene unterstützt, Beziehungen partnerschaftlich zu gestalten sowie Bindungen zu Angehörigen und anderen nahestehenden Menschen zu pflegen. Notwendige Kontaktaufnahmen zu Dritten oder Netzwerkpartnern werden verbindlich vereinbart und in der Folge realisiert. Inhalte dieses Prozesses können - sozialpädagogisch begleitet - sein: Angehörigengespräche , Familienseminare, explizite Vater - Kind - Seminare u.v.m. Frage 198: In welcher Form werden Therapie- und Unterstützungsangebote, insbesondere hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, evaluiert? Antwort: Die Therapie- und Unterstützungsangebote werden durch Untersuchungen des Kriminologischen Dienstes evaluiert. Der Fokus der Wirksamkeit liegt dabei auf der Legalbewährung des Strafgefangenen. Ob eine einzelne Maßnahme wirksam ist, lässt sich allerdings nur bedingt ermitteln, eher ist von der Wirksamkeit eines Maßnahmenbündels im Rahmen des Vollzugs zu sprechen. Der Behandlungsvollzug wirkt ganzheitlich. Frage 199: Inwiefern ist der Landesregierung Kritik an der medizinisch-therapeutischen Situation der Gefangenen bekannt geworden und wie ist die Landesregierung damit umgegangen beziehungsweise wie wird darauf reagiert? Antwort: Abgesehen von Äußerungen einzelner Gefangener im Rahmen von Beschwerden und Petitionen ist der Landesregierung keine Kritik an der medizinischtherapeutischen Situation der Gefangenen bekannt geworden. In den Fällen, in denen der ärztliche Fachberater bei Petitionen und Beschwerden beteiligt wurde, ist kein Verstoß gegen die ärztliche Heilkunst festgestellt worden. Frage 200: Gab es solche Kritik auch hinsichtlich der sozialbetreuerischen Situation in den Justizvollzugseinrichtun gen (zum Beispiel hinsichtlich bestimmter Kurs- und Veranstaltungsangebote ) und wie hat die Landesregierung darauf reagiert? Antwort: Diesbezüglich erfolgt keine statistische Erfassung, so dass eine detaillierte Darstellung nicht möglich ist. Festgestellt werden kann, dass in einzelnen Petitionen und Beschwerden Kritik an der sozialbetreuerischen Situation in den Justizvollzugseinrichtungen geäußert wurde . Seite 174 von 274 Vorgebracht wurde in diesem Zusammenhang beispielsweise, der Soziale Dienst sei nicht auskömmlich besetzt, Maßnahmen zur Entlassungsvorbereitung seien nicht ausreichend, der Soziale Dienst sei für Dritte schwer erreichbar. Säweit Kritik bekannt wurde, wurde dieser nachgegangen und geprüft, ob Anlass zur Einleitung weiterer Maßnahmen besteht. Frage 201: Inwiefern sieht die Landesregierung die Notwendigkeit für Änderungen hinsichtlich der medizinisch-therapeutischen Versorgung und sozialen Betreuung? Antwort: Medizinische und psychologische Versorgung Eine signifikante Verbesserung der Versorgung psychisch auffälliger bzw. erkrankter Gefangener, deren Zahl in den letzten Jahren erheblich angestiegen ist und voraussichtlich noch weiter ansteigen wird, wird von der Landesregierung für dringend erforderlich gehalten. Dies betriffi besonders die stationäre Unterbringung oder gleichwertige Alternativen. Soziale Betreuung Soziale Betreuung ist in angemessenem Umfang und guter Qualität vorhanden. Frage 202: Wie hat sich die Fallzahl der Suizidversuche und Selbstverletzun gen im Anfragezeitraum entwickelt (bitte nach Anstalt differenzieren)? Antwort: Suizidversuche werden statistisch erst seit dem Jahr 2015 erfasst, selbstschädigende Handlungen nicht. Suizidversuche JVA Gera JVA Goldlauter JVA Hohenleuben JVA Ton- na JVA Untermaßfeld JSA Am- stadt Gesamt 2015- - 1 1 3 - 5 2016- - - - 1 1 2 2017- 2 - 4 - - 6 2018 - - - 2 - 2 Frage 203: Was lässt sich zur Frage von Extremismus und Radikalisierung im Thüringer Strafvollzug , bezogen auf den Anfragezeitraum, berichten? Seite 175 von 274 Antwort: In den angesprochenen Problemfeldern hat es im Berichtszeitraum - soweit feststellbar - in den Thüringer Justizvollzugsanstalten keine besonderen Vorkommnisse gegeben. In Einzelfällen wurde ein extremistisch zu bewertendes Verhalten von Strafgefangenen bzw. eine von Mitarbeitern befürchtete extremistische Haltung festgestellt. Konkrete Fälle einer im Justizvollzug erfolgten Radikalisierung sind nicht bekannt. Der Thüringer Justizvollzug und der Thüringer Verfassungsschutz arbeiten im Bereich Extremismus und Radikalisierung seit vielen Jahren zusammen. Im Jahr 2009 vereinbarten das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz und das Thüringer Justizministerium eine „Sicherheitspartnerschaft" für den Justizvollzug. In diesem Rahmen fand in den letzten zehn Jahren ein regelmäßiger, behördenübergreifender Erkenntnisaustausch in Form von Arbeitstreffen zwischen den Verantwortlichen des für Justiz zuständigen Ministeriums, dem Kriminologischen Dienst und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes statt. Ein wichtiger Teil der Sicherheitspartnerschaft ist die Fortbildung der Bediensteten der Justizvollzugsanstalten zu aktuellen Entwicklungen in allen Phänomenbereichen des Extremismus. Sowohl in den einzelnen Anstalten, als auch zentral am Bildungszentrum Gotha wurden Veranstaltungen angeboten, in denen aktuelle Lagebilder zum Rechtsextremismus im Allgemeinen, aber auch speziellere Themen wie Bestrebungen von Neonazis und die Reichsbürgerszene behandelt wurden. Auch die zunehmend aktuelle Problematik des Islamismus fand Berücksichtigung. Am 5. November 2018 wurde in Erfurt ein gemeinsames Symposium von Verfassungsschutz und Justizvollzug zum Thema „Radikalisierung im Justizvollzug" ausgerichtet , an dem ca. 150 Personen teilnahmen. Das Programm beinhaltete u.a. folgende Vorträge: Extremismus im Thüringer Justizvollzug: ein aktuelles Lagebild Religiös und politisch motivierter Extremismus und Justizvollzug - Aspekte der Sicherheit und Prävention Entgrenzung des Rechtsextremismus: Aktuelle Entwicklungen Radikalisierungsverläufe im Rechtsextremismus. Der Kriminologische Dienst des Freistaats Thüringen hat im Jahr 2017 im Auftrag des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz eine Studie zur politischen Einstellung bei Strafgefangenen durchgeführt. Hintergrund war das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit", Progammbereich J: Prävention und Deradikalisierung in Strafvollzug und Bewährungshilfe, auf dessen Grundlage seit Mitte 2017 Modellprojekte in den Bundesländern gefördert werden. Im Ergebnis der Erhebung wurde festgeste!It, dass bei den befragten männlichen Gefangenen im Vergleich zur Thüringer Gesamtbevölkerung eine höhere Zustimmung zu rechtsextremistischen, antisemitischen , antiziganistischen und rassistischen Positionen zu verzeichnen ist. Die Frage nach einem Anstieg entsprechender Haltungen unter Gefangenen konnte die Studie mangels jährlicher Verg Ieichsstudien nicht beantworten. Seit 1. August 2017 wird im Thüringer Justizvollzug durch den Drudel 11 e.V. im Trägerverbund mit dem Violence Prevention Network e.V. das Modellprojekt „Zentrum Deradikalisierung im Thüringer Strafvollzug" umgesetzt, das im Rahmen des Seite 176 von 274 Bundesprogramms „Demokratie leben? Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit" zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und zu 10 Prozent durch das Thüringer Oberlandesgericht kofinanziert wird. Ziel des Modellprojekts ist die Entwicklung, Erprobung und Implementierung eines Systems zur Radikalisierungsprävention und Deradikalisierung im Strafvollzug und in der Bewährungshilfe in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus und islamistischer Extremismus. Hauptzielgruppe sind radikalisierte und radikalisierungsgefährdete Personen im Strafvollzug und in der Bewährungszeit, weitere Zielgruppen das Fachpersonal in der Justiz, insbesondere in den Justizvollzugsanstalten und der Bewährungshilfe, sowie die Angehörigen und das soziale Umfeld radikalisierter und radikalisierungsgefährdeter Personen. Die Umsetzung des Projekts ist ein längere Zeit in Anspruch nehmender Prozess. Bis Ende des Jahres 2018 wurden Module zu verschiedenen Formaten und Thematiken erstellt, eine Clearingstelle zur Koordinierung und Steuerung aller Maßnahmen aufgebaut und folgende Maßnahmen für die Zielgruppen realisiert: Einzelberatungen von acht Personen aus der Hauptzielgruppe im Phänomenbereich Rechtsextremismus Trainingsmaßnahme für sechs Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben zwei Workshops für Strafgefangene in der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben zum Phänomenbereich Rechtsextremismus elf Fortbildungsveranstaltungen in den Bereichen Rechtsextremismus und Islamismus für das Fachpersonal in der Justiz Coachings für sieben Fachkräfte aus der Bewährungshilfe. Zunächst wurde das Projekt in der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben implementiert und nachfolgend an der Ausweitung des Projekts auf die anderen Justizvollzugsanstalten gearbeitet. Die den Anfragezeitraum umfassende, aktuelle Förderperiode endet am 31. Dezember 2019. Den Themen Extremismus und Radikalisierung wurde für den Bereich des Strafvollzugs im Anfragezeitraum stets hohes Gewicht beigemessen. Sie wurden in den Dienstbesprechungen mit den Leiterinnen und Leitern der Thüringer Justizvollzugseinrichtungen und den Leitern der Verwaltungsabteilungen Sicherheit der Anstalten regelmäßig erörtert und bei den Maßnahmen für Gefangene und bei der Fortbildung der Bediensteten in diesem Sinne berücksichtigt. Frage 204: Wie hat sich die Anzahl der vorzeitigen Haftentlassungen entwickelt? Antwort: Die Anzahl der vorzeitigen Haftentlassungen für die einzelnen Jahre ist in der Anlage zu Frage 204 zu entnehmen. Seite 177 von 274 Frage 205: Wie viele Hafterleichterungen wurden ausgesprochen und inwiefern und aus welchen Gründen (Hauptkategorien benennen) mussten diese wieder zurückgenommen werden? Antwort: Eine Übersicht zu den gewährten Hafterleichterungen für die Jahre 2008-2018 ist der Anlage zu Frage 205 zu entnehmen. Hauptgründe für die Rücknahme oder den Widerruf von Vollzugsiockerungen waren : Verstöße gegen die im Einzelnen erteilten Auflagen und/oder Weisungen (z. B. Missachtung von Alkoholverbot), Missbrauch der Lockerung (z. B. zu neuen Straftaten, Nichtrückkehr aus Lockerung oder Urlaub), Bekanntwerden eines neuen anhängigen Strafverfahrens, Disziplinarverstöße Frage 206: Was lässt sich grundsätzlich zur Lockerungspraxis und deren Kriterien in Thüringen sagen? Wie stellt sich diese Lockerungspraxis nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Bundesländern dar? Antwort: Gemäß § 46 Abs. 1 und 2 ThürJVollzGB dürfen Lockerungen zur Erreichung des Vollzugsziels gewährt werden, wenn verantwortet werden kann, zu erproben, dass die Straf- und Jugendstrafgefangenen sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe nicht entziehen oder die Lockerungen nicht zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden. Jugendstrafgefangenen können sie versagt werden, wenn sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen. Bei bestimmten, in § 46 Abs. 3 ThürJVollzGB näher bezeichneten Straftaten, bedarf die Entscheidung, ob Lockerungen gewährt werden können, besonders gründlicher Prüfung. Nach § 47 ThürJVollzGB können Lockerungen auch aus wichtigem Anlass gewährt werden. Regelungen bezüglich Lockerungen zur Vorbereitung der Eingliederung finden sich in § 50 Abs. 3 und 4 ThürJVollzGB. Nach § 50 Abs. 4 ThürJVollzGB sind in einem Zeitraum von sechs Monaten vor der voraussichtlichen Entlassung den Straf- und Jugendstrafgefangenen die zur Vorbereitung der Eingliederung erforderlichen Lockerungen zu gewähren , sofern nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sie sich dem Vollzug der Freiheits- oder Jugendstrafe entziehen oder die Lockerungen zur Begehung von Straftaten missbrauchen werden. Vor Inkrafttreten des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs bestimmte sich die Gewährung von Lockerungen des Vollzugs nach § 11 Strafvollzugsgesetz bzw. § 15 Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz und die Gewährung von Urlaub aus der Haft nach § 13 Strafvollzugsgesetz bzw. § 16 Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz. Das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch enthält keine Regelung zu Urlaub aus der Haft; an die Stelle des Urlaubs ist begrifflich der Langzeitausgang getreten. Seite 178 von 274 Die Lockerungsquote in Thüringen stellt sich im Vergleich zu der für die neuen Bundesländer (ohne Berlin) ermittelten Lockerungsquote wie folgt dar: Jahr gewährte Voll- Jahresdurch- Lockerungs- Lockerungsquozugslockerun - schnittsbele- quote* Thürin- te* neue Bundesgen in Thürin- gung in Thürin- gen länder (ohne Bergen in absolu- gen Im) ten Zahlen 2008 8802 1933 4,55 4,11 2009 9028 1824 4,95 5,29 2010 9607 1783 5,39 5,49 2011 8979 1762 5,10 5,80 2012 9104 1754 5,19 6,24 2013 8001 1774 4,51 6,28 2014 9075 1684 5,39 5,81 2015 9959 1613 6,17 6,54 2016 8690 1586 5,48 6,22 2017 7412 1540 4,81 7,21 durchschnittliche Lockerungs- 5,15 5,90 quote 2008 bis 2017 *Lockerungsquote = Gesamtanzahl der gewahren Lockerungen des Vollzugs und Urlaub aus der Haft zur Jahresdurchschnittsbelegung Für das Jahr 2018 konnte keine Berechnung erfolgen, weil die maßgeblichen Zahlen zur Jahresdurchschnittsbelegung vom Bundesamt für Justiz noch nicht vorliegen . Von Relevanz ist auch die Betrachtung des Anteils der gelockerten Gefangenen an der Gesamtanzahl der in einem Jahr Inhaftierten. Hierzu wird für Thüringen auf die folgende Tabelle verwiesen: Änzahl derg- - Anteil der gelockerten (beurlaub- Jahr Gefangenenzahl lockerten (beur- ten) Gefangenen an der Gefan- gesamt laubten) Gefan- genenzahl __________ - genen 2010 478 610 13,6% 2011 4596 600 13,1 % 2012 4662 628 13,5% Seite 179 von 274 2013 4948 691 14,0 % 2014 4757 628 13,2% 2015 4613 684 14,8% 2016 4785 642 13,4% 2017 5611 546 9,7% 2018 5244 420 8,0% Gesamt 43694 5449 12,5% Mittelwert (2010— 2018) 4855 605 12,5% Für die Jahre 2008 und 2009 konnte mangels vollständiger elektronischer Daten keine Berechnung vorgenommen werden. Die Lockerungspraxis im Thüringer Justizvollzug kann allgemein als eher zurückhaltend beschrieben werden. Das Gros der gewährten Lockerungen verläuft erfolgreich . Frage 207: Welche Gründe können für diese Entwicklungen im Bereich der Locke rungspraxis und des offenen Vollzugs benannt werden (zum Beispiel hinsichtlich der Entscheidungspraxis der Gerichte)? Antwort: Im Betrachtungszeitraum 2008 bis 2017 liegt die Lockerungsquote für Thüringen zwischen 4,51 im Jahr 2013 und 6,17 im Jahr 2015. Eine relevante Entwicklung bezüglich der Lockerungen ist derzeit nicht zu erkennen. Den Rückgang des Anteils von gelockerten Gefangenen von 2016 zu 2017 und 2018 behält die Landesregierung im Blick. Einer etwaigen Entwicklung in diese Richtung wird durch eine Untersuchung nachzugehen sein. Die Unterbringung im offenen Vollzug soll bei Strafgefangenen erfolgen, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, namentlich nicht zu befürchten ist, dass sie sich dem Vollzug entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs zur Begehung von Straftaten missbraucht werden, § 22 Abs. 2 ThürJVollzGB. Die Jugendstrafgefangenen sollen gemäß § 22 Abs. 3 ThürJVollzGB im offenen Vollzug untergebracht werden, wenn sie dessen besonderen Anforderungen genügen, insbesondere verantwortet werden kann, zu erproben, dass sie sich dem Vollzug nicht entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzugs nicht zur Begehung von Straftaten missbraucht werden. Gemäß § 22 Abs. 4 ThürJVollzGB ist auch hier bei bestimmten, näher bezeichneten Straftaten, eine besonders gründliche Prüfung angezeigt. Seite 180 von 274 Vor Inkrafttreten des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch fanden sich die Regelungen zur Unterbringung im offenen oder geschlossenen Vollzug in § 10 Strafvollzugsgesetz und § 13 Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetz. Die Anzahl und der Anteil der im offenen Vollzug untergebrachten Gefangenen am Stichtag 31. März des jeweiligen Jahres ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen : Jahr Anzahl der Gefangenen im offenen Vollzug Stichtagsbelegung* Anteil der Gefangenen im offenen Vollzug 2008 86 1810 4,75% 2009 69 1746 3,95% 2010 70 1655 4,23% 2011 73 1625 4,49% 2012 38 1619 2,35% 2013 38 1603 2,37% 2014 82 1569 5,23% 2015 80 1537 5,20% 2016 75 1411 5,32% 2017 43 1379 3,12% 2018 20 1295 1,54% 2019 1 49 1314 3,73% Gesamtbelegung am Stichtag 31. März inklusive abwesender Gefangener, ohne Arrestanten und Untersuchungsgefangene Der Anteil der Gefangenen im offenen Vollzug zum Stichtag 31. März schwankt im Zeitraum 2008 bis 2017 zwischen 2,35 Prozent (2012) und 5,32 Prozent (2016). Im Jahr 2018 ist mit 1,54 Prozent ein Einbruch zu verzeichnen. Bereits im Jahr 2019 liegt der Anteil der Gefangenen im offenen Vollzug mit 3,73 Prozent wieder in der bisherigen Bandbreite. Die Anzahl der Gefangenen im offenen Vollzug ist insgesamt niedrig. Frage 208: Wie sehen die Auslastungszahlen für die Plätze im offenen Vollzug aus? Antwort: Die Belegung der Plätze im offenen Vollzug zum Stichtag, jeweils 31.03. unterteilt nach Jahr und Justizvollzugsanstalt stellt sich wie folgt dar: Seite 181 von 274 JVAOoldIeutui Jahr JVAHu%iei,leut,en JVATanna JvAUhtOrhiS6töld JSA ichtershausen/knsjd q8samt Hafiplälze Belegung Hafiplätze Belegung Haftpiätze Haftplälze Belegung Haflplälze Belegung H?ftpItze Belegung 2008 22 17 25 20 60 15 15 13 5 135 86 2009 22 13 25 22 60 rr 15 6 13 2 135 69 2010 22 17 25 12 60 15 4 13 5 135 70 2011 22 14 25 14 60 39 12 3 13 3 132 73 2012 22 7 25 9 60 14 12 5 13 3 132 38 2013 22 7 25 4 60 21 12 6 13 0 132 38 2014 22 17 25 9 60 41 12 10 13 5 132 82 2015 22 10 25 16 60 38 12 10 20 6 139 80 2016 20 8 25 15 60 30 12 16 20 12 137 75 2017 20 1 25 14 60 19 12 5 20 4 137 43 2018 20 0 30 7 60 11 12 1 20 1 142 20 Quele: rhO,i,er .UstizvoIg Frage 209: Wie stellt beziehungsweise stellte sich die Arbeits- und Beschäftigungssituation für Gefangene im offenen Vollzug dar? Antwort: Im offenen Vollzug untergebrachte, als Freigänger gelockerte Gefangene sollen möglichst einem freien Beschäftigungsverhältnis nachgehen. Sofern ein Gefangener noch kein freies Beschäftigungsverhältnis eingegangen ist, ein bestehendes beendet wurde oder der Gefangene noch keinen Freigängerstatus besitzt, sollte ihn die Vollzugseinrichtung außerhalb des geschlossenen Vollzugsbereiches zur Arbeit einsetzen oder im Bedarfsfall einer im offenen Vollzugsbereich eingerichteten Bildungsmaßnahme zuweisen. Eine Untätigkeit von Freigängern soll vermieden werden, um einen möglichen Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld 1 nicht schon während der Haftzeit aufzubrauchen. Jede Justizvollzugseinrichtung mit offener Vollzugsabteilung hatte unc1 hat eigene Arbeitsmöglichkeiten für im offenen Vollzug untergebrachte Gefangene (z.B. Außenanlagenpflege , Hausarbeitertätigkeiten im offenen Vollzug). Daneben gibt es in den Justizvollzugsanstalten Goldlauter und Untermaßfeld berufliche Qualifizierungsmöglichkeiten im Garten- und Landschaftsbau. Bei der Auswertung der vollzuglichen Beschäftigungssituation wurde bislang nur zwischen männlichen und weiblichen Gefangenen, aber nicht zwischen geschlossenem und offenem Vollzug unterschieden. Die Beschäftigungsstatistik (siehe Anlagen 1 bis 11 zu Frage 168) bildet lediglich über die Erfassungsarten "in Unternehmerbetrieben außerhalb der Anstalt" (Ziffer 2.2.2), "im freien Beschäftigungsverhältnis bei privaten Unternehmen" (Ziffer 2.2.7) sowie Seite 182 von 274 "im freien Beschäftigungsverhältnis in Aus- und Weiterbildung" (Ziffer 2.2.8) die im offenen Vollzug untergebrachten beschäftigten Gefangenen allein ab. Dagegen bilden die Erfassungsarten "Eigenbetriebe" (Ziffer 2.2.1) und "Tätigkeiten für die Vollzugsanstalt" (Ziffer 2.2.3) die Summe der beschäftigten Gefangenen ohne Berücksichtigung ihrer Unterbringungsart (offener/geschlossener Vollzug) ab. Aufgrund der bestehenden statistischen Konstellation ist eine Auswertung für im offenen Vollzug untergebrachte beschäftigte Gefangene für die männliche Klientel lediglich eingeschränkt (siehe Anlagen 1, 2, 4, 6, 7, 8 und 10 zu Frage 168) und nur für die in Thüringen allein im offenen Vollzug der JVA Tonna (davor JVA Untermaßfeld ) inhaftierte weibliche Klientel umfassend darstellbar (siehe Anlagen 9 und 11 zu Frage 168). Frage 210: Welche Bedeutung/Funktion hat der offene Vollzug für die Erfüllung des Vollzugsziels (Resozialisierung)? Gibt es auch im Hinblick auf diese Funktion speziell ausgestaltete Unterstützungs- und Betreuungsangebote für Gefangene im offenen Vollzug ? Antwort: Die in § 22 ThürJVollzGB geregelte Unterbringung im offenen Vollzug ist ein Instrument des Behandlungsvollzugs, mit dem die Wiedereingliederung des Gefangenen in die Gesellschaft angestrebt wird. Mit dem offenen Vollzug wird dem Gefangenen ein Übungsfeld sozialen Verhaltens zur Verfügung gestellt, um ihn zu Selbständigkeit , Eigenverantwortung und Aktivität zu befähigen. Daher ist das Leben im offenen Vollzug im Wesentlichen den allgemeinen Lebensverhältnissen in Freiheit angeglichen. Durch die Möglichkeit, tagsüber regelmäßig am freien Leben teilnehmen zu können, kann der Gefangene alle Unterstützungsund Betreuungsangebote, die auch dem Bürger in Freiheit zugänglich sind, nutzen. Im Wege der Entlassungsvorbereitung (vgl. § 50 ThürJVollzGB) werden die im offenen Vollzug untergebrachten Gefangenen durch ein Übergangsmanagement (PÜMaS) betreut und unterstützt. Frage 211: Was unternimmt die Landesregierung zum Ausbau des offenen Vollzugs gegenüber dem geschlossenen Vollzug? Antwort: Der geplante Neubau einer JVA in Zwickau wird für Thüringen über mehr Plätze im offenen Vollzug verfügen als derzeit in der JVA Hohenleuben zur Verfügung stehen. Seite 183 von 274 Im Übrigen ist die Frage der Belegung der vorhandenen Kapazitäten im offenen Vollzug mehrfach Gegenstand von Dienstbesprechungen gewesen. Derzeit werden Möglichkeiten geprüft, den offenen Vollzug stärker zu nutzen. e) Prävention Frage 212: Welche Maßnahmen, Projekte und Ähnliches gibt es, um einen Aufenthalt von Betroffenen im Justizvollzug abzuwenden? Von welchen Institutionen oder Stellen werden diese Maßnahmen oder Projekte angeboten? Frage 213: Welche Inhalte und Zielstellun gen haben diese Angebote und wie werden diese angenommen? Antwort auf die Fragen 212 und 213: Die Fragen 212 und 213 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Im Anfragezeitraum wurden durch das Thüringer Oberlandesgericht verschiedene Vereine gefördert, die mit ihren Projekten zur Vermeidung oder Verkürzung von Ersatzfreiheitsstrafen beigetragen haben. Es handelt sich hierbei um Projekte zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen bzw. zur Vermittlung in gemeinnützige Arbeit. Die detaillierten Angaben zu den betreffenden Vereinen und der jeweiligen Förderung können der Anlage zu Frage 212 entnommen werden. Soweit dort für den jeweiligen Verein in bestimmten Jahren keine Summe eingetragen ist, fand keine Förderung statt. Daneben erfolgt die Vermittlung in gemeinnützige Arbeit zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen auch im Wege der Gerichtshilfe durch die Sozialen Dienste in der Justiz bei dem Thüringer Oberlandesgericht. Es besteht auch die Möglichkeit, bereits angetretene Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit während der Inhaftierung zu verkürzen. Die Anzahl der durch gemeinnützige Arbeit abgewendeten Hafttage für die Geschäftsbereiche der Thüringer Staatsanwaltschaften (vor Inhaftierung) und der Thüringer Justizvollzugsanstalten (nach Inhaftierung) ergibt sich aus der folgenden Tabelle . Anzahl der durch gemeinnützige Arbeit abgewendeten Hafttage Jahr Staatsanwaltschaften Justizvollzugsanstalten 2008 71.391 1.569 2009 54.019 2.606 2010 47.685 3.191 2011 42.667 2.026 2012 37.692 2.114 2013 36.461 3.106 Seite 184 von 274 2014 27.413 3.965 2015 25.506 4.241 2016 40.371 5.020 2017 30.614 4.863 2018 30.245 5.060 Frage 214: Wie stellt sich die finanzielle Situation solcher im Bereich der Prävention tätigen Unterstützungsprojekte und -organisationen dar? Frage 215: Wie hat sich die (finanzielle) Unterstützung des Landes entwickelt und welche Gründe liegen hierfür vor? Inwiefern gibt es hier schon Planungen für die nächsten drei Jahre? Antwort auf die Fragen 214 und 215: Wegen des engen Sachzusammenhangs werden die Fragen 214 und 215 gemeinsam beantwortet. Die Höhe der jeweiligen Förderung ergibt sich aus der in der Antwort zu Fragen 212 und 213 beigefügten Tabelle. Die finanzielle Situation der Projekte war zu Beginn des Abfragezeitraums durch eine nicht auskömmliche Förderung geprägt. Die Gründe hierfür lagen in der zunächst relativ geringen Höhe des Haushaltsansatzes und einem für viele Vereine zu hohen Eigenanteil an den Projektkosten . Diesen Umständen wurde durch eine schrittweise Erhöhung des Haushaltsansatzes (siehe unten) und die Festlegung der Förderung in Höhe von bis zu 90% der Personal- und Sachkosten (vgl. die Richtlinien des TMMJV für die Förderung nichtinvestiver sozialer Maßnahmen in der Straffälligenhilfe vom 14. November 2016, JMBI 2017, S. 4ff.) begegnet. Die Förderung der Projekte erfolgte von 2008 bis 2012 aus Kapitel 0505 Titel 68606 und erfölgt seit 2013 aus Kapitel 0504 Titel 68606 des Landeshaushaltsplans. Zu den Haushaltsansätzen können für den Berichtszeitraum folgende Angaben gemacht werden: Jahr Haushaltsansatz in EUR 2008 350.000,00 2009 350.000,00 2010 400.000,00 2011 400.000,00 2012 400.000,00 2013 320.000,00 2014 320.000,00 2015 500.000,00 2016 500.000,00 2017 500.000,00 Seite 185 von 274 Jahr Haushaltsansatz in EUR 2018 750.000,00 Der Ansatz für die Jahre 2019 und 2020 liegt bei 750.000,00 EUR. Über die erforderliche Höhe der Ansätze für die Folgejahre ist bei der Aufstellung der jeweiligen Haushaltspläne zu entscheiden. Frage 216: Wie stellt sich die Situation der Bewährungshilfe - insbesondere personell und finanziell - in Thüringen dar? Inwiefern hat die Anordnungspraxis der Gerichte bei Bewährung/Bewährungsauflagen Auswirkungen? Antwort: Zur personellen Situation und zur Fallbelastung bei den Sozialen Diensten in der Justiz können für den Berichtszeitraum folgende Angaben gemacht werden (Stichtag ist der 31. Dezember des jeweiligen Jahres): Jahr Anzahl Bewährungs - helfer Anzahl unterstellte Probanden Anzahl Bewährungsunterstellun - gen Anzahl Führungsaufsichtsunter - stellungen durchschnittliche Fallbelastung je Bewährungshelfer 2008 1 62 5237 5489 550 90,1 2009 63 5306 5508 642 88,4 2010 63 5110 5353 726 85,4 2011 63 5145 5130 821 90,5 2012 63 5603 6062 969 103,7 2013 66 5614 6154 1030 95,4 2014 66 5481 5958 1117 99,4 2015 67 5370 5810 1188 94,3 2016 66 5192 5503 1221 90,4 2017 66 5099 5389 1247 87,5 2018 66 5060 5460 1194 85,8 Die Anzahl der Bewährungsunterstellungen ist im Berichtszeitraum relativ konstant geblieben, während sich die Zahl der Führungsaufsichtsunterstellungen erheblich erhöht hat. Gründe für diese Erhöhung dürften u. a. die seit 2007 geltende Erweiterung des Anwendungsbereichs für die Führungsaufsicht bei Nichtaussetzung des Strafrests (§ 68f Abs. 1 StGB) und die seit dem genannten Jahr bestehende Möglichkeit einer unbefristeten Verlängerung der Führungsaufsicht nach § 68c Abs. 3 StGB sein. Die durchschnittliche Fallbelastung je Bewährungshelfer errechnet sich nach dem „Magdeburger Schlüssel', der verschiedene Aufgaben und auch weitere einem Bewährungshelfer ggf. zugewiesene Aufgaben der Gerichtshilfe unterschiedlich gewichtet. Seite 186 von 274 Frage 217: Welche (anderen) Unterstützungsangebote gibt es nach der Zeit der Entlassung und wie werden diese angenommen? Antwort: Therapeutische Ambulanz Als anderes Unterstützungsangebot (neben der Betreuung durch die Bewährungshilfe ) ist die Therapeutische Ambulanz in Erfurt zu nennen. Hier können die durch die Gerichte ausgesprochenen Therapieweisungen im Rahmen der Führungsaufsicht oder nach Reststrafenaussetzungen zur Bewährung umgesetzt werden. Professionelles Übergangsmanagement für Inhaftierte und Haftentlasse in Thüringen (PÜMaS) Seit 2016 wurde zunächst über ein Pilotprojekt ein Professionelles Übergangsmanagement für Inhaftierte und Haftentlassene eingeführt. Dieses umfasst sämtliche relevante Bereiche im Rahmen der Eingliederung mit einer Priorisierung der Sicherung bzw. Beschaffung von geeignetem Wohnraum. Ab dem Jahr 2018 wurde das sehr gut nachgefragte Projekt auf ganz Thüringen ausgedehnt. Vom Übergangs- und Nachsorgeangebot PÜMaS haben 2016- 2018 Gebrauch gemacht: PÜMaS Jahr Teilnehmer*Innen Anmerkungen Nachsorge nur im Großraum Erfurt und in der Region Ostthüringen, Betrieb 201612017 174 von 2 PÜMaS-Büros in Erfurt und Gera, 4 Übergangsmanager*innen, Betreuungszeitraum bis 12 Monate Anbieter sind gemeinnützige Körperschaften (Horizont eV., Berufsfortbildungswerk bfw, Grone gGmbH), Auftrag umfasst auch soziale 2018 279 Kornpetenztrainings gern. § 15 ThürJVollzGB, Nachsorge in ganz Thüringen, Betreuungszeitraurn bis 12 Monate, Betrieb von 4 Büros in Nordhausen, Gera, Suhl und Erfurt, 8 Übergangsrnanager*innen Aus- und Weiterbilduna (z. B. durch Unterstützung des Bildunasträgers) Die Bildungsträger, die bereits während der Haft mit Bildungsmaßnahmen im Rahmen des Projektes "B. 1 .S.S." (Berufsbildung und (Re-)l ntegration Strafgefangener und Strafentlassener) tätig werden, bieten auch nach der Haft weitere Hilfe an und beraten und begleiten Personen nach der Haftentlassung bis zu sechs Monate, insbesondere auf ihrem Weg in den ersten Arbeitsmarkt, weiter. Angebote von freien Trägern (Vereine der Straffälligenhilfe) Die Vereine der Freien Straffälligenhilfe bieten aus der Haft entlassenen Personen insbesondere Unterstützung bei Problemen des Alltags (z. B. Schuldnerberatung, Sozialberatung) sowie Unterstützung und Beratung der Angehörigen. Die Vereine der freiwilligen Straffälligenhilfe erhalten für ihre Projekte jährliche Zuwendungen durch das Oberlandesgericht. Seite 187 von 274 Bewährungshilfe, Führungsaufsicht Gefangene, deren Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde und für die eine Unterstellung zur Bewährungshilfe vorliegt, werden von den Sozialarbeiter*innen der Sozialen Dienste in der Justiz betreut. Dies gilt auch für Gefangene, bei denen die Maßregel der Führungsaufsicht angeordnet wurde. Frage 218: Inwiefern richten sich solche Unterstützungsangebote auch an Angehörige ehemaliger Gefangener? Antwort: Das Professionelle Übergangsmanagement für Inhaftierte und Haftentlassene in Thüringen (PÜMaS) verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und umfasst somit auch die Angehörigenarbeit. Angehörige sind häufig wichtige Multiplikatoren für die Erreichung des Vollzugsziels und damit der sozialen Wiedereingliederung. Sie werden daher auf Wunsch und bei Bedarf aktiv in den Betreuungsprozess einbezogen. Für die geförderten Vereine der Freien Straffälligenhilfe gilt bezogen auf die Ganzheitlichkeit dasselbe. Als Beispiel sei der Verein „Bewährungs- und Straffälligenhilfe Thüringen e.V." herausgegriffen, dessen Schuldnerberatung als durchgehendes sozialarbeiterisches Angebot angelegt ist. Es bezieht sich auf die Zeit vor einem Haftaufenthalt, in Haft und nach der Entlassung und umfasst die gesamte Familie. Familienangehörige von Inhaftierten haben nicht selten mit der Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Situation zu kämpfen. Eingehende Zahlungsverbindlichkeiten können nicht mehr beglichen werden und führen so nicht nur zu einer (weiteren) ökonomischen, sondern auch psychosozialen Destabilisierung der Familie . Das Unterstützungs- und Beratungsangebot richtet sich daher an alle Beteiligten . Die Schuldnerberater des Vereins sind ausgebildete Sozialarbeiter. Bei dem in der Antwort zu Frage 217 genannten Angebot (Therapeutische Ambulanz ) besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit einer Beratung von Angehörigen ehemaliger Gefangener. Frage 219: Wie stellt sich die finanzielle Situation von im Bereich der Nachsorge tätigen Unterstützungsprojekten und -organisationen im Anfragezeitraum dar? Frage 220: Inwiefern lassen sich Prognosen über den zukünftigen Bedarf an solchen Unterstützungsangeboten treffen? Frage 221: Wie hat sich die Unterstützung des Landes entwickelt? Welche Gründe können hierfür benannt werden? Inwiefern gibt es hier schon Planungen für die nächsten drei Jahre? Seite 188 von 274 Antwort auf die Fragen 219 bis 221: Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 219, 220 und 221 gemeinsam beantwortet. Die Therapeutische Ambulanz hat ihre Arbeit im zweiten Halbjahr 2014 aufgenommen. Sie wird seit dem Jahr 2014 durch das Thüringer Oberlandesgericht aus Kapitel 0504 Titel 67101 des Landeshaushaltsplans gefördert. Im Hinblick auf die Erledigung gesetzlich vorgeschriebener Aufgaben erfolgt eine Vollförderung . Zu den Haushaltsansätzen, den konkreten Fördersummen und der Zahl der behandelten Personen können folgende Angaben gemacht werden: Haushaltsansatz in Höhe der Förde- Anzahl der be- Jahr EUR rung in EUR handelten Pro- banden 2014 250.000,00 90.961,80 6 2015 300.000,00 253.413,37 54 2016 300.000,00 300.000,00 62 2017 300.000,00 300.000,00 61 2018 350.000,00 340.395,93 134 Der Haushaltsansatz für die Jahre 2019 und 2020 liegt bei jeweils 350.000,00 EUR. Über die erforderliche Höhe der Ansätze für die Folgejahre ist bei der Aufstellung der jeweiligen Haushaltspläne zu entscheiden. Frage 222: In wie vielen Fällen haben Bedienstete von der Möglichkeit der nachgehenden Betreuung entlassener Straf- und Jugendstrafgefangener gemäß § 52 ThürJVollzGB Gebrauch gemacht (bitte nach Jahren und Anstalt unterteilen)? Antwort: Solche Daten werden nicht statistisch erfasst. Erfahrungsgemäß handelt es sich um wenige Fälle. Eine solche Betreuung scheitert u.a. häufig an der fehlenden Bereitschaft der Gefangenen. Frage 223: In wie vielen Fällen haben Straf- und Jugendstrafgefangene von der Möglichkeit des Verbleibs oder der Wiederaufnahme in die Anstalt gemäß § 53 ThürJVollzGB Gebrauch gemacht (bitte nach Jahren, Anstalt und Dauer der Unterbringung aufteilen)? Antwort: Im Thüringer Justizvollzug haben in dem Zeitraum vom 01 .Januar 2008 bis 31. Dezember 2018 Gefangene die Möglichkeit des Verbleibs bzw. der Wiederaufnahme in der Anstalt wie folgt in Anspruch genommen: JVA 2008. 2013 2014 2015 2016 2017 2018 bis 2012 Seite 189 von 274 Hohenleuben 0 0 0 1 0 0 0 Tonna 0 0 0 0 0 0 0 Arnstadt/Ichtershausen 0 2 0 5 2 0 7 Goldlauter 0 0 0 0 0 0 0 Untermaßfeld 0 0 0 11 0 0 0 Gera bis 2017 0 0 0 0 0 0 / Frage 224: Wie hat sich die Rückfallquote im Strafvollzug, Jugendstrafvollzug und Jugendarrest bei Thüringer Inhaftierten seit dem Jahr 2008 entwickelt? Antwort: Der Kriminologische Dienst des Freistaats Thüringen hat Ende 2018 die Rückfälligkeit anhand der Re-Inhaftierung in Thüringen untersucht. Dabei werden diejenigen Gefangenen als rückfällig klassifiziert, die nach der Entlassung aus dem Thüringer Strafvollzug in irgendeiner Form in diesen zurückgekehrt sind. Anhand der vorliegenden Daten konnte noch keine Unterscheidung bezüglich des Grundes der Re- Inhaftierung (Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe, Erzwingungshaft etc.) erfolgen. Betrachtet wurden die Entlassungsjahrgänge 2012 bis 2015. Die Re-lnhaftierungsquoten in den Jahren nach der Entlassung stellen sich für den Erwachsenenvollzug wie folgt dar: Entlassungs- 1. Jahr jahrgang 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 2012 9,28% 21,17% 28,30% 33,46% 2013 9,52% 20,36% 28,05% 33,04% 2014 8,96% 21,16% 29,43% - 2015 10,61% 22,54% - - Für den Jugendstrafvollzug ergeben sich folgende Re-lnhaftierungsquoten: Entlassungs- 1. Jahr jahrgang 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 2012 12,3% 34,0% 47,5% 51,9% 2013 12,1% 32,1% 40,0% 47,9% 2014 14,4% 33,1% 43,4% - 2015 8,2% 21,6% - - Den gesamten Vollzug bildet folgende Übersicht ab: Entlassungs- 1. Jahr jahrgang 2. Jahr 3. Jahr 4. Jahr 2012 9,5% 22,1% 29,7% 34,8% Seite 190 von 274 2013 9,7% 21,2% 128,9% 134,1% 2014 9,3% 21,9% 130,3% 1 - 2015 10,5% 22,5% - 1 - Für die Entlassungsjahrgänge 2016 bis 2018 konnten im Rahmen der Untersuchung mangels eines aussagekräftigen Beobachtungszeitraums nach der Entlassung noch keine Auswertungen erfolgen. Die Rückfälligkeit nach der Entlassung aus dem Jugendstrafvollzug im Zeitraum von 2005 bis 2009 war Gegenstand einer Untersuchung des Kriminologischen Dienstes aus dem Jahr 2012. Hier wurde die Rückfälligkeit auf der Grundlage von Auszügen aus dem Bundeszentrairegister mit Abf ragezeitpunkt Anfang 2011, nicht anhand der Re-Inhaftierung in Thüringen untersucht, so dass die Ergebnisse dieser und der Untersuchung aus dem Jahr 2018 nur eingeschränkt vergleichbar sind. Für die in den Berichtszeitraum fallenden Entlassungsjahrgänge 2008 und 2009 stellen sich die Ergebnisse wie folgt dar: Art der Rückfälligkeit jedweder Verfahren Geldstrafe Freiheitsstrafe! Eintrag mit Folge Jugendstrafe Entlassungsjahrgang 35,3% 34,1% 14,1% 26,5% 2008 Entlassungsjahrgang 31,6% 28,7% 12,6% 17,2% 2009 Zu beachten ist dabei, dass die Abfrage für den Entlassungsjahrgang 2009 noch nicht einmal einen Beobachtungszeitraum von zwei Jahren erfasste. Für den Jugendarrest gibt es keine den Berichtszeitraum umfassende Untersuchung zur Rückfälligkeit. Frage 225: Wie stellt sich diese Quote für unterschiedliche Delikts gruppen, wie zum Beispiel Kapitalverbrechen, Gewaltdelikte, Eigentumsdelikte, dar? Antwort: Der Kriminologische Dienst des Freistaats Thüringen hat erstmalig für den Entlassungsjahrgang 2015 die Re-Inhaftierung der Entlassenen differenziert nach den der vollstreckten Strafe zugrundeliegenden Deliktarten untersucht. Dabei wurde die Re- Inhaftierung bis zum 31. Dezember 2017 betrachtet. Für die einzelnen untersuchten Deliktarten ergibt sich folgendes Bild: Deliktart der volistreckten Strafe Anzahl der Entlassenen Re-Inhaftierung in Prozent Betaubungsmitteldelikt 304 29 61% Sexualdelikt 40 7,50% Seite 191 von 274 Eigentumsdelikt 458 31 ‚22% Betrugsdelikt 353 28,90% Gewaltdelikt -- 274 22,26% Eine höhere Re-lnhaftierungsquote im Entlassungsjahrgang 2015 findet sich demnach bei Straftätern, die wegen Eigentums-, Betäubungsmittel- und Betrugsdelikten verurteilt wurden. Personen mit einem Sexualdelikt weisen bei den betrachteten Deliktarten die niedrigste, Personen, die ein Eigentumsdelikt begangen haben, die höchste Re-Inhaftierungsquote auf. Frage 226: Welche Ursachen lassen sich für diese Rückfallquote benennen? Antwort: Derzeit lässt sich keine signifikante Veränderung der Re-lnhaftierungsquote sowohl für den Jugend- als auch für den Erwachsenenstrafvollzug in Thüringen feststellen. Eine statistisch relevante Entwicklung über die betrachtete Zeit liegt nicht vor. Die Re-1 nhaftierungsquote liegt im Jugendstrafvollzug für die Entlassungsjahrgänge 2012 bis 2014 erwartungsgemäß höher als im Erwachsenenstrafvollzug. Bei Jugendlichen und Heranwachsenden besteht nach kriminologischen Erkenntnissen ein höheres Risiko einer erneuten Straffälligkeit als bei Erwachsenen. Eine Abweichung ergibt sich für den Entlassungsjahrgang 2015. Dieser Jahrgang weicht allerdings auch bezüglich der Anzahl der aus dem Jugendstrafvollzug Entlassenen erheblich von den vorhergehenden Jahrgängen ab. Die Anzahl der im Jahr 2015 Entlassenen (97 Gefangene) entspricht etwa zwei Dritteln der im Jahr 2014 Entlassenen (139 Gefangene). Frage 227: In wie vielen Fällen wurde die Aussetzung zur Bewährung widerrufen? Wie sind etwaige signifikante Änderungen der Widerrufszahlen zu bewerten? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Frage 228: Wie bewertet die Landesregierung das Angebot an dem Vollzug nachgelagerter Unterstützungsmöglichkeiten zur Senkung der Rückfallquote? Antwort: Die bereits vorhandenen Angebote (Bewährungshilfe, Projekt BISS u.a.) an dem Vollzug nachgelagerten Unterstützungsmöglichkeiten sind in den letzten Jahren ausgebaut worden (Projekt PÜMaS) und werden positiv bewertet. Seite 192 von 274 Frage 229: Welche finanziellen Unterstützungsleistungen hat die Landesregierung für die nächsten drei Jahre ins Auge gefasst? Antwort: Die Landesregierung wird zur Verringerung des Rückfallrisikos auch im nächsten Jahr weiterhin nicht nur Entlassungsbeihilfen nach § 51 Abs. 4 bzw. § 54 Abs. 3 ThürJVollzGB leisten, sondern darüber hinaus die Tätigkeit der Einrichtungen der Straffälligen- und Bewährungshilfe sowie der Schuldner- und Suchtberatungsstellen finanziell unterstützen. Das gilt in gleicher Weise für die Einrichtungen des Betreuten Wohnens. Für die Zeit nach 2020 kann derzeit noch keine konkrete Aussage getroffen werden. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 212 und 217 verwiesen; ergänzend wird auf die Antworten zu den Fragen 214, 215, 219-221 Bezug genommen. f) Situation der Bediensteten Frage 230: Wie stellt sich die Personalsituation im Justizvollzug dar, auch hinsichtlich der Personalstruktur (bitte aufschlüsseln nach Stellenstruktur [zum Beispiel Leitungsstellen I, Altersstruktur, Geschlechterv'erteilung, unbesetzten Stellen, Ausbildung, Beförderungsstruktur , Erfüllung der Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten)? Antwort: Stellenstruktur Im Hinblick auf die Stellenstruktur wird auf den im Kapitel 0505 unter Titel 422 01 ausgebrachten Stellenplan und die bei Titel 428 01 ausgebrachten Stellenübersicht verwiesen. Im Rahmen der veranschlagten Planstellen sind in jeder Justizvollzugsanstalt bzw. der Jugendstrafanstalt Arnstadt eine Leitungsfunktion sowie eine Stellvertreterfunktion vorgesehen. In der Justizvollzugsanstalt Tonna und Hohenleuben sowie der Jugendstrafanstalt Arnstadt ist zudem ein juristischer Mitarbeiter vorgesehen. Altersstruktu r Der Altersdurchschnitt liegt aktuell (Stichtag: 31 .05.2019) bei 47,18 Jahren. Zudem ist die Anzahl der voraussichtlichen Abgänge aufgrund von Ruhestand der folgenden Tabelle zu entnehmen: Jahr Anzahl der Abgänge 2019 17 2020 15 2021 19 2022 24 2023 27 Seite 193 von 274 2024 25 2025 31 Geschlechterverteilung Die Geschlechterverteilung zum Stichtag 31.05.2019 ist der folgenden Tabelle zu entnehmen: Dienstgruppe Frauen Männer Gesamt Mittlerer Dienst 199 615 814 Gehobener Dienst 45 46 91 Höherer Dienst 25 15 40 Gesamt 269 676 945 unbesetzte Stellen Entsprechend der Gesamtzahl der Bediensteten von 945 und der gemäß Haushaltplan für 2019 zur Verfügung stehenden Planstellen und Stellen von 996 sind momentan ca. 50 Stellen (Stand: 31.05.2019) nicht besetzt. Grund hierfür ist neben der üblichen Fluktuation im Personalbestand aufgrund nicht planbarer Ereignisse (Tod, vorzeitiger Ruhestand, Versetzung zu anderen Behörden usw.) die ungenügende Gewinnung von Nachwuchs in den vergangenen Legislaturen. Um die Nachbesetzung freier Stellen zeitnah zu ermöglichen, hat die Landesregierung der Zahl der Anwärter erheblich erhöht. Derzeit befinden sich 23 und ab 1. Oktober 2019 weitere 30 Anwärter in Ausbildung. Ausbildung Im Hinblick auf die Ausbildung wird auf die Ausführungen unter Frage 245 verwiesen . Beförderungsstruktur Im Hinblick auf die Beförderungsstruktur wird auf die Ausführungen im aktuellen Landeshaushaltsplan 2018/2019 im Kapitel 0505 unter Titel 422 01 Bezüge und Nebenleistungen der Beamten und' Richter verwiesen. Diesem Dokument ist der aktuelle Stellenplan zu entnehmen. Erfüllung der Beschäftigungsguote Schwerbehinderter Zum Stichtag 31.05.2019 sind im Thüringer Justizvollzug 56 Schwerbehinderte beschäftigt . Die Beschäftigungsquote Schwerbehinderter wird für das TMMJV und den nachgeordneten Bereich (54 Nebenstellen) gemeinsam erbracht. Nach der Anzeige für das Kalenderjahr 2018 nach § 163 SGB IX wurde die Pflichtquote von 5 % mit 6,61 % erfüllt. Frage 231: Wie hoch ist die Personaifluktuation? Von wann ist das derzeit geltende Personalentwicklungskonzept für den Bereich Justizvollzug datiert? Wann wird dieses fortgeschrieben ? Seite 194 von 274 Antwort: Personalfluktuation Im Jahre 2018 haben 2 Anwärter ihre Ausbildung in der Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes abgebrochen, zwei Bedienstete des gehobenen Dienstes und ein Bediensteter des höheren Dienstes (Psychologe) haben 2018 ihr Beschäftigungsverhältnis im Justizvollzug beendet. Mit Stichtag 31.05.2019 haben im Jahr 2019 ein Bediensteter des gehobenen Dienstes und ein Bediensteter des mittleren Dienstes ihr Beschäftigungsverhältnis im Justizvollzug Thüringen beendet. Personalentwicklungskonzept Das aktuelle Personalentwicklungskonzept des Justizvollzuges des Freistaats Thüringen datiert vom Mai 2019. Dieses wurde den Justizvollzugseinrichtungen übersandt . Es ist vorgesehen, dass das Personalentwicklungskonzept im Abstand von zwei Jahren fortgeschrieben wird. Frage 232: Wie sieht der Personaischlüssel hinsichtlich des Verhältnisses von Bediensteten zu Gefangenen (auch in den einzelnen Anstalten) aus? Antwort: Der Betreuungsschlüssel siehtzum Stichtag 30.04.2019 wie folgt aus: 2019 Arnstadt (SothA) Goldlauter (Transport) Hohenleuben Tonna (SothA) Untermaßfeld Gesamt April 83,15 68,81 62,07 54,07 47,80 59,80 Frage 233: Inwieweit entspricht der Personaischlüssel beim Fach personal dem tatsächlichen Bedarf und den rechtlichen Vorgaben? Antwort: Zur Frage des Personalschlüssels beim Fachpersonal gibt es keine konkreten rechtlichen Vorgaben. Die in diesem Bereich zur Verfügung stehenden Stellen sind besetzt . In § 108 Abs. 2 Satz 1 des ThürJVollzGBs ist geregelt, dass die Anstalt mit dem für die Erreichung des Vollzugsziels und die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Personal ausgestattet wird. Durch das zur Verfügung stehende Personal wird der tatsächliche Bedarf gedeckt. Lediglich die durch Teilzeitbeschäftigung entstandenen Stellenreste sind nicht nachbesetzt. Derzeit sind im Justizvollzug 24 Psychologen und 36 Sozialarbeiter beschäftigt (Stand 31. Mai 2019). Seite 195 von 274 Frage 234: Wie ist dieser Personaischlüssel nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Bundesländern im Anfragezeitraum zu bewerten? Antwort: Ein umfassender Vergleich mit anderen Ländern ist nicht möglich, da die organisatorischen Strukturen und die gesetzlichen Grundlagen im Justizvollzug sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Teilweise werden in anderen Bundesländern Funktionen , die in Thüringen dem Justizvollzug obliegen, von der Justiz oder der Polizei wahrgenommen. Frage 235: Wie verhält sich der Personalbestand des Thüringer Justizvollzugs nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu Schleswig-Holstein, Sachsen und Rheinland- Pfalz (bitte in Dienstgruppen unterteilt vergleichen)? Frage 236: Welche Abweichungen gibt es nach Kenntnis der Landesregierung und wie werden diese begründet? Frage 237: Inwieweit unterscheiden sich nach Kenntnis der Landesregierung die Aufgabenanforderun gen der abgefragten Vergleichsgruppen und wie wirken sich die unterschiedlichen Aufgabenanforderungen aus? Antwort zu Fragen 235 bis 237: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 235 bis 237 gemeinsam beantwortet. Entsprechend der Ausführungen zu Frage 234 ist der Personalbestand Thüringens nicht mit anderen Bundesländern vergleichbar. Insbesondere die Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes, die nur im Freistaat Thüringen als Einheitslaufbahn ausgestaltet ist, unterscheidet Thüringen von den anderen Bundesländern . Hinzu kommt, dass die Aufgabenverteilung und Ausgestaltung, auch bedingt durch die unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben, eine Vergleichbarkeit nicht möglich macht. Insofern kann kein Vergleich mit den genannten Bundesländern erfolgen, zumal die hierfür maßgeblichen Kriterien nicht benannt werden. Frage 238: Warum wurde im Justizvollzug von der Bildung einer Einstellungsreserve abgesehen ? Antwort: Der Haushaltsplan sieht die Bildung einer Einstellungsreserve für den Justizvollzug nicht vor. Die Einstellungsreserve für Richter und Staatsanwälte ist der in diesem Bereich bestehenden Altersstruktur geschuldet. Die dortige Situation und damit die Ursache für die Bildung der Einstellungsreserve ist im Justizvollzug nicht in dieser Dimension gegeben. Insoweit verweise ich zu den Ausführungen zur Frage 230 zur Altersstruktur. Seite 196 von 274 Frage 239: Wie hat sich der Krankenstand bezogen auf Lau fbahnen und Anwärter entwickelt? Antwort: Ab dem Jahr 2014 werden die Fehlzeiten aufgrund Erkrankungen in einer Tabelle erhoben. Die Erhebungsbögen der Jahre 2014 bis 2018 sind als Anlage zu Frage 239 beigefügt. Zu beachten ist hierbei, dass sich die Erfassungsweise seit dem Jahr 2017 geändert hat. Während vor dem Jahr 2017 die Zahl der Krankentage aufgelistet wurde, wird seit der Umstellung auf die elektronische Erfassung die Fallzahl erhoben . Folglich wird eine Erkrankung nur als 1 Ereignis gezählt, die konkrete Anzahl der versäumten Tage jedoch nicht mehr angegeben. Frage 240: Welche Konzepte bestehen für ein Gesundheitsmanagement und seit wann? Antwort: Seit 2013 gibt es die Dienstvereinbarung Behördliches Gesundheitsmanagement. Seit 2017 gibt es eine Dienstvereinbarung zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement für den Justizvollzug. Frage 241: Wann wurde ein Gesundheitsmanagement erarbeitet? Wer hat an der Erarbeitung mitgewirkt? Wurde die Expertise anderer Ressorts genutzt? Antwort: Auf Grundlage einer - im Rahmen einer Dissertation veranlassten - im Jahre 2008 durchgeführten Mitarbeiterbefragung und der daraus resultierenden Ergebnisbesprechung in 2009 wurde sodann im November 2010 eine erste dezidierte Beratung mit den Behördenleiterinnen, den Behördenleitern und dem Justizministerium durchgeführt. Im Ergebnis dieser Beratung wurde im Dezember 2010 auf 'Ebene der Aufsichtsbehörde der Beschluss gefasst, ein Behördliches Gesundheitsmanagement zu installieren. Fortfolgend wurden die dafür notwendigen Arbeitsebenen auf ministerieller Ebene der Lenkungsausschuss, auf anstaltsübergreifender Ebene der Steuerkreis und anstaltsinterne, partizipative Gesundheitszirkel eingerichtet. Im Februar 2011 konsolidierte sich dann der Lenkungsausschuss, der in nahezu identischer Besetzung auch heute noch die übergeordnete Planung, Organisation und Steuerung der Prozesse in den einzelnen Behörden verantwortet. Die Erarbeitung des, zunächst auf den Säulen des Fehlzeiten - Managements ausgerichteten , Gesundheitsmanagements erfolgte federführend durch die heutige Beauftragte für das Behördliche Gesundheitsmanagement, in steter Abstimmung und Rückbindung mit den o.g. Entscheidungs- und Arbeitsebenen. Eine Adaption bereits vorhandener Expertisen anderer Ressorts im eigenen Land erfolgte nicht, die Konzipierung des Behördlichen Gesundheitsmanagements erfolgte orientiert an arbeitswissenschaftlichen Grundlagen, den vollzugsbehördlichen Besonderheiten und Seite 197 von 274 zugeschnitten auf die entsprechende Zielgruppe. In Anspruch genommen wurde hingegen die Beratung eines externen Dienstleisters, mit welchem auch heute noch eine konstruktive Zusammenarbeit stattfindet. Die in 2013 verabschiedete Dienstvereinbarung zum „Behördlichen Gesundheitsmanagement " regelt die Formen der aktiven Einbindung der einzelnen Organisationsebenen (Lenkungsausschuss im TM MJV, Steuerkreis anstaltsintern, Mittleres Management als zentrales Steuergremium). Auf Grundlage erster gesammelter Erfahrungswerte erfolgt hier derzeit eine Überarbeitung und zeitgemäße Adaption an die anstaltsinternen Prozesse. Aktueller Stand: Das strategisch ausgerichtete Behördliche Gesundheitsmanagement im Thüringer Justizvollzug inkludiert Anwesenheits-, Personal- und Alternsmanagement sowie eine systemisch und dialogisch ausgerichtete Organisationsentwicklung. Der zentrale Fokus liegt hierbei auf der gesunden und ganzheitlichen Weiterentwicklung der einzelnen Justizvollzugsanstalten des Landes. Damit auch der Justizvollzug zukunftsfähig sein kann, braucht es insbesondere eine Behördenkultur (Veränderungsbereitschaft ), die es ermöglicht, sich intern zielführend immer wieder neu zu vernetzen und den (gesellschaftlichen, kulturellen und wertebasierten) Wandel zu gestalten. Grundlage jeder gesetzten Intervention bilden die Ergebnisse aus sowohl quantitativen (Mitarbeiterbefragungen) als auch qualitativen (partizipative Fokusgruppen) Analyseverfahren. Generiertes Wissen mündet in zielgerichtete und auf Mehrwert abzielende Interventionen auf Ebene der Organisation, der Führung und der Teams in den einzelnen Haftanstalten und auch übergreifend auf der Metaebene. Frage 242: Welche Auffassung vertritt die Landesregierung zu der angeblich immer wieder mitgeteilten Aussage von Bediensteten: "Ja, ich bin krank, aber das hat nichts mit der Arbeit zu tun." und welche Schlüsse zieht sie daraus? Antwort: Der Erhalt von Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Bediensteten bzw. der Wiederherstellung selbiger bei möglicher Abwesenheit ist ein zentrales Anliegen im Thüringer Vollzug. Insbesondere im Zuge des Anwesenheitsmanagements (Betriebliche Wiedereingliederung) werden alle Faktoren in den Blick genommen, die nachhaltige Auswirkungen auf An- oder Abwesenheit der Bediensteten haben können. Im Regelfall handelt es sich hierbei um multikausale Zusammenhänge, deren Bearbeitung ein ebenso differenziertes Vorgehen erfordert. Von Relevanz sind dabei alle Parameter , die Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit des Bediensteten haben, demnach auch jene, bei denen primär zunächst kein Zusammenhang mit dem arbeitsweltlichen Kontext erkennbar scheint. Nicht arbeitsfähigen Bediensteten - wobei hier auch die psychosomatische Betrachtung eine relevante Rolle spielt - wird bei Vorlage der gesetzlich notierten Voraussetzungen ein BEM (Betriebliches Eingliederungsmanagement ) - Verfahren und bei Inanspruchnahme ein vollumfänglicher Beratungsprozess angeboten. Im Falle einer Nicht-Inanspruchnahme greift ein unter Fürsorgeaspekten ausgerichtetes Kranken—Rückkehrer oder auch Willkommensge- Seite 198von 274 spräch. Auch in diesem gilt es, mögliche Wechselwirkungen zwischen Arbeit und psychosozialem Kontext sichtbar und damit bearbeitbar zu machen. Frage 243: Wie gestaltet sich die Arbeitssituation der einzelnen Bediensteten gruppen (allgemeiner Vollzugsdienst, Ve,waltungspersonal und so weiter), insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit (zum Beispiel Überstunden/Schichtdienst) und angemessener Ausstattung des Arbeitsplatzes? Antwort: Arbeitssituation Bedienstete des mittleren alliemeinen Vollzugsdienstes Ein Großteil der Bediensteten im Thüringer Justizvollzug arbeitet im Schichtdienst, dies gilt insbesondere für die am stärksten vertretene Bedienstetengruppe des mittleren allgemeinem Vollzugsdienstes. Die Bediensteten der Verwaltung, die grundsätzlich während der Woche nicht in der Schichtplanung berücksichtigt werden, werden außerdem regelmäßig am Wochenende zu Schichtdiensten eingeteilt. Da der mittlere allgemeine Vollzugsdienst als Einheitslaufbahn ausgestaltet ist, kann an dieser Stelle nicht zwischen allgemeinem Vollzugsdienst, Verwaltungspersonal und Werkdienst unterschieden werden. Für die Beamten gelten die Bestimmungen der Thüringer Verordnung zur Änderung arbeitszeit-, urlaubs- und mutterschutzrechtlicher Vorschriften der Beamten vom 8. Dezember 2017. Für die Angestellten gelten die Bestimmungen des Tarifvertrags der Länder. Die Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit der Thüringer Justizvollzugsbeschäftigten (DV-Az JV) zwischen dem TMMJV und dem HPR (Hauptpersonalrat ) vom 26. September 2018 gilt für alle Beschäftigten (Angestellte und Beamte) der Justizvollzugseinrichtungen des Freistaates Thüringen. Die Bediensteten des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes (Einheitslaufbahn) lassen sich wesentlich in 3 größere Gruppen unterteilen: Abteilungsdienst/Pforte/Zentrale Die Bediensteten des Abteilungs-, Pforten- und Zentraldienstes arbeiten im Schichtdienst . Eine Schicht beträgt im Durchschnitt 8 Stunden (ohne Übergabe-/ Übernahmezeit ). WerkdienstlWerkaufsichtsdienst/Wirtschaftsbetriebe Bei den Bediensteten des Werkdienstes/ Werkaufsichtsdienstes und der Wirtschaftsbetriebe wurde grundsätzlich eine feststehende tägliche Arbeitszeit angeordnet . Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Verwaltungsdienst/SanitätsdienstlTransportdienst. Seite 199 von 274 Die Bediensteten der Verwaltung und des Sanitätsdienstes nehmen am flexiblen Arbeitszeitmodell (Gleitzeit) teil. Die im Transportdienst eingesetzten Beamten haben eine feststehende tägliche Arbeitszeit. Alle Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes (AVD) arbeiten nach einem Dienstplan, der bis spätestens zum 5. Arbeitstag des Vormonats erstellt wird. Mitarbeiterwünsche werden bei der Erstellung des Soliplanes nach Möglichkeit berücksichtigt . Bei Krankenstand sowie zusätzlichen kurzfristigen Aufgaben (Bewachung von Gefangenen in öffentlichen Krankenhäusern) sind jedoch Änderungen in den laufenden Dienstplänen zu veranlassen. Die Bediensteten des AVD werden entsprechend der jeweiligen Jahresdienstplanung zu Zusatzdiensten (Wochenend-, Feiertags- und Nachtdienste) herangezogen. Soweit möglich, geschieht dies bei allen unter a) bis c) genannten Bediensteten in gleichem Umfang. In dem abgefragten Zeitraum 2008 - 2018 betrug die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit überwiegend 40 Stunden. Lediglich bis zum 31. Juli 2010 mussten Landesbedienstete, die weder ein Kind unter 18 Jahren betreuten noch einen Angehörigen pflegten, 42 Stunden in der Woche arbeiten. Im Schichtdienst bedeutete dies durch den festgelegten Schichtrhythmus von 8 Stunden, dass pro Monat durchschnittlich eine Schicht zusätzlich geleistet werden musste. Eine differenzierte Erhebung der Überstundenentwicklung bezogen auf Bedienstetengruppen erfolgt insbesondere vor dem Hintergrund der Einheitslaufbahn nicht. Darüber hinaus ist zu erkennen, dass der Überstundenstand stark von der individuellen Einsatzbereitschaft abhängt. Somit wird eine durchschnittliche Betrachtung der Überstundenentwicklung der tatsächlichen Belastung einzelner Bediensteter nicht gerecht. Die Zahl der Überstunden und der Mehrarbeit divergiert stark in den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen . Insbesondere in der JVA Hohenleuben und der JVA Goldlauter sind die Zahlen um einiges höher als in den anderen Einrichtungen. Ursachen für die Unterschiede werden im Wege einer Überprüfung eruiert. Diese erfolgt zunächst in der JVA Goldlauter und soll dann auf die anderen Justizvollzugseinrichtungen ausgeweitet werden. Bedienstete des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes und des höheren Dienstes Die Bediensteten des gehobenen und höheren Justizdienstes verrichten ausschließlich Tagdienst i. d. R. im Rahmen eines flexiblen Arbeitszeitmodells (Gleitzeit). Durch einen Teil der Bediensteten (regelmäßig alle Vollzugsabteilungs- und Verwaltungsabteilungsleiter , teilweise die Vollzugsdienstleitung aber auch Fachdienste) wird darüber hinaus außerhalb der regulären Geschäftszeiten im Rahmen einer Rufbereitschaft ganzjährig ein sogenannter 1 nspektionsdienst gestellt. Anaemessene Ausstattuna des Arbeitsplatzes Seite 200 von 274 Für alle Bedienstetengruppen stehen den Anforderungen entsprechende Dienstzimmer bzw. Arbeitsplätze zur Verfügung. Frage 244: Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, wie die Beschäftigten selbst ihre (Arbeits-) Situation im Justizvollzug einschätzen? Welche Konsequenzen sind bisher aus diesen Erkenntnissen gezogen worden? Antwort: Nach den oben bereits zitierten Mitarbeiterbefragungen (Frage 241) zur Arbeitszufriedenheit wurde in 2012 eine exemplarische Mitarbeiterbefragung in allen Haftanstalten durchgeführt. Deren Ergebnisse bildeten die Grundpfeiler für erste Fokusgruppen , Steuerkreissitzungen, interne und übergreifende Maßnahmenbesprechungen und Umsetzungen. Einen zentralen Schwerpunkt innerhalb des Behördlichen Gesundheitsmanagements bildet die konsequente Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung „Psychische Belastungen am Arbeitsplatz'. Die Ermittlung von psychischen (Fehl-)Belastungen am Arbeitsplatz erfolgte erstmals und auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 Satz 6 Arb- SchG im 3. und 4. Quartal 2016 in allen Haftanstalten des Landes. Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen (gemäß Empfehlung der Leitlinie gemeinsame deutsche Arbeitsschutzstrategie zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung ) erfolgt(e) jeweils anstaltsbezogen und auf der Grundlage gebildeter Arbeitsplatztypen zunächst in Form einer quantitativen Befragung und der Auswertung unter Hinzuziehung von geeigneten Referenzdaten. Folgerichtig schloss sich eine auf den jeweiligen Arbeitsplatztyp bezogene qualitative Analyse der gewonnenen Erkenntnisse an, hier bereits verbunden mit der Entwicklung von Maßnahmenvorschlägen zur Reduzierung identifizierter (Fehl-)Belastungen. Bereichsübergreifende Themenfelder werden innerhalb von auf Ebene des mittleren Managements angesetzten Klausurtagungen in zeitlich konkretisierte Ziel— Maßnahmenpläne verabschiedet. Bereichsspezifische Themenfelder werden eigenständig und stets in dialogischer Abstimmung mit angrenzenden Funktionsbereichen einer Lösung zugeführt. Sowohl Umsetzung als auch Wirkentfaltung werden zeitgerecht evaluiert, aktuell durch eine dezidierte Fortschreibung in allen Haftanstalten und dortigen Arbeitsbereichen . Frage 245: Welche Möglichkeiten und Maßnahmen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung gibt es und wie werden sie genutzt? Antwort: Für den Justizvollzug wird durch die Justizvollzugsausbildungsstätte, die beim Bildungszentrum Gotha angesiedelt ist, eine Vielzahl an Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen angeboten. a) Ausbildung Seite 201 von 274 In Thüringen ist eine Ausbildung in der Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes (2 Jahre) und in der Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes (3 Jahre) möglich. Die praktische Ausbildung erfolgt für beide Bereiche in den Justizvollzugseinrichtun gen Thüringens, derzeit in den Justizvollzugsanstalten Untermaßfeld und Tonna sowie der Jugendstrafanstalt Arnstadt. Die theoretische Ausbildung in der Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes wird durch die Justizausbildungsstätte Thüringen organisiert. Im vergangenen Jahr begannen 25 Anwärter in der Laufbahn des mittleren allgemeinen Justizvollzugsdienstes ihre Ausbildung. Im laufenden Haushaltsjahr ist die Einstellung von bis zu 30 Justizvollzugsobersekretärsanwärtern vorgesehen. Für die Ausbildung in der Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes absolvieren die Anwärter fachwissenschaftliche Studienabschnitte an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel. Derzeit befinden sich fünf Anwärter der Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes inAusbildung, davon werden vier voraussichtlich 2020 und einer 2021 die Ausbildung abschließen. b) Fort- und Weiterbildung Durch die Justizvollzugsausbildungsstätte Thüringen werden vielfältige Veranstaltungen im Bereich Fort- und Weiterbildung angeboten. Diese sind aktuell im Fortbildungsprogramm Justizvollzug 2019 der Justizvollzugsausbildungsstätte detailliert aufgelistet. Es gibt Interdisziplinäre Veranstaltungen, Seminare für Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes, Seminare für Mitarbeiter der elektronischen Datenverarbeitung, Seminare für Psychologen, Seminare für Führungskräfte, Seminare für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Sozialen Dienst, Seminare für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Medizinischen Dienst sowie anstaltsbezogene Fortbildungen. Die einzelnen Veranstaltungen sind der als Anlage zu Frage 245 beigefügten Veranstaltungsübersicht zu entnehmen. Auf die Antwort zu Frage 77 wird ergänzend verwiesen. Seit dem Jahr 2018 ist die Durchführung der Arbeitstagungen an die einzelnen Fachreferate im TMMJV übergeben worden. Neben den durch die Justizvollzugsausbildungsstätte Thüringen breit gefächert angebotenen Fortbildungen werden zunehmend anstaltsinterne, sogenannte lnhouse- Seite 202 von 274 Veranstaltungen, angeboten. Deren Fokus richtet sich an aktuellen Bedarfen, welche sich u.a. auch aus den Befragungen zur Psychischen Belastung am Arbeitsplatz ergeben, aus. Insbesondere die lnhouse—Fortbildungen erhalten einen hohen Zuspruch , da sie räumlich und organisatorisch in den Arbeitskontext eingeflochten werden können. Frage 246: Welche Ausbildungseinrichtungen unterhält Thüringen selbst und inwiefern und in welchem Umfang arbeitet das Land mit anderen Bundesländern zusammen? Antwort: Wie bereits in der Antwort zu Frage 245 erwähnt, erfolgt die Ausbildung in der Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes in Thüringen. Der theoretische Teil der Ausbildung wird durch die Justizvollzugsausbildungsstätte Thüringen organisiert und durchgeführt. Vereinzelt wird hier mit vollzugsexternen Referenten zusammengearbeitet, die auch aus anderen Bundesländern stammen. Für die Ausbildung in der Laufbahn des gehobenen Vollzugs- und Verwaltungsdienstes erfolgt die Vermittlung fachwissenschaftlicher Studienabschnitte an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Wesffalen in Bad Münstereifel. Frage 247: In wieweit dürfen Bedienstete Waffen einsetzen oder unmittelbaren Zwang an wenden und wie oft wurde das im Anfragezeitraum praktiziert und mit welchen Folgen? Wurden solche Maßnahmen rechtlich beanstandet und wenn ja, mit welchem Ergebnis ? Antwort: Die Anwendung unmittelbaren Zwanges richtet sich insbesondere nach den §§ 92 if ThürJVollzGB. Danach dürfen Bedienstete der J ustizvollzugsanstalten unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. Der Gebrauch von Schusswaffen durch Bedienstete innerhalb der Anstalt ist verboten , § 96 Abs. 1 S. 1 ThürJVollzGB. Als massivste Form der Anwendung des unmittelbaren Zwanges dürfen Schusswaffen außerhalb der JVA nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen (§ 96 Abs. 2 ThürJVollzGB). Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten im Rahmen der Regelung des § 96 ThürJVollzGB gebrauchen. Konkrete Fallzahlen hinsichtlich der Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Gefangene können nicht benannt werden, da hierzu keine entsprechenden Statistiken geführt werden. Ein Einsatz von Schusswaffen im Abfragezeitraum war nicht zu verzeichnen. Seite 203 von 274 Rechtliche Beanstandungen gegen die Anwendung unmittelbaren Zwangs gab es nicht. Frage 248: Welche Ausbildung oder Schulung für den Einsatz von Waffen oder die Anwendung unmittelbaren Zwangs wird angeboten und wie wird sie wahrgenommen? Antwort: Die rechtlichen Grundlagen zur Anwendung unmittelbaren Zwanges sowie dessen praktische Durchführung sind Bestandteil des zweijährigen Vorbereitungsdienstes der Anwärter für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes. Diese Kenntnisse werden im täglichen Dienst im Rahmen der Teilnahme am Übungsschießen, bei der Ausbildung in waffenloser Selbstverteidigung und anderen anstaltsinternen Fortbildungen sowohl theoretisch als auch praktisch regelmäßig aufgefrischt und vertieft. Die Mitglieder der Sicherheitsgruppe werden hierbei in besonderem Maße geschult. Frage 249: Inwiefern waren Bedienstete in sicherheitsrelevante Vorkommnisse veiwickelt (zum Beispiel Drogenschmuggel oder Korruption)? Inwieweit wurden Disziplinar- und/oder Strafverfahren eingeleitet und mit welchem Ergebnis? Antwort: Eine Datensammlung zu der Frage, inwiefern Bedienstete in sicherheitsrelevante Vorkommnisse verwickelt waren und daher Disziplinar- und/oder Strafverfahren eingeleitet wurden, existiert nicht. Eine manuelle Auswertung aller Personalakten wäre mit einem unvertretbar hohen Arbeitsaufwand verbunden. Im Rahmen der Fachaufsicht sind der Strafrechtsabteilung des Thüringer Ministeriums für Migration, Justiz und Verbraucherschutz sowie der Abteilung Justizvollzug acht Verfahren erinnerlich, die sich gegen Bedienstete einer Justizvollzugsanstalt im Berichtszeitraum richten/richteten, bei denen es u.a. um den Verdacht der Bestechlichkeit und des Betruges ging. Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Aufzählung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Frage 250: Wie hat sich die Zahl der gemeldeten besonderen Vorkommnisse im Thüringer Strafvollzug und Jugendstrafvollzug seit dem Jahr 2008 entwickelt (bitte nach Jahren und Anstalt unterteilen)? Antwort: Die gemeldeten besonderen Vorkommnisse seit dem Jahr 2008 stellen sich wie folgt dar: Jahr JSA JVA JVA JVA JVA JVA Gera lchtershausen Tonna Hohenleuben Goldlauter Untermaßfeld / Arnstadt Seite 204 von 274 20089 8 2 7 4 2 20094 6 2 4 8 3 20105 5 3 6 5 5 20113 7 5 3 2 3 20126 6 4 4 3 1 20134 6 3 2 4 2 20146 5 3 6 5 3 20159 11 3 3 4 4 20167 10 4 7 7 6 2017 5 10 5 _____ 9 3 geschlossen 2018 3 4 _____ 5 4 5 geschlossen Frage 251: Wie hat sich die Zahl der Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren im Thüringer Strafvollzug, Jugendstrafvollzug und Jugendarrest im Anfragezeitraum entwickelt (bitte auch nach Ermittlungsverfahren, Aburteilun gen und Verurteilungen beziehungsweise Bußgeldverhängung und Anstalt unterteilen)? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Ergänzend wird jedoch auf die zu Frage 139 dargestellte Statistik verwiesen. Frage 252: Wie sehen Personalstand und Personalstruktur in den Bereichen medizinische /therapeutische Versorgung und soziale Betreuung aus? Wie sind diese nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zur Situation in anderen Bundesländern zu bewerten? Antwort: Personalstand und Personalstruktur Für die Bereiche der medizinischen und therapeutischen Versorgung wird auf die Ausführungen unter Frage 195 verwiesen. Wie zu Frage 233 ausgeführt, kann zur sozialen Betreuung ausgeführt werden, dass im Thüringer Justizvollzug 36 Sozialarbeiter beschäftigt sind. Dies entspricht der Zahl der Haushaltsstellen. Hinzuzurechnen sind die Bereiche, in denen Externe tätig sind (Übergangsmanagement, Schuldenberatung, Suchtberatung); hier ist eine Bezifferung jedoch nicht möglich. Ein Vergleich zur Situation in anderen Bundesländern kann auf Grund der unterschiedlichen Struktur (z. B. wird in einzelnen Bundesländern die soziale Betreuung des Vollzuges von der allgemeinen Justiz wahrgenommen) nicht gezogen werden. Seite 205 von 274 Frage 253: Wie stellen sich die Arbeitsbedingungen dar (zum Beispiel Überstunden, Krankenstand , unbesetzte Stellen, Ausstattung des Arbeitsplatzes, Weiterbildungsmöglichkeiten )? Antwort: Es wird auf die Ausführungen zur Beantwortung der Fragen 230, 239, 243 und 245 hinsichtlich der Arbeitsbedingungen allgemein, der Überstunden, des Krankenstandes , der unbesetzten Stellen und der Ausstattung des Arbeitsplatzes verwiesen. Das zuständige Fachreferat im TMMJV organisiert ergänzend dazu und orientiert am Behandlungsauftrag regelmäßig lnhouse-Schulungen (z.B. Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter, Reasoning & Rehabilitation-Training, Psychopathologischer Befund, Wundmanagement, Gruppentrainings sozialer Kompetenzen, Motivierende Gesprächsführung, MegaCode-Training). Daneben gibt es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Möglichkeit, eigenständig und fachspezifisch die Teilnahme an externen Schulungen und Fachtagungen zu beantragen. Dies sind beispielsweise im Medizinischen Dienst (nichtärztlich): Gefängnis-Medizin-Tage (zweijährlich), Fachtagungen der Deutschen Aidshilfe, Sterilisationsassistenz Sachkunde, Hygienefachkraft, Injektionstechniken, suchtmedizinische Grundversorgung im Sozialen Dienst: Fachtagungen zur Schuldner- und Suchtberatung, Deliktarbeit im Psychologischen Dienst: Fachtagungen der sozialtherapeutischen Einrichtungen, Bundesarbeitsgemeinschaft für Suizidprävention im Justizvollzug, psychiatrisch-psychologische Begutachtung im Strafverfahren, Psychotherapiewoche, Fachtagungen des Bundesverbandes Deutscher Psycholog*innen e.V. (BDP) Des Weiteren fördert der Justizvollzug das Weiterbildungsinteresse der Fachdienst Mitarbeiter, in dem er sich bspw. an deren Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten , zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten, zum Systemischen Berater / Therapeuten oder zum Sozialtherapeuten Sucht finanziell oder/und über die Arbeitszeit beteiligt. In diesen Fällen werden regelmäßig Ausbildungsvereinbarungen mit den Mitarbeiter getroffen. Das dem Justizvollzug für die Weiterbildung in diesem Bereich zur Verfügung stehende Budget wird als auskömmlich eingeschätzt. Frage 254: Welche Informationen liegen der Landesregierung vor, wie die Bediensteten dieser Fachbereiche Qualität und Umfang der Therapie- und Betreuungsangebote bewerten ? Welche Konsequenzen hat die Landesregierung gegebenenfalls daraus gezogen beziehungsweise wird sie daraus noch ziehen? Seite 206 von 274 Antwort: Die bislang erfolgten Standardisierungen, beispielsweise in der Sozialen Arbeit, dem digitalen Sucht- und Suizidscreening sowie die geschlossenen Kooperationsvereinbarungen mit den ambulanten Sozialen Diensten in der Justiz, der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung, werden von den Fachdiensten inhaltlich begrüßt, da sie zu einer effektiveren Arbeit beitragen. Des Weiteren konnte mit der Einführung des standardisierten, elektronischen Vollzugsplanverfahrens die Grundlage für eine nachfolgende Behandlung deutlich verbessert werden. Umfang und Qualität der Behandlungs- und Betreuungsangebote hätten sich im zu betrachtenden Zeitraum ebenfalls erheblich erhöht und verfolgten insbesondere seit Einführung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches verstärkt die Ziele des an den Ressourcen des einzelnen Gefangenen orientierten und evidenzbasierten Behandlungsvollzuges . Im Medizinischen Bereich können Facharztvorstellungen durchgehend und zügig umgesetzt werden. Die Behandlungs- und Betreuungsangebote werden daher in allen drei Fachbereichen als vergleichsweise gut bewertet. Grenzen sind der am Vollzugsziel ausgerichteten Behandlung und Betreuung zunehmend durch kurze und mittlere Haftzeiten sowie einen hohen Durchlauf an Gefangenen (Zu- und Abgänge) innerhalb eines Jahres gesetzt. Im Bereich der beruflichen Bildung gelänge es bereits sehr gut, mit dieser Entwicklung umzugehen, indem bspw. der Einstieg auch in laufende Kurse möglich ist oder Qualifizierungsmaßnahmen nach der Entlassung fortgesetzt werden könnten. Ebenfalls sehr positiv wahrgenommen werden die höherschwelligen Qualifizierungsmaßnahmen für den Psychologischen Dienst und den Sozialen Dienst sowie die Supervisionen durch qualifizierte Supervisoren (vgl. Antwort zu Frage 253). Die Fachdienstmitarbeiter fühlen sich dadurch in der Umsetzung ihres Auftrages und im Umgang mit den Gefangenen wesentlich sicherer. Damit kommt der Justizvollzug auch seinem Fürsorgeauftrag für die Bediensteten nach. Die Bediensteten der Fachdienste erwarten im Bereich Fort- und Ausbildung eine Verstetigung und weitere Stärkung. Als unzureichend wird lediglich die Versorgung bei akuten psychiatrischen Erkrankungen mit stationärer Behandlungsbedürftigkeit von allen Anstalten bezeichnet. In der überwiegenden Zahl der Fälle scheitert die Unterbringung in einem Haftkrankenhaus . Öffentliche psychiatrische Kliniken nehmen Gefangene trotz Behandlungsbedürftigkeit wegen der damit verbundenen Bewachung durch Vollzugspersonal nur nach einer Haftunterbrechung auf. Frage 255: Inwiefern werden in diesem Bereich Personen, die nicht Bedienstete des Justizvollzugs sind, zur Erledigung dieser Aufgaben herangezogen? Wie stellen sich die vertraglichen Bedingungen dar? Sind diese Bedingungen nach Kenntnis der Landesregierung mit in anderen Bundesländern gebräuchlichen Modellen identisch beziehungsweise inwieweit unterscheiden sie sich von diesen? Seite 207 von 274 Antwort: Externe Fachkräfte sind im Thüringer Justizvollzug in folgenden Bereichen tätig: (fach)ärztliche Versorgung Suchthilfe Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung Übergangsmanagement (PÜMaS) (Psycho)Therapie sonstige medizinische Therapien, z.B. Physiotherapie, Logopädie, Podologie Projektarbeit, z.B. Garten, Musik, Kunst & Kultur, Percussion, Kunsttherapie Deradikalisierung. Bei der medizinischen Versorgung werden bei regelmäßig benötigten Fachrichtungen (z.B. Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Zahnheilkunde, Orthopädie) nebenamtliche Honorarverträge geschlossen. Die Abrechnung erfolgt auf der Basis einer Stundenvergütung oder nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) bzw. dem Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen (BEMA). Kommen Ärzte unregelmäßig bzw. nach Bedarf, erfolgt eine Rechnungslegung ebenfalls nach GOÄ. Dasselbe gilt für Bereitschafts- und Notärzte. Sonstige medizinische Therapien werden ebenfalls nach der jeweiligen Gebührenordnung abgerechnet. Grundlage sind stets die Maßgaben des SGB V. In der Suchthilfe haben die Anstalten auf Grundlage einer öffentlichen Ausschreibung Anfang 2018 Verträge mit einer Laufzeit von zunächst zwei Jahren, mit der Option der jährlichen Verlängerung, geschlossen, soweit sich keine finanziellen Mehrbedarfe ergeben. Die Abrechnung erfolgt über Fachleistungsstunden. In der Schuldenregulierung haben die JVAen Hohenleuben und Untermaßfeld ebenfalls über eine bestimmte Zahl Fachleistungsstunden Verträge mit anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen geschlossen. Grundlage sind die Richtlinie zur Förderung der Verbraucherinsolvenzberatung im Freistaat Thüringen (Thür- VIBFördRL), die Thüringer Verordnung über die Anforderungen an geeignete Stellen im Verbraucherinsolvenzverfahren und über das Anerkennungsverfahren (Thür- VIBSVO) und die Qualitätsstandards in der Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung in Thüringen. Die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung in den JVAen Tonna und Goldlauter sowie in der JSA Arnstadt wird vom Thüringer Oberlandesgericht über die Richtlinien für die Förderung nichtinvestiver sozialer Maßnahmen in der Straffälligenhilfe bewirtschaftet. Das Professionelle Übergangsmanagement ist ebenfalls an gemeinnützige Körperschaften vergeben und wird über die Richtlinien des TMMJV für die Förderung des Professionellen Übergangsmanagements für Inhaftierte und Haftentlassene in Thüringen (PÜMaS) bewirtschaftet. Seit Anfang 2018 ist die Umsetzung dem Horizont e.V., dem Bildungswerk Grone und dem Berufsfortbildungswerk übertragen. Seite 208 von 274 Mit externen (Psycho)Therapeuten werden ähnlich den Ärzten nebenamtliche Honorarverträge auf Stundenbasis angelehnt an den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) geschlossen. Kürzere Projekte, beispielsweise im Freizeitbereich, werden einzelfallbezogen geprüft und vergütet. Frage 256: Wann und in welchen Schritten ist mit einer vollständigen Umsetzung, also mit dem Erreichen aller im Justizvollzugsgesetzbuch festgelegten Standards, zu rechnen? Antwort: Die Vorgaben des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches werden in den Justizvollzugsanstalten in täglicher Arbeit umgesetzt. Soweit das Gesetz Übergangsregelungen enthält, wird spätestens bis zum Ende der jeweils normierten Frist die Umsetzung der Vorgaben erfolgen. Frage 257: In welcher Höhe sind zur Umsetzung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs bisher Mehrkosten entstanden (bitte nach Jahren und Maßnahmen unterteilen)? Antwort: Durch die Einführung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches lassen sich keine Mehrkosten im Kapitel 0505 im Sinne der Frage beziffern. Alle entstandenen Kosten wurden im Rahmen des Budgets kompensiert. Im Folgenden werden deswegen die im Kapitel 05 (Justizvollzugsanstalten) des Einzelplans 05 (Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz) in den Haushaltsjahren 2013 bis 2018 jeweils verausgabten Haushaltsmittel (Ist- Betrag) dargestellt. Die Ausgaben haben sich wie folgt auf die einzelnen Hauptgruppen der Ausgabetitel (ausgenommen Titel der Hauptgruppe 8 - Ausgaben für Investitionen) aufgeteilt: Haushaltsjahr 2013 2014 2015 2016 2017 2018 HGr 4 38.385.760, 78 39.761.250, 42 40.147.860, 86 40.789.986, 72 41.838.746, 33 42.832.655, 53 HGr 5 12.168.975, 41 12.973.404, 80 12.327.561, 39 12.105.176, 99 11.970.697, 58 12.461.912, 39 HGr 6 5.323.267,2 3 5.593.751,2 0 7.291.481,1 4 8.545.540,7 9 7.645.399,6 7 8.652.543,5 3 Hinweis: Die jeweils in EUR angegebenen Werte wurden der entsprechenden Haushaltsrechnung des jeweiligen Haushaltsjahres entnommen. Seite 209 von 274 Die Ausgaben bei den Titeln der Hauptgruppe 5 (sächliche Verwaltungsausgaben) sind im o.a. Zeitraum - mit dem Vergleichsjahr 2013 - nahezu auf dem gleichen Niveau geblieben, sodass hier keine Mehrkosten infolge der Umsetzung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches entstanden sind. Die Steigerung der Ausgaben bei den Titeln der Hauptgruppe 4 (Personalausgaben) ist im Wesentlichen auf die signifikante Erhöhung der gezahlten Bezüge und Entgelte für die im Thüringer Justizvollzug tätigen Bediensteten zurückzuführen. Ob und inwieweit die vorbezeichnete Ausgabenerhöhung mit der Umsetzung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches nach dessen Inkrafttreten am 7. März 2014 in Zusammenhang steht, kann nicht abschließend beurteilt werden. Die in der Hauptgruppe 6 (Ausgaben für Zuweisungen und Zuschüsse mit Ausnahme für Investitionen) ersichtliche Ausgabenmehrung von 2013 bis 2016 ist insbesondere auf eine Erhöhung der Ist-Ausgaben bei Titel 632 72 (Kosten der Unterbringung Gefangener in Justizvollzugsanstalten anderer Länder) zurückzuführen und steht in keinem Zusammenhang mit der Umsetzung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches . Im Haushaltsjahr 2013 mussten für die Unterbringung der weiblichen Gefangenen aus Thüringen im sächsischen Justizvollzug sowie der Thüringer Sicherungsverwahrten in anderen Bundesländern Haushaltsmittel mit einem Betrag i.H.v. 814.524,24 EUR verausgabt werden. Im Haushaltsjahr 2016 waren allein diese Kosten auf 3.418.674,98 EUR angestiegen. Für das Haushaltsjahr 2017 ist eine Ausgabenminderung bei der Hauptgruppe 6 insbesondere infolge einer Kostenreduzierung bei Titel 632 72 um ca. 700.000,00 EUR zu verzeichnen. Die sich hieran anschließende Kostensteigerung im Haushaltsjahr 2018 ist zum einen auf eine Erhöhung der Ausgaben bei Titel 671 71 (Erstattungen an öffentliche und Justizvollzugskrankenhäuser) bzw. Titel 671 73 (Erstattungen an Maßnahmeträger für die berufliche Bildung der Gefangenen) mit Beträgen i.H.v. ca. 120.000,00 EUR bzw. ca. 390.000,00 EUR zurückzuführen. Seit dem Haushaltsjahr 2018 erfolgen die Erstattungen an den in der Jugendstrafanstalt Arnstadt mit der Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen für Gefangene betrauten Bildungsträger nicht mehr über den Europäischen Sozialfonds. Vielmehr sind diese Ausgaben seitdem (auch) bei Titel 671 73 etatisiert. Zum anderen wurden die Haushaltsmittel für die Förderung der Träger der freiwilligen Straffälligenhilfe im Bereich des Professionellen Übergangsmanagements nach §§ 14, 15, 50 und 52 ThürJVollzGB erstmals im Haushaltsjahr 2018 bei dem hierfür neu eingerichteten Titel 686 02 (Zuschüsse an Vereine der freien Straffälligenhilfe) mit einem Betrag i.H.v. 503.809,39 EUR verausgabt. Bis einschließlich des Haushaltsjahres 2017 erfolgte die Veranschlagung der hierfür vorgesehenen Haushaltsmittel bei Titel 427 02 (Beschäftigungsentgelte im Projekt Übergangsmanagement), wobei in den Haushaltsjahren 2016 und 2017 hierfür lediglich Ausgaben i.H.v. 67.595,03 EUR bzw. i.H.v. 139.735,71 EUR angefallen sind. Insoweit können lediglich die Ausgaben bei Titel 686 02 (vormals Titel 427 02) als mögliche Mehrkosten infolge der Umsetzung des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuches angesehen werden. Seite 210 von 274 Frage 258: Welche Unterstützungsangebote gibt es für Bedienstete (zum Beispiel Supervision und Ähnliches)? Inwiefern besteht ein Bedarf für frauenspezifische Angebote? Antwort: Für die Bediensteten werden verschiedene, immer am Bedarf ausgerichtete, Unterstützungsangebote vorgehalten. Neben Supervisionen für einzelne Fach- und/oder Therapiebereiche werden im Einzelfall lndividualcoachings, Supervisionen für Führungskräfte , moderierte Teamberatungen, Fallbesprechungen, Nachbesprechu ng von Ereignissen und vieles mehr vorgehalten. Um unmittelbar und ohne zeitliche Verzögerung auf besonders belastende Ereignisse innerhalb und außerhalb des Dienstes reagieren zu können, hält der Justizvollzug ein Kriseninterventionsteam vor. Dessen Mitglieder, welche kontinuierlich geschult und fallberaten werden, kommen aus den einzelnen Haftanstalten. Im Übrigen wird auf die allgemeinen Ausführungen zu Fort- und Weiterbildung bei den Fragen 245 und 253 verwiesen. Ein Bedarf an frauenspezifischen Angeboten wurde bis dato nicht festgelegt. Ungeachtet dessen wird Gender- und/oder Diversity-relevanten Bedarfen Rechnung getragen . Frage 259: Inwiefern sind die Personalvertretungen in Meinungsblldungs- und Entscheidungsprozesse eingebunden? Inwiefern besteht ein kontinuierlicher Informationsaustausch ? Antwort: Die Personalvertretungen werden im Rahmen der gesetzlichen Beteiligungstatbestände des Thüringer Personalvertretungsgesetzes in Meinungs- und Entscheidungsprozessen eingebunden. Zudem erfolgt auch ein Informationsaustausch im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit in Angelegenheiten, die zwar keinen Beteiligungstatbestand erfüllen, aber dennoch von Bedeutung sind. In vielen Bereichen wurden zwischen dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Hauptpersonalrat Dienstvereinbarungen geschlossen, exemplarisch sei hier auf die Dienstvereinbarungen zum Behördlichen Gesundheitsmanagement , zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement und zur Arbeitszeit verwiesen. Weiter finden regelmäßig Monatsgespräche mit einem Vertreter des Ministeriums und dem HPR statt. Außerdem ist der Vorsitzende des Hauptpersonalrats auch ein Mitglied des Lenkungsausschusses , so dass auch insoweit eine enge Anbindung des Hauptpersonalrates in Angelegenheiten, die die Fortentwicklung des Justizvollzugs angehen, besteht. Schließlich entsenden die Personalvertretungen Mitglieder in Arbeitsgruppen und in Auswahlverfahren (bezüglich Einstellung). Seite 211 von 274 Frage 260: Welche Kritik, Änderungsvorschläge oder Ähnliches sind der Landesregierung im Berichtszeitraum von Bediensteten und deren Interessenvertretung bekannt geworden , die sich auf Ausgestaltung der Einflussmöglichkeiten und die Praxis der Einbeziehung in Meinungsblldungs- und Entscheidungsprozesse beziehen? Wie wurde damit verfahren? Antwort: Die Benennung der einzelnen Anregungen und Änderungsvorschläge von Bediensteten und deren Interessenvertretung im Sinne der Fragestellung ist für den abgefragten Zeitraum mangels entsprechender recherchierbarer Erfassung nicht möglich . Ganz allgemein sei angeführt, dass in den regelmäßig stattfindenden Monatsgesprächen des HPR Justizvollzug unter Einbeziehung des TMMJV ein reger Austausch im Hinblick auf die Belange der Justizvollzugsbediensteten stattfindet, der auch Raum für Kritik und Änderungsvorschläge im Sinne der Fragestellung bot und bietet. Auch die Vor-Ort-Termine des TMMJV in den einzelnen Justizvollzugsanstalten boten und bieten diese Gelegenheit. Abschließend sei auf die am 9. Mai 2019 durch den Thüringer Landtag verabschiedete Novellierung des Thüringer Personalvertretungsgesetzes verwiesen, das erstmalig normiert, dass der Personalrat bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen der Dienststelle für die in der Dienststelle Beschäftigten mitbestimmt. g) Jugendstrafvollzug Frage 261: Wie stellen beziehungsweise stellten sich die Haft- und Unterbringungszahlen im Jugendstrafvollzug (einschließlich Jugendarrest), auch im Zusammenhang mit der Entscheidungspraxis der Gerichte, dar? Antwort: Aus der Strafverfolgungsstatistik ergeben sich für den Zeitraum 2008 bis 2018 folgende Zahlen für die zu einer Jugendstrafe oder einem Jugendarrest verurteilten Straftäter: Seite 212 von 274 Jahr Verurteilte nach Jugendstrafrecht GefangenelArrestanten (Stjg 31. März) Gesamt darunter Verurteilung zu Jugendstrafe Jugendarrest Jugendstrafvollzug Jugendarrest 2008 2660 688 343 214 19 2009 2743 691 167 207 19 2010 2222 587 283 219 11 2011 1910 449 280 205 18 2012 1 629 376 207 177 26 2013 1 544 364 215 155 10 2014 1 290 277 204 143 18 2015 1102 246 166 105 20 2016 1163 244 154 100 12 2017 1 184 239 131 91 15 2018 1176 253 127 82 8 Quelle: Thüringer Landesant für Statislik Frage 262: Welche Entwicklung der Haft- und Unterbringungszahlen wird bis zum Jahr 2030 prognostiziert? Antwort: Zur Entwicklung der Gefangenenzahl im Freistaat Thüringen wird auf das Thüringer Justizvollzugskonzept aus dem Jahr 2017 verwiesen. Die relevante Passage ist als Anlage zu Frage 262 beigefügt. Danach bleiben die Gefangenenzahlen voraussichtlich weitgehend gleich bzw. gehen leicht zurück. Die Überlegungen des Thüringer Justizvollzuges zur Deckung des Haftplatzbedarfs wurden ebenfalls im Rahmen dieses Konzeptes dargelegt. Frage 263: Wie haben sich im Anfragezeitraum die Alters- und Sozialstruktur und die durchschnittliche Haftdauer für die Betroffenen entwickelt? Welche Gründe lassen sich hierfür benennen? Antwort: Die Entwicklung der Altersstruktur ist in der nachfolgenden Übersicht abgebildet. Auffällig ist der Anstieg der Jugendstrafgefangenen mit mindestens einem erwerbstätigen Elternteil. Darüber hinaus sind keine signifikanten Änderungen der Sozialstruktur erkennbar. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 164 verwiesen. Seite 213 von 274 Stichtag: 31.03. 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2016 2016 2017 2018 - Jüdült86l59496 214 297 219 205 171 155 143 105 1100 11 öz - davon 14 bei 18Jahre 8 10 11 15 ii 5 9 11 6 8 10 prozentualer Anteil 3,74% 4,83% 5.02% 7.32% 821% 3.23% 6.29% 10.48% 6,00% 6.59% 12,20% davon l8bis2lJahre 100 95 102 74 57 46 51 36 35 40 36 prozentualer Anteil 46.73% 45.89% 46,58% 36,10% 32,2096 29.66% 35.66% 34,29% 35,00% 43,96% 43.80% davon 0522 Jahre 106 102 106 116 109 104 83 58 59 45 36 01908n186l6r Anls 49,53% 49,28% 48,40% 56,59% 61,58% 6710% 5804% 55,24% 59,00% 49,45% 43,90% Quele: Thüringer Landesaril für StatutS Die Entwicklung der durchschnittlichen Vollzugsdauer im Jugendstrafvollzug ist der anschließenden Übersicht zu entnehmen. Stichtag: 31.03. 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Juqenqendstralgetangene 214 207 219 200 177 166 143 ies iöö 82 bin 1 Jahr 58 65 61 54 49 39 42 37 27 33 23 prozentualer Anteil 27.10% 31,40% 27,85% 26,34% 27,68% 25,16% 29,37% 35,24% 27,00% 3626% 28,05% rmhr 08 1 und bis 2 ‚Jahre 76 67 61 72 64 56 44 26 36 30 34 prozentualer Anteil 35,51% 32,37% 27,85% 35.12% 36,16% 36,13% 30,77% 24.76% 36.00% 32,97% 41,46% rrehr 08 2 und bIs 5 Jahre 71 71 91 73 56 53 51 38 29 23 20 prozentualer Anteil 33.18% 34,30% 41.55% 35,61% 31,64% 34.19% 35,66% 34,29% 29.00% 25,27% 24,39% ‚nehrain5 und binloJahre 9 4 6 6 8 7 6 6 8 5 5 prozentualer Anteil 4.21% 1.93% 2.74% 2.93% 4,52% 4.52% 4.20% 5.71% 8.00% 5,49% 6.10% Quele: Thüringer I.andesant für StatIstik Als Ursachen für den Rückgang der Zahl der Jugendstrafgefangenen lassen sich insbesondere der demographische Wandel in Thüringen und eine geringe Jugendarbeitslosigkeit benennen. Frage 264: Welche Unterschiede gibt es in der Haft- und Unterbringungssituation von Jugendlichen zu erwachsenen Strafgefangenen? Antwort: Das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch regelt sowohl den Jugendstrafvollzug als auch den Erwachsenenstrafvollzug. Für den Vollzug bei Jugendstrafgefangenen gibt es teilweise Sonderregelungen. Es bestehen etwa folgende Besonderheiten: Seite 214 von 274 Im Unterschied zum Vollzug der Freiheitsstrafe ist der Vollzug der Jugendstrafe erzieherisch zu gestalten. Die im Jugendstrafvollzug eingesetzten Bediensteten sind zur erzieherischen Einwirkung auf die Gefangenen in besonderem Maße befähigt und mit den jugendtypischen Problemen vertraut. Dem persönlichen Kontakt zwischen Jugendstrafgefangenen und Stationsbediensteten kommt vor diesem Hintergrund ein besonderes Gewicht zu. Im Bereich der Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen stehen bei Jugendstrafgefangenen Maßnahmen der schulischen und beruflichen Qualifizierung stärker im Vordergrund als bei Strafgefangenen. Die Jugendstrafanstalt Arnstadt verfügt dazu über einen vergleichsweise hohen Anteil an Ausbildungsplätzen im Bereich der schulischen und beruflichen Qualifizierung . Die Jugendstrafgefangenen werden in Wohngruppen untergebracht. Der Wohngruppenvollzug ist im Jugendstrafvollzug, anders als im Erwachsenenstrafvollzug, die gesetzliche Regelunterbringungsform. Im Erwachsenenstrafvollzug wird der Wohngruppenvollzug nur teilweise praktiziert. Die Wohngruppen in der 2014 in Betrieb genommenen Jugendstrafanstalt Arnstadt bieten im geschlossenen Vollzug Platz für maximal zwölf Gefangene. Frage 265: Wie sieht die Vollzugskonzeption für den Jugendstrafvollzug aus und welche Alternativen hinsichtlich ihrer Gestaltung wurden beziehungsweise werden diskutiert? Antwort: Im Zusammenhang mit dem Neubau und der Inbetriebnahme der Jugendstrafanstalt Arnstadt wurde im Jahr 2014 ein Vollzugskonzept für die Anstalt erstellt, das derzeit fortgeschrieben wird. Das Vollzugskonzept für die Jugendstrafanstalt Arnstadt vom 7. Juli 2014 ist als Anlage zu Frage 265 beigefügt. Der Entwurf des aktuellen Konzepts bezeichnet die konkreten Maßnahmen zur Erreichung des Vollzugsziels sowie zur Umsetzung der Aufgaben des Vollzugs (§ 2 ThürJVoIlzGB). Zentrales Element der Konzeption für den Jugendstrafvollzug ist die erzieherische Gestaltung des Vollzugs der Jugendstrafe und des Vollzugs der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen (§§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 ThürJVollzGB). Im Rahmen der Fortschreibung wird das Vollzugskonzept der Jugendstrafanstalt Arnstadt grundlegend überarbeitet und an die aktuelle rechtliche und tatsächliche Situation angepasst. Grundlegender Änderungsbedarf ergibt sich daraus, dass sich die Vollstreckungszuständigkeit der Anstalt geändert hat. Seit Herbst 2015 werden in der Jugendstrafanstalt Arnstadt auch nach allgemeinem Strafrecht Verurteilte im Erstvollzug mit einer Vollzugsdauer bis zu drei Jahren untergebracht, die zum Zeitpunkt der Einweisung das 27. Lebensjahr nicht vollendet haben. Seite 215 von 274 Folgende wesentliche Neuerungen sind anzuführen: Das Aufnahmeverfahren erfährt eine differenziertere Regelung. Im Zugangsbzw . Erstgespräch wird ein Suchtscreening zur Konsumeinschätzung durchgeführt . Die angebotenen Behandlungsmaßnahmen werden ausführlicher und strukturierter dargestellt. Wohngruppenleiter sind - den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend - nicht mehr vorgesehen. Auch bei den beruflichen Bildungsmaßnahmen wird die aktuelle Situation widergespiegelt . Das Berufsfeld Fahrradmontage ist weggefallen, weil Entlassene mit diesem Abschluss auf dem Arbeitsmarkt kaum vermittelbar waren. Im Rahmen des Projekts B.I.S.S. wird inzwischen das Berufsfeld Lager und Logistik angeboten . Die Regelungen über Entlassungsvorbereitung, Entlassung und Nachsorge werden detailliert ausgestaltet und setzen zur Reduzierung des Rückfallrisikos einen Schwerpunkt bei Maßnahmen der Entlassungsvorbereitung und der nachgehenden Betreuung. Die Entlassenen können etwa durch das Professionelle Übergangsmanagement (PÜMaS) bis zu sechs Monate nach Entlassung weiter betreut werden. Über das Projekt werden die Gefangenen durch den Sozialen Dienst frühzeitig informiert. Frage 266: Welche wissenschaftlichen Konzepte und Forschungsergebnisse sowie praktischen Erfahrungen haben in die Vollzugskonzeption für den Jugendstrafvollzug Eingang gefunden? Inwiefern wurden Konzepte anderer Bundesländer beziehungsweise anderer Staaten ausgewertet und für die Thüringer Konzeption berücksichtigt? Antwort: Bei der Erstellung des aktuellen Vollzugskonzepts für die Jugendstrafanstalt Amstadt werden unter anderem Erkenntnisse aus folgenden Studien berücksichtigt: Pfeiffer! Bieneck, Viktimisierungserfahrungen im Justizvollzug, Kriminiologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) Forschungsbericht Nr. 119, 2012, Neubacher, Gewalt im Jugendstrafvollzug - Ein Überblick über Ergebnisse des Kölner Forschungsprojekts, Forum Strafvollzug Heft 5/20 14, S. 320 if., Jehle/ Albrecht/ Hohmann-Fricke! Tetal, Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen - Eine bundesweite Rückfalluntersuchung 2010 bis 2013 und 2004 bis 2013, 2016, Hosser/ Taefi/ Giebel, Delinquenzverläufe nach Entlassung aus dem Jugendstrafvollzug in Banneberg/ Jehle (Hrsg.), Gewaltdelinquenz, lange Freiheitsentziehung, Delinquenzverläufe), 2011, EIz, Sozialtherapie im Strafvollzug 2014 - Ergebnisübersicht zur Stichtagserhebung zum 31 .03.2014, 2014, Giebel! Kühn, Evaluation des saarländischen Jugendstrafvollzugs - Untersuchung der Entlassungsjahrgänge 2005 bis 2008, 2013. Seite 216 von 274 Die Untersuchungen von Pfeiffer! Bieneck und Neubacher weisen auf ein hohes Gewaltpotential der Gefangenen auch hinter Gittern hin. Bereits die baulichen Gegebenheiten der Jugendstrafanstalt Arnstadt - getrennte Freihöfe u. a. - tragen zu einer Verbesserung des Anstaltsklimas bei. Zudem ist der Wohngruppenvollzug ein gewaltreduzierender Faktor. Ausweislich der Untersuchungen von Jehle u.a. und Hosser u.a. besteht bei jugendlichen Straftätern ein erhebliches Rückfallpotential. In der Untersuchung von Hosser wird insbesondere die Ausgangssituation der jugendlichen Straftäter in den Fokus genommen, die innerhalb der durchschnittlichen Haftzeit nur bedingt behandlerisch angegangen werden kann. Angesichts der hohen Rückfallquote stellt sich die Frage nach einem professionellen Übergangsmanagement für jugendliche Straftäter. Im zukünftigen Vollzugskonzept wird das Professionelle Übergangsmanagement (PÜMaS) als Behandlungsangebot vorgesehen. Positive Effekte einer solchen Nachsorge wurden in der Evaluation des saarländischen Jugendstrafvollzugs von Giebel und Kühn beschrieben. Zudem finden Thüringer Evaluationen und Untersuchungen (zum Beispiel Giebel! Ritter, Rückfalluntersuchung im Jugendstrafvollzug in Thüringen, 2013, Thüringer Evaluation der Sozialtherapeutischen Abteilung von Ptucha), Erkenntnisse aus dem ständigen Erfahrungsaustausch mit den Leitern und verantwortlichen Mitarbeitern von Jugendstraf- und Justizvollzugsanstalten anderer Bundesländer und den Vollstreckungsleitern sowie die vorhandenen praktischen Erfahrungen Eingang in das Konzept. Die bundesweit im Jugendstrafvollzug verwendeten Konzepte sind sich sehr ähnlich . Viele Behandlungsmaßnahmen, die in der Jugendstrafanstalt Arnstadt durchgeführt und im Vollzugskonzept niedergeschrieben werden, insbesondere das Antiaggressivitätstraining , aber auch forensische Therapieprogramme wie Fortis und R&R- Training, gehören zum bundesweiten Standard im Jugendstrafvollzug. Konzepte anderer Staaten werden nur eingeschränkt, hinsichtlich weniger Behandlungsprogramme berücksichtigt, weil sich die gesetzlichen Vorschriften erheblich unterscheiden. Als Beispiel ist das aus Kanada stammende forensische Therapieprogramm Reasoning & Rehabilitation (R&R) zu nennen. Frage 267: Wie stellt sich die Situation in der Jugendstrafanstalt Arnstadt im Hinblick auf die ordnungsgemäße Umsetzung der Vollzugskonzeption dar? Antwort: Das Vollzugskonzept aus dem Jahr 2014 wird unter Berücksichtigung zwischenzeitlich eingetretener Änderungen in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen umgesetzt. In der Praxis ist bereits eine Fortentwicklung des Konzepts erfolgt. Das Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz hat der Jugendstrafanstalt Arnstadt aufgegeben, organisatorische Veränderungen in der derzeit nicht voll belegten Anstalt zu prüfen, um den Personaleinsatz zu optimieren und Seite 217 von 274 somit die Gewähr dafür zu bieten, dass alle vorgesehenen Freizeitmaßnahmen und Maßnahmen der schulischen und beruflichen Bildung ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Frage 268: Inwiefern hat es Beschwerden über die Situation im Jugendstrafvollzug und im Jugendarrest gegeben und wie wurde behördlicherseits darauf reagiert? Antwort: Beschwerden von Gefangenen im Jugendstrafvollzug wurden statistisch nicht erfasst . Jugendstrafgefangene nutzen nahezu ausschließlich die Möglichkeit, sich mit ihren Beschwerden mündlich an die Anstaltsleitung zu wenden. Die Beschwerden im Berichtszeitraum betrafen überwiegend angeordnete Disziplinar- und Erziehungsmaßnahmen und Entscheidungen nachgeordneter Bediensteter in anderen einzelnen Angelegenheiten. In der Regel waren die Beschwerden unbegründet. Im Jugendarrest konnten für den Berichtszeitraum keine Beschwerden festgestellt werden. Frage 269: Welche speziell auf das Resozialisierungsziel ausgerichtete personelle Ausstattung weist der Jugendstrafvollzug auf? Antwort: Alle in der JSA Arnstadt tätigen Bediensteten nehmen Aufgabent im Zusammenhang mit der Resozialisierung der Gefangenen wahr. Wie zur Frage 264 ausgeführt, sind die Bediensteten für den Umgang mit Jugendstrafgefangenen besonders qualifiziert. Auf Grund der baulichen Gestaltung und organisatorischen Gliederung der Anstalt sind die einzelnen Vollzugsabteilungen mit bis zu 72 Haftplätzen vergleichsweise klein. Dadurch wird bei den Vollzugsabteilungsleitern und den Fachdiensten eine gute Betreuungsdichte erreicht. Innerhalb der JSA Arnstadt gibt es, von der Sozialtherapeutischen Abteilung abgesehen , hinsichtlich der personellen Ausstattung im Bereich der Fachdienste keine prinzipiellen Unterschiede bei der Personalausstattung zwischen Bereichen, indenen Jugendstrafgefangene untergebracht sind, und Bereichen, in denen Gefangene anderer Haftarten untergebracht sind. Insgesamt betrachtet verfügt die JSA Arnstadt über einen günstigen Personalschlüssel (Betreuungsverhältnis Bedienstete zu Gefangenen). Beispielsweise wurde für den Monat Juni 2019 ein Betreuungsschlüssel von 75,63 errechnet. Frage 270: Welche Bildungs- und Ausbildungsangebote gibt es im Jugendstrafvollzug und Jugendarrest ? Seite 218 von 274 Antwort: Das derzeit im Jugendstrafvollzug vorgehaltene Bildungs- und Ausbildungsangebot ist in der Anlage 1 (schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen während der Arbeitszeit), in der Anlage 2 (allgemeine Behandlungsmaßnahmen) und in der Anlage 3 (Behandlungsmaßnahmen in der Freizeit) zu Frage 270 aufgeführt. Die im Jugendarrest aktuell vorgehaltenen Bildungsmaßnahmen sind in der Anlage 4 zu Frage 270 dargelegt. In der JSA Arnstadt wird bei den Gefangenen nahezu Vollbeschäftigung erreicht. Frage 271: Welche spezifischen Unterstützungsangebote (zur Haftvermeidung, während des Vollzugs oder nach der Entlassung) bestehen für junge Straftäter? Antwort: Spezifische Angebote zur Haftvermeidung während des Vollzuges für jugendliche Straftäter gibt es nicht. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Verurteilung nach Jugendstrafrecht die Verhängung einer Geldstrafe nicht vorgesehen ist. Mit der Richtlinie „ Örtliche Jugendförderung' unterstützt der Freistaat Thüringen die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung bei Angeboten für straffällige junge Menschen. In Betracht kommen dabei gern. § 52 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) grundsätzlich alle Leistungen der Jugendhilfe, die für einen straffälligen jungen Menschen geeignet und erforderlich sind. Dazu können im Einzelfall zählen: Leistungen im Rahmen der Jugendsozialarbeit nach § 13 SGB VIII zur Förderung der schulischen und beruflichen Ausbildung, der Eingliederung in die Arbeitswelt sowie der sozialen Integration benachteiligter junger Menschen. Leistungen im Rahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes nach § 14 SGB VIII, insbesondere nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII, zur Befähigung junger Menschen, sich vor gefährdenden Einflüssen zu schützen sowie sie zur Kritikfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Eigenverantwortlichkeit und zur Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen zu führen. Ambulante Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 if. SGB VIII, und zwar sowohl die im Leistungskatalog nach §§ 28 - 35 SGB VIII ausdrücklich benannten Maßnahmen , wie der soziale Trainingskurs oder die Betreuungsweisung, als auch sonstige geeignete und notwendige Hilfen zur Erziehung im Sinne des § 27 Abs. 1 SGB VIII, wenn eine dem Wohl des jungen Menschen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme der Landesmittel durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist regional differenziert. In den letzten Jahren wurden jährlich rund 250.000 € abgerechnet. Seite 219 von 274 Frage 272: Welche spezifischen Probleme bestehen für Jugendliche bei Rückkehr in das Alltagsleben ? Welche spezifischen Hilfs- und Unterstützungsangebote gibt es für junge Rückfalltäter? Antwort: Rückkehrsituation Die Rückkehrsituation von Jugendlichen unterscheidet sich von Erwachsenen dahingehend , dass sie vor ihrer Inhaftierung überwiegend noch keinen eigenen Hausstand hatten und nicht erwerbstätig waren. Insofern stehen bei der Entlassungsvorbereitung die Beschaffung geeigneten Wohnraums und die Integration in Arbeit im Vordergrund. Die Jugendlichen wollen häufig in ihre Herkunftsregion und in ihr altes Umfeld zurückkehren. Bei Jugendlichen, bei denen erhebliche Zweifel bestehen, dass sie allein die Herausforderung der sozialen (Wieder)Eingliederung meistern, wird in der Regel eine gerichtliche Betreuung oder die Unterbringung in Übergangswohnformen angestrebt. Darüber hinaus regt der Vollzug Unterstützung über Bewährungsauflagen oder Weisungen im Rahmen einer Führungsaufsicht bei Gericht an. Zudem werden die jugendlichen Gefangenen seit Anfang 2018 durch das Professionelle Übergangsmanagement (,‚PÜMaS') unterstützt. Junge Rückfalltäter Etwa 30 Prozent der Jugendstrafgefangenen sind vorbestraft. Der Anteil an der Gesamtzahl der Thüringer Gefangenen ist seit 2008 relativ konstant. Die nachfolgende Übersicht basiert auf Daten des Thüringer Landesamtes für Statistik und zeigt die Entwicklung seit 2008: Jugendstrafgefangene_mit Vorstrafen Stichtag 31.03.2018 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Jugendstrafgefangene 214 207 219 205 177 155 143 105 100 91 82 vorbestrafte entspricht %1 52 24,31 54 26,11 60 27,4 62 30,2 61 34,5 46 29,7 43 30,1 31 29,5 35 35 28 30,8 24 29,3 Im Rahmen des Diagnoseverfahrens wird bei Rückfalltätern neben den Ursachen der Straffälligkeit stets auch geprüft, welche Umstände zu dem Rückfall führten. Diese werden dann bei der Vollzugsplanung berücksichtigt. Spezielle Angebote nur für Rückfalltäter sind ob der Diversität nicht vorgesehen. Die wenigsten Jugendstrafgefangenen verfügen über Hafterfahrung. Wenn Jugendstrafen vorher verhängt wurden, waren sie zumeist zur Bewährung ausgesetzt. Insoweit lässt sich aus Rückfällen keine Aussage zur Wirksamkeit vollzuglicher Maßnahmen ableiten. Frage 273: Inwiefern sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, die Präventions- und Resozialisierungsaktivitäten im Bereich Jugendstrafvollzug zu verändern oder auszubauen ? Seite 220 von 274 Antwort: Im Bereich des Jugendstrafvollzugs gibt es bereits umfangreiche Präventions- und Resozialisierungsmaßnahmen, die sich auch im Bundesvergleich bewährt haben. Das Spektrum an sinnvollen Maßnahmen ist groß und der Bedarf ist hoch. Die Landesregierung wird die Situation weiter beobachten, analysieren und gegebenenfalls auf Veränderungen reagieren. h) Haft- und Unterbringungssituation von Frauen Frage 274: Wie viele Haftplätze stehen für Frauen aus Thüringen in Einrichtungen in Thüringen und in anderen Bundesländern im offenen beziehungsweise geschlossenen Vollzug zur Verfügung (bitte Norm-, Maximal- und Notbelegungskapazität ausweisen)? Antwort: In Thüringen stehen für Frauen im geschlossenen Vollzug zwölf Haftplätze in der JVA Goldlauter und im offenen Vollzug zwölf Haftplätze in der JVA Tonna zur Verfügung . Die Plätze in der JVA Goldlauter dienen im Wesentlichen der Durchgangshaft und dem Haftantritt, die Plätze in der JVA Tonna der heimatnahen Entlassungsvorbereitung . Der eigentliche Frauenvollzug erfolgt über eine langjährige Verwaltungsvereinbarung mit dem Freistaat Sachsen in Chemnitz. Die Aufnahme von weiblichen Gefangenen aus dem Freistaat Thüringen in die JVA Chemnitz ist dabei nicht durch eine festgelegte Anzahl von Haftplätzen begrenzt. Daher stehen die Kapazitäten der JVA Chemnitz für weibliche Gefangene den Thüringer Gefangenen bis zur Auslastung zur Verfügung. Für die Jahre 2008 bis 2019 ergeben sich folgende Haftplatzkapazitäten sowie Notbelegungsplätze: Seite 221 von 274 Frauen_-Haftplatzkapazitäten(JVA Chemnilz) Jahr geschlossener Vollzug offener Vollzug Gesamt (Normkapazitat) Notbelegungskapazitat 2008 126 50 176- bis 09/2009 126 50 176 - 2010 175 50 225- 2011 175 50 225- 01-08/2012 175 50 225- 09-12/2012 241 50 291 - 01-10/2013 241 50 291 - 11-12/2013 241 5 246- 2014 241 5 246- 2015 241 5 246 92 2016 241 5 246 92 2017 241 5 246 92 01-06/2018 241 5 246 92 ab 07/2018 2561 401 2961 92 2019 2561 401 2961 92 Eine belastbare statistische Festschreibung der Notbelegungskapazitäten ist erst seit dem Jahr 2015 erfolgt. Frage 275: Wie hat sich die Haft- und Unterbringungssituation in den Einrichtungen (zum Beispiel die bauliche und Belegungssituation, Arbeitssituation, medizinische Versorgung ) entwickelt? Antwort: Die nachfolgende Antwort bezieht sich wegen der weit überwiegenden Unterbringung der erwachsenen und jugendlichen Frauen im sächsischen Justizvollzug auf die JVA Chemnitz. Bauliche Situation und Belegungssituation Die Belegungs- und Bausituation hat sich seit 2008 wie folgt verändert: Seite 222 von 274 Frauen - Belegungs- und Bausituation (JVA Chemnitz) Jahr geschlossener Vollzug Gliederung der JVA Chemnitz in zwei Bereiche: Kaßberg und Reichenhainer Straße. Die weiblichen Gefangenen wurden bis September 2009 im Ge-bäude 3 auf der Reichenhainer Straße 2001 bis 2010 untergebracht. Der Bereich Kaßberg wurde ausschließlich für den Männervollzug im Freistaat Sachsen genutzt und musste 2010 aus Brandschutz-gründen geschlossen werden. September 2009- Grundsanierung und Modernisierung des Gebäudes 3, Unterbringung der Inhaftierten im sanierten 2012 Gebäude 1 im Bereich Reichenhain. Werden beide Gebäude genutzt: Im Gebäude 1 stehen 175 Haftplätze und im Gebäude 366 ab September 2012 Haftplätze für weiblichen Straf- und Jugendstrafgefangene sowie Untersuchungsgefangene zur bis jetzt Verfügung. Oktober 2013 Schließung des offenen Vollzuges in der AJtendorfer Straße. Eröffnung des neu errichteten Gebäudes 12. In diesem Gebäude sind sowohl der offene Vollzug, mit 2018 einer Belegungskapazität von 35 Haftplätzen, und die Mutter-Kind-Wohngruppe, mit 5 Haftplätzen, integriert. Die Mutter-Kind-Wohngruppe war bis dato im Gebäude 4 mit 5 Haftplätzen auf dem Gelände der Reichenhainer Straße untergebracht Medizinische Versorgung Wie bereits erwähnt bestand die JVA Chemnitz 2008 aus zwei Bereichen. Die Bereiche Kaßberg und Reichenhainer Straße verfügten jeweils über einen Anstaltsarzt und zusammen über neun Bedienstete im Pflegedienst. Nach der Schließung des Bereiches Kaßberg im Jahr 2010 war die verbleibende JVA auf der Reichenhainer Straße mit einem Anstaltsarzt und zunächst sieben Bediensteten im Pflegedienst ausgestattet. Die Anzahl der Bediensteten im Pflegedienst wurde vor dem Hintergrund der nach der Schließung der Teilanstalt reduzierten Haftplatzkapazität bis 2019 sukzessive auf fünf reduziert. In der JVA Chemnitz praktizieren neben dem Anstaltsarzt weitere Fachärzte auf Honorarbasis. Bisher waren dies der Zahnarzt und eine Fachärztin für Gynäkologie. Seit dem Jahr 2018 bietet die JVA Chemnitz zudem eine ambulante psychiatrische sowie eine orthopädische Facharztsprechstunde an. Unabhängig hiervon finden bei Bedarf eine Vielzahl medizinisch bedingter Ausführungen in Krankenhäuser und Arztpraxen statt. Die medizinische Versorgung ist an den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bei nicht Inhaftierten ausgerichtet. Arbeitssituation Die Beschäftigungsquote der weiblichen Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz hat sich insgesamt wie folgt entwickelt: Seite 223 von 274 - - OLF rauenrbeitssituat,37i(JXh..emnitz) Jahr Beschäftigungsquote 2008 85,94% 2009 91,66% 2010 87,75% 2011 65,60% 2012 60,90% 2013 58,80% 2014 63,90% 2015 63,80% 2016 75,00% 2017 61,30% 2018 78,00% Angaben zur Quote für die Thüringer Frauen liegen mangels entsprechender Statistiken nicht vor. Frage 276: Wie ist dies vor dem Hintergrund des Thüringer Justizvollzugsgesetzbuchs zu bewerten ? Antwort: Das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch gilt für den Strafvollzug in Sachsen nicht. Frage 277: Wie haben sich die Haft- beziehungsweise Unterbringungszahlen entwickelt? Antwort: Die Haft- bzw. Unterbringungszahlen Thüringer Gefangener in der JVA Chemnitz haben sich wie folgt entwickelt: Seite 224 von 274 Jahr Gefangene im Jahr durchschnittlich! Monat 2008 846 70,5 2009 856 71,33 2010 885 73,72 2011 883 73,6 2012 785 65,42 2013 808 67,33 2014 823 68,58 2015 1047 87,25 2016 1024 85,33 2017 1028 85,67 2018 1 8951 74,58 Die Unterbringungszahlen im offenen Vollzug der JVA Tonna sind weitgehend stabil. Die zwölf vorhandenen Haftplätze waren bislang ausreichend. Frage 278: Wie hat sich die durchschnittliche Haftdauer entwickelt? Antwort: Die durchschnittliche Haftdauer Thüringer Gefangener in der JVA Chemnitz betrug: Jahr Tage! Gefangene 2008 80,25 2009 70,2 2010 69,77 2011 70 2012 65,97 2013 59,11 2014 65,57 2015 68,35 2016 62,08 2017 62,42 2018 62,32 Frage 279: Welche Gründe sind für die Entwicklung der Haft- und Unterbringungszahlen sowie der Haftdauer im Anfragezeitraum erkennbar? Inwiefern hat die Spruch- und Anordnun gspraxis der Gerichte und Behörden Auswirkungen? Seite 225 von 274 Antwort: Signifikante Abweichungen im Datenbestand sind nicht ersichtlich. Frage 280: Welche Entwicklung ist hinsichtlich der Haftzahlen und der Haftdauer für die nächsten (drei) Jahre pro gnostizierbar? Antwort: Tragfähige Prognosen hinsichtlich von Haftzahlen und Haftdauer sind hier nicht bekannt und dürften aus methodischen Gründen auch nicht möglich sein. Wesentliche Faktoren für eine gravierende Änderung der jetzigen Daten sind derzeit nicht ersichtlich . Frage 281: Wie unterscheidet sich allgemein die Haft- und Unterbringungssituation von Frauen gegenüber den männlichen Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben? Antwort: Die Justizvollzugsanstalt Chemnitz weist gegenüber den Anstalten des Männervollzuges eine deutlich reduzierte Sicherheitsinfrastruktur innerhalb des geschlossenen Anstaltsgeländes auf. Insbesondere Ordnungszäune auf dem Gelände wurden im Rahmen der Baumaßnahmen auf ein Minimum reduziert, so dass ausschließlich die Freistundenhöfe mit einem Ordnungszaun versehen sind. Dies korrespondiert mit der vergleichsweise geringen Entweichungsgefahr aus dem geschlossenen Vollzug bei weiblichen Gefangenen. Der Anteil der weiblichen Bediensteten ist im Frauenvollzug der JVA Chemnitz gegenüber anderen Anstalten ohne Zuständigkeit für Frauenvollzug erhöht. Im Bereich des allgemeinen Vollzugsdienstes wird weiterhin eine 2/3-Quote weiblicher Bediensteter angestrebt. Die JVA Chemnitz ist als zentrale Justizvollzugsanstalt für Frauenvollzug in Sachsen mit einer Mutter-Kind-Station im offenen Vollzug ausgestattet. § 10 SächsStVollzG bzw. § 23.SächsJStVollzG lassen gemeinsame Maßnahmen, insbesondere zur schulischen und beruflichen Qualifizierung, für weibliche und männliche Gefangene grundsätzlich zu. Durch die Einrichtung einer zentralen Justizvollzugsanstalt für Frauenvollzug ist es möglich, umfangreiche schulische und berufliche Qualifizieru ngen innerhalb des Frauenvollzugs anzubieten. Da bei weiblichen Gefangenen häufig die sozialen Bindungen von noch größerer Bedeutung sind als bei männlichen Gefangenen, erfolgt im Frauenvollzug der JVA Chemnitz unter bestimmten Voraussetzungen (siehe hierzu auch Antwort auf Frage 283) eine kontingentlose Besuchsgewährung, begrenzt lediglich durch die Gesamtkapazitäten bei der Besuchsdurchführung. Seite 226 von 274 Im sächsischen Justizvollzug wird den weiblichen Gefangenen gegenüber männlichen Gefangenen grundsätzlich eine großzügigere Haftraumausstattung gestattet. Geschlechtsspezifische Zugeständnisse bestehen insbesondere im Bereich der Bekleidung, im Bereich Kosmetik und persönlicher Gegenstände. Frage 282: Wie stellt sich die Situation schwangerer Frauen im Justizvollzug dar? Welche spezifischen Hilfs- und Unterstützungsangebote gibt es für diese Betroffenengruppe? Antwort: Mit Bekanntwerden einer Schwangerschaft - in der Regel zu Haftbeginn - werden für die betreffenden Gefangenen, um über die Klärung des Kindeswohles und die Unterbringungsmöglichkeiten zu sprechen, frühzeitig Gespräche mit dem Chemnitzer Jugendamt vereinbart. Die medizinische Absicherung durch eine Gynäkologin ist gewährleistet. Eine Hebamme führt in der JVA Chemnitz lnformationsveranstaltungen zu schwangerschaftsrelevanten Themen durch. Bei Fragen und Problemen, die im Rahmen der Schwangerschaft auftreten können, stehen den Inhaftierten sowohl die Fachdienste als auch die evangelischen und katholischen Seelsorger der JVA Chemnitz für Gespräche zur Verfügung. Der Sozialdienst hält den Kontakt zum Jugendamt und hat bei Bedarf lnformationsmaterialen zum Thema Schwangerschaft. Des Weiteren ist der Sozialdienst Vermittler für das Unterstützungsangebot von Pro Familia Chemnitz eV., der Beratungen zu den Themen Schwangerschaftsberatung, vorgeburtlichen Untersuchungen, Familienplanung , Schwangerschaftskonfliktberatung, Sozial- und Familienrecht sowie zu Leistungen der Stiftung Mutter und Kind anbietet. Einmal im Monat bietet die AWO Chemnitz e.V. eine Erziehungsberatung in der JVA Chemnitz an. Unter anderem für schwangere Gefangene wurde im Jahr 2018 eine besondere Station eingerichtet. In dieser Station mit Wohngruppencharakter findet eine individuelle Betreuung durch die Bediensteten statt und die Gefangenen sind gut gegenüber anderen Haftbereichen abgegrenzt. Frage 283: Wie stellt sich die Situation von Frauen im Justizvollzug und die ihrer Kinder dar, zum Beispiel hinsichtlich der Regelungen zur gemeinsamen Unterbringung und zu den Besuchszeiten? Antwort: Familienorientierte Vollzucisgestaltung Familienorientierte Vollzugsgestaltung ist ein wichtiger Teilaspekt des sächsischen Justizvollzugs. In der JVA Chemnitz haben ca. 70% der inhaftierten Frauen Kinder. Zu den familienorientierten Angeboten in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz, an denen weibli- Seite 227 von 274 che Thüringer Gefangene ausnahmslos und uneingeschränkt partizipieren können, zählen: regelmäßige Familienbesuchstage mütterorientierte Gruppenmaßnahmen die Möglichkeit des offenen Mutter-Kind-Vollzuges die Gestaltung von Besuchskontakten im kindgerecht gestalteten Besuchszentrum Mutter-Kind-Wohngruppe In der Justizvollzugsanstalt Chemnitz besteht die Möglichkeit der gemeinsamen Unterbringung der inhaftierten Mutter und ihres Kindes auf der „Mutter-Kind- Wohngruppe. In dieser Wohngruppe können fünf Mütter mit Säuglingen und Kleinkindern bis zu drei Jahren untergebracht werden. Die „Mutter-Kind-Wohngruppe" ist im offenen Vollzug integriert. Die dort untergebrachten Gefangenen sollen während ihrer Zeit in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz in ihrer Rolle als Mutter gestärkt und gefestigt werden. Damit soll präventiv einer häufig problematischen Entwicklung der Kinder bei Trennung von der Mutter entgegengewirkt werden. Ziel ist es, Behandlungs - bzw. Erziehungsprozesse sowohl bei der Mutter als auch beim Kind einzuleiten , die die soziale Entwicklung fördern und die Mutter-Kind-Beziehung intensivieren . Voraussetzungen für eine Aufnahme in der Mutter-Kind-Station sind unter anderem, dass die inhaftierte Straf- bzw. Jugendstrafgefangene für eine Unterbringung im offenen Vollzug gem. § 15 Abs. 2 SächsStVollzG bzw. § 13 Abs. 2 SächsJStVollzG geeignet ist. Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Sächs- StVollzG bzw. § 27 Abs. 1 Satz 1 SächsJStVollzG) darf das mit untergebrachte Kind zum voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt das dritte Lebensjahr nicht vollendet haben. Ausnahmsweise kann das Kind zum Entlassungszeitpunkt nach Satz 2 auch ein halbes Jahr älter sein. Das Kind muss aufgrund der eingeschränkten Betreuungsleistungen und -möglichkeiten der Einrichtung gesundheitliche Anforderungen nachweislich erfüllen. Darüber hinaus muss die Finanzierung der Kindesunterbringung im Sinne des Mindestunterhaltes gesichert sein. Die Gefangenen der Mutter-Kind-Wohngruppe können, wie im geschlossenen Vollzug auch, die Besucherräume und das Besucherzentrum nutzen. Darüber hinaus werden in der Mutter-Kind-Wohngruppe Familiennachmittage durchgeführt, damit den Inhaftierten Gelegenheit geboten wird, im ungezwungenen Rahmen mit Familienangehörigen , z. B. auch mit älteren Geschwisterkindern, gemeinsame Stunden zu verbringen. Gefangenen der Mutter-Kind-Wohngruppe werden großzügig Lockerungen gewährt. Während der Inhaftierung unterstützt die JVA Chemnitz die Gefangenen der Mutter- Kind-Wohngruppe bei der Suche und Erlangung eines Kindergartenplatzes. Besuchsmöqlichkeiten Die JVA Chemnitz verfügt über eine familienfreundliche Ausgestaltung der Besuchsräumlichkeiten . Der Besucherraum verfügt über eine großzügige Kinderspielecke, wo ein von Gefangenen mit der Kunsttherapie gemeinsam gestaltetes Fotobuch für Kinder mit Eindrücken und Gesprächsanregungen zum Alltag der Frauen in Haft Seite 228 von 274 ausliegt. Ferner gibt es einen familienfreundlichen Einzel-Besuchsraum mit Kochecke , Couch und eigenem Bad. Dieserwird Gefangenen vorrangig für Langzeitbesuche mit Kindern, auch in Begleitung mit behördlichen Sorgepersonen, zur Verfügung gestellt. Zudem besteht für die Gefangenen im Frühling und Sommer die Möglichkeit, mit den Besuchern Zeit in der Außenanlage - mit Spielgeräten für die Kinder - zu verbringen . Somit können die inhaftierten Mütter ihren Kindern auch während der Haftzeit in freundlicher Umgebung begegnen. Gemäß § 26 SächsStVollzG bzw. § 47 SächsJStVollzG haben die Jugend- und Strafgefangenen einen gesetzlichen Mindestanspruch von vier Stunden Besuch im Monat. Jugendstrafgefangene haben zudem zusätzlich Anspruch auf zwei Stunden Besuch von Angehörigen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Darüber hinaus wird nach Möglichkeit kontingentloser Besuch gewährt. Zu den Besuchszeiten in der Woche von Montag bis Donnerstag können Angehörige im Sinne des § 11 Abs.1 Nr. 1 StGB die weiblichen Gefangenen, ohne Anrechnung auf das Besuchskontingent der Inhaftierten, besuchen. Voraussetzungen dafür sind, dass sie mit der Gefangenen vor der Inhaftierung mindestens ein Jahr in einem Haushalt zusammengelebt haben, mindestens ein Kind der Gefangenen im Haushalt betreuen bzw. mit der Gefangenen ein gemeinsames Kind haben und keine besonderen Sicherungsvorkehrungen (z. B. Besuchsdurchführung mit Trennscheibe, dauerhaft optische! akustische Besuchsüberwachung) bei der Inhaftierten angeordnet sind. Bei Straf- und Jugendstrafgefangenen, denen Lockerungen des Vollzuges gemäß § 38 SächsStVollzG bzw. § 15 SächsJStVollzG gewährt werden, reduziert sich das oben genannte Besuchskontingent von 4 Stunden auf 1 Stunde je Monat. Die Bediensteten im Besucherzentrum werden besonders für die Besuche von Kindern im Justizvollzug sensibilisiert. Sonstige familienfördernde Angebote bzw. Maßnahmen Inhaftierte Mütter behalten mitunter auch während der gesamten Haftzeit ihr Sorgerecht . Um die Wahrung der Kindesangelegenheiten zu unterstützen, besteht während der gesamten Haftzeit enger Kontakt der Gefangenen mit dem zuständigen Jugendamt bzw. dem Amtsvormund. Die Teilnahme an Hilfeplankonferenzen wird dadurch gewährleistet, dass die Konferenz in der JVA Chemnitz stattfinden kann. Zur Pflege der sozialen Beziehungen ist vorgesehen, Ausführungen (gemäß § 41 SächsStVollzG und § 18 SächsJStVollzG) bzw. bei Eignung für Lockerungen (gemäß § 38 SächsStVollzG und § 15 SächsJStVollzG) begleitete Ausgänge zu gewähren . Diese werden genutzt für Besuche in das familiäre Umfeld, zu ihren Kindern in Wohngruppen oder Kinderheimen oder für die Teilnahme an Hilfeplankonferenzen beim Jugendamt. Auf der Homepage der Anstalt gibt es eine spezielle lnformationsseite für Kinder. Seite 229 von 274 Frage 284: Welche spezifischen Maßnahmen der Frauen förderung gibt es im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung? Antwort: In der Justizvollzuganstalt Chemnitz können die Gefangenen - somit auch die Inhaftierten aus dem Freistaat Thüringen - folgende Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote wahrnehmen: Berufliche Qualifizierunismaßnahmen In der JVA Chemnitz werden zwei Berufsausbildungen über eine modulare Qualifizierungsmaßnahme zur „Fachlageristin" und „Textil- und Modenäherin" angeboten. Diese beruflichen Ausbildungen dienen dem Vorhaben, Gefangene zu einem Berufsabschluss zu führen. In den vermittelten Bereichen besteht nach den Erkenntnissen der Arbeitsagenturen ein erhöhter Bedarf an Fachkräften. Modulare Qualifikationen in den Berufsfeldern „Bauten- und Objektbeschichterin" und „Tischlerin" werden in der JVA Chemnitz ebenfalls angeboten. Diese beruflichen Bildungsmaßnahmen bereiten Gefangene auf eine Berufsausbildung vor. Durch den modularen Aufbau und den Abschluss von einzelnen Qualifizierungsbausteinen soll ein Einstieg in eine weiterführende Aus- und Weiterbildung gelingen. In der Justizvollzugsanstalt Chemnitz werden zwei praxisorientierte Trainings für die Vermittlung sozialer und beruflicher Basiskompetenzen angeboten. Die „Lernwerkstatt" mit 5 Stunden jeweils von Montag bis Freitag ist eine niederschwellige Maßnahme und an das Durchhaltevermögen der Gefangenen angepasst . Das Training „Fit für den (Berufs-) Alltag" wird mit jeweils sechs Stunden von Montag bis Freitag durchgeführt. Schulische Bildunismaßnahmen Der Erwerb des einfachen oder qualifizierten Hauptschulabschlusses über die Schulfremdenprüfung ist im Rahmen des Berufsvorbereitungsjahres in den Berufsfeldern „Textiltechnik/Bekleidung" und „Wirtschaft/Verwaltung" möglich. Frage 285: Welche frauenspezifischen Aspekte hinsichtlich der Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten können benannt werden? Antwort: Den bestehenden Interessen und Fertigkeiten von weiblichen Inhaftierten wird durch die Einrichtung geeigneter Arbeitsbetriebe Rechnung getragen. So erfolgt der Einsatz weiblicher Gefangener in der Näherei, der Wäscherei, der Küche, dem Gravur- Betrieb und zu hauswirtschaftlichen Arbeiten (Hausarbeiterin) bzw. Reinigungs- und kleinen Landschaftspflegearbeiten (Haus- und Hofreinigung). Arbeitsbetriebe mit hohen Anforderungen an körperliche Kraft sind nicht vorgesehen. Dies gilt im offenen Vollzug auch für die Außenbeschäftigungsmaßnahmen des Garten- und Landschaftsbaus sowie des Malereibetriebes. Weitere Gefangenenarbeitsplätze im Bereich der Kammer sowie der Hauswerkstatt sind hinsichtlich der Einsatzbereiche der Seite 230 von 274 Eignung für weibliche Gefangene angepasst. In den Unternehmerbetrieben werden Komplettierungs- und Sortierungsarbeiten durchgeführt, welche ebenfalls dem körperlichen Leistungsvermögen von Frauen entsprechen. Bei der Arbeitszuweisung und -ausübung werden neben dem allgemeinen Arbeitsschutz Aspekte des Mutterschutzes besonders berücksichtigt. So werden Schwangere nur in Bereichen eingesetzt, in denen die Möglichkeit besteht, durch arbeitsorganisatorische Maßnahmen den Schutz der Mutter und des Kindes sicherzustellen. Die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften wird im Rahmen regelmäßiger Begehungen der Betriebe durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und den Betriebsarzt überprüft. Frage 286: Inwiefern werden bei Gesundheitsversorgung, Therapie- und Betreuungsangeboten frauenspezifische Belange (auch hinsichtlich von Frauen in besonders benachteiligten Situationen, insbesondere Frauen mit Behinderungen; Ausländerinnen) berücksichtigt ? Antwort: Wie bereits in der Antwort zu Frage 275 dargelegt, ist in der JVA Chemnitz die frauenspezifische medizinische Versorgung insbesondere durch eine Gynäkologin als Vertragsärztin gesichert. In medizinisch notwendigen Fällen überweisen der Anstaltsarzt bzw. die Gynäkologin die Gefangenen in die Fachabteilungen der Frauenkliniken in Chemnitz zur Weiterbehandlung. Darüber hinaus wird auf die Antwort auf die Frage 275 verwiesen. Die Station für besonders schutzbedürftige Gefangene stellt einerseits eine Mehrgenerationenwohngruppe für chronisch kranke sowie körperlich behinderte 1 nhaftierte und andererseits für werdende Mütter dar. Das Ziel dieser Station ist die psychische und körperliche Stabilisierung sowie der Schutz vor Einflüssen der Subkultur im Justizvollzug. Die Sozialtherapeutische Abteilung im Frauenvollzug der JVA Chemnitz verwirklicht den gesetzlichen Auftrag gemäß § 17 SächsStVollzG bzw. § 14 SächsJStVollzG, indem sie ein umfassendes therapeutisches Behandlungsprogramm unter der Mitwirkung von Psychologen, Sozialarbeitern, Kunsttherapeuten sowie ausgewählten Mitarbeitern des allgemeinen Vollzugsdienstes mit dem Ziel anbietet, eine diagnostizierte erhebliche Gefährlichkeit von weiblichen Gefangenen zu reduzieren. Im Rahmen des Gruppentherapieangebotes werden unter anderem die weibliche Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen thematisiert. Aber auch bei weiteren Modulen werden frauenspezifische Belange regelmäßig berücksichtigt. Gruppenmaßnahmen Das Mütterkompetenztraining und das Soziale Kompetenztraining beinhalten unter anderem die Themen der weiblichen Geschlechtsidentität und der Geschlechterrollen . Nichtdeutsche Gefangene Seite 231 von 274 Der Anteil von nichtdeutschen weiblichen Inhaftierten ist vergleichsweise gering, sodass für spezifische Gruppenmaßnahmen kein Bedarf besteht. Nichtdeutsche Gefangene werden gegebenenfalls mit Unterstützung von Dolmetschern bzw. unter Einsatz eines Video-Dolmetscher-Systems individuell betreut. Tschechisch sprechende Frauen können das regelmäßig in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz stattfindende Beratungsangebot der Europäischen Beratungsstelle für Straffälligen- und Opferhilfe Pirna - EBS- nutzen. Frage 287: Welche Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Angehörige von betroffenen Frauen während deren Haftzeit? Antwort: Die JVA Chemnitz verfügt über einen Angehörigenbeauftragten als zentralen Ansprechpartner für die Angehörigen bei allen Belangen. Ein weiteres spezielles Angebot für Angehörige in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz ist die Möglichkeit zu Beratungsgesprächen mit dem Sozialdienst. Die Sorgeberechtigten minderjähriger Inhaftierter werden von Haftbeginn an durch den zuständigen Sozialdienst kontaktiert und einzelfallbezogen in den Haftverlauf einbezogen. Angehörige können auf Wunsch der Gefangenen an der Konferenz zur Vollzugsund Eingliederungsplanung teilnehmen. Mitunter wird der Sozialdienst im Rahmen einer Familienberatung tätig und vermittelt extramurale Hilfsangebote. Gefangene können einen anleitenden Musterbrief zur schriftlichen Kontaktaufnahme mit ihren Angehörigen nutzen. Frage 288: Welche spezifischen Unterstützungsangebote erhalten Frauen während und nach der Haftzeit? Antwort: Neben den bereits in der Antwort auf die Fragen 282 bis 286 genannten.Unterstützungsangeboten (Therapie-, Behandlungsangebote sowie Beratungsangebote) bietet der externe Träger Pro Familia Chemnitz e.V. ein weiteres Angebot. Die Beratungsstelle kann auch für Sexualberatung und Sexualpädagogik herangezogen werden. Die JVA Chemnitz hat im Rahmen des Übergangsmanagements verschiedene Angebote etabliert: ISONA e.V. (Institut für sozialtherapeutische Nachsorge und Resozialisationsforschung e.V. Leipzig; Angebot zur sozialtherapeutischen Nachsorge in Sachsen) bietet unterstützende, begleitende und kontrollierende Maßnahmen für Haftentlassene an, die vorwiegend wegen Gewalt-, Sexualstraftaten und/oder Brandstiftung verurteilt worden sind und die nach ihrer Entlassung einen Wohnort in Sachsen wählen. Die Gefangenen aus Thüringen können ebenfalls bereits während der Haft durch ISONA e.V. betreut werden. Sie können durch die zuständige Psychologin Seite 232 von 274 von ISONA e.V. an Pro Familia e.V. Erfurt (Therapeutische Ambulanz) vermittelt werden. Diese therapeutische Ambulanz ist eine Therapie- und Nachsorgeeinrichtung für in Thüringen lebende Straftäterinnen, die der Führungs- oder Bewährungsaufsicht unterstellt sind. Ziel der ambulanten Behandlung und Beratung ist die Reduzierung von Rückfallrisiken bei gleichzeitiger Unterstützung zur Resozialisierung. In der Justizvollzugsanstalt gibt es zwei externe Träger, die professionelles Übergangsmanagement für Inhaftierte und Haftentlassene anbieten. Ein Träger steht für sächsische Gefangene zu Verfügung, ein weiterer Träger unterstützt Inhaftierte aus Thüringen, welche keiner Führungsaufsicht oder Bewährungshilfe unterstellt werden . Der Träger bietet während der Haftzeit Sprechzeiten an und bereitet die Entlassung nach Thüringen vor. Das Ziel beider externer Träger ist es, für Haftentlassene die Integrationschancen zu verbessern und die Rückfallgefahr zu verringern. Frage 289: Wie hoch war die Rückfallquote inhaftierter Frauen? Welche frauenspezifischen Angebote zur Rückfallprophylaxe sind vorhanden? Antwort: Es liegen keine Rückfallstatistiken für Gefangene der JVA Chemnitz vor. Zur teilweisen Beantwortung der Frage wird angegeben, wie hoch der Anteil der weiblichen Gefangenen aus Thüringen in den Jahren 2017 und 2018 in der JVA Chemnitz war, die sich bislang zum ersten Mal, zum zweiten Mal oder mehr als zwei Mal im Vollzug einer Jugend- oder Freiheitsstrafe befanden. 2017: erstmals in Haft: 60,27 % zweites Mal in Haft: 22,32 % mehr als zwei Mal in Haft: 17,41 % 2018: erstmals in Haft: 50,47% zweites Mal in Haft: 32,24 % mehr als zwei Mal in Haft: 17,29% Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 284, 285, 286 und 288 verwiesen. Frage 290: Wie erfüllen Thüringer Behörden ihre Aufsichtspflicht für die Unterbringung von Frauen in Justizvollzugseinrichtun gen anderer Bundesländer? Finden zum Beispiel regelmäßige lnformationsbesuche in den Justizvollzugseinrichtun gen in Sachsen statt? Antwort: Die Landesjustizverwaltung befindet sich in regelmäßigem kollegialem Austausch mit dem sächsischen Justizministerium sowie mit der Leitung der JVA Chemnitz. In diesem Rahmen finden lnformationsbesuche bei Bedarf statt. Seite 233 von 274 Frage 291: Wie berücksichtigt die Landesregierung die spezifische Situation von Frauen im Justizvollzug (zum Beispiel bei der Bereitstellung von Finanzmitteln)? Antwort: Da Frauenvollzug nahezu ausnahmslos in der JVA Chemnitz erfolgt, beschränkt sich die Leistung Thüringens - neben kollegialer Begleitung und etwaiger Interventionen im Einzelfall - auf finanzielle Zuwendungen an den Freistaat Sachsen. Frage 292: Welche Kritik und Beschwerden gibt es bezüglich einer Unterbringung straffälliger Frauen in anderen Bundesländern? Antwort: Der Landesregierung ist aktuell keine grundlegende Kritik an der Situation bekannt. Soweit im Einzelfall Probleme auftreten sollten, werden diese bilateral gelöst. Frage 293: Welche Maßnahmen wurden im Rahmen des Übergangsmanagements vorgesehen ? Wie wird die Wirksamkeit dieser Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die regelmäßig große Distanz zwischen Haft- und Wohnort, bewertet? Antwort: Gefangene haben die Möglichkeit, Gespräche beim Fachdienst in Anspruch zu nehmen und eine standardisierte Hilfestellung („Entlassungswegweiser") im Rahmen der Entlassungsvorbereitung zu erhalten. Der Schwerpunkt des Übergangsmanagements liegt auf einem das Bedarfs-, Ansprechbarkeits- und Risikoprinzip beachtenden Schnittstellenmanagement. Im Rahmen des Übergangsmanagements wird ein Netzwerk von verschiedenen Trägern (z.B. betreute Wohnformen, Straffälligenhilfen vor Ort, gemeinnützige Vereine ) geschaffen. Bei weiblichen Gefangenen ist oftmals noch stärker als bei männlichen Gefangenen ein soziales Umfeld vorhanden. Die meisten weiblichen Gefangenen haben zudem Kinder. Vor diesem Hintergrund erfolgt zur Optimierung der Entlassung und des Übergangs in Freiheit bereits in der Haftzeit eine enge Zusammenarbeit des Sozialdiensts der JVA Chemnitz mit den zuständigen Jugendämtern. Der Sozialdienst fördert zudem die Aufrechterhaltung der Kontakte von weiblichen Gefangenen zu ihren in Freiheit lebenden Kindern. Bei vielen weiblichen Gefangenen ist eine Suchtproblematik mit Indikation zur Teilnahme an einer stationären Suchttherapie nach Haftentlassung diagnostiziert. Hierfür wird ein möglichst nahtloser Ubergang von der Haft in eine stationäre Suchttherapie durch die JVA Chemnitz gefördert und in Zusammenarbeit mit der externen Suchtberatung ermöglicht. Seite 234 von 274 Durch die gute Zusammenarbeit mit freien Trägern der Straffälligenhilfe in Thüringen ist ein Übergangsmanagement für die weiblichen thüringischen Gefangenen angemessen gewährleistet. In diesem Zusammenhang wird auch auf die in der Antwort zu Frage 288 dargelegten Maßnahmen durch thüringische externe Träger verwiesen. Frage 294: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung hinsichtlich der Unterbringung von weiblichen Strafgefangenen in Vollzugsanstalten in Thüringen? Antwort: Derzeit stehen für weibliche Strafgefangene in der JVA Goldlauter zwölf Plätze im geschlossenen Vollzug und in der JVA Tonna zwölf Plätze im offenen Vollzug zur Verfügung (vgl. die Antwort auf Frage 274). Eine Rückführung der in der JVA Chemnitz untergebrachten weiblichen Gefangenen aus Thüringen in eine Einrichtung des Freistaates Thüringen ist derzeit nicht geplant . Eine eigene Anstalt ist auf Grund der nach wie vor geringen Zahl der weiblichen Inhaftierten wirtschaftlich nicht vertretbar. Für eine Angliederung an eine bestehende Einrichtung fehlen derzeit freie Kapazitäten. In keiner der Justizvollzugsanstalten des Freistaates Thüringen stehen gegenwärtig Räumlichkeiten oder personelle Ressourcen für einen Bereich mit ca. 80 Personen zur Verfügung. Zudem wäre der Aufwand der Trennung zu den männlichen Gefangenen ebenso wie die Schaffung der frauenspezifischen Unterbringungs- und Betreuungsangebote, wie z. B. Mutter-Kind-Zimmer, mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Die Unterbringung und Betreuung der Thüringer Frauen in der JVA Chemnitz entspricht den aktuellen Anforderungen an einen modernen Strafvollzug. Frage 295: Welche Konsequenzen sind nach Ansicht der Landesregierung aus den in den Antworten zu den Fragen 131 bis 138 genannten Fakten sowie aus den in den zu den übrigen Fragestellungen gemachten Feststellungen zur Situation von Frauen im Justizvollzug zu ziehen? Antwort: Derzeit sieht die Landesregierung keinen Anlass für grundlegende Änderungen. i) Untersuchungshaft Frage 296: Welche Unterschiede bestehen in der Haft- und Unterbringungssituation von Untersuchungsgefangenen im Vergleich zu anderen Gefangenengruppen - insbesondere hinsichtlich rechtlicher Vorgaben? Seite 235 von 274 Antwort: Gemäß § 119 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) dürfen einem Untersuchungsgefangenen Beschränkungen auferlegt werden, soweit dies zur Abwehr einer Flucht-, Verdunklungs- oder Wiederholungsgefahr erforderlich ist (verfahrenssichernde Anordnung ). Insbesondere kann danach angeordnet werden, dass der Empfang von Besuchen und die Telekommunikation der Erlaubnis bedürfen , Besuche, Telekommunikation sowie der Schrift- und Paketverkehr zu überwachen sind, die Übergabe von Gegenständen bei Besuchen der Erlaubnis bedarf, der Beschuldigte von einzelnen oder allen anderen Inhaftierten getrennt wird, die gemeinsame Unterbringung und der gemeinsame Aufenthalt mit anderen Inhaftierten eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Die Anordnungen trifft grundsätzlich das Gericht. Gemäß § 17 Abs. 1 ThürJVollzGB sind Untersuchungsgefangene grundsätzlich getrennt von Strafgefangenen und Jugendstrafgefangenen unterzubringen; junge Untersuchungsgefangene werden von den übrigen Untersuchungsgefangenen getrennt untergebracht; § 17 Abs. 2 und 3 ThürJVollzGB sieht allerdings Ausnahmen vor. Die besondere Stellung der Untersuchungsgefangenen kommt in § 5 ThürJVollzGB zum Ausdruck, wo die Unschuldsvermutung betont wird und geregelt ist, dass die Untersuchungsgefangenen so zu behandeln sind, dass der Anschein vermieden wird, sie würden zur Verbüßung einer Strafe festgehalten. Daraus resultiert, dass einige Pflichten, die Straf- und Jugendstrafgefangene treffen, Untersuchungsgefangenen nicht obliegen. So sind beispielsweiseStraf- und Jugendstrafgefangene verpflichtet, eine ihnen zugewiesene, ihren körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit oder sonstige Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung sie aufgrund ihres körperlichen Zustandes in der Lage sind. Diese Arbeitspflicht haben Untersuchungsgefangene hingegen nicht; ihnen soll lediglich im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten eine Arbeit oder sonstige Beschäftigung angeboten werden, § 29 Abs. 2 ThürJVollzGB. Die besondere Stellung der Untersuchungsgefangenen führt aber nicht nur zur Befreiung von diversen Pflichten - die andere Gefangene treffen -‚ sondern auch zu mehr Rechten bzw. zu Vergünstigungen. So beträgt die gesetzlich festgelegte Gesamtdauer (Mindestdauer) der Besuchszeit im Vollzug der Freiheitsstrafe mindestens zwei, im Vollzug der Untersuchungshaft mindestens drei und im Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Untersuchungsgefangenen mindestens vier Stunden im Monat, § 34 Abs. 1 ThürJVollzGB. Schließlich dürfen sich Untersuchungsgefangene auf ihre Kosten Annehmlichkeiten verschaffen, die von § 57 sowie §§ 59 bis 63 ThürJVollzGB nicht umfasst sind (das betrifft die Ausstattung des Haftraums, religiöse Schriften und Gegenstände, Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk, 1 nformations- und Unterhaltungselektronik, Klei- Seite 236 von 274 dung, Verpflegung und Einkauf), soweit und solange weder eine Anordnung nach § 119 Abs. 1 StPO entgegensteht noch die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet wird, § 64 ThürJVollzGB. Frage 297: Wie viele Plätze für die Vollziehung der Untersuchungshaft gab beziehungsweise gibt es? Wie viele Untersuchungshäftlinge aus Thüringen sind in anderen Bundesländern untergebracht? Wie haben sich die konkreten Belegungszahlen im Anfragezeitraum verändert? Antwort: Die für die Vollziehung der Untersuchungshaft genutzten Haftplätze werden in Thüringen nicht gesondert ausgewiesen. Die nachfolgende Tabelle enthält die Anzahl der Untersuchungsgefangenen in den einzelnen Anstalten zum 31. März des jeweiligen Jahres: JVA 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Arnstadt - - - - - - - 17 33 40 50 Gera 65 50 69 65 66 77 65 60 82 44 - Goldlauter 86 81 61 77 102 128 91 83 92 90 69 Hohenleuben . . 3 1 . . - - . - . 50 Ichtershausen - - - - - - 16 - - - - Tonna 30 31 30 33 31 32 21 25 43 55 65 Untermaßfeld . . - . . - - 6 . 31 Weimar 33 1 33 26 34 - - - - - - - JVAinsgesamt 1 2201 197 1891 211 1 2001 237 1931 1861 256 1 234 265 Untersuchungshäftlinge aus Thüringen waren während des Anfragezeitraumes nicht in anderen Bundesländern untergebracht. Frage 298: Wie hat sich die (durchschnittliche) Dauer der Untersuchungshaft entwickelt? Welche Unterschiede in der Haftdauer sind, bezogen auf unterschiedliche Delikts gruppen , erkennbar? Wie hat sich hier die Entscheidungs- und Anordnungspraxis der Gerichte entwickelt? Antwort: Die erfragten Angaben ergeben sich aus nachstehenden tabellarischen Übersichten : Seite 237 von 274 insgesamt: Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungshaft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 459 116 89 123 96 35 2009 385 74 84 130 88 9 2010 346 63 85 114 65 19 2011 440 83 92 177 60 28 2012 402 65 91 146 66 34 2013 410 58 87 151 79 35 2014 404 65 87 171 59 22 2015 .386 70 82 150 62 22 2016 439 74 96 162 82 25 2017 513 74 140 191 88 20 2018 509 74 88 201 113 33 Abgeurteilte wegen Straftaten gegen den Staat, die öffentliche Ordnung und im Amt, §§ 80a bis 168 und 331 bis 357, außer § 142 StGB Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - haft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 5 2 0 1 1 1 2009 6 1 3 2 0 0 2010 11 0 0 2 2 7 2011 10 0 2 3 4 1 2012 12 2 3 2 0 5 2013 7. 0 3 3 1 0 2014 16 0 0 13 3 0 2015 8 0 3 3 2 0 2016 16 3 2 5 4 2 2017 10 2 3 3 0 2 2018 8 2 1 4 1 0 Seite 238 von 274 Abgeurteilte wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, §§ 174 bis 184j_StGB Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungshaft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 42 6 4 12 14 6 2009 28 3 4 10 9 2 2010 34 3 4 18 7 2 2011 32 4 3 13 6 6 2012 36 5 5 12 9 5 2013 38 3 5 16 13 1 2014 38 4 4 16 8 6 2015 22 3 6 9 3 1 2016 37 1 7 20 4 5 2017 46 j 3 8 j 20 10 5 2018 40 1 3 3 1 11 17 6 Abgeurteilte wegen anderer Straftaten gegen eine Person ohne Taten im Straßenverkehr , §§ 169- 173, 185-241a StGB, außer §§ 222 und 229 StGB i. V. m. einem _Verkehrsunfall _________ Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - haft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 108 24 23 26 23 9 2009 99 16 22 27 28 6 2010 68 7 15 23 17 6 2011 78 13 13 31 13 8 2012 67 11 13 25 11 7 2013 77 13 10 26 14 14 2014 72 13 18 22 12 7 2015 58 9 15 17 14 3 2016 75 13 14 23 22 3 2017 96 13 25 36 19 3 2018 117 14 26 44 26 7 Seite 239 von 274 Abgeurteilte wegen Diebstahl und Unterschlagung, §§ 242 bis 248c StGB Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - haft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 70 21 21 19 6 3 2009 63 17 17 19 11 0 2010 71 11 27 22 10 1 2011 95 19 26 42 8 0 2012 66 11 20 25 8 2 2013 81 13 18 30 12 8 2014 77 8 22 36 10 1 2015 103 18 27 48 6 4 2016 127 22 34 50 20 1 2017 127 22 41 50 9 5 2018 128 25 34 44 20 5 Abgeurteilte wegen Raub und Erpressung sowie räuberischer Angriff auf Kraftfahrer , §§ 249 bis 255 und § 316a StGB _________ Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - haft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 60 5 8 26 17 4 2009 56 5 11 24 16 0 2010 67 9 18 22 17 1 2011 86 12 14 44 8 6 2012 68 9 19 26 12 2 2013 43 4 4 18 14 3 2014 57 11 8 26 9 3 2015 56 6 10 21 18 1 2016 47 8 9 19 8 3 2017 72 9 17 28 17 1 - 2018 60 3 7 26 17 7 Seite 240 von 274 Abgeurteilte wegen anderer Vermögens- und Eigentumsdelikte sowie Urkundendelikte , §§ 257 bis 305a StGB _________ Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - ‚a ii •u Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 53 26 8 10 8 1 2009 35 13 11 8 2 1 2010 29 12 4 9 3 1 2011 48 13 17 12 5 1 2012 34 14 8 8 2 2 2013 34 7 13 10 3 1 2014 37 8 9 14 1 5 2015 33 12 7 9 2 3 2016 38 9 10 14 5 0 2017 45 11 16 12 6 0 2018 53 14 7 22 6 4 Abgeurteilte wegen gemeingefährlicher Straftaten einschl. Umweltstraftaten ' 306 bis 330a StGB außer §§ 315b, 315c, 316, 316a und 232a StGB i.V.m. einem Verkehrsunfall Jahr Abgeurteilte mit Unter- .. sucungsk HalL;+ Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 11 2 3 4 2 0 2009 11 2 0 6 3 0 2010 3 1 1 1 0 0 2011 6 0 1 2 3 0 2012 5 0 1 3 1 0 2013 7 0 6 1 0 0 2014 6 2 3 1 0 0 2015 3 2 0 0 1 0 2016 12 5 2 2 2 1 2017 9 1 2 2 2 2 2018 18 1 2 5 8 2 Seite 241 von 274 Abgeurteilte wegen Straftaten im Straßenverkehr, §§ 142, 315b, 315c, 316, 222, 229 und 323a StGB i. V. m. einem Verkehrsunfall, sowie §§ 21, 22, 22a und 22b StVG Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - haft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 9 5 3 .0 0 1 2009 3 0 1 2 0 0 2010 1 1 0 0 0 0 2011 4 1 1 2 0 0 2012 10 0 3 6 1 0 2013 11 1 2 4 4 0 2014 2 2 0 0 0 0 2015 3 1 1 1 0 0 2016 6 3 0 2 1 0 2017 9 1 2 2 2 2 2018 6 1 0 4 1 0 Abgeurteilte wegen Straftaten nach anderen Bundes- und Landesgesetzen (außer StGB und StVG) Jahr Abgeurteilte mit Untersuchungs - haft Dauer der Untersuchungshaft mehr als... bis einschließlich... bis unter 1 Monat 1 bis unter 3 Monate 3 bis unter 6 Monate 6 Monate bis unter 1 Jahr mehr als ein Jahr 2008 101 25 19 25 24 8 2009 84 17 15 33 19 0 2010 62 19 16 17 9 1 2011 81 21 15 28 13 4 2012 104 13 19 39 22 11 2013 112 17 26 43 18 8 2014 85 15 19 36 15 0 2015 100 19 13 42 16 10 2016 81 10 18 27 16 10 2017 101 13 26 39 21 2 2018 79 11 8 41 17 2 Statistische Angaben zur durchschnittlichen Haftdauer liegen nicht vor. Seite 242 von 274 Frage 299: Welche Gründe werden für die Veränderungen hinsichtlich der Belegungszahlen und der Haftdauer benannt? Inwiefern spielt die Arbeitssituation an den Gerichten eine Rolle? Antwort: Belastbare Erkenntnisse hierzu liegen der Landesregierung nicht vor. Angesichts der Uneinheitlichkeit der statistischen Daten bzw. deren Abweichungen im Anfragezeitraum lässt sich kein prägnantes Erkiärungsmuster ablesen. Dementsprechend kann auch von einem Einfluss der Arbeitssituation an den Gerichten nicht ausgegangen werden. Frage 300: Wie stellt sich die Haft- und Unterbringungssituation in der Untersuchungshaft dar? Ist zum Beispiel Einzelunterbringung gewährleistet? Antwort: Grundsätzlich wird auf die Beantwortung der Frage 145 verwiesen. Die Einzelunterbringung während der Einschiusszeit kann derzeit nur in der JVA Tonna und der JSA Arnstadt gewährleistet werden. Je nach Auslastung der Haftpiatzkapazitäten stehen auch in der JVA Goldlauter und der JVA Untermaßfeld Einzelhafträume zur Verfügung. Frage 301: Wie gestalten sich die Kommunikation (zum Beispiel mit Rechtsanwälten), Beschäftigungssituation und Freizeitgestaltung? Gibt es Beschwerden oder Petitionen, die diesen Themenkreis betreffen? Antwort: Die Kommunikation von Untersuchungsgefangenen mit der Außenwelt wird im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (vgl. §§ 33 bis 45 ThürJVoiizGB) gewährleistet . Dementsprechend werden Besuche von sowie Telefonate und Schriftwechsei mit Verteidigern nicht überwacht. Untersuchungsgefangene sind im Gegensatz zu Strafgefangenen nicht zur Arbeit verpflichtet. Sofern Untersuchungsgefangene dies begehren, wird ihnen unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen und etwaiger verfahrenssichernder Anordnungen nach § 119 Strafprozessordnung je nach Verfügbarkeit ein Arbeitsplatz zugewiesen. Untersuchungsgefangene haben Zugang zu den in den jeweiligen Anstalten bestehenden Freizeitangeboten für Strafgefangene. Einschränkungen können sich aus verfahrenssichernden Anordnungen nach § 119 Strafprozessordnung ergeben. Grundsätzlich wird jedem Untersuchungsgefangenen die Teilnahme am Auf- oder Umschiuss innerhalb der Voilzugsgruppe, am Aufenthalt im Freien und an Freizeitmaßnahmen in Gemeinschaft ermöglicht. Seite 243 von 274 Beschwerden und Petitionen von Gefangenen und damit auch von Untersuchungsgefangenen wurden statistisch nicht erfasst. Unabhängig davon kann mitgeteilt werden, dass es im Berichtszeitraum im Thüringer Justizvollzug Beschwerden von Untersuchungsgefangenen zum Themenkreis gab. Diese betrafen zum Beispiel die Nichtzuweisung von Arbeit und die Begrenzung der Gesprächszeit bei zu überwachenden Telefonaten. In der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben, die erst seit Oktober 2017 für den Vollzug der Untersuchungshaft zuständig ist, waren Beschwerden oder Petitionen bislang nicht zu verzeichnen . Frage 302: Welche spezifischen Probleme bringt die Arbeit mit Untersuchungsgefangenen für die Bediensteten mit sich? Antwort: Allgemeines Insbesondere die steigende Anzahl psychisch auffälliger Gefangener, sowohl in der Untersuchungs- als auch der Strafhaft, ist in vielfältiger Hinsicht eine Herausforderung für die Bediensteten. Dabei spielen verschiedenste Auffälligkeiten und Erkrankungen eine Rolle: Störungen im Zusammenhang mit psychotropen Substanzen Schizophrenie und andere psychotische Störungen affektive Störungen Angststörungen Persönlichkeitsstörungen posttraumatische Belastungsstörungen u. a. Zum Ausdruck kommen diese Auffälligkeiten und Störungsbilder auf unterschiedlichsten Wegen, bspw. in Form von Selbstverletzungen, Suizidalität, ausgeprägten Verhaltensauffälligkeiten. Daran anschließende Betreuungs- und Sicherungsmaßnahmen sind im Regelfall sehr zeitintensiv und binden das Personal. Hinzu kommen Besonderheiten, die sich aus der ethnischen und religiösen Herkunft ergeben. Nicht selten stellt gerade die Sprachbarriere eine erhebliche Herausforderung für die Bediensteten dar. Untersuchungshaft Beim Untersuchungsgefangenen besteht die Unschuldsvermutung. Der Vollzug der Untersuchungshaft erfolgt nach den durch den Richter getroffenen Festlegungen und ist aufgrund der bei Untersuchungsgefangenen häufig zu beachtenden Mittätertrennung und der Umsetzung sonstiger Anordnungen nach § 119 Abs. 1 StPO im Vergleich zum Vollzug der Strafhaft in der Regel aufwändiger. Hohen Aufwand verürsacht die Kontrolle der Außenkontakte aufgrund von Anordnung nach § 119 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO. Die Postkontrolle erfolgt regelmäßig durch die Ermittlungsbehörde. Der Schriftverkehr des Untersuchungsgefangenen wird mittels separaten auszufüllenden Begleit- Seite 244 von 274 umschlags an die jeweiligen Staatsanwaltschaften übersandt. Die Überwachung von Besuchen und Telefonaten bindet Personal. Die Arbeit mit ausländischen Untersuchungsgefangenen wird häufig durch sprachliche Barrieren erschwert. Eine zielgerichtete Arbeit ist selbst bei alltäglichen Fragen und Problemen teilweise nur mit Sprachmittlern möglich. Für Untersuchungsgefangene ist die Haftsituation häufig psychisch besonders belastend . Die meist unerwartete Festnahme lässt Untersuchungsgefangene nicht selten „in ein Loch fallen'. Soziale Kontakte können nur eingeschränkt gepflegt werden , unter Umständen geht der Arbeitsplatz verloren und der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss. Die Haftsituation fördert erfahrungsgemäß eine Suizidneigung. Insoweit ist eine besondere Sensibilität der Bediensteten erforderlich. Aufgrund der langjährigen Erfahrung der Bediensteten in der Arbeit mit Untersuchungsgefangenen erfolgt der Umgang weitestgehend unproblematisch. Frage 303: Inwieweit unterscheidet sich die Ausgestaltung der Untersuchungshaft von der der Strafhaft? Antwort: Insoweit wird auf die Ausführungen zur Frage 296 verwiesen. Frage 304: Inwiefern wird Personal aus dem Justizvollzug zur Begleitung und Bewachung der Gefangenen zu beziehungsweise während Gerichtsterminen eingesetzt? Welche Auswirkungen hat dies auf die Aufgabenwahrnehmung in den Vollzugsanstalten? Antwort: Da die Vorführung von Gefangenen zu Gerichtsterminen in den Zuständigkeitsbereich der Justizvollzugsanstalt fällt, werden sie in der Regel durch Bedienstete der Anstalt vorgeführt. Hierfür ist ein Transportdienst eingerichtet. In Einzelfällen erfolgt auch die Vorführung und Bewachung durch die Polizei in Amtshilfe. Die Bewachung von Gefangenen während der Gerichtstermine fällt in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte. Soweit in den Gerichten keine oder nicht ausreichend Gerichtswachtmeister zur Verfügung stehen, werden die Gefangenen auch in Amtshilfe durch Bedienstete der Justizvollzugsanstalt bewacht. Da ein Transportdienst eingerichtet ist, haben die Vorführungen der Gefangenen zu Gerichtsterminen und ggf. die Bewachung der Gefangenen während der Gerichtstermine normalerweise keine Auswirkungen auf die Aufgabenwahrnehmung in der Justizvollzugsanstalt. Lediglich bei krankheitsbedingten Ausfällen kommt es vor, dass Bedienstete von ihrer Tätigkeit in der Anstalt abgezogen werden und den Transport absichern müssen. Seite 245 von 274 Frage 305: Welche Unterstützungsangebote während der Haft und nach der Haftentlassung bestehen speziell für Untersuchungsgefangene? Antwort: Für Untersuchungsgefangene bestehen grundsätzlich die gleichen Unterstützungs angebote wie für Strafgefangene. Besonderer Beratungs- und Betreuungsbedarf besteht bei der Sicherung des Wohnraums , der Weiterführung/Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte, der Klärung von Unterhaltsangelegenheiten und der Arbeitssituation sowie der Teilnahme an der Sucht- und Schuldnerberatung. Seit 2018 wurde die Gruppe der Untersuchungsgefangenen außerdem in den Adressatenkreis von PÜMaS aufgenommen. In der JVA Hohenleuben werden speziell für Untersuchungsgefangene pro Jahr zwei EDV-Kurse mit jeweils zehn Plätzen angeboten. Bei jungen Untersuchungsgefangenen wird nach dem Aufnahmeverfahren der Förder - und Erziehungsbedarf unter Berücksichtigung ihrer Persönlichkeit und ihrer. Lebensverhältnisse ermittelt. In einer Konferenz mit an der Erziehung maßgeblich beteiligten Bediensteten werden der Förder- und Erziehungsbedarf erörtert und die sich daraus ergebenden Maßnahmen festgelegt (§ 16 ThürJVollzGB). Regelmäßig wird das Jugendamt von der Aufnahme und Entlassung informiert. Bei einer Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe und Entlassung aus der Untersuchungshaft werden regelmäßig auch Auflagen erteilt, die unterstützenden Charakter haben. Ergänzend wird auch auf die Antwort zu Frage 194 verwiesen. Frage 306: In wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurde im Anfragezeitraum Haftentschädigung beantragt und gewährt? Wie lange dauerte es im Durchschnitt, bis die Betroffenen ihre Entschädigung bekommen haben? Antwort: Soweit hierzu eine statistische Erfassung erfolgt, kann auf die beigefügte Übersicht über die jährlichen Strafrechtsentschädigungsverfahren von 1993 - 2018 sowie über Auszahlungen aller Entschädigungen auf Grundlage des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG), Anlagen 1 und 2 zu Frage 306, verwiesen werden. Bis 2014 wurden die Zahlungen jedoch nur insgesamt unter Einbeziehung auch von sonstigen Entschädigungsgründen (z. B. § 839 BGB) erfasst . Weitere Erhebungen werden nicht durchgeführt. j) Situation von Ausländern im Justizvollzug (einschließlich Abschiebungshaft ) Seite 246 von 274 Frage 307: Wie viele Personen mit (auch) nichtdeutscher Staatsbürgerschaft waren/sind Insassen in Thüringer Justizvollzugsanstalten oder sind aus Thüringen in Einrichtungen anderer Bundesländer untergebracht (bitte nach Nationalität und Einrichtung aufschlüsseln )? Antwort: Die Übersichten der einzelnen Jahre über die Anzahl der Personen nichtdeutscher Herkunft in den Thüringer Justizvollzugsanstalten sind differenziert nach Staatsangehörigkeit , Anstalt und Geschlecht der Anlage zu Frage 307 zu entnehmen. Stichtag ist jeweils der 31. März eines Jahres. Eine Statistik zur Anzahl der Personen nichtdeutscher Herkunft, die aus Justizvollzugsanstalten Thüringens in Justizvollzugsanstalten anderer Bundesländer verlegt wurden, wird indes nicht geführt. Frage 308: Wie haben sich die Betroffenenzahlen im Anfragezeitraum entwickelt? Welche Gründe sind hierfür erkennbar (bitte nach Alter und Vollzugsbe reich [auch Abschiebungshaft ] getrennt aufschlüsseln)? Antwort: In der Anlage zu Frage 308 ist die Übersicht über die Entwicklung der Betroffenenzahlen im Abfragezeitraum abgebildet. Stichtag ist jeweils der 31. März eines jeweiligen Jahres. Frage 309: Wie gestaltet sich die Haft- und Unterbringungssituation von Gefangenen mit (auch) nichtdeutscher Staatsangehörigkeit im Justizvollzug im Vergleich zu solchen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit? Antwort: Bei der Haft- und Unterbringungssituation von Untersuchungs-, Straf- und Jugendstrafgefangenen wird grundsätzlich nicht danach differenziert, ob der entsprechende Gefangene die deutsche oder eine andere Staatsangehörigkeit hat. Gefangene mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit unterliegen denselben gesetzlichen Bestimmungen wie deutsche Gefangene und haben somit auch dieselben Rechte und Pflichten. Grundsätzlich haben alle Gefangenen daher auch die gleichen Bildungs-, Arbeits-, Kommunikations- und Besuchsmöglichkeiten: Voraussetzung für die Teilnahme an angebotenen Maßnahmen (z. B. theoretische Bildungsmaßnahmen) ist, dass die nichtdeutschen Gefangenen der deutschen Sprache in Wort und Schrift hinreichend befähigt sind, um diese Angebote wahrnehmen und die Bildungsinhalte.erfassen zu können. Bei diesbezüglichen Defiziten werden von der Anstalt und dem Bildungsträger durch Kursangebote Unterstützungen gewährt. Weitere Voraussetzung für die Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen , die vom Europäischen Sozialfonds oder durch die Bundesagentur für Seite 247 von 274 Arbeit gefördert werden, ist eine Aufenthaltsberechtigung des betreffenden Gefan genen in der Bundesrepublik Deutschland nach dessen Haftentlassung. In der Regel können sich die Gefangenen in der Landessprache mit ihren Angehörigen im Rahmen der Besuchsdurchführung und des Schriftverkehrs verständigen. Darüber hinaus wird den Gefangenen die Möglichkeit eingeräumt, mit ihren Angehörigen telefonisch in Kontakt zu treten. Insbesondere bei Gefangenen, deren Angehörige das Besuchsangebot nicht nutzen können, wird der telefonische Kontakt meistens großzügig gewährt. Soweit erforderlich, erfolgt die Verständigung mit Rechtsanwälten unter Einsatz eines Dolmetschers. Im Übrigen besteht bei Verständigungsproblemen in den Anstalten künftig die Möglichkeit des Einsatzes eines Dolmetschers, der per Videoübertragung extern zugeschaltet wird. Auf Besonderheiten im Rahmen der Religionsausübung bzw. der Ernährung wird geachtet, und sie finden entsprechende Berücksichtigung. Frage 310: Inwiefern werden die spezifischen Bedürfnisse und Probleme dieser Betroffenengruppe berücksichtigt (Kommunikation, insbesondere mit Angehörigen und Rechtsanwälten ; Bildung; Ernährung und so weiter)? Antwort: Gefangene nichtdeutscher Herkunft werden wie deutsche Gefangene entsprechend der geltenden Rechtsvorschriften behandelt. Dies gilt auch für die Kommunikation mit Angehörigen und Rechtsanwälten. Unabhängig davon wird den spezifischen Bedürfnissen dieser Gefangenen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und der Möglichkeiten des Thüringer Justizvollzuges umfänglich Rechnung getragen. So können sich Gefangene nichtdeutscher Herkunft in der Regel in ihrer Landessprache mit Angehörigen im Zuge des Schriftverkehrs und der Besuchsdurchführung verständigen. Auch wird für Gefangene, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, bereits im Aufnahmeverfahren ein Dolmetscher gestellt. Ebenso erfolgt, soweit erforderlich, die Verständigung mit Rechtsanwälten unter Beteiligung eines Dolmetschers. Formblätter mit Belehrungen oder Hinweisen sind in den Anstalten in verschiedenen Sprachen verfügbar. Des Weiteren werden in den Justizvollzugseinrichtungen unterschiedliche Sprachkurse angeboten, z. B. Alphabetisierungskurse oder Kurse zur Verbesserung der Sprachkenntnisse. Darüber hinaus können Gefangene nichtdeutscher Herkunft an den gleichen Ausund Weiterbildungs- sowie Behandlungsmaßnahmen teilnehmen wie deutsche Gefangene , sofern sie der deutschen Sprache hinreichend befähigt sind, um die Bildungsinhalte erfassen zu können und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen . Ebenso wird jedem Gefangenen der verfassungsrechtliche Anspruch auf Religionsfreiheit garantiert (s. a. §§ 80 und 81 ThürJVollzGB) sowie die Ausübung seiner Religion ermöglicht. Die Justizvollzugsanstalten sind nach § 105 Abs. 2 und § 109 Seite 248 von 274 ThürJVollzGB verpflichtet, die dafür notwendigen organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Gleichzeitig hat ein Gefangener nach § 80 ThürJVollzGB das Recht auf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger. Weitere relevante Regelungen sind etwa in § 59 ThürJVollzGB (Religiöse Schriften und Gegenstände) oder § 63 ThürJVollzGB (Verpflegung und Einkauf) hinterlegt. Begleitend dazu werden den Bediensteten über das Fortbildungsprogramm der Thüringer Justizvollzugsausbildungsstätte jährlich Weiterbildungen angeboten, welche u. a. der Festigung und Entwicklung interkultureller Kompetenz sowie der Optimierung im Umgang mit und der Behandlung von Gefangenen mit Migrationshintergrund dienen. In der Ausbildung wird das Thema „Ausländischer Mitbürger" bspw. im Fach Sozialkunde behandelt. Darüber hinaus wird seit letztem Jahr die Möglichkeit angeboten, im Rahmen der Ausbildung mit Vertretern der unterschiedlichen Religionen in Kontakt zu treten. Frage 311: In wie fern besitzt das Personal in den Justizvollzugsanstalten Fremdsprachenkenntnisse ? Für welche Sprachen werden Fortbildun gen angeboten und wie viele Bedienstete haben an welchen Fortbildun gen teilgenommen? Antwort: Die Fremdsprachenkenntnisse des Justizvollzugspersonals beschränken sich nach Kenntnis der Landesregierung überwiegend auf die im Rahmen der schulischen Ausbildung erworbenen Kenntnisse. Im Fortbildungsprogramm Justizvollzug 2019 der Justizvollzugsausbildungsstätte werden keine Sprachkurse angeboten. 1 nwieweit sich Bedienstete privat durch Reisen und/oder Sprachkurse oder Ähnliches weiterbilden, ist nicht bekannt. Zudem steht den Bediensteten die Möglichkeit des sogenannten Bildungsurlaubes offen. Frage 312: Wie oft und in welcher Anstalt kommen Videodolmetscher zum Einsatz? Antwort: Das TMMJV hat im Wege einer europaweiten Ausschreibung mit Hilfe der Gesellschaft für Arbeits- und Wirtschaftsförderung des Freistaats Thüringen mbH (GFAW) nunmehr einen Anbieter von Audio- und Videodolmetscherleistungen gefunden, der seine Leistungen künftig u. a. auch den Justizvollzugseinrichtungen des Freistaats im Wege einer vom TMMJV finanzierten Flatrate zur Verfügung stellen wird. Die Leistungen werden seit dem 1. Mai 2019 in Thüringen ausgerollt. Die Thüringer Justizvollzugsanstalten haben sich für die Inanspruchnahme der Leistungen bereits angemeldet. Seite 249 von 274 Frage 313: Welche, auf die spezifische Situation der Betroffenen zugeschnittenen Unterstützungsangebote (Prävention/während der Haftzeit/nach der Haftentlassung) gibt es und wie werden diese angenommen? Antwort: Im Berichtszeitraum ist die Zahl der Ausländer/Staatenlosen von 148 in 2008 (7%) auf 229 in 2018 (15%) erheblich angestiegen, erreicht jedoch bei weitem nicht den Anteil in anderen Bundesländern. Besondere Herausforderungen ergaben sich seit 2015, als sich der Anteil der Gefangenen ohne deutsche Sprachkenntnisse innerhalb sehr kurzer Zeit erhöhte. Die Bediensteten haben sich den daraus ergebenden Aufgaben gestellt und die Situation gut gemeistert. Bezogen auf die Gesamtzahl der Gefangenen sind die meisten Ausländer in der JSA Arnstadt sowie in der JVA Hohenleuben untergebracht. Ausländer zum Stichtag Justizvollzugsänstalten Gesamt JSA JVA JVA JVA JVA Untermaßfeld 31.03.2019 Arnstadt Goldlauter Hohenleuben Tonna Gesamt 57 48 73 60 25 263 Die wichtigste spezifische Unterstützungsleistung stellt die bedarfsgerechte Bereitstellung von Dolmetschern dar. Durch die Einführung des Videodolmetschens wird das Angebot weiter verbessert. In allen Anstalten werden Sprach-, Alphabetisierungs- und lntegrationskurse in Kooperation mit den örtlichen Volkshochschulen angeboten. Die Anstalten achten darauf , dass Gefangene aus demselben Sprach- und Kulturkreis gemeinsam im Haftraum , in der Wohngruppe oder auf einer Vollzugsstation untergebracht werden. Alle Anstalten haben verschiedene fremdsprachige Fernsehsender abonniert. Die Anstaltsbibliotheken sind mit einer großen Zahl fremdsprachiger Medien ausgestattet. Die Einhaltung religiöser Gebote (Gebete, Speiseangebot usw.) wird ermöglicht. Im Übrigen stehen den ausländischen Gefangenen die gleichen Unterstützungsangebote wie anderen zur Verfügung. Dazu zählen auch die von Netzwerkpartnern wie PÜMaS. Der höherschwelligen Behandlung, zum Beispiel Deliktarbeit, therapeutische Betreuung , sind wegen nicht ausreichender Sprachkenntnisse, aber auch wegen kurzer Unterbringungszeiten häufig Grenzen gesetzt. In Einzelkontakten des Psychologischen Dienstes und des Sozialen Dienstes gehen die Mitarbeiter auf die spezifische Situation des Gefangenen ein und versuchen, gemeinsam mit dem Gefangenen eine Zukunftsperspektive zu erarbeiten. Bei Gefangenen , bei denen eine Abschiebung aus der Haft heraus im Raum steht, wird besonderes Augenmerk auf eine mögliche Suizidalität gelegt. Nachgefragt wurden von den Gefangenen insbesondere Hilfen bei Seite 250 von 274 der Asylbeantragung der Verlängerung einer Duldung der Vaterschaftsanerkennung der Ausübung der Religion (bspw. Ausdruck der Gebetszeiten) der Kontaktaufnahme zur Botschaft/zum Konsulat der Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsbeirat. Im Kontext interkulturelle Bildung können die Bediensteten schließlich aus einem vielfältigen Fortbildungsangebot der Justizvollzugsausbildungsstätte wählen. Frage 314: Wie gestaltet sich die Rückkehrsituation Betroffener mit (auch) nichtdeutscher Staatsangehörigkeit in das Alltags/eben im Vergleich zu solchen mit nur deutscher Staatsangehörigkeit? Antwort: Bei den ausländischen Inhaftierten, die mit einer Bleibeperspektive in Deutschland entlassen werden, unterscheidet sich die Rückkehrsituation bis auf die gegebenenfalls vorhandene Sprachbarriere kaum von den anderen Inhaftierten. Sie ist zunächst abhängig von bestehenden sozialen Netzwerken, verfügbarem Wohnraum und finanzieller Sicherung nach der Haft. Hilfreich ist es daher, wenn Entlassene in eine Gemeinschaftsunterkunft zurückkehren können und ihre Wiedereingliederung von dort aus weitergestalten. Bei den wenigen Gefangenen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, die aus der Sozialtherapie heraus entlassen wurden, ist die Rückkehr in das soziale Empfangsnetz recht gut gelungen. Die Entlassenen wurden von der Familie/Angehörigen finanziell unterstützt und hinsichtlich einer Beschäftigung recht schnell integriert, was im Vergleich zu deutschen Staatsangehörigen nicht der Norm entspricht. Bei den ausländischen Gefangenen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus gestaltet sich die Betreuung schwieriger, weil ausländerrechtliche Fragen Vorrang haben. Im Vorfeld der Entlassung wird daher regelmäßig die zuständige Ausländerbehörde beteiligt , um eine effektive Entlassungsvorbereitung vornehmen zu können. Das in der Antwort zu Frage 313 beschriebene Modellprojekt Deradikalisierung umfasst auch ein Nachsorgeangebot. Frage 315: Inwiefern hat es Beschwerden beziehungsweise Petitionen von Betroffenen gegeben , insbesondere in Bezug auf ihre spezifische Situation? Antwort: Auch Beschwerden und Petitionen ausländischer Gefangener wurden statistisch nicht erfasst. Seite 251 von 274 Die Justizvollzugsanstalt Goldlauter hat über eine Beschwerde rumänischer Gefangener über die Haftsituation an die rumänische Botschaft in Berlin aus dem Jahr 2010 berichtet. Mit Schreiben vom 9. September 2010 teilte die Leiterin der Konsularabteilung der Botschaft der Justizvollzugsanstalt Goldlauter mit, dass sich rumänische Inhaftierte dort über unzureichend abgetrennte Toiletten im Haftraum und darüber beschwert hätten, dass sie einen Großteil des Tages im Haftraum verbringen müssten und fragte an, ob diese Haftbedingungen für alle Gefangenen oder nur für die rumänischen Gefangenen gelten würden. Die Justizvollzugsanstalt Goldlauter unterrichtete die Botschaft, dass alle Gefangenen in Einzel- oder Gemeinschaftshafträumen mit durch Schamvorhänge abgetrennten Toiletten untergebracht werden, die rumänischen Gefangenen ausdrücklich die Gemeinschaftsunterbringung beantragt hatten und sie dieselben Möglichkeiten wie die deutschen Gefangenen haben, den Haftraum zu verlassen. Daraufhin erfolgte keine weitere Rückmeldung der Botschaft. Frage 316: Inwiefern hält die Landesregierung Maßnahmen zur Veränderung der Haftsituation von (auch) nichtdeutschen Betroffenen für notwendig beziehungsweise sinnvoll? Antwort: Die Haftsituation von Gefangenen deutscher und nicht deutscher Abstammung unterscheidet sich hinsichtlich der äußeren Bedingungen nicht. Auf die besonderen Bedürfnisse nicht deutschsprachiger Gefangener wird durch das Angebot von Sprachkursen und die Bereitstellung von Dolmetschern reagiert. Insbesondere wird künftig im Rahmen eines Projekts auch Videodolmetschen angeboten werden können. Dies dürfte eine wesentliche Hilfestellung im Alltag sowohl der Gefangenen als auch der Bediensteten darstellen. Frage 317: Wie viele Ausländer wurden im Anfragezeitraum in Vorbereitungshaft, wie viele in Gewahrsam gemäß § 62 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz und wie viele in Sicherungshaft genommen (bitte aufteilen nach Jahren, Geschlecht und Haftdauer)? Antwort: In Thüringen gibt es seit Juli 2014 keine Abschiebungshafteinrichtung mehr. Daher wurden im Zeitraum ab Juli 2014 bis 2018 Abschiebungseinrichtungen anderer Bundesländer im Rahmen der Amtshilfe genutzt. Die nachstehende Übersicht bezieht sich auf männliche Abschiebungsgefangene, für weibliche Abschiebungsgefangene liegen keine Angaben vor. Angaben über die Anzahl von Personen in Abschiebungshaft können der nachstehenden Ubersicht entnommen werden. Eine weitergehende Differenzierung im Sinne der Fragestellung ist nicht möglich, da hierzu keine statistische Erfassung erfolgt. Jahr Anzahl der Personen in Abschiebungshaft 2008 33 2009 14 Seite 252 von 274 2010 23 2011 15 2012 18 2013 16 2014 5 2015 11 2016 18 2017 19 2018 25 Frage 318: Wie viele Anträge auf Abschiebungshaft wurden von welchen Ausländerbehörden gestellt? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Frage 319: Wie viele Anträge auf Beendigung beziehungsweise Aussetzung der Abschiebungshaft wurden im Anfragezeitraum gestellt? In wie vielen Fällen wurde die Haft beendet beziehungsweise ausgesetzt? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Frage 320: Wie unterscheidet sich die Situation von Abschiebungsgefangenen von der Situation anderer Gefangener? Welche rechtlichen Vorgaben sind dabei zu beachten? Wie stellt sich die Situation besonders schutzbedürftiger Personengruppen in Abschiebungshaft dar? Antwort: Im Hinblick darauf, dass es sich bei den Abschiebungsgefangenen um abzuschlebende Ausländer handelte, die nicht wegen einer begangenen Straftat oder des Verdachts einer Straftat inhaftiert waren, werden sie nicht wie Strafgefangene, sondern grundsätzlich wie Zivilgefangene behandelt. Es wird auf die Regelungen in § 62a AufenthG verwiesen. Frage 321: Wie gestaltet sich die Kommunikation (besonders mit Rechtsanwälten)? Antwort: In Thüringen gibt es seit Juli 2014 keine Abschiebungshafteinrichtung mehr. Daher sind Angaben ab Juli 2014 nicht möglich. Bis dahin konnten Abschiebungsgefangene in der JVA Suhl-Goldlauter während der Inhaftierung unbeschränkt Schreiben Seite 253 von 274 absenden und empfangen. Soweit die Abschiebungsgefangenen über die notwendigen finanziellen Mittel verfügten, wurde ihnen auf Antrag ein Telefonkonto bei der Telio AG eingerichtet. Danach konnten sie regelmäßig auch telefonisch mit ihren Angehörigen Kontakt aufnehmen. In der JVA Suhl-Goldlauter erfolgte eine kostenlose Rechtsberatung der Abschiebungsgefangenen durch die sogenannte Abschiebehaftgruppe Thüringen des Evangelischen Kirchenkreises „Henneberger Land'. Diese Organisation schaltete gegebenenfalls einen Rechtsanwalt (als Rechtsvertretung ) ein. Durch einen Rechtsanwalt konnten sich die Abschiebungsgefangenen auf eigene Kosten beraten lassen. Ab Juli 2014 werden Abschiebungshafteinrichtungen anderer Bundesländer im Rahmen der Amtshilfe genutzt, so dass entsprechende Angaben im Sinne der Fragestellung ab Juli 2014 nicht möglich sind. Frage 322: Welche Kosten haben Abschiebungshäftlinge zu tragen und welche Kosten tragen sie tatsächlich? Antwort: Kosten, die durch eine Abschiebung entstehen, hat der Ausländer nach § 66 Absatz 1 AufenthG zu tragen. Bezüglich des Umfangs der Kosten wird auf § 67 Absatz 1 Nummer 2 AufenthG verwiesen. Nach dieser Vorschrift gehören unter anderem die Kosten der Abschiebungshaft zu den Kosten, die durch den Ausländer zu tragen sind. Die Angaben werden statistisch nicht erfasst, so dass eine Aussage zu den tatsächlichen Kosten nicht möglich ist. Frage 323: Inwiefern hat es Beschwerden (insbesondere Petitionen) von Betroffenen gegeben, insbesondere in Bezug auf ihre spezifische Situation? Antwort: Petitionen und Beschwerden von Gefangenen in der Abschiebungshaft wurden in den Jahren 2008 bis 2014 nicht statistisch erfasst. Es konnte festgestellt werden, dass es in den Jahren 2010 und 2012 jeweils eine Beschwerde eines Abschiebungsgefangenen gab. Die Beschwerden betrafen den Verlust von Kleidungsstücken beziehungsweise die Aushändigung von Papier und Briefumschlägen. Zu Petitionen liegen keine Erkenntnisse vor. Frage 324: Wäre Thüringen in der Lage, die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsan gehöriger (Neufassung) - KOM(2018) 634 endg. - in der aktuellen Entwurfsfassung umzusetzen? Seite 254 von 274 Antwort: Die Richtlinie wird gegenwärtig auf EU-Ebene in den EU-Ratsgremien diskutiert. Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht muss durch den Bund erfolgen. k) Übrige Bereiche des Justizvollzugs Frage 325: Wie viele Personen wurden im Anfragezeitraum in Auslieferungshaft genommen? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Frage 326: Welche Erfahrungen wurden dabei mit den Auslieferungsvorschriften und dem Europäischen Haftbefehl gemacht? Antwort: Die bestehenden Auslieferungsvorschriften sowie die Regelungen zum Europäischen Haftbefehl sind geeignete Instrumente zur Bearbeitung von Auslieferungsverfahren . Insbesondere der Europäische Haftbefehl, der zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anwendung findet, sowie die diesbezüglichen Regelungen des IRG haben zu einer erheblichen Vereinfachung und Beschleunigung der Auslieferungsverfahren geführt. Auslieferungen aus anderen und in andere Staaten, die auf der Grundlage des Europäischen Auslieferungsübereinkommens von 1957, aufgrund bilateraler Vereinbarungen oder im Einzelfall auch auf vertragloser Grundlage möglich sind, spielen eine eher untergeordnete Rolle. Prozedere und Zeitdauer dieser regelmäßig aufwändigen Auslieferungsverfahren hängen in diesen Fällen vielfach von den Umständen des Einzelfalles ab. Frage 327: Wie oft wurde seit dem Jahr 2008 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ausländische Inhaftierte ohne eine weitere Verbüßung der in Deutschland verhängten Strafe abzuschieben und welche Abwägungsentscheidungen wurden zugrunde gelegt (bitte auch nach Nationalität und nach den nicht verbüßten Teil der Strafe unterteilen)? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Hinsichtlich der Anzahl der Fälle, in denen die Thüringer Staatsanwaltschaften von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung abgesehen haben, weil der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert, an einen internationalen Strafgerichtshof übersteht oder aus dem Geltungsbereich der Strafprozessordnung abgeschoben , zurückgeschoben oder zurückgewiesen wurde (vgl. § 456 Abs. 1 StPO), wird auf die nachstehende tabellarische Übersicht verwiesen: Seite 255 von 274 Jahr Entscheidungen nach § 456a Abs. 1 StPO der Staatsanwaltschaft Erfurt Gera Meiningen Mühlhausen insgesamt 2008 0 0 1 0 1 2009 4 0 0 1 5 2010 8 13 1 3 25 2011 12 24 1 0 37 2012 7 27 2 2 38 2013 1 24 0 1 26 2014 5 8 2 1 16 2015 5 6 0 1 12 2016 2 7 0 0 9 2017 8 6 1 0 15 2018 5 9 4 0 18 Zu den Abwäguncisentscheidungen: Ein vorzeitiges Absehen von der Vollstreckung gemäß § 456a Abs. 1 StPO kommt nur dann in Betracht, wenn das staatliche Interesse an der weiteren Vollstreckung nicht entgegensteht und eine bestandskräftige Entscheidung der Ausländerbehörde vorliegt, aufgrund derer der Verurteilte das Bundesgebiet verlassen muss. Eine weitere Strafvollstreckung ist dann auch unter den Gesichtspunkten der Resozialisierung wenig sinnvoll. Der Gesetzgeber hat dabei die Möglichkeit des Absehens von der weiteren Verfolgung nicht vorrangig im Interesse des Ausländers geschaffen. Vielmehr sollen die inländischen Stellen von der Last der Vollstreckung von Strafe gegen Ausländer befreit werden. Im Rahmen der Ermessensentscheidung der Vollstreckungsbehörde sind insbesondere die Umstände der Tat, die Schwere der Schuld, die Höhe des bisher verbüßten Teils der Strafe und das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Vollstreckung zu berücksichtigen. Eine ungünstige Kriminalprognose ist nur insoweit von Relevanz, als sie konkrete Rückschlüsse darauf zulässt, der Verurteilte werde alsbald wieder in das Bundesgebiet einreisen und hier neue Straftaten begehen. Persönliche Belange der Verurteilten können zwar Berücksichtigung finden, ihnen kommt aber bei der Entscheidung nicht das Schwergewicht zu. Darüber hinaus ist auch der Grundsatz der Gleichbehandlung bei der Entscheidung zu beachten. Für diese Entscheidung enthält die Verwaltungsvorschrift des Thüringer Ministeriums für Justiz und Europaangelegenheiten (jetzt Thüringer Ministerium für Migration , Justiz und Verbraucherschutz) vom 4. Mai 1995 (JMBI. Nr. 3 S. 31), zuletzt geändert mit Verwaltungsvorschrift vom 12. November 2018 (JMBI. Nr. 4 S. 92), im Rahmen der Fragestellung folgende Vorgaben: Eine Maßnahme nach § 456a StPO wird für die Vollstreckungsbehörde im Fall einer Abschiebung erst dann in Betracht kommen, wenn diese vollziehbar angeordnet ist und demnächst auch durchgeführt werden soll (Nr. 2.1). Die Vollstreckungsbehörde kann bereits vor der Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von der (weiteren) Vollstreckung absehen, wenn die in dem Verfahren etwa bereits erlittene Freiheitsentziehung und insbesondere Seite 256 von 274 die Auslieferung oder Anweisung als solche zur Einwirkung auf Verurteilte und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheinen. Dies gilt insbesondere, wenn bei Fortsetzung der Vollstreckung mit der bedingten Entlassung gemäß § 57 Abs. 2 StGB, § 88 JGG zum Halbstrafenzeitpunkt zu rechnen wäre, oder die Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt war und der Widerruf der Bewährung allein auf der Verletzung von Auflagen und Weisungen oder auf einer neuen Straftat beruht, die nicht zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe geführt hat (2.1 .1). Zum Zeitpunkt der Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe soll die Vollstreckungsbehörde in der Regel von der weiteren Vollstreckung absehen. Dies gilt insbesondere, wenn bei Fortsetzung der Vollstreckung mit der bedingten Entlassung zum Zweidrittelzeitpunkt gemäß § 57 Abs. 1 StGB bzw. mit der bedingten Entlassung gemäß § 88 JGG zu rechnen wäre oder der Verurteilung ein weniger gewichtiger Verstoß (z. B. gegen das Betäubungsmittelgesetz - etwa bei Straßen-Kleinhandel mit Betäubungsmitteln -) zugrunde liegt (2.1.2). Über den Halbstrafenzeitpunkt hinaus soll eine zeitige Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe nur dann vollstreckt werden, wenn aus besonderen, in der Tat oder in der Person der Verurteilten liegenden Gründen eine nachhaltige Vollstreckung geboten ist. Dies gilt insbesondere, bei wegen Tötungsdelikten Verurteilten, wenn Verurteilte dem Bereich der Organisierten Kriminalität bzw. der schweren Betäubungsmittelkriminalität zuzurechnen sind, wenn Verurteilte wegen ungünstiger Sozialprognose mit der vollständigen Verbüßung der Strafe rechnen müssen (bei guter Führung im Strafvollzug kann in diesem Fall aber ein Absehen von der weiteren Strafvollstreckung zum Zweidrittelzeitpunkt in Betracht kommen), bei Rohheitsdelikten, das heißt solchen Straftaten, die sich gegen Personen richten und in denen eine besonders rohe und rücksichtslose Gesinnung zum Ausdruck kommt, bei gewerbs- und bandenmäßiger Begehungsweise der Straftaten oder wenn ein besonders hoher Schaden verursacht wurde (2.1.3). Ist mit einer Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe gemäß § 57 Abs. 1 StGB zu rechnen, so soll rechtzeitig nach § 456a StPO von der weiteren Strafvollstreckung abgesehen werden, damit zuvor eine Abschiebung erfolgen kann (2.1.4). Bei lebenslanger Freiheitsstrafe wird das öffentliche Interesse an einer nachhaltigen Vollstreckung in aller Regel so schwer wiegen, dass ein Absehen von der weiteren Vollstreckung nicht vor Verbüßung von mindestens 15 Jahren in Betracht kommt. Seite 257 von 274 In Ausnahmefällen kann mit einer Zustimmung des Generalstaatsanwalts schon vor diesem Zeitpunkt gemäß § 456a Stpo verfahren werden, z. B. wenn der Verurteilung eine Konflikttat zugrunde liegt, bei einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes von Verurteilten, insbesondere wenn ihre medizinische Versorgung und Pflege im Strafvollzug einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (2.1.5). Frage 328: In wie vielen Fällen wurde im Berichtszeitraum Ersatzfreiheitsstrafe, Erzwingungshaft und Ordnungshaft angeordnet beziehungsweise vollstreckt (bitte auch auftellen nach Rechtsgrundlage)? Antwort: Statistisch wird nur die Ersatzfreiheitsstrafe separat ausgewiesen. Die Anzahl der diesbezüglichen Strafen für den Zeitraum 2010-2018, differenziert nach Anstalten, kann der nachfolgenden Übersicht entnommen werden. Für die Jahre 2008 und 2009 liegen keine validen Zahlen vor. JVAIJSA 2010 2011 • 2012 2013 2014 2016 2016 2017" 2018 Gesamt AGeru 406 449 617 676 621 724 543 247 4283 JVA GokIlauter 660 575 236 252 317 385 413 366 742 3948 JVA Ibhenleuben 78 70 85 303 358 339 583 620 409 2845 JVATonna 486 552 654 590 593 603 775 791 715 6749 JVA Untermß(e2 84 180 359 382 342 292 450 323 135 2544 JSA Arnstadt (.SA tchteshausen) 13 23 17 23 25 42 99 71 33 270 ZA Weimar der iSA bhtershausen 13 7 20 Genenat 1740 1856 1965 2226 2256 2385 2863 2410 2034 79659 Be AugUst 2011 waren Jugendstuafgefengene auch in der Zw eansta8 (ZA) Weiner der iSA lchtershausen inhaftiert. Zum 1. September 2011 wurde der Genstbebeb der ZA Wewer eingesteRt. Ab 7. Jut 2014: iSA Arnstadf davor iSA tchtershousen. Ab 73uli2014: Thflrioger Jugendarrestanstaf in Arnsladt. davor JAA Weivr. 20. Oldober 2017: Schließung der JVA Gera. Guele: ThOringer Justbvotbug Frage 329: Inwiefern unterscheidet sich die Haft- und Unterbringungssituation in den Bereichen Ersatzhaft, Erzwingungshaft, Ordnungshaft und Abschiebungshaft voneinander beziehungsweise von den übrigen Bereichen des Justizvollzugs? Antwort: Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft sind Zivilhaftarten und werden daher getrennt von Strafhaft und Untersuchungshaft vollzogen. Der Vollzug ist nach §1 71 if. StVollzG geregelt, da hier Bundesrecht greift. Der Vollzug entspricht weitestgehend dem Vollzug der Freiheitsstrafe, soweit nicht Eigenart und Zweck der Haft entgegenstehen oder gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (vgl. § 171 StVollzG). Seite 258 von 274 Im Hinblick darauf, dass es sich bei Abschiebungsgefangenen um abzuschiebende Ausländer handelt, die nicht wegen einer begangenen Straftat oder des Verdachts einer Straftat inhaftiert werden, werden sie grundsätzlich wie Zivilgefangene behandelt . In diesem Zusammenhang sind die Vorschriften zum Vollzug der Abschiebungshaft in § 62a AufenthG und in der Rückführungsrichtlinie zu beachten. Frage 330: Welche spezifischen Unterstützungsangebote zur Vermeidung der Ersatzhaft bestehen und wie werden diese angenommen? Antwort: Wegen des Sachzusammenhanges wird auf die Beantwortung der Fragen 212 und 213 verwiesen. Frage 331: Wie lange ist die durchschnittliche Haftdauer bei Ersatzhaft, Erzwingungshaft, Ordnungshaft und Abschiebungshaft? Antwort: Statistische Angaben im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Frage 332: Wie hoch ist die durchschnittliche Anzahl der Durchgangsgefangenen in Thüringen? Antwort: Die Anzahl der Durchgangsgefangenen ist der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen : J h a r Umlaufleitende Transporthehörde Gesamt Männer, Frauen Gesamt 2008 JVA Gera 1394 56 1450 2009 1287 49 1336 2010 1525 72 1597 2011 1912 75 1987 2012 1910 75 1985 2013 1856 130 1986 2014 1792 -- 87 1879 2015 1802 91 1893 2016 2020 110 2130 2017 • JVA Gera/JVA Goldlauter 2104 134 2238 2018 JVA Goldlauter 2110 129 2239 * 20.10.2017: Schließung JVA Gera. Ab 20.10.2017: JVA Goldlauter urrdaufleitende Transportbehörde für den Freistaat Thüringen. ** Gefangene, die sich länger als nur zum Unstieg in der Anstalt befanden und nicht innerhalb Thüringens transportiert wurden.1 Quelle: Thüringer Justizvollzug Seite 259 von 274 Frage 333: Wie viele Plätze stehen in welchen Justizvollzugseinrichtungen für die Sicherungsverwahrung beziehungsweise in den sozialtherapeutischen Abteilungen zur Verfügung ? Inwieweit arbeitet das Land hiermit anderen Bundesländern zusammen? Antwort: Die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung an männlichen Personen wird gemäß Staatsvertrag von Hessen übernommen, die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung an weiblichen Personen wird gemäß der Verwaltungsvereinbarung über den Vollzug der Sicherungsverwahrung an Frauen vom 20.11.2018 (JMBI Nr. 2/2009) in der JVA Chemnitz/Sachsen durchgeführt. Derzeit werden in der JVA Schwalmstadt in Hessen 15 Plätze für Sicherungsverwahrte bereitgehalten. Das Platzangebot in der Sozialtherapeutischen Abteilung umfasst in: der JVA Ton na: 80 Plätze der JSA Arnstadt: 18 Plätze Frage 334: Wie hat sich die Belegungssituation in den Bereichen Sicherungsverwahrung und Sozialtherapie im Anfragezeitraum entwickelt? In wie vielen Fällen wurde im Anfragezeitraum Sicherungsverwahrung angeordnet? Antwort: Sicherungsverwahrung Im Anfragezeitraum traten insgesamt 23 Gefangene in die Sicherungsverwahrung ein. Derzeit befinden sich 15 Sicherungsverwahrte in der JVA Schwalmstadt. Sozialtherapie Die Belegung der Sozialtherapeutischen Abteilungen ergibt sich aus nachfolgender Tabelle: Belegung sozialtherapeutische Abteilungen (zum Stichtag 31.03.) Anstalt Tonna (Bohandlungsplatzo) Arstadt (Beharidlüngsplätze) 2010 74 (74) (13) 2011 74(75) (13) 2012 77(78) (13) 2013 71(75) 13(13) 2014 69(70) 12(13) 2015 68(70) 13(18) 2016 58(79) 16(18) 2017 66(70) 17(18) 2018 66(66) 16(18) 2019 75(80) 16(18) Seite 260 von 274 Frage 335: Welche Belegung wird auf welcher Grundlage bis zum Jahr 2030 prognostiziert? Antwort: Durchschnittlich ein Promille der Bevölkerung wird zu freiheitsentziehenden Maßnahmen verurteilt. Entsprechend der Bevölkerungsentwicklung, die sich für Thüringen aktuell rückläufig gestaltet, ist mit einer Abnahme im Vergleich zum heutigen Niveau zu rechnen. Bei derzeit 1.542 Gefangenen (Stichtag 31 .03.2019) sind 2030 zwischen 1.500 und 1.600 Haftplätze vorzuhalten. Dem steht nach derzeitigem Stand eine Haftplatzkapazität von 1.803 Plätzen gegenüber (644 JVA Tonna, 272 JSA Arnstadt, 286 JVA Goldlauter, 22IJVA Untermaßfeld, 380 zukünftig JVA Zwickau). Für eine Prognose der Unterbringungszahlen im sozialtherapeutischen Bereich fehlt eine verlässliche Grundlage. Bezüglich der Sexualstraftäter (188 von 1.773 bzw. 10,6% am 31. März 2008 zu 140 von 1.277 bzw. 11 % am 31. März 2018) ist von einem stabilen Anteil an Gefangenen auszugehen. Die absoluten Zahlen im Jugendstrafvollzug könnten in den nächsten Jahren im Zuge des demographischen Wandels weiterhin rückläufig sein. Die therapeutische Behandlungsbedürftigkeit der Gruppe der Gewaltstraftäter lässt sich nur unzureichend einschätzen, da dies im Einzelfall über den Tathergang und die psychische Verfassung des Täters zu prüfen ist. Auf dieser Grundlage ist bei stabilen Gefangenenzahlen (Stichtag 31.03.2019: 1.542) sowie unveränderter Rechtslage und Zuständigkeit davon auszugehen, dass die in den sozialtherapeutischen Abteilungen der JVA Tonna (männliche Erwachsene ) und der JSA Arnstadt (männliche Jugendliche) zur Verfügung stehenden 80 bzw. 18 Plätze für die nächsten Jahre ausreichen werden. Frage 336: Wie bewertet die Landesregierung die Kapazitäten in Qualität und Quantität? Antwort: Die Qualität und Quantität der Sozialtherapeutischen Abteilungen der Justizvollzugsanstalt Tonna und der Jugendstrafanstalt Arnstadt werden als gut bewertet. Die Qualität der Sicherungsverwahrung in der JVA Schwalmstadt wird als gut bewertet . Derzeit sind alle Thüringen zur Verfügung stehenden Plätze ausgeschöpft. Vorsorglich hat die Landesregierung bereits Gespräche mit anderen Bundesländern aufgenommen, die über freie Kapazitäten in der Sicherungsverwahrung verfügen. Frage 337: Wie gestaltet sich die Personalsituation und -struktur in den sozialtherapeutischen Abteilungen, insbesondere im Hinblick auf die Deckung des bestehenden Bedarfs? Gibt es einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch auf der Ebene des Fach personals unter den einzelnen Einrichtungen in Thüringen beziehungsweise über Thüringen hinaus? Seite 261 von 274 Antwort: Personalsituation und —struktur Hinsichtlich der Personalsituation in den Sozialtherapeutischen Abteilungen wird auf die Ausführungen in der Antwort auf Frage 183 verwiesen. Erfahrungsaustausch auf Ebene des Fach personals Für Bedienstete der sozialtherapeutischen Abteilungen werden regelmäßig Supervisionen durchgeführt. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch des Fachpersonals (Sozialer Dienst, Psychologischer Dienst) erfolgt bei Arbeitstagungen im Rahmen des zentralen Fortbildungsprogramms.. Einen direkten Austausch zwischen Fachpersonal der beiden Thüringer Sozialtherapeutischen Abteilungen gibt es unterhalb der Leiterebene nicht institutionalisiert. Der Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e. V. führt jährlich eine Arbeitstagung für die Leiter der sozialtherapeutischen Abteilungen und im Zweijahresrhythmus für die Mitarbeiter sozialtherapeutischer Abteilungen durch, bei denen Thüringen regelmäßig vertreten ist. Darüber hinaus gibt es etwa zweimal jährlich einen speziellen Erfahrungsaustausch für die Mitarbeiter der Einrichtungen der Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen . Frage 338: Welche Vorgaben und Empfehlungen gibt es für die therapeutische Arbeit? Welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Forensik gibt es, die zeitnah im Berichtszeitraum umgesetzt wurden und zukünftig umgesetzt werden sollen? Frage 339: In welchen sozialtherapeutischen Abteilungen in Thüringen werden die Empfehlungen des Arbeitskreises Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e. V. eingehalten ? Inwiefern gibt es Abweichungen und wie werden diese begründet? Antwort auf die Fragen 338 und 339: Die Fragen 338 und 339 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Hinsichtlich der Frage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse im Bereich der Forensik und deren Umsetzung wird mitgeteilt, dass im Bereich der forensischen Psychotherapie und Kriminaltherapie sich in den letzten Jahren infolge neuer Erkenntnisse eine Paradigmenverschiebung vollzogen hat. Beispielsweise wird nun bei „Gewalttätern" zwischen „proaktiv-planend-berechnenden" und „reaktiv-affektivimpulsiven " Tätern unterschieden. Die genannten Tätertypen haben völlig verschiedene Entwicklungsverläufe, Persönlichkeitsmerkmale, Tatverläufe und Prognosen, die zu völlig verschiedenen Therapieansätzen bei beiden Gruppen führen sollten. Auch zeigt sich in den letzten Jahren eine Verschiebung hin zu sog. „mentalisierungsbasierten Therapieansätzen" (MBT). In diesen Ansätzen werden neueste Erkenntnisse der Säuglings- und frühkindlichen Bindungsforschung, affektiven Neurowissenschaften und neurophysiologischen Forschung mit psychoanalytisch fundier- Seite 262 von 274 ten Ansätzen (z.B. Halten, „Containen", Spiegeln und Markieren in der frühen Mutter -Kind-Beziehung) verknüpft. Die Ansätze bieten ein schlüssiges Erklärungsmodell für Persönlichkeitsstörungen, inklusive antisozialer Störungen, aus denen ein therapeutisches Veränderungsmodell abgeleitet werden kann. Das bislang sehr deliktbzw . tatorientierte kognitiv-verhaltenstherapeutische Paradigma in der Forensik (Stichwort: „nicht heilen aber kontrollieren') wird zwar nicht ersetzt, aber erweitert um einen Ansatz, der eine Heilung anstrebt. Das eigentlich schon geschlossene „kritische Bindungs- bzw. Prägungs-Zeitfenster" der ersten drei Lebensjahre soll in der - mehrjährigen - Therapie noch einmal nachträglich geöffnet und korrektiven emotionalen Erfahrungen zugänglich gemacht werden (vgl. Dulz/Briken/ Kernberg/ Rauchfleisch, Handbuch der antisozialen Persönlichkeitsstörung ‚2017; Bateman/Fonagy, Mentalization - based treatment for personality disorders, 2016). In der Sozialtherapeutischen Abteilung der JSA Arnstadt werden diese Entwicklungen im Berichtszeitraum zunehmend umgesetzt. Zwischen „proaktiven" und „reaktiyen " Gewalttätern versucht man dort bereits bei der Aufnahmetestung mit normierten psychologischen Tests zu unterscheiden. „Proaktive Täter" werden im Sinne des Ansprechbarkeitsprinzips anderen, eher kognitiv-behavioralen Therapieansätzen zugeführt. Mentalisierungsbasierte Ansätze werden seit gut 2 Jahren in Einzeltherapie und seit über einem Jahr auch in der Gruppe mit bisher erfolgsversprechenden Ergebnissen erprobt. Bei der Behandlung von Gefangenen, insbesondere im Sexualstraftäterbereich wurde lange Zeit die manualisierte Behandlung anhand stark delikifokussierter relativ strikt kognitiv-behavioraler Programme als einzig erfolgsversprechend propagiert. Mittlerweile führen Evaluationsergebnisse zu anderen Erkenntnissen. Ist die hinreichende Auseinandersetzung mit dem Delikt je nach Fall unterschiedlich aber grundsätzlich notwendig, so bedarf es insbesondere einer stärkeren Beachtung des seelischen Funktionsniveaus, d.h. der grundsätzlichen Selbst- und Beziehungsregulationsfähigkeit . Denn dieses ist eine wichtige Grundvoraussetzung, auf deviante Bewältigungsmechanismen zu verzichten. In den letzten 20 Jahren wurden hier erhebliche Fortschritte in der Behandlungstechnik erzielt. Die entsprechende Diagnostik wurde in der Aufnahmeuntersuchung der Sozialtherapeutischen Abteilung Tonna integriert. Die Behandlungsmethodik, wie die Mentalisierungsbasierte Therapie, Dialektisch -behaviorale Therapie und die Schematherapie, werden nun in Abhängigkeit von der individuellen lndikationsstellung verwandt. In den deliktorientierten Gruppentherapien wird dafür das bisherige themenzentrierte Vorgehen beibehalten, aber das hierbei verwandte lnterventionsrepertoire um obige Behandlungsmethoden ergänzt. Entwicklungs- und ressourcenfördernde Methoden werden stärker berücksichtigt . So wurde Ende 2014 eine weitere Behandlungsabteilung gegründet, welche eine Station für Sexualstraftäter beinhaltet. Diese arbeitet mit halboffenen, hochfrequenten Gruppen für eher weniger gestörte aber behandlungsbedürftige Täter, die keiner durchgehenden Einzeltherapie bedürfen. Insbesondere Gefangene mit eher kürzeren Haftstrafen und somit hoher zeitlicher Dringlichkeit, erhalten nun ein entsprechendes Angebot, um eine Behandlung zeitnah zu beginnen. Des Weiteren werden auf dieser Station die Behandlung und das soziale Lernen dadurch intensiviert, dass Seite 263 von 274 Wohngruppe gleich Behandlungsgruppe und Sozialer Dienst gleich Co- Gruppentherapeut sind. Die Station wurde Anfang 2019 in die SothA der JVA Tonna integriert. Für die Behandlung oben erwähnter Defizite in der Selbst- und Beziehungsregulationsfähigkeit sind flankierend für bestimmte Gefangene nichtsprachliche Behandlungsverfahren angezeigt. Seit vielen Jahren ist deshalb das auch im amerikanischen Strafvollzug erfolgreich eingesetzte Yoga als körpertherapeutische Gruppenmaßnahme in der SothA Tonna etabliert. Es wird ergänzt durch ein musiktherapeutisches Percussion-Angebot. Für 2019 hat das TMMJV auch Haushaltsmittel für die Durchführung von Kunsttherapie zur Verfügung gestellt. Grundsätzlich gibt es weder eine gesetzliche Regelung, in welcher personelle Mmdeststandards für eine Sozialtherapeutische Station vorgegeben sind, noch hat der Justizvollzug des Freistaats Thüringen eine entsprechende interne Festlegung getroffen . Bei den angesprochenen sog. „Mindeststandards" für Sozialtherapeutische Abteilungen handelt es sich um allgemeine Grundsätze, die für Anstalten und Abteilungen die Voraussetzungen wirksamen sozialtherapeutischen Vorgehens schaffen sollen. Sie wurden vom Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e.V. veröffentlicht und weiterentwickelt und haben den Status von Empfehlungen. Danach sollen auf jeweils zehn Gefangene zwei Fachdienststellen kommen, in der Regel besetzt mit einer Fachkraft mit sozialpädagogischem sowie einer mit psychologischem Abschluss, letztere vorzugsweise approbierte Psychologische Psychotherapeuten . Diese Empfehlungen erfüllt die Sozialtherapeutische Abteilung der Justizvollzugsanstalt Tonna (wie auch 3/4 der Sozialtherapeutischen Abteilungen der anderen Bundesländer) derzeit nicht. Dort sind vier Psychologenstellen vorgesehen, wobei die Stelle des Leiters der SothA eingerechnet ist. Zudem sind vier Stellen für Sozialpädagogen vorgesehen und zwei für Betreuungsbedienstete (Bedienstete des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes, die Behandlungs- und Betreuungsaufgaben übernehmen). Auf Grund von notwendigen Abordnungen oder Freistellungen (z. B. sind zwei Psychologen freigestellt, um ihre Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten erlangen zu können) konnten die Stellen im vergangenen und in diesem Jahr nicht immer durchgängig besetzt werden, jedoch werden die Lücken regelmäßig mit Ersatzeinstellungen geschlossen. In der Sozialtherapeutischen Abteilung der JSA Arnstadt sind die Personalanforderungen umgesetzt. Frage 340: Wie viele Thera pien wurden im Anfragezeitraum aus welchen Gründen abgebrochen ? Welche Maßnahmen werden bei Abbruch der Therapie (und gegebenenfalls anschließender Entlassung) vorgenommen? Antwort: Im Berichtszeitraum wurde in folgendem Umfang die sozialtherapeutische Behandlung vorzeitig beendet: Seite 264 von 274 Jahr Abbruch auf Wunsch des Gefangenen Tonna Arnstadt Abbruch durch SothA (mangelnde Motivation, therapieschäd. Verhalten usw.) Tonna Arnstadt 2008 5 k.A. 8 k.A. 2009 5 k.A. 15 k.A. 2010 2 k.A. 12 k.A. 2011 0 k.A. 3 k.A. 2012 3 3 14 0 2013 1 1 4 1 2014 3 6 6 3 2015 0 3 18 4 2016 1 5 10 3 2017 0 0 6 6 2018 0 1 6 3 Eine vorzeitige Beendigung der sozialtherapeutischen Behandlung kann aus unterschiedlichen Gründen erfolgen. In der Regel ist dies der Fall, wenn der betreffende Gefangene trotz unterstützender Interventionen dauerhaft keine Veränderungsmotivation oder zumindest Therapiemotivation entwickelt. Die Dringlichkeit einer Verlegung wird dabei maßgeblich dadurch beeinflusst, ob der Gefangene für sich oder andere therapieschädigenden Einfluss ausübt, wie z.B. Drogen- / Medikamentenkonsum oder -handel, massive Bedrohungen oder Beleidigungen des Personals, wiederholte massive Verstöße gegen die Hausordnung, insbesondere Bedrohung anderer Gefangener, oder subkulturelle Aktivitäten. Nach Therapieabbruch erfolgt eine Rückverlegung in den Regel- bzw. Normalvollzug. Dort wird versucht, die Gefangenen mit alternativen Behandlungsangeboten zu erreichen. Hierbei handelt es sich in der Regel um niederschwellige Behandlungsangebote. Bei manchen Gefangenen gelingt eine Wiederaufnahme nach Therapiepause. In der Regel wird bei Gefangenen, bei denen die Behandlung in der Sozialtherapie abgebrochen werden muss, eine vorzeitige Entlassung nicht befürwortet, was nahezu ausnahmslos dazu führt, dass keine vorzeitige Entlassung erfolgt und in nahezu allen Fällen nach der Entlassung Führungsaufsicht eintritt. Bei „Therapieabbrechern" werden bei Entlassung entsprechend dem von Ihnen ausgehenden Gefahrenpotential (wie bei allen anderen Gefangenen) Empfehlungen zur Führungsaufsicht, zum HEADS (Haftentlassenen Auskunftsdatei Sexualstraftäter )-Programm bzw. zur EAÜ (elektronische Aufenthaltsüberwachung) gegeben. Nachsorgemaßnahmen wie die Nachbehandlung in der Therapeutischen Ambulanz, Fortsetzung psychotherapeutischer Behandlungen außerhalb des Vollzuges, eine Suchtberatung oder Entwöhnungsbehandlung, Betreutes Wohnen etc. werden bereits aus dem Vollzug heraus eingeleitet. Voraussetzung ist ein Mindestmaß an Mitwirkungsbereitschaft . Bei Kooperationsunwilligen bleibt in der Regel lediglich die Kontrolle über oben benannte Auflagen und Weisungen. Grundsätzlich wird zur letzten Vollzugsplanfortschreibung vor Entlassung der verantwortliche Soziale Dienst der Justiz miteinbezogen und zur Konferenz eingeladen. Seite 265 von 274 Frage 341: Wie viele Beschwerden beziehungsweise Petitionen von Betroffenen beziehungsweise Bediensteten hinsichtlich der Situation in der Sicherungsverwahrung beziehungsweise in den sozialtherapeutischen Abteilungen sind im Berichtszeitraum bekannt geworden (insbesondere hinsichtlich der Unterbringungssituation und der Qualitätsstandards des therapeutischen Angebots)? Wie wurde behördlicherseits darauf reagiert? Antwort: Petitionen und Beschwerden hinsichtlich der Situation in den sozialtherapeutischen Abteilungen wurden statistisch nicht erfasst. Die Sicherungsverwahrung wird in der Regel nicht in Thüringen, sondern in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt in Hessen vollzogen. Beschwerden und Petitionen werden durch das Land Hessen bearbeitet. Frage 342: Welche Unterbringungszahlen werden bis zum Jahr 2030 im sozialtherapeutischen Bereich auf welcher Grundlage e,wartet? Welche Schlussfolgerungen sind nach Ansicht der Landesregierung aus diesen Prognosen zu ziehen? Antwort: Es wird auf die Ausführungen zur Frage 335 verwiesen. 1) Verwaltungsorganisation und Kosten und Einnahmen Frage 343: Wie stellt beziehungsweise stellte sich die Organisationsstruktur im Bereich des Justizvollzugs dar (auch Ministerialebene)? Antwort: Für die Organisationsstruktur wird auf die Anlage zu Frage 343 verwiesen. Hierin sind die Organisationsziffern und Funktionen im Thüringer Justizvollzug aufgelistet. Frage 344: Welche personellen und organisatorischen Maßnahmen sind im Anfragezeitraum erfolgt? Welche Maßnahmen sind beabsichtigt? Wann sollen diese umgesetzt werden ? Antwort: Im Anfragezeitraum ist eine Vielzahl personeller und organisatorischer Maßnahmen erfolgt. Daher wird im Folgenden nur auf die Maßnahmen von besonderer Bedeutung hingewiesen: Seite 266 von 274 Personelle Maßnahmen Im Anfragezeitraum gab es diverse Veränderungen im Personalbestand und auch im Hinblick auf die diesbezügliche Aufgabenverteilung. So gab es beispielsweise eine Vielzahl an Verschiebungen und Wechseln in der Anstaltsleitung der jeweiligen Justizvollzugseinrichtungen. Dies hatte vielschichtige Ursachen (z. B. Versetzungen und sich daraus ergebende „Lücken' im Personalbestand, Ruhestandsversetzungen ). Organisatorische Maßnahmen Zum einen gab es im Anfragezeitraum eine Vielzahl an Gesetzesänderungen, so sind nunmehr die vollzuglichen Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes des Bundes weitestgehend in landeseigene Regelungen überführt worden, wie das Thüringer Justizvollzugsgesetzbuch, das Thüringer Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz u. a. Zum anderen gab es organisatorische Veränderungen. Exemplarisch zu benennen ist, dass im Jahr 2014 die neue Jugendstrafanstalt Amstadt mit Jugendarrestanstalt in Betrieb genommen und damit die Jugendstrafanstalt lchtershausen nebst Zweiganstalt Weimar aufgegeben wurden. Im Oktober 2017 wurde die JVA Gera als kleinste Justizvollzugsanstalt in Thüringen geschlossen. Die Funktion der transportumlaufleitenden Behörde, die bis dahin bei der JVA Gera lag, wurde der JVA Goldlauter zugewiesen. Frage 345: Wie und gegebenenfalls warum hat sich die Situation der Unternehmen und Eigenbetriebe der Justizvollzugsanstalten, insbesondere hinsichtlich Personalstruktur und Angebot, verändert? Frage 346: Wie entwickelten sich die Auftragslage und die finanzielle Situation hinsichtlich Einnahmen , Ausgaben und Gewinn? Antwort auf die Fragen 345 und 346: Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 345 und 346 gemeinsam beantwortet. In den Justizvollzugsanstalten in Goldlauter, Hohenleuben, Tonna und Untermaßfeld werden seit 2008 konstant 17 Eigenbetriebe unterhalten. Diese Anzahl verminderte sich um den seit dem Jahr 2018 geschlossenen Eigenbetrieb Schlosserei der JVA Goldlauter auf 16. In der ehemaligen JVA Gera sowie in der JSA Arnstadt (früher JSA lchtershausen) waren bzw. sind keine Eigenbetriebe eingerichtet. Etwa 90% der Leistungen der Eigenbetriebe werden für Landesbehörden und 10% für dritte Auftraggeber erbracht . Die Emtragssituation der Eigenbetriebe schwankt im 10-Jahreszeitraum um bis zu 15%. Das bisherige Spitzenergebnis von 4,8 Millionen EUR ging auf Großaufträge von Landesbehörden (Büromöbel JVA Untermaßfeld) zurück. Seite 267 von 274 Die Eigenbetriebe werden ausschließlich mit eigenem fachlich qualifiziertem Personal geführt. Das Produktionsangebot ist seit 2008 weitgehend auf Bedarfe der Öffentlichen Hand in Thüringen (insbesondere Büro- und Haftraummöbel, Druckereierzeugnisse , Bäckereierzeugnisse, Wäscherei, Gefangenenbekleidung sowie Fensterbau ) ausgerichtet. Unternehmerbetriebe wurden - außer in der ehemaligen JVA Gera (Untersuchungshaft ) - in jeder Thüringer Justizvollzugsanstalt und in den Jahren 2008 bis 2011 auch in der JSA lchtershausen eingerichtet. Die Mehrzahl der durchschnittlich 16 eingerichteten Unternehmerbetriebe ist kleiner Natur mit unter 10 Beschäftigungsplätzen für Gefangene. Nur ein in der JVA Tonna betriebener Unternehmerbetrieb hat aktuell noch über 45 Beschäftigungsplätze. Die Unternehmerbetriebe werden in der Regel durch Bedienstete fachlich angeleitet. Lediglich für zwei Unternehmerbetriebe (JVA Tonna und JVA Hohenleuben) stellt der Unternehmer Betriebspersonal. Das Tätigkeitsfeld in den Unternehmerbetrieben ist vornehmlich auf regelmäßig leicht erlernbare Montage- und Konfektionierungsarbeiten ausgerichtet. Neben dem vorrangigen Ziel der Beschäftigung der Gefangenen, ist die Tätigkeit der Eigen- und Unternehmerbetriebe darauf ausgerichtet, einen Beitrag zur Refinanzierung der Kosten des Justizvollzuges zu leisten. Die Ergebnisse der auf Teilkostenbasis abgerechneten Eigen- und Unternehmerbetriebe stellen lediglich einen Anhaltspunkt für die unter den vorhandenen vollzuglichen Gegebenheiten mögliche Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Betriebe dar. Es können nicht sämtliche Aufwandspositionen kostenmäßig einberechnet werden - bspw. werden Energiekosten nicht erfasst. Frage 347: Welche Gründe können für Veränderungen benannt werden? Antwort: Wesentliche Gründe, die die Geschäftstätigkeit der Eigen- und Unternehmerbetriebe beeinflusst haben, sind z.B.: die Bankenkrise 2008 und Krise in der Solarindustrie 2010 (rückläufige Marktbedarfe), die steigenden Rohstoffpreise 2010, die Auswirkungen der vorläufigen Haushaltsführung 2015, die Personaiwechsel auf Leitungspositionen der Arbeitsverwaltungen, gegebenenfalls personelle Ausfälle in Arbeitsbetrieben, die zeitweisen, technisch und/oder organisatorisch bedingten Betriebsausfälle und Seite 268 von 274 die zunehmend schwierigere Besetzung der anspruchsvolleren Gefangenenarbeitsplätze wegen fehlender Eignung. Frage 348: Wie enwickeIte sich die Kostenstruktur im Bereich Justizvollzug? Welche Gründe können hierfür benannt werden? Antwort: Bereits seit dem Jahr 1993 wird für die Ermittlung der Kosten im Bereich des Justizvollzuges ein bundeseinheitliches Berechnungsschema, welches im Jahr 2013 überarbeitet wurde, angewandt. Mit diesem einheitlichen Berechnungsschema werden ermittelt: der Tages-Haftkostensatz ohne Baukostensatz, aber einschließlich der Kosten für Bauunterhaltungsmaßnamen - alle Titel der Gruppe 519 (Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen). Der Tages-Haftkostensatz beinhaltet alle Kosten des Vollzuges je Tag und Gefangenen einschließlich der pauschal mit 30% anzu setzenden anteiligen Pensionslasten für die Beamten (Ist-Ausgaben bei den Titeln 422 01 und 422 61), der Sach-lnvestitionskostensatz für investive Maßnahmen nach Hauptgruppe 8 (ist seit 2014 gesondert neu auszuweisen), der Baukostensatz (Ausgaben für Baumaßnahmen aus Einzelplan 18 Kapitel 05 Hauptgruppe 7) und daraus resultierend der Gesamtkostensatz pro Tag und Gefangenen. Für den Berichtszeitraum wurden die in der beigefügten Anlage genannten Sätze für den Justizvollzug in Thüringen ermittelt. Der Anstieg der Tages-Haftkosten ist hauptsächlich durch die Entwicklung der Kosten für Personalausgaben in der Hauptgruppe 4 (ca. 2/3 der Ausgaben im Kapitel 05) zurückzuführen. Im Bereich der sonstigen Baumaßnahmen (Hauptgruppe 7) ist der ermittelte Kostensatz unmittelbar abhängig von den jeweils zu realisierenden großen Neubaumaßnahmen . Dazu gehören im Berichtszeitraum die JSA Arnstadt und der gemeinsame Neubau der JVA Zwickau. Die Entwicklung der Kostenstruktur im Bereich des Justizvollzuges wird maßgeblich von folgenden Faktoren beeinflusst: - Personalkosten Anzahl der inhaftierten Gefangenen sächliche Verwaltungsausgaben Ausgaben für Zuweisung und Zuschüsse mit den Schwerpunkten: Arbeitsentgelt der Gefangenen Verwaltungskostenerstattungen an andere Bundesländer (z.B. für die Unterbringung von Gefangenen) Ausgaben für die medizinische Versorgung und Betreuung der Gefangenen Seite 269 von 274 o Ausgaben für Investitionen (wie z.B. Fahrzeuge, Maschinen und Geräte, Sicherheitstechnik/-geräte der Anstalten) Darüber hinaus haben sich auch die höheren Preise für Energie und Rohstoffe auf den Tages-Haftkostensatz eines Gefangenen in Thüringen ausgewirkt. Frage 349: Welche Kosten fallen dem Land für die Unterbringung von Gefangenen in anderen Bundesländern an (bitte auch nach Bundesland und Tagessatz aufgliedern)? Antwort: Auf Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Freistaaten Sachsen und Thüringen werden die weiblichen Gefangenen aller Haftarten aus Thüringen in Einrichtungen des Sächsischen Justizvollzugs (JVA Chemnitz) untergebracht. Im Ausgleich dafür werden männliche Strafgefangene für den Erstvollzug aus dem Einzugsgebiet (West-)Sachsen in Thüringer Justizvollzugseinrichtungen (schwerpunktmäßig in die JVA Hohenleuben und bei Bedarf ggfs. auch in die JVA Tonna) aufgenommen. Gemäß der o.g. Vereinbarung sind bei nicht vollzogenem Belegungsausgleich die Kosten zu erstatten; bislang wurden folgende Kosten an Sachsen erstattet: Haushaltsjahr Tages-Haftkostensatz erstattete Gesamtkosten 2008 78,67 EUR 2.491.949,22 EUR 2009 84,33 EUR 2.000.093,52 EUR 2010 84,63 EUR 1.199.833,67 EUR 2011 85,12 EUR 730.767,24 EUR 2012 87,71 EUR 105.694,19 EUR 2013 92,36 EUR 0,00 EUR 2014 94,11 EUR 22.334,13 EUR 2015 93,75 EUR 1.061.859,60 EUR 2016 98,85 EUR 2.072.786,64 EUR 2017 98,37 EUR 1.390.412,18 EUR 2018 102,23 EUR 1.094.274,72 EUR Darüber hinaus wurde mit dem Bundesland Hessen mittels Staatsvertrag die gemeinsame Unterbringung von Sicherungsverwahrten in der JVA Schwalmstadt vereinbart . Es können maximal 15 männliche Sicherungsverwahrte aus Thüringen dort untergebracht werden. Hierfür wird dem Land Hessen ein Viertel der tatsächlichen Unterbringungskosten erstattet. Derzeit wurden 15 Sicherungsverwahrte aus Thüringen in die Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt verlegt und somit die vorhandenen Plätze vollständig ausgelastet. Jahr erstattete Kosten im Jahr1 • 2008 118.000,00 EUR (Restzahlung für 2007) 2009 12.736,08 EUR 2010 10.747,51 EUR Seite 270 von 274 2011 79.278,23 EUR 2012 102.522,10 EUR 2013 814.524,24 EUR 2014 662.301,20 EUR 2015 1.338.853,78 EUR 2016 1.345.888,34 EUR 2017 1.323.049,36 EUR 2018 1.394.243,26 EUR 1) Die Erstattung erfolgt haushaltsjahrübergreifend und ist von den jeweils aktuellen Ist-Ausgaben lt. Abrechnung des Hessischen Ministeriums der Justiz abhangig. Frage 350: Welche Maßnahmen zur Kostensenkung wurden im Anfragezeitraum mit welchem Ergebnis durchgeführt und welche Maßnahmen sind geplant? Antwort: Im Geschäftsbereich des Justizvollzuges können die Maßnahmen zur Kostensenkung in folgende Hauptaufgabengebiete untergliedert werden: allgemeine Aufgaben im Bereich der Verwaltung, Maßnahmen zur Kostenbeteiligung der Gefangenen an den Kosten des Justizvollzuges in Thüringen und Umsetzung von Energiesparmaßnahmen in den Justizvollzugseinrichtungen. zu Punkt a) Die Justizvollzugseinrichtungen sind ständig bemüht, auch durch organisatorische Maßnahmen, die Verwaltungs- und Bewirtschaftungskosten im Justizvollzug zu senken. Dies erfolgt beispielsweise durch eine intensive Nutzung der Möglichkeiten einer zentralen Beschaffung. Darüber hinaus kann durch den Einsatz neuer EDV-Technik die Erledigung der Verwaltungsaufgaben effektiver und effizienter ausgeführt werden, mit der Folge, dass Kosten für Formulare und Postdienstleistungen enifallen bzw. drastisch gesenkt werden konnten. zu Punkt b) In allen Thüringer Justizvollzugseinrichtungen erfolgt inzwischen eine Beteiligung der Gefangenen an den Kosten des Justizvollzuges. Die Gefangenen leisten Beiträgefür die Nutzung des Fernsehempfangs Nutzung der Kraftsporträume und Billardtische Reinigung privater Wäsche in den Anstaltswäschereien zu Punkt c) Seite 271 von 274 In den Justizvollzugseinrichtungen sind vielfältige Maßnahmen zur Energieeinsparung vorgenommen worden; im Einzelnen sind zu nennen: Einbau von Wasserspararmaturen Einbau von Wärmedämmstoffen in Hausfassaden Umstellung und Optimierung der Heizungs- und Energieanlagen Einsatz von Energiesparlampen Maßnahmen der Umsetzung des Energiespar-Contracting in der JVA Untermaßfeld als Pilotprojekt für den Thüringer Justizvollzug. Die Heiztechnik der Anstalt wurde erneuert und die Versorgung mit Heizmedien und Elektroenergie durch Installation eines Blockheizkraftwerkes optimiert. In der JVA Goldlauter wurden Maßnahmen im Rahmen des Energiesparlntracting beim Umbau der Heizungsversorgung in einem Hafthaus durchgeführt . Der Einbau einer Holzhackschnitzelheizungsanlage dient der Energieoptimierung . Die (neue) JSA Arnstadt wurde mit einer umweltfreundlichen Heizungsanlage auf Holzhackschnitzelbasis ausgestattet. Auf einem Teil der Dächer in der JVA Goldlauter und der JSA Arnstadt erfolgt die Installation von Photovoltaikanlagen zur Gewinnung von Energie, welche auch bei fehlendem Eigenbedarf in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Ergänzend wird auf die Ausführungen zu den Fragen 126 und 127 verwiesen. Frage 351: Wie entwickelte sich die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern und welche Maßnahmen sind bis zum Jahr 2025 geplant? Antwort: Auf der Grundlage des derzeitigen Staatsvertrages zwischen Sachsen und Thüringen vom 15. April 2014so11 eine gemeinsame Justizvollzugsanstalt mit dem Freistaat Sachsen in Zwickau errichtet werden. Nach derzeitigem Baumanagementplan erfolgt die bauliche Umsetzung der Hauptmaßnahme im Zeitraum vom II. Quartal 2019 bis zum IV. Quartal 2023 mit anschließender lnbetriebnahmephase. Darüber hinaus besteht die Vollzugsgemeinschaft zwischen Thüringen und Sachsen hinsichtlich der Unterbringung der weiblichen Gefangenen aus Thüringen im Sächsischen Justizvollzug. Dies gilt eingeschränkt auch für die Mitnutzung des Krankenhauses der Justizvollzugsanstalt (JVA) Leipzig durch Sachsen-Anhalt und Thüringen . Hier verfügt Thüringen über 2 Belegbetten in der somatischen Krankenpflegeabteilung und 5 Belegbetten in der psychiatrischen Behandlungsabteilung. Insgesamt sind die 42 vorhandenen Behandlungsplätze bereits für Sachsen allein nicht bedarfsdeckend, so dass Sachsen derzeit keine Aussage treffen kann, ob die Verwaltungsvereinbarung in diesem Punkt aufrechterhalten werden kann. Die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern hinsichtlich der Unterbringung von stationär behandlungsbedürftigen Gefangenen aus Thüringen in den Justizvollzugskrankenhäusern in Fröndenberg (Nordrhein-Westfalen) und Kassel (Hessen) sowie in der Krankenabteilung in der JVA St. Georgen-Bayreuth (Bayern) wird grundsätzlich als hilfreich eingeschätzt, jedoch in den letzten Jahren weniger genutzt. Da die Seite 272 von 274 Vollzugskranken häuser der anderen Bundesländer ebenfalls verstärkt mit der Fachkräftegewinnung im ärztlichen und Krankenpflegebereich zu kämpfen haben, ist die Abgabe von Patienten schwieriger geworden. Des Weiteren wurde hinsichtlich der am 3. Februar 2004 (Sachsen), 13. Februar 2004 (Sachsen-Anhalt) und 02. März 2004 (Thüringen) im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland unterzeichneten Verwaltungsvereinbarung über die Bildung von Sicherheitspartnerschaften im Justizvollzug eine vereinfachte Verlegung gefährlicher Gefangener vereinbart. Darüber hinaus wurde auch eine Zusammenarbeit der Sicherheitsgruppen der drei genannten Bundesländer vereinbart. Die Sicherheitsgruppen Justizvollzug der beteiligten Länder unterstützen sich vor allem bei besonderen Vorkommnissen, Sicherheitsnachschauen und Durchsuchungen, bei der Durchführung von Aus- und Fortbildungsveranstaltungen sowie bei Gefangenentransporten über die Landesgrenzen hinweg. Die Leiter der Sicherheitsgruppen treffen sich mindestens einmal im Jahr zu einem gemeinsamen 1 nformations- und Erfahrungsaustausch. Es findet mindestens einmal im Jahr ein gemeinsamer Durchsuchungseinsatz aller Sicherheitsgruppen statt. Im Hinblick auf den Vollzug der Abschiebungshaft hat Thüringen mit Rheinland- Pfalz für den Zeitraum 15. April 2019 bis zum 14. April 2020 eine Verwaltungsvereinbarung über die Bereitstellung eines Abschiebungshaftplatzes für volljährige Personen in der dortigen Abschiebungshaftanstalt in Ingelheim abgeschlossen. Darüber hinaus werden im Rahmen der Amtshilfe Äbschiebungshaftplätze in anderen Bundesländern genutzt. Mit dem Bundesland Hessen wurde ein Staatsvertrag zum Vollzug der Sicherungsverwahrung geschlossen. Inhaftierte aus Thüringen, die nach Ablauf ihrer Strafhaft in die Sicherungsverwahrung übergehen, werden hierzu in die JVA Schwalmstadt verlegt und verbleiben für die Dauer der Sicherungsverwahrung dort. Frage 352: Wie ist der aktuelle Diskussionsstand zu alternativen Vollzugsmethoden und welche Erfahrungswerte gibt es dazu aus Thüringen und aus anderen Bundesländern? Frage 353: Wie bewertet die Landesregierung diese Diskussion? Seite 273 von 274 Antwort auf die Fragen 352 und 353: Die Diskussion wird mit Interesse verfolgt, um etwaige Anpassungs- oder Reformbedarfe erkennen, diskutieren und gegebenenfalls auch umsetzen bzw. anregen zu können. Ergänzend ist jedoch auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes hinsichtlich der strafrechtlichen Sanktionsgefüge hinzuweisen. Mit freundlichen Grüßen Seite 274 von 274