09.09.2019 Drucksache 6/7702Thüringer LandTag 6. Wahlperiode Druck: Thüringer Landtag, 30. September 2019 Probleme im Zusammenhang mit dem neuen Vorgangsbearbeitungssystem "Com- Vor" (Computergestützte Vorgangsbearbeitung) Die Kleine Anfrage 4007 vom 12. Juli 2019 hat folgenden Wortlaut: Zu Beginn dieses Jahres vollzog die Thüringer Polizei den größten Datenbankwechsel ihrer Geschichte. Das bisherige Datenbearbeitungsprogramm IGVP wurde durch das neue System "ComVor" ersetzt. Die Ein führung des Programms war nicht nur mit erheblichen Kosten verbunden, sondern verursacht bei der täg lichen Vorgangsbearbeitung auch Probleme. Berichtet wird hierbei unter anderem, dass für die Aufnahme von Sachverhalten nun deutlich mehr Zeit benötigt werde, die Recherchemöglichkeiten sich verschlechtert hätten und zudem auch noch der Umfang der für die Bearbeitung eines Vorgangs benötigten Papiermenge deutlich zugenommen habe. Um die durch die Einführung des neuen Vorgangsbearbeitungssystems "Com Vor" verursachten Schwierigkeiten schnellstmöglich zu beheben, ist es nötig, die Ursachen für die beste henden Probleme zu lokalisieren und zu beseitigen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie hoch waren die Gesamtkosten, die aufgrund der Einführung des neuen Vorgangsbearbeitungssys tems "ComVor" dem Freistaat Thüringen entstanden sind? 2. Wie hoch sind die jährlichen Kosten, die aufgrund der Einführung des neuen Vorgangsbearbeitungssys tems "ComVor" dem Freistaat Thüringen voraussichtlich in Zukunft entstehen werden? 3. Ist das Vorgangsbearbeitungssystem "ComVor" gegenwärtig bereits vollumfänglich betriebsbereit? Falls nein, was sind die Gründe hierfür und wann wird es voraussichtlich vollumfänglich betriebsbereit sein? 4. Wann genau wird bei dem neuen Vorgangsbearbeitungssystem "ComVor" voraussichtlich eine Umstel lung von statischen Formularen auf dynamische Formulare erfolgen? 5. Ist es zwingend notwendig gewesen, für das Vorgangsbearbeitungssystem "ComVor" neue Server zu erwerben? Falls ja, was war der Grund dafür und wie hoch waren die Anschaffungskosten und sind die jährlichen Folgekosten? 6. Welche anderen verfügbaren Programme standen als Nachfolgeprogramme für das bisherige Datenbe arbeitungsprogramm IGVP neben "ComVor" zur Auswahl und aus welchen Gründen im Einzelnen fiel die Entscheidung auf "ComVor"? K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Henke und Kießling (AfD) und A n t w o r t des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales 2 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7702 7. Wie hoch wären voraussichtlich die Anschaffungskosten sowie die jährlichen Folgekosten für die in Fra ge 6 abgefragten sonstigen Nachfolgeprogramme gewesen (bitte gesondert nach dem jeweiligen Da tenverarbeitungsprogramm aufschlüsseln)? 8. Wie viele Schnittstellen zu den anderen Programmen sind bisher noch nachträglich eingerichtet wor den und wie viele müssen bis wann noch eingerichtet werden, damit ein vollumfängliches Arbeiten mit dem Programm möglich ist? Welche Kosten sind dadurch bisher entstanden und mit welchen Kosten wird noch dafür gerechnet? 9. Welche Anzahl an Beschwerden zum Programm und dessen Bedienung liegen aktuell vor und wie vie le gab es pro Monat seit der Einführung des Programms? 10. Wie werden Anregungen von Seiten der Anwender zum Programm umgesetzt und was konkret konnte dadurch schon verbessert werden? Wie ist die Optimierung künftig angedacht? Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage namens der Lan desre gierung mit Schreiben vom 5. September 2019 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Thüringer Landesregierung hat mit Schreiben vom 6. August 2019 um Fristverlängerung bis zum 6. Sep tember 2019 für die Beantwortung dieser Kleinen Anfrage ersucht. Die Abgeordneten Henke (AfD) und Kieß ling (AfD) haben die Fristverlängerung gegenüber dem Thüringer Landtag mit Schreiben vom 8. August 2019 abgelehnt. Eine vollständige Beantwortung der Kleinen Anfrage konnte aufgrund der hierfür notwendigen um fänglichen Abfragen von weiteren Ressorts und des nachgeordneten Bereiches nicht abschließend erfolgen. Diese Antwort stellt den Beantwortungsstand dar, der innerhalb der nach § 90 Abs. 4 Satz 1 Geschäftsord nung des Thüringer Landtages vorgesehenen Frist durch die Thüringer Landesregierung zu erreichen war. Zu 1.: Die Einführung des Vorgangsbearbeitungssystems (VBS) ComVor ist ein Teilergebnis des Projekts zur "Neuausrichtung der Organisation und Verfahrenslandschaft" (NOVa) der Thüringer Polizei. Mit der Ent wicklung und Implementierung von ComVor sowie notwendiger Schnittstellen zu Umverfahren (beispiels weise EUSka, ZeSAR, FINDUS, EPost810) entstanden haushaltswirksame Projektkosten in Höhe von ins gesamt 16,87 Millionen Euro. Aufgrund der technischen Schnittstellen zwischen dem VBS ComVor und den weiteren Umverfahren erfolg te ein ganzheitlicher Ansatz zur Modernisierung der Verfahrenslandschaft für die Thüringer Polizei. Dies hat zur Folge, dass eine ausschließlich auf das VBS ComVor ausgewiesene Kostenaufstellung nicht möglich ist. Zu 2.: Der Freistaat Thüringen zahlt jährlich ein vorhabenabhängiges Pflegebudget von circa 750.000 Euro an die ITKooperation der Länder BadenWürttemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen und Thüringen. Zu 3.: Im Vorfeld der Einführung durchlief das VBS ComVor einen umfangreichen Testzyklus, welcher die Funkti onsfähigkeit von ComVor im täglichen Betrieb sicherstellen sollte. Im Ergebnis der erfolgreichen Testpha se konnte festgestellt werden, dass die einzuführende Version des VBS ComVor ein stabiles und perfor mantes System darstellt. Zu 4.: Aufgrund einer Entscheidung innerhalb der ITKooperation der Länder BadenWürttemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen und Thüringen zur Einführung von dynamischen Formularen wurden die Prozesse zur Abstimmung der fachlichen Anforderungen bereits initiiert. Nach Abschluss der Abstimmungs, Entwick lungs und Implementierungsprozesse kann mit einer Umstellung von statischen auf dynamische Formula re ab dem Jahr 2021 gerechnet werden. Zu 5.: Die Sicherstellung des Basisbetriebs für die polizeilichen ITVerfahren, einschließlich dafür notwendiger Hard und Software sowie des zur diesbezüglichen Betreuung notwendigen Personals, wird grundsätzlich durch das Thüringer Landesrechenzentrum gewährleistet. 3 Drucksache 6/7702Thüringer Landtag - 6. Wahlperiode Die ServerInfrastruktur im Thüringer Landesrechenzentrum wird regelmäßig aufgrund technischer Erforder nisse modernisiert und an die Anforderungen der nutzenden Ressorts sowie Behörden der Landesverwal tung angepasst. Somit erfolgte auch bei der Einführung des VBS ComVor die bedarfsgerechte Bereitstellung von Servertechnik. Für das Verfahren VBS ComVor wurden zehn Server für insgesamt circa 220.000 Euro beschafft, gleichwohl die Servertechnik auch für weitere Verfahren der Thüringer Polizei mitgenutzt wird. Zu 6.: Für die Thüringer Polizei wurden im Rahmen eines Vorprojekts Anforderungen definiert, die ein IGVP-Nach folgeprogramm zu erfüllen hat. Anhand dieser Anforderungen konnten drei Alternativen für ein IGVPNach folgeprogramm identifiziert werden: 1. Alternative: Weitere Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landeskriminalamt; hierbei hätte von ei nem SoftwareHersteller ein Grundsystem sowie ein vom Bayerischen Landeskriminalamt entwickeltes Fachsystem gekauft werden müssen 2. Alternative: Kauf des Systems OS|ECM sowie des Moduls VBS 3. Alternative: Beitritt in die ITKooperation ComVor/INPOL und Übernahme der dort entwickelten Pro duktpalette Zur Bestimmung der Lösungsvariante kam eine Entscheidungsmatrix zum Einsatz, die über die Bewertung von Anforderungsfeldern einen Vergleich der Alternativen ermöglichte. Im Ergebnis der Bewertung erzielte die dritte Alternative den höchsten Punktwert. Zu 7.: Die im Rahmen des Vorprojekts angenommen Kostenschätzungen beziehen sich ausschließlich auf die Produktkosten und die jährlichen Betriebskosten eines Vorgangsbearbeitungssystems. Kosten für weitere Umverfahren und deren Infrastruktur fanden in dieser Aufstellung keine Berücksichtigung: 1. Alternative: Die Anschaffungskosten wurden mit circa 9,4 Millionen Euro prognostiziert. Aussagen zu den jährlichen Folgekosten konnten im Rahmen des Vorprojektes nicht getroffen werden. 2. Alternative: Die Anschaffungskosten wurden mit circa 5,85 Millionen Euro und die jährlichen Betriebs kosten mit 300.000, Euro prognostiziert. 3. Alternative: Die Anschaffungskosten wurden mit circa 1,7 Millionen Euro und die jährlichen Betriebs kosten mit 470.000 Euro prognostiziert. Zu 8.: Bisher sind nachträglich keine Schnittstellen zu anderen Programmen eingerichtet worden. Im Rahmen der zukünftigen Realisierung von Anforderungen ist die Einführung von sieben weiteren Schnitt stellen vom VBS ComVor zu anderen Verfahren geplant. Sobald der jeweilige Prozess der Spezifizierung der erforderlichen fachlichen und technischen Rahmenbedingungen abgeschlossen ist, können die Kos ten zur Implementierung dieser Schnittstellen erhoben werden. Dies ist jedoch zum gegenwärtigen Zeit punkt noch nicht möglich. Zu 9.: Mit Einführung des VBS ComVor und der einhergehenden Umstellung der Verfahrenslandschaft wurden Anforderungen zu Veränderungen am Informationssystem der Thüringer Polizei an das Projekt NOVa und das Landeskriminalamt Thüringen gerichtet. Diese Anforderungen betreffen das VBS ComVor nur in Teilen. Insgesamt wurden bis zum 31. März 2019 267 Anforderungen zur Verbesserung der eingesetzten Syste me gestellt. Seit dem 1. April 2019 liegen weitere 81 Anforderungen vor. Zu 10.: Die Umstellung auf VBS ComVor und seine Umverfahren wurde von Beginn an mit einem mehrstufigen Supportsystem begleitet. Wesentliche Bestandteile sind unmittelbare moderierte Feedbacks für Nutzer, eine 24h-Service-Hotline bis hin zur Vor-Ort-Präsenz der jeweiligen Entwicklungsfirmen. Darüber hinaus erfol gen regelmäßige Beratungen der Landespolizeidirektion mit den Leitern der Führungsgruppen der Landes polizeiinspektionen zur themenorientierten Sachdiskussion, um Problemstellungen aus den Behörden zu analysieren und zu bewerten. 4 Thüringer Landtag - 6. WahlperiodeDrucksache 6/7702 Die auf verschiedenen Ebenen gewonnenen Erkenntnisse zum Produktivbetrieb des VBS ComVor, insbe sondere hinsichtlich von Produktverbesserungen, fließen in die Entwicklung folgender Versionen, so auch in die Version ComVor 8.2, ein. Maier Minister Probleme im Zusammenhang mit dem neuen Vorgangsbearbeitungssystem "ComVor" (Computergestützte Vorgangsbearbeitung) Wir fragen die Landesregierung: Vorbemerkung: Zu 1.: Zu 2.: Zu 3.: Zu 4.: Zu 5.: Zu 6.: Zu 7.: Zu 8.: Zu 9.: Zu 10.: